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Ausgabe:

1958 Nr. 12

Spalte:

837--840

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Stauffer, Ethelbert

Titel/Untertitel:

Jesus 1958

Rezensent:

Grundmann, Walter

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Seite 1

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837

Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 12

838

Kutsch, Ernst: Erwägungen zur Geschichte der Passafeier und des
Massotfestes.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 55, 1958 S. 1-35.
Kutscher, E. Y.: The Language of the Genesis Apocryphon — A
Preliminary Study.

Scripta Hierosolymitana, IV, 1957 S. 1—34.
Lennox, Robert: The Servant of Yahweh in the Old Testament.

Theology Today XV, 1958 S. 315—320.
L e r c h, David: Zur Geschichte der Auslegung des Hohenliedes.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 54, 1957 S. 257—277.
L i n d o n k, W. J. van: De Ebed Jahwe.

Nederlands Theologisch Tijdschrift 13, 1958 S. 10—26.
Luzzi, Jazinto, S.I.: Basar en el contexto del colectivismo religioso

veterotestamentario.

Ciencia y Fe, 14, 1958 S. 1—38.
P ä k o z d y, Laszlo Marton von: Der Tempelspruch des Jeremia.

Die Zeichen der Zeit, 1958 S. 372—3S1.
Pfeiffer, Egon: Der alttcstamentliche Hintergrund der liturgischen

Formel „Amen".

Kerygma und Dogma 4, 1958 S. 129—141.
Richter, Heinz: Erwägungen zum Hiobproblem.
Evangelische Theologie 18, 1958 S. 302—324.

— Die Naturweisheit des Alten Testaments im Buche Hiob.
Zeitschrift für die alttestamcntliche Wissenschaft 70, 1958 S. 1—20.

Scharbert, Josef: Stellvertretendes Sühneleiden in den Ebed-Jahwe-
Liedern und in altorientalistischen Ritualtexten.
Biblische Zeitschrift 2, 1958 S. 190—213.

— Das Traditionsproblem im Alten Testament.
Trierer Theologische Zeitschrift 1957 S. 321—335.

Zirker, Hans: "pT = potentia?

Biblische Zeitschrift 2, 1958 S. 291—294.

NEUES TESTAMENT

S t a u f f e r^thelbert: Jesus. Gestalt und Geschichte. Bern: Francke
[1957]. /72 S. kl. 8° = Dalp-Taschenbücher Bd. 332. DM 2.80.

Nach einer Fülle von Vorarbeiten legt E. Stauffer in der
vorliegenden Arbeit das Bild nieder, das er von Gestalt und Geschichte
Jesu von Nazareth auf Grund seiner reichen Studien gewonnen
hat. Zwei weitere Bände werden angekündigt, der eine,
inzwischen erschienen, ist der Frage „Jerusalem und Rom im
Zeitalter Jesu Christi" gewidmet und zeichnet den religions- und
universalgeschichtlichen Hintergrund der Gestalt und Geschichte
Jesu, der andere soll die Botschaft Jesu behandeln. Die vorliegende
Arbeit wird als „erweiterte Sonderausgabe der Jesusdarstellung
, die in Band IV der Historia Mundi... erschienen ist"
(S. 13) bezeichnet.

Stauffer will mit seiner Arbeit an die große Leistung der
protestantischen Jesusforsdiung, die einmal ein „Ruhmestitel der
deutschen Wissenschaft" gewesen ist (so S. 7) anknüpfen, nachdem
diese ihre Arbeit eingestellt habe. Die Gründe dieser Einstellung
liegen für St. in der Erkenntnis, daß es „in der Geschichte
der christlichen Kirche nie eine tendenzfreie Berichterstattung
über Jesus von Nazareth gegeben" hat, so daß es eine unlösbare
Aufgabe erscheint, „mit gesdiiehtswissenschaftlichen Mitteln eine
historische Darstellung der Geschichte und Gestalt Jesu Christi
zu geben" (S. 7), weil kaum ein Kriterium gefunden werden kann,
„das den Forscher instandsetzt, historische Tatsachen und dogmatische
Darstellungstendenzen in der Jesusüberlieferung mit
Sicherheit zu scheiden" (S. 7). Das hat Bultmanns Geschichte der
synoptischen Tradition am radikalsten deutlich gemacht; und es
ist bezeichnend, daß Stauffer nach seinem Aufsatz „Der Stand der
Neutestamentlichen Forschung" in Hennigs „Theologie und Liturgie
" (1952) in der Auseinandersetzung mit Bultmann (KuM II
13 ff.) Grundzüge des nunmehr Entfalteten gegeben hat. Ihnen
gegenüber hatte H. W. Bartsch die entscheidende Frage formuliert
(KuM II 29-35), St. sehe wie einst die liberale Leben-Jesu-
Forschung in den Texten der Evang. Berichte, während sie ihrer
Intention nach Kerygma sind. Offenbar will St. sich dieser Einsicht
nicht widersetzen, wie sein Vorwort deutlich macht.

Was aber gibt ihm die Möglichkeit, die Frage nach Gestalt
und Geschichte Jesu neu aufzunehmen? Die „planmäßige Erschließung
neuer Quellen, die von christlichen Tendenzen gänzlich unberührt
sind". Darunter versteht er die zeitgenössischen Zeugnisse
über die Verhältnisse, Ereignisse und Gestalten, die in der
Geschichte Jesu irgendeine Rolle spielen und die er mit den Evangelien
zu synchronisieren versucht, was ihn in die Lage versetzt,
eine — u. E. hypothetische — „Chronologie des Lebens Jesu" zu
geben (S. 18). Das wichtigste dieser indirekten Jesuszeugnisse
findet er in den jüdischen Ketzergesetzen und Prozeßbestimmungen
, die er in einer eigenen Fassung, aus jüdischen Quellen begründet
, in „Jerusalem und Rom" auf S. 113—122 zusammenstellt
. St. erklärt: „Erst die rechtsgeschichtliche Durchleuchtung
der Evangelien liefert das historische Röntgenbild, in dem das
allen vier Evangelien gemeinsame Urgerüst der Vita Jesu sichtbar
wird" (S. 9). An dieser Stelle wird der Schwerpunkt der Auseinandersetzung
mit St.s Thesen der Geschichte Jesu für die weitere
Forschung liegen müssen. Weitere wichtige Quellen sind für St.
die jüdischen Jesuszeugnisse, denen er auf S. 147 f. seines Buches
eine wichtige methodische Betrachtung widmet; auch sie sind tendenziös
, aber wenn sich zwischen ihnen und den evangelischen
Berichten Übereinstimmung ergibt, dann muß es sich um hinter
ihnen liegende „Tatsachen" handeln, „die von beiden Seiten anerkannt
werden" (S. 10). Die Erörterung des durch die Qumrän-
funde in seiner Bedeutung gesteigerten apokalyptischen Schrifttums
hat für die Gewinnung der Jesusworte Bedeutung, insofern
sich ergibt: „Viele Jesusworte der Evangelien, die man bisher
für gut jesuanisch hielt, weil sie palästinajüdisch klangen, stammen
vielmehr aus der vorjesuanischen (täufertheologischen) oder
nachjesuanischen (palästinachristlichen) Lehrüberlieferung und
sind im Zuge eines großen Rejudaisierungsprozesses schon in die
älteste Jesustradition eingedrungen"; hinter ihnen erhebt sich ein
Jesusbild, „viel einsamer, viel kämpferischer, viel revolutionärer,
als man bisher erkannt hat" (S. 11). Bevor die Untersuchung über
die Botschaft Jesu nicht erschienen ist, wird man zu dieser Ankündigung
nidit Stellung nehmen können. Aus der Benutzung
dieser Quellen, über die S. 15 f. Rechenschaft gegeben wird, ergibt
sich für St., daß „der älteste und wichtigste Sitz" der Jesustradition
im Leben „der Kampf um Jesus" ist. Stauffer will nicht
das Forschungsideal des 19. Jahrhunderts, das in einer entwicklungspsychologischen
Darstellung des inneren und äußeren Lebens
Jesu bestand, erneuern, sondern will eine Geschichte Jesu
zeichnen durch „die streng positivistische Klarstellung der überhaupt
noch erkennbaren Tatsachen, vielleicht einiger Ereignisreihen
, womöglich einiger Kausalzusammenhänge" (S. 12). Was
aber dann tatsächlich geboten wird, geht über diese vorsichtige
Ankündigung weit hinaus, denn Stauffer zeichnet eine bis in
Einzelheiten hinein datierte, die Evangelien harmonisierende Darstellung
der Geschichte Jesu, bei der der kritische Leser immer
erneut vor der ernsten Frage steht; Werden hier nicht Hypothesen
, deren Möglichkeit an manchen Stellen durchaus erwägenswert
ist, als Tatsachen dargestellt? Alles in allem — eine auf Indizien
begründete Kombination.

In einem 1. Kapitel werden „historische Vorfragen" erörtert, die
Quellen, Fragen der Chronologie und die Wunderfrage. Das 2. Kapitel
erörtert Herkunft und Geburt Jesu; in ihm verdient u. E. die wertvolle
Behandlung des Zensus besondere Beachtung. Die Erwägungen zum
Hause Davids, zur Mariensohnschaft und Bcthlehemgeburt, zum Stern
von Bethlehem und zum Kindermord sowie zum apokalyptischen Jahr 7
a. Chr. vermögen u. E. historische Grundlagen zu erhellen, aus denen
die Kindheitsgeschichten erwachsen, aber ihren legendären Charakter
selbst nicht aufzuheben. Die Frühzeit Jesu behandelt das 3. Kapitel und
gibt interessante Gesichtspunkte zur Frage nach Jesu Verwandtschaft,
seiner Heimat, seiner äußeren Erscheinung sowie zum weltgeschichtlichen
Hintergrund seines Auftretens. Der Erörterung des Verhältnisses Jesu
zur Täuferbewegung ist das 4. Kapitel gewidmet. Es spricht von einer
Zeit Jesu im Täuferkreis, einer samaritanischen Wirksamkeit Jesu, von
einer stillen Wartezeit, aus der er mit seiner Absage an die Tora wieder
hervorgetreten sei. Diese ganze, von den Synop. nicht aufgenommene
Frühzeit Jesu wird aus Joh 1—5 herausgesponnen. Über die Zulässig-
keit dieser Verwendung des Joh. wird noch zu sprechen sein. Die gali-
läische Wirksamkeit Jesu behandelt das 5. Kap. Die synop. Evangelien,
weithin chronologisch festgelegt, eine Festlegung durchgängig hypothetischer
Natur, bilden die Grundlage in Verbindung vor allem mit den
erwähnten jüdischen Ketzergesetzen. Der letzte Winter in Judäa, mit
Hilfe von Joh 7—10 gezeichnet, macht den Inhalt des 6. Kap. aus. Das
Todespassah wird im 7. Kapitel erörtert. Jesus feiert ein Passahfest, —
nach einem anderen Kalender als nach dem offiziellen Festkalender,
ohne Passahlamm, aber mit Mazzen und Bitterkräutern, wie es für den
Apostaten gesetzlich vorgesehen sei. Die Einsetzung des Abendmahles