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Ausgabe:

1958 Nr. 12

Spalte:

828-829

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Eidlitz, Walther

Titel/Untertitel:

Der Glaube und die heiligen Schriften der Inder 1958

Rezensent:

Melzer, Friso

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 12

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Fehlen einer dem Rahmen des Lehrsystems angepaßten Erörterung
der eben von Z. vergeblich gesuchten Idee der Unio Mystica
endlich aufgefüllt werden könne. Im 17. Jhdt. wurde dies Stück
noch als Stupendum Mysterium gefürchtet, und in der Mitte des
19. Jhdt.s wurde es als antiquiert erklärt. Inmitten der von Z.
gebotenen Religionsvergleichung sieht man deutlich den Ort, an
dem die Unio Mystica als ein Lehrgebiet behandelt werden sollte,
in dem lebhaft erfaßtes Christentum sich äußern könnte.

Chicago KarlBeth

Johnson, F. Ernest, Prof.: Religious Symbolism, ed. New York and
/London: Harper & Brothers [1955]. XI, 263 S. 8° = The Institute
/ for Religions and Social Studies. Religion and Civilization Series.
$ 2.50.

Diese von Ernest Johnson (Professor, Columbia University)
herausgegebenen Aufsätze, von denen jeder in seiner Weise einem
echten Bedürfnis entspricht, bringen in ihrer Gesamtheit einen
trefflichen Einblick in das Wesen des Religionsverständnisses
unserer Zeit. Sie zeigen klar zwei einander widerstreitende Strömungen
und Strebungen. Auf der einen Seite hat unsere Generation
nach einer mehr als ein halbes Jahrhundert ausgeübten Nachlässigkeit
im Tiefsten erfaßt, von welcher Wichtigkeit lebendige
Symbole für das Gedeihen der Gemeinschaft sind; auf der anderen
Seite ist nicht minder klar geworden, daß unsre Gesellschaft
keine lebendigen Symbole besitzt und in dieser Hinsicht die
schuldbeladene Erbin von Jahrhunderten ist, in denen die so viel
beklagte Ikonoklasie im Vertrauen auf die Allmacht des Intellekts
rüstig voranschritt. Unter diesen Umständen wirkt es
geradezu sentimental zu sehen, welch große Rolle einstens gewisse
Symbole gespielt haben und welchem Bedürfnis sie heute
dienen sollten und könnten. Aus diesem Grunde ist es besonders
zu begrüßen, daß der erste Beitrag in dem Buche (Cyril Richard-
son, „Die Grundlagen des christlichen Symbolismus") darauf hinweist
, welche Bedeutung echte Symbole im frühen Christentum
gehabt haben, wie sie aus unbewußtem Regen und Sehnen hervor-
sprießen und weitestgehende Wandlungen (unbewußt) veranlassen
, wo man auf sie lauscht.

Eine andere Fragestellung bringt der in der Fernostmission
bewanderte Daniel Fleming in den Vordergrund mit seinem Hinweis
auf die verschiedenen Modifikationen, welche religiöse Symbole
erleben, falls ihnen bzw. der jeweils von ihnen charakterisierten
Religion etwa durch die Mission eine Art Angleichung an
eine ihnen zugewanderte Religion zugemutet wird. Das in diesen
Situationen beobachtete Verhalten scheint, das festzustellen liegt
Fleming am Herzen, jenen nicht Recht zu geben, die meinen, daß
für da6 Entgegenkommen zugunsten einer anderen Religion der
volle Bruch mit der bisher bezeugten Religionsform vorauszugehen
habe. So wenig ist an einen Bruch mit der eigenen Vergangenheit
zu denken, daß vielmehr die Anhänger des Alten „instinktiv
fühlen, daß neuer Wein nur in neuen Flaschen bewahrt werden
kann". Sehr oft geschieht es auch, daß das tragende Grundsymbol
der neuen Religion seine Stärke dadurch beweist, daß ein altes
Leitsymbol des aufgegebenen Glaubens in seinem Sinne abgeändert
wird. Das ereignete sich beispielsweise in Nanking, als das
dualistische Yin-yan-Symbol in ein dreiförmiges umgebildet
wurde, um das christliche Trinitätsdogma zur Anschauung zu
bringen.

Solche und viele andere in den einzelnen Beiträgen in dem
vorliegenden Buche mitgeteilte Erscheinungen verstärken die Einsicht
in das Wesen des religiösen Symbols, welches eben nur insofern
wahrhaft ein religiöses ist, als es spüren läßt, daß die
Wirklichkeiten, von denen die Kirche (oder welches sakrale Institut
immer) weiß und redet, von gänzlich anderer Qualität sind
als die Wirklichkeiten, von denen man im täglichen Leben spricht.
Eben die rechte Anwendung des Symbols begabt uns mit der
Fähigkeit, Dingen der höheren Dimension Wirklichkeit zuzuerkennen
. Es sind die Symbole, welche den Weg zur Aussicht auf
die Dimension jener Wirklichkeiten auftut, die sonst für immer
verschlossen blieben. Dies ein Gedanke, den vor allem in seinem
Beitrag „Theologie und Symbolismus" Paul Tillich deutlich
herausarbeitet. Wenn es dann auch noch gelingen sollte, den Gehalt
des Symbols in Worte zu fassen — etwas vielleicht „Anzustrebendes
" (Begriffe werden stets fehlen) —, so würde das Symbol
erreichen, die in seiner Wurzelgestalt vorgebildete Samenkrone
emporzutreiben. Da es an Raum für weitere Erörterung
gebricht, so seien hier die im übrigen behandelten Themen angeführt
. Da sind diese: The liturgical revival in Protestantism;
von Marvin Halverson; Symbolism and Jewish faith, von Abraham
Heschel; Symbolism in contemporary church architecture,
von Arland Dirlam; Symbolism in Cathol. worship von Daniel
Sullivan; a psychologist's view of religious Symbols, von Good-
win Watson; zwei längere Essays über rel. Symbolism in contemporary
literature und Drama, drei Versuche über die Zukunft
des religiösen Symbols, von Mordecai Kaplan, John LaFarge und
Stanley Hopper; in literature and drama, by Nathan Scott and
Marion Wefer. Nur eines Faktors muß ich noch erwähnen, der
Erörterung der Bedeutung des religiösen Tanzes für den Symbolismus
, aus der Feder des Tanzmeisters Ted Shawn, der den Tanz
sehr glücklich von der durch ihn in der Völkerwelt ihm zugewiesenen
unbehinderten, unermüdlichen Aktivität aus vorstellt. Er
legt Wert darauf, daß es voll verständlich bleibt, daß die christliche
Kirche nach den Christenverfolgungen den Tanz mitsamt
allem Mimetischen als widerchristlich abgelehnt hat, daß aber
die Zeit gekommen sein möge, wo der Tanz wieder zu seinem
Rechte auch innerhalb der christlichen Rcligionsübung gelangen
sollte, welches ihm kraft der ihm ureigentümlich wesenhaften unerschöpflichen
Aktivität zusteht. Wer wie Rez. in vier Kontinenten
die Stelle des sakralen Tanzes sowohl auf heidnischem wie
christlichem Boden kennen zu lernen Gelegenheit hatte, wird
diese Idee, so ungewohnt sie uns audi ist, nicht einfach aus der
Türe weisen, wo sie sich zum Einlaß meldet, sondern einem ernsthaften
Studium dieser Frage lebhaft behilflich sein, eben auf der
Grundlage ihrer in gewissem Maße autochthonen Existenz in
Fern-Ost wie im christlichen, z. B. abessinischen Bereiche.

Chicago KarlBeth

E i d 1 i t z, Walther: Der Glaube und die heiligen Schriften der Inder.

Ölten und Freiburg/Br.: Walter-Verlag [1957]. 508 S., 20 Abb. auf
Taf. 8°. Lw. DM 16.80.

Der Schriftsteller Walther Eidlitz hat bereits durch zwei Bücher
bewiesen, daß er Indien aus eigener Erfahrung kennt:
„Bhakta/Eine indische Odyssee" (1951) und „Die indische Gottesliebe
" (1955). Im vorliegenden Werk entfaltet er die Hindu-
Religion, soweit 6ie auf der Grundlage der Veden steht. Der
Hinduismus kann sich unter den Menschen deutscher Sprache
kaum einen besseren Verfechter wünschen als den jetzt in Schweden
lebenden Schriftsteller. Als Meister der Sprache vermag er
zu erzählen, wie der Gelehrte es nicht kann (vgl. seine Darstellung
des Mahabharata ab S. 171). Die eigenen geistigen Erfahrungen
in Indien tun ihm Einsichten auf, die dem gelehrten Verstand
verschlossen bleiben. Oftmals bezieht er sich auf 6einen
Guru. Der Leser ist dann aber doch enttäuscht, wenn er erfährt,
daß dieser Guru — Swami Sadananda Dasa — ursprünglich Dr.
phil. E. G. Schulze geheißen hat. Droht da nicht die Gefahr, daß
die Sicht des Hinduismus, die der Hindu-begeisterte Europäer gewinnt
, wesenhaft „sentimentalisch" ist (um diesen Ausdruck
Schillers zu gebrauchen)? Dennoch — der kundige Leser gewinnt
tieferes Verständnis für die ihm weithin fremde Welt indischer
Religion.

Der noch unkundige dagegen wird vielleicht durch die zuweilen
tropische Fülle der Zitate — aber anders geht es wohl
nicht — verwirrt. Der Verfasser hat sich des Quellenstudiums befleißigt
und gibt manche Wortdeutung vom Urtext her, ohne
allerdings von der modernen Indologie Kenntnis zu nehmen.
Hier wäre dem kritischen Leser lieb zu erfahren, welche Ausgaben
der so oft angeführten Puranas in Europa zur Verfügung
stehen. Wo kann ich z. B. das Zitat auf S. 146 nachschlagen? Die
Angabe „im Padma-Purana" genügt nicht; es muß im Purana
selbst die genaue Fundstelle angegeben, wie auch zum Schluß
eine Ausgabe dieser Schrift genannt werden. Auf S. 280 ist eine
Ausgabe nur des Bhagavata-Purana genannt.

Eidlitz gestaltet die Geschichte der vedischen Überlieferung
unter den Überschriften: Veda — Die Devas und der eine Gott —
Gesetz und Gnade - Der Guru - Buddha - Gottes Erdenwandel
- Berichte aus dem Bhagavata-Purana. Dabei kommt es ihm dar-