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Ausgabe:

1958 Nr. 10

Spalte:

678-680

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schräpler, Horst Werner

Titel/Untertitel:

Die rechtliche Behandlung der Täufer in der deutschen Schweiz, Südwestdeutschland und Hessen 1525 - 1618 1958

Rezensent:

Fast, Heinold

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 10

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wie dem Ausleger, der 1940—41 von der „Allmacht Gottes im
strengsten Sinn des Begriffs" Zeugnis ablegt (jetzt: S. 23).

Nur Eines möchte ich um der Wirkung des neuen Kommentars
willen bedauern: er wirkt (besonders in den späteren Teilen)
paraphrasenartig und zusammenfassend, legt dann zu wenig Wert
auf das Einzelne und Besondere des Textes, was bei der paulini-
schen Exegese doch von entscheidender Bedeutung ist. Man wird
zum Verständnis dieser Tatsache daran denken müssen, daß wir
Hörer vor uns haben, die des Griechischen nicht kundig sind.

Kleine Berichtigungen: S. 47, Absatz 2: Es gibt dem
Gericht Gottes keinen Vorzug eines Menschen. S. 51, Zeile 10: Ja, ich
bin dieser Mann! Idi darf es und ich will es auch sein. Schwer verständlich
ist S. 124, Zeile 9: Nur daß das Vollbrachte, sofern es auch unsere
Herrlichkeit in 6ich schließt, noch verborgen, noch nicht sichtbar ist
(fehlt ihm).

Tübingen n i _ - Otto Michel

HA m i 11 o n, Neill Q.; The Holy Spirit and Eschatology in Paul.

,(/, / London-Edinburgh: Oliver and Boyd [1957]. VII, 94 S. 8° = Scottish
/ Journal of Theology, Occasional Papers Nr. 6. 8 s. 6 d.

Die vorliegende Basler Dissertation aus der Schule O. Cull-
manns hat sich die Aufgabe gestellt, durch eine Bestimmung der
Beziehung zwischen Gottes Geist und Eschatologie bei Paulus
die Frage aufzuklären, welche Bedeutung die neutestamentliche
eschatologische Verkündigung für den Christen der Gegenwart
hat. Doch behindert diese praktische Zielsetzung keineswegs die
methodisch saubere historische Untersuchung des exegetischen
Sachverhalts. In drei Kapiteln wird dieser geschichtliche Sachverhalt
behandelt, um dann mit drei modernen Deutungen konfrontiert
zu werden, woraus abschließend einige Folgerungen gezogen
werden:

Das 1. Kapitel stellt mit Recht fest, daß „der Schlüssel zur
Geistlehre in der Christuslehre" liegt und untersucht darum die
Beziehung von Christus und Geist bei Paulus. Allerdings wird
dabei ungeschickterweise mit 2. Kor. 3, 17 „Der Herr ist der
Geist" angefangen, indem hier eine ontologische Identität abgelehnt
und nur die Identität im erlösenden Handeln gefunden
wird. Aber eine schlüssige Deutung dieser schwierigen Stelle ist
nur auf dem Hintergrund der schon verstandenen Geistlehre des
Paulus möglich, und der Verf. grenzt sein Ergebnis gegen alle
ernsthaft in Frage kommenden Auslegungen ab (es fehlt die in
der 4. Auflage von Lietzmanns Kor.-Kommentar besprochene
Deutung). Im übrigen wird gezeigt, daß Geist und Christus bei
Paulus austauschbar sind und der Geist Christus mit den Gläubigen
verbindet, und daß der Geist darum für den Christen erlösende
Bedeutung hat, weil er diese Bedeutung für Christus
selber hatte. Das ist gewiß richtig, aber es fehlt eine Untersuchung
der Frage, inwieweit Paulus doch vom Geist nicht
durchweg dieselben Aussagen machen kann wie von Christus,
und welches deshalb letztlich das Verhältnis dieser beiden
Heilsmächtc ist.

Das 2. Kapitel untersucht die Beziehung des Geistes zur
Zeit und verficht die These, „daß der Geist primär auf die Zukunft
bezogen ist", weil er zu der zukünftigen Gottesherrschaft
gehört, die im Geist in die Gegenwart eingebrochen ist. Das ist
zweifellos richtig, und sehr wichtig ist auch der m. E. überzeugende
Nachweis, daß bei Paulus der Begriff der „Gottesherrschaft"
immer futurisch gebraucht wird. Auf dem Hintergrund dieser
Feststellungen kann dann das 3. Kapitel den Geist mit der Spannung
zwischen Zukunft und Gegenwart im Leben des Christen
in Verbindung bringen und zeigen, daß Paulus das ganze Leben
des Gläubigen auf die Wirkung des Geistes zurückführt, auch
den Glauben, wobei 6ich immer die Spannung zwischen Vorausnahme
in der Gegenwart und zukünftiger Vollendung zeigt
(wenn dabei auch für den Begriff der „Sohneseinsetzung" auf
Grund von Rm. 8, 23 die eschatologische Erwartung aufgezeigt
werden soll, so ist die wohl ursprüngliche Auslassung des Begriffs
in einem Teil der Textüberlieferung übersehen, cf. P. B e n o i t,
Melanges J. Lebreton I, 1951, 267 ff.). Aus alledem ergibt sich,
daß das paulinische Geistverständnis christologisch-eschatologisch
ist.

Es wirkt etwas wie ein Anhang, wenn nun dieses Resultat
mit der konsequent eschatologischen Deutung Schweitzers, der

„realized eschatology" Dodds und der existentialen Interpretation
Bultmanns verglichen wird; aber die Auseinandersetzungen
sind sehr sachlich und lehrreich. Schweitzer gegenüber wird mit
Recht betont, daß seine Annahme einer doppelten Auferstehung
unhaltbar ist und daß Schweitzer den engen Zusammenhang zwischen
Geist- und Christuslehre übersieht. Dodd gegenüber wird
die Wandlung innerhalb der paulinischen Eschatologie bestritten
und darum auch die Annahme einer uneschatologischen späteren
Theologie des Paulus. Und Bultmann wird vorgeworfen, daß er
die christozentrische Natur des Geistes bei Paulus übersehe und
die Beziehung des Geistes auf die Zukunft streiche. Wenn dann
freilich der Wert der Bultmannschen Paulusdarstellung darauf
beschränkt wird, ein herausfordernder Ruf zu einer haltbaren
biblischen Hermeneutik zu sein, so verrät sich darin eine spürbare
Antipathie des Verf.s gegen Bultmanns Theologie und ein
Unverständnis für die Bedeutung der Bultmannschen Interpretation
der paulinischen Anthropologie für das theologische Verständnis
des Paulus.

Der Schluß zieht aus dem geschichtlichen Resultat die Folgerung
, daß angesichts der paulinischen Theologie die These der
Sündlosigkeit oder der ständigen Sündigkeit des Christen unhaltbar
sind, daß vielmehr das Neue Testament frei madie zum
Kampf gegen das Böse im Blick auf Gottes zukünftigen Sieg, und
daß die biblische Eschatologie nicht überholt sei. Die Kürze und
apodiktische Art dieser Behauptungen des Schlußkapitels ist
freilich der Überzeugungskraft der Argumentation des Verf.s
hinderlich. Seine Ausführungen in den übrigen Kapiteln aber
bieten zwar nichts eigentlich Neues, wohl aber eine klare und
überzeugende Darstellung der paulinischen Geistlehre besonders
in ihren zeitlichen Beziehungen. Zur Abwehr idealistischer oder
zeitloser Paulusinterpretation wird die Arbeit daher gute Hilfe
leisten.

Marburg/Lahn Werner Georg Kümmel

KIRCHENGESCHICHTE: ALLGEMEINES
UND TERRITORIALKIRCHENGESCHICHTE

rraepler, Horst, W., Dr. jur.: Die rechtliche Behandlung der
Täufer in der deutschen Schweiz, Südwestdeutschland und Hessen
1 525—1618. Bearb. v. Dr. Ekkehart Fabian. Tübingen: Dr. E. Fabian
1957. 128 S. 8° = Schriften zur Kirchen- und Rechtsgcschichte,
hrsg. v. E. Fabian, H. 4. = Schriftenreihe d. Mennonitischen Geschichtsvereins
H. 5.

Die Schrift hat drei Teile. Der erste (S. 13—18) beschäftigt
sich mit den „Voraussetzungen der rechtlichen Behandlung der
Täufer". Der Verfasser stellt das durch die Reformation ins Leben
gerufene neue „Verhältnis von .Kirche und Staat' " dar. Die
Entstehung des landesherrlichen Kirchenregimentes — vorbereitet
durch die Verselbständigung weltlicher Gerichtsbarkeit gegenüber
der geistlichen gegen Ende des Mittelalters — ist ihm die erste
Voraussetzung für die Rechtsprechung gegen die Täufer (§ 1).
Dazu gesellt sich die Herausbildung dreier Anklagepunkte gegen
Andersgläubige und der entsprechenden Strafverfahren: Ketzerei,
Gotteslästerung und Aufruhr. Auf sie lassen sich, rein formalrechtlich
gesehen, die meisten Täuferverfolgungen zurückführen
(§ 2). — Der zweite Teil (S. 19—29) liefert Beobachtungen „Zur
rechtlichen Behandlung der Taufgesinnten unter Ferdinand von
Habsburg, in der Reichsgesetzgebung und in Kursachsen". Es wird
vor allem herausgearbeitet, wie Ferdinand das anfangs sehr umständliche
Verfahren gegen die Täufer umwandelte zu einem
„kurzen Prozeß", indem er schon 1528 von der Anklage auf
Ketzerei zur Anklage wegen Aufruhrs überging (§ 3). Das blieb
nicht ohne Einfluß auf die Reichsgesetzgebung (§ 4). Erst unter
Luther wurde die Anklage auf Gotteslästerung gebräuchlich, die
ebenfalls ein Standrecht erlaubte und den Reformatoren, die in
den Augen der Altgläubigen selber Ketzer waren, angenehmer
sein mochte (§ 5). — Der dritte Teil (S. 30—104) entfaltet das
eigentliche Thema des Buches. Das kommt schon dadurch zum
Ausdruck, daß der Titel des Buches als Überschrift dieses Teiles
wiederholt wird: „Die rechtliche Behandlung der Täufer in der
deutschsprachigen Schweiz, Südwestdeutschland und Hessen."