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Ausgabe:

1958 Nr. 1

Spalte:

41-43

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

DeClercq, Victor Cyril

Titel/Untertitel:

Ossius of Cordova 1958

Rezensent:

Altaner, Berthold

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 1

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Dem religionsgeschichtlich orientierten Leser fällt auf, daß
göttliche Mächte wie Aha, Motga oder Krig gelegentlich auch
da klein geschrieben werden, wo sie noch nicht zum bloßen
Appellativum abgesunken scheinen (z.B. 1995,8 äfieüixros
xixev aha. 639,6 jaotga xixev davdxov. 1085,3 xai vv fie
xijg edäpaooe. .. Oaväroio — in den beiden letzten Fällen
wohl etwas schematisch einfach wegen des zugefügten Genetivs).
In vielen anderen Fällen wird man freilich diese Entscheidung
billigen müssen, so 1694,6 dXorjv /uolgav l'xei xa/xdxov, oder
in dem lyrischen Fragment aus Ostia (II. Jhdt. n. Chr.) 1657, 5ff.
Jiäai de fioiga qpegea&ai daifiovog alaav, das ich demnächst in
der Festschrift für Franz Zimmermann als euripideisch zu erweisen
hoffe.

Überhaupt wäre es reizvoll, den literarischen Zitaten und
Anspielungen in vielen dieser Verse nachzugehen, wozu sicherlich
der Kommentar seinerzeit manches zu sagen haben wird
(z.B. 165 8 wörtliches Zitat von Homer Z 146; 1029, 13 f. Anspielung
auf den ,löyoq ävög&v : das zum Sprichwort gewordene
Zitat aus Menander, Meinecke IV p. 105 ov oi ihol qpdovaiv,
aTio&vriaxEL veog — vgl. Plautus, Bacch. 816 f. quem di dili-
gunt, adolescens moritur). Im ganzen werden sich da aufschlußreiche
Quer- und Längsschnitte für das Nachleben bestimmten
Bildungsgutes ergeben.

Umgekehrt lassen sich da und dort auch Hinweise auf die
Entstehung späterer geläufiger Wendungen gewinnen, so wenn in
einem attischen Epigramm aus dem 4. vorchristl. Jhdt. 1698, 1 f.
Tv%r) und Ihde in auffallender Weise gekoppelt erscheinen,
worin ich gegen O. Weinreich ein Indiz für griechische Herkunft
des im römischen Altertum und bis in die Barockzeit auf Grabmalen
viel verwendeten Topos ,spes et lortuna valete' erblicken
möchte (vgl. Palladas, Anthol. Pal. IX 172 ibzidos ovze
rvxrjg bti fioi /us/.ei. IX 49 Ihtig xal ov tvxv ßeya %a(0£T£
- Weinreich ARW 3 5. 1938, S. 312, 4f. plädiert überall für Großschreibung
; ich möchte hier im Gegenteil schon an ganz abgeblaßte
Appellativbedeutung denken; P. schreibt a. a. O. Tyche
groß, Elpis dagegen klein!).

Im Vorwort S. XVII f. nennt P. mit besonderer Dankbarkeit,
die wir teilen, seine Helfer am Werk aus vielen Ländern, so den
getreuen Eckart der deutschen Epigraphiker Günther Klaffenbach
', den Griechen Mitsos, die Italienerin Guarducci und den
Engländer Tod, vor allem aber die Deutsche Akademie der
Wissenschaften in Berlin, die durch Zuschuß bedeutender Summen
,,eine würdige und der Sache gemäße Drucklegung aller vier
Bände garantiert"5.

*) Auf seine soeben erschienene kurzgefaßte „Griechische Epigra-
phik" Göttingen 19 57 (Studienhefte zur Altertumswissenschaft, H. 6)
sei nachdrücklich hingewiesen.

Der schwierige Drude ist durchwegs sorgfältig korrigiert; von
leichten Fehlern, wie sie unvermeidbar sind, nenne ich S. X, Abs. 3,
Z. 2 (S. XXIX statt S. XXX); no. 71,1 'Av&eftl<ovog (es fehlt das erste v).

Tübingen Hildebrecht Hommel

De Clercq, Victor C., C. I. C. M.: Ossius of Cordova. A Contribu-
tion to the History of the Constantinian Period. Washington: The
Catholic Univcrsity of America Press 1954. XXXI, 561 S. = The
Catholic University of America: Studies in Christian Antiquity,
ed. by J. Quasten, Nr. 13.

Die vorliegende Dissertation erscheint als Band 13 der von
J- Quasten begründeten Serie? über deren einzelne Bände (Nr.
1—11) ich in der Theol. Revue 1951, 47/54 und über Nr. 12 in
<kr ThLZ 1952, 738 berichtet habe. Der Verf. hat in seiner ungewöhnlich
umfangreichen, mit außerordentlichem Fleiß und gesundem
kritischen Sinn und wissenschaftlicher Akribie verfaßten
Arbeit uns die erste ihres Helden würdige Monographie geschenkt
. Bei den in neuerer Zeit erschienenen Biographien über
Ossius von Cordova von Sancho del Castillo, Namur 1898,
tt) M. Pueyo, Madrid 1926 handelt es sich um unkritische Panegyri-
-ken, und A.'JYaben, Barcelona 1945, bietet im wesentlichen nur
eine breiter geformte Wiedergabe dessen, was die von Z. Garcia
Villada verfaßte ausgezeichnete Historia eclesiastica de Espana,
Madrid I 2, 1929, 1143 niedergeschrieben hat.

Leider besitzen wir über das Leben des Bischofs von Cordova
, der im Alter von mehr als 100 Jahren (256—357/58) verstorben
ist und der bedeutendste Lateiner der ersten Jahrzehnte
des 4. Jahrhunderts war, keine das ganze Leben berücksichtigenden
Quellennachrichten. Lange Perioden seines Wirkens sind in
fast völliges Dunkel gehüllt, so die Zeit von 256 bis etwa 300;
sehr spärlich und unbestimmt fließen die Quellen für die Zeit von
305—324 und ebenso für die Jahre von 326—342 und schließlich
auch noch für die Periode nach der Synode von Serdika, d. h.
nach 344—355. De Clercq hatte in erster Linie die Absicht, die
in den Quellen deutlich bezeugte Tätigkeit des Bischofs unter Berücksichtigung
aller, auch der geringsten Nachrichtensplitter erneut
zu überprüfen. So erhalten wir umfangreiche Untersuchungen
aller Probleme, die mit der Synode von Elvira (um 300) und
den Auswirkungen der Christenverfolgung in Spanien während
der Jahre 304—312 zusammenhängen. Am eingehendsten wird
dann natürlich die Geschichte des Konzils von Nicäa (325) sdb
specie Ossius behandelt. Das gleiche gilt von der Synode von
Serdika (343) auf S. 290—405. Mit besonderer Akribie, Ausführlichkeit
und innerer Teilnahme hat schließlich der Verf. den letzten
heroischen Widerstand gegen den unter Kaiser Konstantius
siegreich vordringenden Arianismus und das tragische Ende des
Vorkämpfers der Orthodoxie in der Zeit von 355 ab behandelt
(S. 459—53 3). Hier wird der für die Entwicklung des Verhältnisses
von Kirche und Staat wichtige Brief des Ossius an den Kaiser
S. 449—451 vollständig mitgeteilt und kommentiert. Im letzten
Kapitel werden alle Nachrichten altchristlicher Autoren über
die von Ossius geleistete unterschriftliche Anerkennung der sog.
2. 6irmischen Formel (3 57) zumeist im Urtext zum Abdruck gebracht
, so daß sich jeder sein eigenes Urteil über die Tatsache
und die verschiedenartige Beurteilung dieser „Unterwerfung"
und Anerkennung des arianischen Glaubensbekenntnisses bilden
kann. De Clercq vertritt mit Recht die Ansicht, daß es schwer
zu entscheiden ist, daß und ob Ossius in dem Wirrwarr der wechselnden
trinitarischen Terminologien subjektiv wirklich seine
Erklärung als Abfall von der Orthodoxie, für die er so viele Jahrzehnte
gestritten hat, empfunden und sie hat dokumentieren
wollen.

Außer diesen im Mittelpunkt der Berichterstattung über das Leben
des Ossius stehenden Fragen war der Verf. bemüht, verschiedene
andere, von der Forschung nicht immer allseitig und gründlich untersuchte
, oft allzu kurze und unbestimmte Nachrichten zu klären: so die
Bedeutung des Ossius in der Frühgeschichte des Donatismus und seinen
Einfluß auf die nach 313 beginnende Verchristlichung der staatlichen
Gesetzgebung. Auch über die vielumstrittene Synode von Antiodiien
324/25 gibt De Clercq eine kritische Darstellung und sucht Ossius als
den kaiserlichen Beauftragten, der die Synode einberufen hat, als die
führende Persönlichkeit in den Vordergrund zu stellen. Im Rahmen
seiner Darstellung der Geschichte des Konzils von Nicäa (32 5) macht
De Clercq es wahrscheinlich, daß Ossius als Vorsitzender des Konzils
unter dem Einfluß der abendländischen Theologie bei der Formulierung
des Glaubensbekenntnisses direkt oder indirekt durch den Kaiser entscheidend
Einfluß bei der Einführung der Formel öuoovotos r<j> naxgl
mitgewirkt hat. Ebenso dürfen auch die Kanones des Konzils weithin
auf Ossius zurückgeführt werden. Die von Gelasius von Cyzikus überlieferte
Nachricht, daß Ossius neben den zwei delegierten römischen
Presbytern nicht bloß als Beauftragter des Kaisers, sondern auch des
Papstes Vorsitzender des Konzils gewesen sein soll, hält der Verf. für
nicht ausreichend bezeugt (S. 250). Angesichts der sonstigen dagegen
sprechenden Zeugnisse hätte der Verf. in diesem Punkte entschiedener
sich für die Ablehnung dieser Behauptung des unzuverlässigen Kirchenhistorikers
aussprechen dürfen.

Weiterhin wandte De Clercq seine besondere Aufmerksamkeit der
Frage nach dem Autor der Expositio fidei der Synode von Serdika und
dem Redaktor der disziplinären Kanones derselben Synode zu. Wegen
der inhaltlichen Verwandtschaft dieser Kanones mit den Kanones von
Elvira darf wohl mit Recht ein besonderer Einfluß des spanischen Bischofs
angenommen werden, und ebenso darf wohl in der Gleichsetzung
des Begriffes von vnöazanis und ovot'a abendländische Einwirkung,
d. h. des Ossius, als wahrscheinlich vermutet werden.

S. 65—75 will der Verf. den Bischof von Cordova als Kenner der
griechischen Sprache erweisen und in diesem Zusammenhang zugleich
auch mit der Person des Ossius identifizieren, dem Chalcidius in der
Vorrede zu seiner Übersetzung des Timäus Piatons diese seine Übersetzungsarbeit
gewidmet hat. Diese These, die übrigens von der Mehrzahl
der neueren Forscher angenommen wird, halte ich für unbewiesen
und unhaltbar. Ich hoffe diese Frage demnächst in einer kritischen Mis-