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Ausgabe:

1958 Nr. 8

Spalte:

586-587

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Betz, Hans Dieter

Titel/Untertitel:

Lukian von Samosata und das Neue Testament 1958

Rezensent:

Betz, Hans Dieter

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 8

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B a 11 z e r, Klaus: Das Bunde6formuIar. Sein Ursprung und seine Verwendung
im Alten Testament. Diss. Heidelberg 1957.

Die Arbeit möchte durch die Untersuchung einer Reihe von Texten
unter formgeschichtlichen Gesichtspunkten einen Beitrag zum Verständnis
der atlichen Bundesvorstellung geben.

Sie geht au6 von der Vermutung Eißfeldts (Einleitung S. 21 f.).
daß es wie für weltliche Verträge so auch für den „besonders gearteten
Vertrag zwischen Gott und menschlicher Gemeinschaft. . . bestimmte
Formulare gegeben hat". An orientalischen, insbesondere hethitisdien
Staatsverträgen werden der innere Aufbau sowie die Gattungsmerkmale
eines Vertragsformulars entwickelt. Es ergibt sich das Grundschema
: Präambel — Vorgeschichte — Grundsatzerklärung — Einzelbestimmungen
— Anrufung der Götter als Zeugen — Segen und Fluch.
Vertragsurkunde wie Vertragsabschluß weisen die gleiche Zweiteilung
in Bedingungen und Beschwörung auf. Für den Vertragscharakter konstitutiv
ist die Zweiseitigkeit nicht unbedingt die paritätische Stellung
der Partner. — Die Arbeit stützt sich insbesonders auf die Untersuchung
von Koro6ec, „Hethitische Staatsverträge". Die wesentliche Konzeption
der Arbeit war abgeschlossen vor dem Erscheinen des Aufsatzes
„Law and Covenant" von G. E. Mendenhall. Die Ergebnisse treffen sich
in einer Reihe von Punkten, obwohl methodisch ein anderer Weg
eingeschlagen wurde. Der Verf. hält es aber für verfrüht, wie M. direkte
historische Schlüsse zu ziehen.

Die Analyse von Jos. 24, der Sinaiperikope sowie von Dtn. 1—4
und 28,69 — 30,20 zeigt die formale Verwandtschaft mit dem Schema
der Staatsverträge. Die „Vorgeschichte" zählt die Taten Gottes auf.
Sie folgt der Reihe der Generationen bis zur jeweiligen Gegenwart.
Diese Taten sind die Voraussetzung für das in der Grundsatzerklärung
festgelegte Bundesverhältnis. Es läßt sich zusammenfassen in dem Satz:
„Ich will dein Gott sein und du sollst mein Volk sein". Teil der grundsätzlichen
Bestimmung des Verhältnisses ist die Absage an den Dienst
fremder Götter. Hierin zeigt sich die besondere Bedeutung dieses Gebotes
. Die Gesetze mit ihren Einzelbestimmungen enthalten die Konsequenz
der Grundsatzerklärung. Schon von der Form her läßt sich somit
einiges über das Verhältnis von „Geschichte", „Bund" und „Gesetz
" feststellen.

Auch in der Stilisierung von Einzelheiten zeigen sich Parallelen.
So folgen z.B. die Landbeschreibungen in Jos. 24,13; Dtn. 6, 10 f.
u. a. in Stellung und Aufzählung Landbeschreibungen in Vertragstexten
aus Ugarit. Ähnliches gilt von Segen- und Fluchreihen. Um so auffallender
sind Abwandlungen, die sich aus dem besonderen Charakter
des „Bundes" ergeben. Eine Schwierigkeit liegt z. B. darin, daß Jahve
gleichzeitig Partner und Garant des Bundes ist. Sie erklärt wahrscheinlich
die Anrufung von „Himmel und Erde" als Zeugen in Dtn. 4,26;
30,19; 31,28 (vgl. Hen. 100, 10—13). Segen und Fluch werden in
späteren Texten „historifiziert" in der Weise, daß sie Mittel der Darstellung
gegenwärtigen oder zukünftigen Heils und Unheils werden.

Eine Gruppe für sich bilden die Texte, in denen das Bundesformular
bei einer Erneuerung des Bundes verwandt worden ist:
Ex. 34; Esr. 9—10; Neh. 9—10; lQS I, 18 — 11, 18 u.a. (Hierbei enthält
Neh. 9—10 ein Beispiel für eine Selbstverpflichtungsurkunde entsprechend
der Doppelausfertigung einer Vertragsurkunde von dem
Standpunkt dessen aus, dem der Vertrag gewährt worden ist). Das
wichtigste neue Element in diesen Texten gegenüber dem einfachen
Formular ist ein eingefügtes Bußbekenntnis. Dessen Kern ist die Feststellung
: „Wir haben gesündigt, während Jahve sich dem Bund entsprechend
verhalten hat". Anlaß der Erneuerung sind jeweils bestimmte
Notsituationen, die als Fluchfolgen eines gebrochenen Bundes angesehen
werden (2. Chron. 29, 5—11; 2. Kön. 22—23 ; Jer. 34, 8—22
u. a.). Die Entscheidung, ob ein Fluch vorliegt oder ein Unglück bei
intaktem Bund (s. 2. Kön. 18 f.), geschieht in den meisten Fällen durch
einen Propheten, doch hat es sicher verschiedene Wege gegeben, die
Urcadie der Not zu finden. Bei gebrochenem Bund droht völlige Vernichtung
. Allein Jahve kann den Fluch aufhalten. — Die Verbindung
mit bestimmten geschichtlichen Ereignissen macht es nicht wahrscheinlich
, daß vor dem Exil mit einer regelmäßigen Erneuerung des
Bundes zu rechnen ist. Bei der Lösung dieses Problems sind vor allem
1. Kön. 8, 37 ff. und Sach. 7 zu berücksichtigen.

Die hethitischen Texte machen deutlich, eine wie große Rolle
die erneute Bestätigung eines Staatsvertrages bei einem Thronwechsel
spielt. Texte wie Jos. 23; 1. Sam. 12; 1. Chron. 22—29 u.a.
enthalten wesentliche Elemente des Bundesformulars Sie setzen als
Situation voraus das Abtreten einer Amtsperson und die Installation
eines Nachfolgers. Der Vergleich mit den heth. Texten ergibt daß
die enge Verbindung von „Bund" und Wechsel in der Führung nicht
späte literarische Konstruktion zu sein braucht, sondern durch den
„Sitz im Leben" gegeben ist. Diese Verbindung erklärt auch die spätere
Umbildung des Bundesformulars zum „Testament". — Hinter der
Aussage von zwei „Bünden" in 2. Kön. 11,17 stehen wahrscheinlich

ebenso ganz präzise, ursprünglich staatsrechtliche, Vorstellungen. In
dem einen „Bund" verpflichten sich König und Volk zusammen, „ein
Volk Jahves zu sein". Dies entspricht der Eidesleistung des Vasallen
und der „Leute seines Landes" auf den Großkönig als dem Lehnsherren
. In dem zweiten „Bund" verpflichtet sich das Volk, dem König
Gefolgschaft zu leisten. Dieser Akt entspricht der Einsetzung in die
Herrschaft durch den Großkönig. Zwei „Bünde" setzt z. B. auch
1. Chron. 22—29 voraus, wenn man annimmt, daß Investitur und
Tempelbauvorbereitung sekundär miteinander verknüpft sind. Die
Bezugnahmen auf den Tempelbau lassen sich leicht herauslösen, wobei
ein auch literarisch glatter Text entsteht.

Von der Bundeserneuerung ist zu unterscheiden die regelmäßige
öffentliche Verlesung des Bundesformulars. Letztere kann durchaus
eine Verbindung mit den großen Festen in Israel gehabt haben.
Zum Bund gehört von vornherein das „Kennen des Bundes". Diese
Kenntnis schließt ein die Gesetze wie auch die „Vorgeschichte", in
der die Taten Gottes aufgezählt werden (s. bes. Texte aus Hosea und
den Psalmen). Traditionen, die von einer schriftlichen Urkunde und
einer Belehrung sprechen, können nicht grundsätzlich für jung gehalten
werden.

In der Arbeit ging es vor allem darum, die Parallelität der Schemata
im ganzen nachzuweisen. Dabei ließen sich aber auch verschiedene
Einzelheiten erklären, die sonst schwer zu deuten sind. Die Untersuchung
hat sich vorläufig auf die formgeschichtliche Fragestellung
beschränkt. Es werden sich aber aus ihren Ergebnissen eine Anzahl
von historischen und theologischen Schlüssen ziehen lassen.

Betz, Hans Dieter: Lukian von Samosata und das Neue Testament.
Religionsgeschichtliche und paränetische Parallelen — ein Beitrag zum
Corpus Hellenisticum Novi Testamenti. Diss. Mainz 19 57, XXIII,
291 S.

Der Verf. stellte sich die Aufgabe, das in den lukianischen Schriften
sich findende religionsgeschichtliche und paränetische Material für
den vom NT aus daran interessierten Exegeten zu sammeln und zugänglich
zu machen. Dabei sind die dem Lukian unterschobenen Schriften
in die Untersuchung einbezogen; lediglich der aus dem X. Jhdt.
stammende Dialog „Philopatris" und der den Philostraten zugehörige
Traktat „Nero" bleiben unberücksichtigt. Es wird zwischen dem von
Lukian übernommenen Traditionsgut und Lukians eigener Anschauung
unterschieden. Für die Anlage der Arbeit wurde die Methode gewählt,
die Parallelen nach Sachgebieten zusammenzufassen. Dabei kommt in
wichtigen Aussagen Lukian selber zu Worte; weitere Belege sind in den
Anmerkungen beigegeben. Die ntl. Bezugstellen bzw. Begriffe sind zumeist
in den Anmerkungen angeführt, evtl. ist summarisch auf die Vokabel
in W. Bauers Wörterbuch oder im THWB verwiesen. Die Sekundärliteratur
für Lukian ist eingearbeitet; die Vorarbeiten zum Corpus
Hellenisticum (Wettstein, Spieß, Bauer, Kommentare) sind auf bereits
notierte Parallelen durchgesehen.

Eine Einleitung bietet eine Charakteristik Lukians und seine Vita,
behandelt Lukians Bemerkungen über die Christen und gibt eine kurze
Einführung in die mit dem Corpus Lucianeum zusammenhängenden
Echtheitsfragen.

Der erste Hauptteil beginnt mit der Kritik an den Mythen; es
folgen die Kritik an den Göttern, göttliche Tiere, Nachrichten über
den Himmel, über Tempel, Götterbilder und Steinverehrung. Ziel
lukianischen Spottes ist der Vorschungsglaube. Andere Funktionen der
Götter sprechen sich in ihren Titeln aus. Gegenüber dem Menschen
betätigen die Götter die „philanthropia", aber sie strafen auch in der
Reaktion auf die Verfehlungen der Menschen. Sie verkehren mit den
Menschen durch Theophanien und Orakel. Der Verkehr der Menschen
mit den Göttern ist durdi Kultbräuche geregelt: durch das Gebet, durch
Opfer, kultische Reinheit, Totenbestattungsbräuche und Trauersitten,
Askese, Selbstentmannung, Tätowierung.

Der folgende Abschnitt behandelt die Vorstellungen über das Jenseits
: die Topographie des Hades und das Gericht in der Unterwelt,
die Insel der Seligen, die Himmelsstadt, die Elysischen Gefilde.

Der dritte Abschnitt ist der Vorstellung vom „göttlichen Menschen
" gewidmet. Nachdem die Terminologie zusammengestellt ist,
werden die Motive dargelegt, die zur Darstellung seines Lebens dienen:
seine wunderbare Herkunft, seine frühreife Neigung zum späteren Beruf
, seine Jüngerschaft und Missionstätigkeit, Romfahrt und Bedeutung
politischer Protektion, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, sein
Eindruck auf seine Mitmenschen. Das hauptsächliche Interesse konzentriert
sich auf den Tod des göttlichen Mannes. Die Stunde seines Todes
weiß er voraus. Die Sterbestunde selbst offenbart seinen göttlichen
Charakter; auf seinen Tod folgt die Apotheose und eine nochmalige
Erscheinung vor den Jüngern, denen dann die Gründung des Kultes