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Ausgabe:

1958

Spalte:

33-35

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

1458 - 1530 1958

Rezensent:

Sprengler-Ruppenthal, Anneliese

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fest, daß nur wenige Männer wirklich Calvin gerecht geworden
sind: Vorurteile wie Bewunderung hätten das Bild Calvins entstellt
(S. 227).

Die Ausbreitung des reformierten Protestantismus wird für
alle Länder gesondert behandelt. Die Darlegungen bieten eine
gute Übersicht. Nur verwirrt es etwas, daß die Begriffe „reformiert
" und „calvinistisch" oft als gleichbedeutend verwandt
werden, obwohl deren Unterscheidung zumal für Deutschland unerläßlich
ist. In der Aufzählung der hier entstehenden reformierten
Kirchen fehlen Lippe wie auch Baden-Durlach. Ostfriesland
ist nur im Zusammenhang mit der holländischen Entwicklung
genannt.

Im letzten Teil wird das Schicksal des Calvinismus seit der
Reformationszeit aufgezeigt. Die Auseinandersetzung mit den
auftretenden politischen Kräften, den verschiedenen Philosophien
, Staatsideen und Wirtschaftsformen wird anschaulich geschildert
. Dabei berücksichtigt der Verfasser hauptsächlich die
Entwicklung in den englischen Sprachgebieten: Großbritannien
und Nordamerika. Die Schweiz und Holland werden nur kurz
betrachtet, Deutschland gar nicht mehr. Um so mehr wird dem
Leser auf dem europäischen Kontinent hier Einblick in eine sonst
wenig beachtete Welt geistiger Auseinandersetzung und Entwicklung
geboten.

In den Schlußkäpiteln wird nach dem Einfluß calvinistischen
Geistes in der heutigen Welt gefragt. John Foster Dulles, die
Rassenfrage in den amerikanischen Südstaaten und in der Südafrikanischen
Union unter Malan, die Theologie Karl Barths,
Emil Brunners u. a. werden kritisch betrachtet. McNeill stellt
fest: ,,Die Christenheit des 20. Jahrhunderts fühlt gewiß aufs
neue die Stärke des calvinistischen Geistes" (S. 436). Damit
schließt dieses inhaltsreiche Buch, an dem die weitere Forschung
nicht vorbeigehen kann.

| ^ Vossheide/Lippe W. Neuser

Volk, Paulus, P. Dr.: Die Generalkapitels-Rezesse der Bursfelder Kongregation
. I. Band: 1458—1 530. Siegburg: Respublica-Verlag 1955.
XI, 544 S. gr. 8°. DM 36.50.

An den Namen der Abtei Bursfelde (in dem vorliegenden
Werk ist die Abtei mit dem Namen „Bursfeld" bezeichnet) ist
die umfassendste klösterliche Reformbewegung des 15. Jahrhunderts
und die im Zusammenhang mit dieser Reformbewegung
entstandene Kongregation von Benediktinerklöstern gebunden,
die sich über Deutschland (bes. Nord- und Westdeutschland) hinaus
bis nach Dänemark, Holland und Belgien erstreckte. Nach
ersten Bemühungen um die Verwirklichung von Reformplänen,
anfänglich durch Johannes Dederoth, der seit 1430 Abt des Klosters
Klus bei Gandersheim, seit 143 3 daneben Abt von Bursfelde
war, dann durch eine Gruppe seiner Anhänger, wurde die
Union mehrerer der Reform zugetanen Klöster durch einen Erlaß
des Kardinallegaten Ludwig d'Allemand vom 11. März 1446
offiziell konstituiert.

Bereits vom 1.—16. Mai fand das erste Generalkapitel 6tatt,
an dem die Äbte von Bursfelde, Klus, Reinhausen und Huysburg
teilnahmen. Bis zum Jahre 1458 wurden noch weitere Generalkapitel
der wachsenden Kongregation abgehalten, aber erst seit
1458 sind die Generalkapitels-Rezesse in Form von etlichen Handschriften
verschiedener Abteien überliefert, dann aber auch bis
zum letzten Generalkapitel der Kongregation im Jahre 1780.
Kaum eine der Handschriften ist vollständig oder fehlerfrei.
P. Volk hat sich der mühseligen Arbeit unterzogen, das verstreute
Material zu sammeln, aus den Handschriften — er führt
zehn Handschriften unter Hervorhebung ihrer Besonderheiten
auf — zunächst für die Zeit bis 1530 einen umfassend redigierten
Text herzustellen und im Apparat die übrige Überlieferung wiederzugeben
, soweit die Textvarianten von kritischem Wert sind.
Der (lateinische) Text ist in einer gut lesbaren Form dargebracht:
einige wenige benutzte Abkürzungen sind in einem Register aufgeführt
. Zwei der ausgewerteten Handschriften, beide aus dem
Staatsarchiv Hannover, sind nach Angabe P. Volks im letzten
Krieg vernichtet worden. Dank seiner Edition sind sie der Forschung
dennoch nicht verloren.

Außer dem Text der Generalkapitels-Rezesse von 145 8 bis

1530 — die Rezesse von 1531 bis 1653 und von 1654 bis 1780
sollen in zwei weiteren Bänden folgen — enthält der vorliegende
erste Band eine ausführliche Einleitung, die teilweise die Geschichte
der Bursfelder Kongregation und in weitgehender Weise
das Verständnis für die Generalkapitel und die Rezesse erschließt
. Der Arbeit kommt es zustatten, daß der Verfasser, der
sich seit Jahrzehnten mit der Erforschung der Bursfelder Kongregation
befaßt — die Liste seiner Veröffentlichungen in dieser
Richtung nimmt nahezu zwei Seiten des vorliegenden Bandes
ein — wirklich aus dem Vollen schöpft. Die Einleitung enthält
noch weitere wichtige Quellenstücke, z. T. aus handschriftlicher
Überlieferung, zeitlich über den Rahmen des ersten Bandes hinaus
bis in den geplanten dritten Band gehend: neben anderem
das Votum eines Anonymus über Ziel und Zweck der Bursfelder
Kongregation (S. 11—13), einen Brief des Abtes Mauritius von
Tholey an das Generalkapitel von 1706 mit neuen Reformvorschlägen
(S. 13—18), sich auf das Generalkapitel und seine Offi-
zialen beziehende Auszüge aus den Statuten bzw. Statutenentwürfen
in den im Lauf der Jahrhunderte verschieden abgefaßten
Formen (S. 19—61), „Agenda ante Capitulum annale" sowie
die Agenden der Generalkapitel von 1644, 1649, 1651, diese
drei aus der Feder des Abtes Leonard Colchon von Seligenstadt
(S. 61—82), einen Reisebericht des Priors Johannes Lansival von
Stablo anläßlich des Generalkapitels zu Abdinghof 1656 (S. 82
—8 5), in dem er einen Eindruck von dem äußeren Verlauf des
Kapitels vermittelt. Von großem Wert für den Benutzer werden
auch das umfassende Literaturverzeichnis zur Geschichte der Bursfelder
Kongregation und die zahlreichen Fußnoten zur Einleitung
mit genauen Quellenangaben und vielen Literaturhinweisen sein.
Der Apparat zum Text der Rezesse bietet außer den Textvarianten
etliche Verweise auf frühere oder spätere sachentsprechende
Beschlüsse der Generalkapitel, auch — manchmal in sehr knapper
Form — sachliche Erklärungen mit Literaturangaben, wodurch besonders
dem Spezialforscher gedient sein wird.

Die Generalkapitel bis 1530 betr., gilt Folgendes:
Der Ort des Generalkapitels wechselte; 1463 fand es zum
ersten Mal und danach am häufigsten im St. Peter-Kloster zu Erfurt
, dem bedeutendsten Mitglied der Kongregation, statt. Der
erste Präsident des Generalkapitels war jedoch stets der Abt von
Bursfelde, es sei denn, er war an der Teilnahme am Generalkapitel
verhindert.

Die Rezesse umfassen außer dem eigentlichen Verhandlungsstoft
mehrere Personenlisten: der auf dem Generalkapitel mit einem besonderen
Amt betrauten Äbte, der seit dem letzten Generalkapitel verstorbenen
Äbte, Konventualen und Mitglieder der Gebetsvereinigung
(aus Geistlichen und Laien bestehend, war sie der Kongregation in
weiterem Sinn angeschlossen), der anwesenden und abwesenden Äbte, wie
der neuen Mitglieder der Gebetsverbrüderung. Die oft widersprüchliche
Überlieferung der Namen stellt für die Forschung noch ein besonderes
Aufgabengebiet dar; im übrigen dürften die Listen reiches Material
zur Kloster-, Familien- und Territorialgeschichte liefern. Zur Verhandlung
kamen auf den Generalkapiteln sowohl Angelegenheiten der
ganzen Kongregation als einzelner Klöster in großer, lebendiger Fülle
Unmöglich ist es, diese Fülle hier zu erschließen. Zahlreiche Einzelunter-
suchungen dürften aus der von P. Volk in so dankenswerter Weise
dargebotenen Quelle fließen. Doch werden Ziel und Zweck der Kongregation
, so wie der Abt Leonhard Colchon von Seligenstadt sie 1642
sah, auch hier überall deutlich: „mutuum Studium et obsequium atque
conformitas morum et diseiplinae monasticae servandae, ut uni Deo
servientes iisdem exercitiis conformiter exerceamur" (S. 10). Auf der
einen Seite ist es das Ringen um das Vermächtnis des Abtes von Monte
Cassino, dessen Weisungen man in einer veränderten Zeit unter gegenseitigem
Beistand immer wieder möglichst nahe kommen möchte, auf
der anderen Seite doch das wesentlich Neue, eben die Preisgabe des
selbständigen Klosters, des unumschränkt monarchisch regierenden Abtes
, das sich einander Zuordnen und Unterordnen, wie es auch an den
am Schluß jedes Generalkapitels vereinbarten Visitationen deutlich
zum Ausdruck kommt, das die Bursfelder Kongregation nicht aus der
benediktinischen Tradition herleitet, sondern, einem neuen Zeitgeist
entsprechend, mit anderen Reformkongregationen gemeinsam hat.

Mit dem Generalkapitels-Rezeß von 15 30 schließt der erste
Band, weil hier eine vollständige Abtsliste der Kongregation
(94 Äbte werden aufgezählt) gegeben wird, und weil auf den
folgenden Generalkapiteln die Auseinandersetzung mit der Reformation
beginnt. Wer an der Reformationsgeschichte interessiert
ist, wird jedoch auch schon die letzten Generalkapitel vor