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Ausgabe:

1958 Nr. 7

Spalte:

545-546

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Münter, Wilhelm Otto

Titel/Untertitel:

Begriff und Wirklichkeit des geistlichen Amts 1958

Rezensent:

Wiesner, Werner

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 7

546

mus die Arbeit des G. mit-bestimmte. Die sonst weithin ungeklärte
Kriminal- und Disziplinargerichtsbarkeit der erzbischöflichen
Richter kann der Verf. auf Grund seiner Quellen beschreiben
und das Verfahren und die Gegenstände desselben im einzelnen
darstellen. Der Umfang der Strafgerichtsbarkeit, Strafmittel
und Strafmaß werden geschildert. Auch die freiwillige
Rechtspflege, Gerichtsort und Gerichtszeit, endlich der Aufbau des
G. werden behandelt. Das G. besteht aus dem Generalrichter,
dem Siegler, Fiscalprocurator, Notaren und anderen Gehilfen.
Im abschließenden Abschnitt wird das G. in seinem Verhältnis
zu den übrigen Gerichtshöfen des Mainzer EB beschrieben und
die Instanzen der geistlichen Gerichte und der weithin falsch
dargestellte Instanzenzug eindeutig geklärt. Endlich wird das G.
in seinem Verhältnis zum Generalkommissariat und zum Weihbischof
in Erfurt sowie zur Stadt Erfurt behandelt. Das Verhältnis
zu den Territorialherren Thüringens und Hessens wird leider
nicht erörtert.

Das Buch ist in jedem Abschnitt kirchenrechtlich außerordentlich
gut fundiert. Nur wenige Druckfehler sind mir aufgefallen
.

Vielleicht wäre es gut, wenn die Abkürzungen sich mehr nach den
von Feine gebrauchten Sigla richten würden. Auf Seite 138 wird in
Note 31 und auf Seite 142, Absatz 2 statt Bebra Bibra zu lesen 6ein.
Im 2. Teil der Studie sind leider die Ortsbezeichnungen nicht den heutigen
Namen angepaßt worden. Gera (S. 139. 149) ist heute Geraberg,
Ober-Oplick (S. 149) ist Oberoppurg. Auf Seite 148 sind die beiden
letztgenannten Orte Preßnitz und Salter wohl identisch mit Preßwitz
und Saalthal, beide in der Hohenwarte- bzw. Saaletalsperre verschwunden
. Allerdings war Spalthai nicht Filial, sondern nach Bucha bei Könitz
eingepfarrt.

Das Namen- und Sachverzeichnis erschließt leider den wertvollen
Inhalt des Buches in keiner Weise.

Sachlich zusammengehörendes wird auseinandergerissen, z.B.: Ehe
ist mit Recht mit den Worten Streitigkeiten, Hindernissen, Konsens und
Eheschließungsform zusammengeschlossen, Aufhebung der ehelichen
Lebensgemeinschaft wird unter Aufhebung, aber Nichtigkeit der Ehe
und Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft überhaupt nicht verzeichnet
. Warum im Personenverzeichnis auch erkennbare Familiennamen
unter den Vornamen gebracht werden, ist unverständlich. Das
Ortsverzeichnis nennt nur die Orte, die als Prop6tei, Sitz eines Bistums,
eines geistlichen Gerichts oder nur gelegentlich sonst genannt werden
(z. B. Jena). Letzteres ist aber eine Ausnahme. Jedenfalls aber ist S. 121
Sulza ein Lesefehler, da es dort nie einen Amtmann gab. Wahrscheinlich
wird es Salza (= Langensalza) heißen müssen.

Diese Schönheitsfehler können aber dem Dank keinen Abbruch
tun, den wir dem Verf. für diese ausgezeichnete Arbeit
schulden, die in rechts- und kirchenrechtsgeschichtlicher Beziehung
Neuland erschließt, aber auch für die Landeskunde und die
Geistes- und Sittengeschichte der Zeit einen sehr wertvollen
Beitrag leistet.

weimar Reinhold J auern lg

PRAKTISCHE THEOLOGIE

/ -

M-OH; t e r, Wilhelm Otto (f): Begriff und Wirklichkeit des geistlichen
//Amts. IL Teil der Untersuchung: Die Gestalt der Kirche „nach göttlichem
Recht". München: Kaiser 1955. 94 S. gr. 8° = Beiträge zur
evangel. Theologie, Theol. Abhandl., hrsg. von E.Wolf, Bd. 21.
DM 6.-

Die vorliegende Arbeit ist der 2. Teil der Hallenser theologischen
Dissertation des 1941 gefallenen Verf.s: „Die Grundfrage
der Soziologie in ihrer Anwendung auf die evangelische
Kirche", deren 1. Teil 1941 unter dem Titel: „Die Gestalt der
Kirche nach göttlichem Recht, eine theologiegeschichtlich-dogmatische
Untersuchung zu den reformatorischen Bekenntnisschriften
" in derselben Reihe erschienen ist. Die Herausgabe besorgte
sein Lehrer E. Wolf. Der Verf. ist ein Vertreter jener jungen
Theologengeneration, die den Kampf der Bekennenden Kirche im
Dritten Reich zumal in seinen letzten Jahren vornehmlich trug
und in ihrer theologischen Arbeit hauptsächlich in der Berufung
auf die reformatorischen Bekenntnisschriften sich Rechenschaft
über die Grundlagen ihres Kampfes gegen die damals akuten
Tendenzen auf Säkularisierung der Kirche gab. Dies gab auch dieser
theologiegeschichtlichen Untersuchung ihren aktuellen Bezug.

Es ging darum, einerseits gegenüber der Sohmschen Entrechtli-
chung der „Geistkirche" die Begründung der Kirche im göttlichen
Recht, anderseits gegenüber den katholisierenden Tendenzen des
lutherischen Konfessionalismus im 19. Jahrhundert (Vilmar, Stahl)
die Bindung des göttlichen Rechts allein an das Wort des Evangeliums
herauszustellen. Unter diesem Gesichtspunkt behandelt
die Arbeit den göttlichen Rechtscharakter des geistlichen Amtes
nach den lutherischen und reformierten Bekenntnissen unter den
Themen: 1. „Die Einheit des Amtes und die Gleichordnung der
Amtsträger", 2. „Die Funktionen und die Autorität des Amtes",
3. „Die Bestellung der Amtsträger", 4. Das Verhältnis von Amt
und Gemeinde". Dem Verf. ist es daran gelegen, hier möglichst
den Konsensus zwischen den lutherischen und reformierten Bekenntnissen
herauszuarbeiten, ohne die Unterschiede zu verschweigen
. Allerdings kommen die Differenzierungen besonders
auf reformiertem Gebiet nicht immer genügend zur Geltung, da
der Verf. sich hier weniger auf die reformierten Bekenntnisschriften
als auf Calvin beruft, von dem die Bekenntnisse doch
in nicht unwesentlichen Punkten abweichen. Ebenso geht es nicht
gut an, die eine Bekenntnisschrift durch die andere auszulegen,
wie der Verf. S. 68 in bezug auf die Belgica und die Helvetica
posterior es versucht. Die dogmatische Absicht, die reformatorischen
Bekenntnisse als direkt normativ für die Gegenwart zu
verstehen, führt zu einer historisch unerlaubten Harmonisierungstendenz
. Richtig aber hat der Verf. die für die Reformationszeit
noch wesentlichen kirchenrechtlichen Grundgedanken herausgearbeitet
: die zentrale Bedeutung des Predigtamtes für die
Rechtsordnung der Kirche, die grundsätzliche Gleichordnung der
kirchlichen Ämter nach göttlichem Recht unter der „Hauptschaft
Christi", die nur menschlich-rechtliche Über- und Unterordnung
der Ämter (Bischofs- und Pfarramt), die Jurisdiktionsgewalt in
Lehr- und Sittenzucht als Appendix der Wortverkündigung, die
Einheit von Kirchenregiment und Predigtamt, nach reformiertem
Bekenntnis durch Beiordnung der Ältesten zu den Pastoren im
Presbyterium, die Abhängigkeit der kirchlichen Amtsautorität
von der Bindung an das Wort Gottes, das göttliche Recht der
Kirche, im Notfalle der Laiengemeinde, die Amtsträger zu berufen
, auszuwählen und zu ordinieren, die Freiheit des Ordina-
tionsritus nach menschlichem Recht, die Ordination nicht als sakramentaler
Akt, sondern als Bestätigung der Amtsübertragung.
Das Verhältnis von Amt und Gemeinde stellt sich somit nach
den reformatorischen Bekenntnissen folgendermaßen dar: Das
Amt hat seine Autorität und Vollmacht nicht aus der Gemeinde
etwa nach demokratischem Prinzip, sondern im Befehl des Herrn.
Die Amtsträger erhalten diesen Befehl aber durch die Vermittlung
der Gemeinde einschließlich der Laien, die wiederum das
Aufsichtsrecht darüber hat, daß das Amt dem Worte Gottes gemäß
verwaltet wird. Umgekehrt ist die Gemeinde Kirche nur
als die Gesamtheit der durch das Wort Gottes Verbundenen.
Das Amt steht in der Mitte zwischen dem Wort und der Gemeinde
. Das Wort Gottes ist somit „das die Ordnung der Kirche
begründende, leitende und je und je aufhebende Prinzip" (S. 92).
In der Klarheit, in der diese allerdings schon in der Reformationszeit
nur sehr bruchstückhaft praktizierte reformatorische Lehre
vom Kirchenrecht herausgestellt wird, bedeutet die Schrift einen
wesentlichen Fortschritt, der nicht durch heutige Rückgriffe auf
Sohm oder Vilmar wieder rückgängig gemacht werden sollte.

Mainz W. Wiesner

Stoughton, Clarence C.: Gottes Botschafter. Wie ein Amerikaner
seinen Pfarrer sieht. Berlin: Luth. Verlagshaus 1957. 64 S. gr. 8°.
Pp. DM 6.40.

Mit einem Vorwort von D. Walter Zimmermann liegt uns
hier in Übersetzung von Renate Zimmermann ein Büchlein des
Präsidenten des Wittenberg-College der Vereinigten Lutherischen
Kirche von Amerika in Springfield/Ohio vor, eines der bedeutendsten
Anreger der großen kirchlichen Bewegung für die verantwortliche
Mitarbeit der Laien (stewardship) in der Kirche
seines Landes.

Es ist eine besondere Sache, die uns hier vor Augen tritt:
Ein Laie, ein frommer, kluger, gut unterrichteter Christ mit jahrzehntelanger
reicher Erfahrung im kirchlichen Leben schreibt ein
Buch der Anleitung, der Ermutigung, der Mahnung, des Rates für