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Ausgabe:

1958 Nr. 7

Spalte:

520-522

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Cullmann, Oscar

Titel/Untertitel:

The early church 1958

Rezensent:

Barrett, Charles K.

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 7

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in Karthago und in Rom entstandenen Spaltungen veranlaßten
den Bischof, die Frage zu behandeln, wie und warum die Einheit
der Kirche gewahrt werden müsse und unter welchen Bedingungen
die abtrünnig gewordenen Christen wieder in die kirchliche
Gemeinschaft aufgenommen werden dürfen.

Die Schrift „Über die Gefallenen" ist besonders wichtig als
dogmengeschichtliches Dokument, das die Bußlehre und -praxis
jener Zeit erkennen läßt. Cyprian ringt vor allem mit dem Problem
, wie das ausschließliche Recht Gottes, die Sünden zu vergeben
, mit der kirchlichen Rekonziliation in Einklang gebracht
werden soll; vgl. bes. c. 16ff. u. ö. Als Beleg dafür, daß Bev. den
Texten nüchtern und ohne Voreingenommenheit gegenübersteht
und bemüht ist, den Inhalt und Geist der Schrift ex toto globo
zu interpretieren und sich hütet, aus einem isolierten Text abwegige
Schlüsse zu ziehen, verweise ich nur auf seine Stellungnahme
hin zu dem, was Cyprian in Kap. 28 berichtet: einzelne
Christen hätten nur mit dem Gedanken gespielt, vom Glauben
abzufallen, daß sie jetzt aber ihr Vergehen bekannt hätten
(.. . quoniam hoc ipsum apud sacerdotes Dei. .. exomologesim
conscientiae faciant). Dazu bemerkt Bev., daß aus dieser Stelle
im Hinblick auf sonstige Aussagen nichts über die Übung und
Praxis einer privaten Buße oder Beichte geschlossen werden
dürfe: vgl. S. 93, A. 142 und seine Abhandlung in den Theolo-
gical Studies 16, 1955, 135-213.

Für die kritische Interpretation der Einheitsschrift zeugt Bev.s
Stellungnahme zu dem seit vielen Jahrzehnten heiß umkämpften
in zwei verschiedenen Fassungen überlieferten 4. Kap. dieser
Schrift. In einer Reihe von Abhandlungen hat er alle damit zusammenhängenden
Teilfragen mit gutem historischen Sinn untersucht
. So wie bereits vor ihm Van den Eynde (1933) und
O. Perler (1936) dargetan haben, kam er zu dem Ergebnis, daß
beide Textformen als echt cyprianisch angesprochen werden dürfen
. Für seine kritische Haltung spricht u. a. der Nachweis, daß
der Satz „primatus Petro datur", der in der ersten, älteren Rezension
zu finden ist, nur die zeitlich frühere Berufung Petri zum
Ausdruck bringt, so wie dies auch in anderer Formulierung in
Ep. 71, 3 besonders deutlich ausgesagt wird. Auch gegen die
neuste Verteidigung der traditionellen Gruppierung der zwei
Rezensionen durch Le Moyne, Rev. Benedictine 1953, 70—115
hat Bev. seinen Standpunkt mit Erfolg im Journal of Theol. Studies
1954, 19—35 und kurz auch in seinem Kommentar in dieser
Schrift S. 75, A. 11 festgehalten.

Diese zwei Hinweise auf die echt historische Einstellung
Bev.s garantieren auch die Zuverlässigkeit der Übersetzung und
vor allem die vorurteilsfreie, S. 73—124 gebotene Erklärung der
Texte. Alle Mitarbeiter auf dogmengeschichtlichem und patristi-
schem^Gebiet werden dem Verf. für seine Gabe dankbar sein.

ytf. Lawson, R, P., Origen, The Song of Songs Commontary
and Homilies, Translated and Annotated by, 1957, 3 85 S.

Von der großen Zahl der Origenes-Kommentare zu biblischen
Büchern ist kein einziger vollständig überliefert. Nur von
den Kommentaren zum Hohenl., zu Mt., Jo., und Rom. sind
große Teile erhalten. Vom Hohelied-Kommentar, der 10 Bücher
umfaßte, besitzen wir heute, außer dem umfangreichen Prolog
zu diesem Werk die ersten 3 Bücher und einen Teil des 4. Buche6,
allerdings nicht im griechischen Original, sondern in der Übersetzung
des Rufin von Aquileja (krit. Ed. W. A. Baehrens im Berliner
Corpus 33, 1925). Hier werden Kap. 1,1—2,15 exege-
siert. Aus der langen Reihe der exegetischen Homilien sind die
2 ersten von Hieronymus übersetzten Tractatus, die ebenfalls
Cant. 1,1-2,15 behandeln, erhalten (PG 13, 35-58). Diese
eben genannten Texte hat Lawson im vorliegenden Band übersetzt
und Teichlich und exakt kommentiert, dazu allerdings noch
in den Anmerkungen suo loco die unbedeutenden zweifelhaft
echten Reste, die in der Hohelied-Katene des Prokop von Gaza
(PG 17, 253—288) vorliegen, hinzugefügt.

Der Kommentar war das große Werk, das die Grundlagen
für die weitere Entwicklung der christlichen Mystik und Frömmigkeitslehre
legte. Hieronymus hat in der Einleitung zu seiner
Übersetzung der Homilien zum Hohenlied in seiner oft zugespitzten
übertreibenden Formulierung von diesem Kommentar
behauptet: Origenes cum in caeteris libris omnes vicerit, in

Cantico Canticorum ipse se vicit. In patristischer Zeit haben
aus dieser Quelle Athanasius, Gregor von Nyssa, Theodor von
Mopsvestia, Theodoret von Cyrus und Maximus Confessor reichlich
geschöpft. L. bietet die erwähnten Texte erstmals in einer
modernen Übersetzung vollständig. Bis dahin konnte man nur
ausgewählte Textproben finden (bei R. B. Tollinton, Selections
from the Comment. and Homilies of Origen, London 1929, bei

G. Bardy, Origene 2, Paris 1931 und bei U.V.Balthasar, Origenes
, Geist und Feuer, Salzburg 1950). Die zwei von Hieronymus
übersetzten Homilien liegen jetzt auch in den Sources Chre-
tiennes, Paris 1954 (übertragen von O. Rousseau) vor.

Origenes bietet eine allegorisch-mystische Exegese. In seinen
zwei Homilien wird der Bräutigam auf Christus und die
Braut auf die Kirche bezogen. In seinem Kommentar tritt an
Stelle der Kirche die einzelne Seele immer mehr in den Vordergrund
, die sich mit Christus vereinigt. Der Verf. hat seine Pflicht
nicht nur als Übersetzer, sondern vor allem als Erklärer des Textes
in vollstem Maße erfüllt. Da in den letzten Jahrzehnten nicht
wenige Monographien erschienen sind, die sich mit zahlreichen
in den übersetzten Texten vorliegenden Problemen beschäftigen,
hat Lawson aus dieser dort eingebrachten reichen Ernte Nutzen
ziehen und ßeinen Kommentar auf eine durch eigene und fremde
. Arbeit gesicherte Grundlage stellen können. Von den für die
Kommentierung wichtigsten Hilfsmitteln nenne ich die Werke
von W. Völker, 1931; A. Lieske, 1938; C. Chavasse, 1940;
J. Danielou, 1950; H. de Lubac, 1950; F. Bertrand, 1951 und

H. Crouzel, 195 5. Dazu kommen noch mehrere hier einschlägige
Zeitschriftenaufsätze. Die genauen bibliographischen Angaben
sind in meiner neusten Ausgabe der Patrologie (1958) zu finden
(S. 181 f. u. 18 5). Lawson hat uns ein auch vom Forscher dankbar
begrüßtes Hilfsmittel geschenkt.

Würzburg Berthold Altane r

Cullmann, Oscar: The Early Church: Historical and Theological
Studies, edited by A. J. B. Higgins. London: S. C. M. Press 1956.
XII, 217 S. gr. 8°. 2 5 s.

A serious review of the varied essays collected in this book
would run to an impo6sible length, since their subjects, though
not unrelated, are by no means identical, as the following sum-
mary will show.

1. The Necessity and Function of Higher Criticism. The
author (i) discusses the theological basis of criticism; since 'the
Word became flesh' and God chose to work through a process
of Heils g eschichte it is necessary to study the h i s t o r y
in question, and the form in which it is presented to us; (ii)
emphasises that the role of philological and historical exegesis
is to control theological exegesis by eliminating impossible and
false interpretations. Criticism must therefore always aecompany
exegesis.

2. The Origin of Christmas. See the review of Noel dans
l'Eglise ancienne in ThLZ 76, 1951, 751 f., by H. Urner.

3. The Plurality of the Gospels as a theological Problem
in Antiquity. It is not evident why the Church should not me-
rely possess but have canonized not one but four distinet ac-
counts of the life and teaching of Jesus; and there is evidence
that already in antiquity the existence of several gospels caused
embarrassment. In the early period a double movement can be
detected. On the one hand, there was a tendency for gospels to
multiply, since each man thought that he could write a more
satisfactory book than his predecessors. Matthew and Luke im-
prove on Mark; John too intended to write a self-sufficient
gospel, and the writers of apocryphal gospels carried the process
further. On the other hand, there was a tendency to reduce the
number of gospels to one. Matthew and Luke can already be
regarded as gospel harmonies; later, Marcion and Tatian repre-
sent different forms of the same tendency.

To reduce the number of gospels was an error due ultimately
to a docetic failure to grasp the truth that no one man could
represent in its fullness the revelation given in the historic figure
of Jesus. But when Irenaeus set out to establish the fourfold
gospel he did so on the wrong grounds, regarding it purely as
miracle. Our four gospels were in fact aeeepted not on the