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Ausgabe:

1958 Nr. 7

Spalte:

517-520

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Athenagoras Atheniensis, Embassy for the Christians 1958

Rezensent:

Altaner, Berthold

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 7

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keine theologische Zensur ist, wird man um so vorsichtiger 6ein,
der geschichtlichen Welt eine providentielle Gestaltungskraft zuzusprechen
. Die komplexe Bewegungswelt des Neuprotestantismus
war einmal so etwas wie eine geistige Weltmacht, die auch
ihre politische Funktion besaß. Man wird das heute, wo sich der
gesamte Protestantismus in einem Rückzugsgefecht zu befinden
scheint, nicht vergessen dürfen. Aber gerade deshalb müssen jene
oben gestellten Fragen ausgesprochen werden. Mag es Hirsch
nichts mehr angehen, was die jetzt wirkende Generation mit dem
Erbe des Neuprotestantismus macht. Wir haben nicht nur mit
jenem Erbe, sondern leidvoller noch mit seiner Interpretation im
Alltag unseres wissenschaftlichen Schaffens zu tun. Indem ich das
ausspreche, befinde ich mich aber schon wieder beim Blättern und
Lesen in diesem verführerischen Werk, das kein theologischer
Historiker übersehen sollte.

Berlin KarlKupisch

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Ayn cient Christian Writers. The Works of the Fathers in
/Translation, ed. by Johannes Quasten S. T. D., Catholic Univer-
t sity of America, Washington, D. C. and Joseph C. P 1 u m p e, Ph. D..
Pontifical College Josephinum, Worthington, Ohio, vol. 23—26
Westminster, Maryland: The Newman Press 1954—1956 — London:
Longmans, Green and Co. 1956 ff.

Die Rezension der Bde. 23—26 der Ancient Christian Writers,
welche die in dieser Zeitschrift 1951, 550-553,1955, 438-441
und 1957, 764—767 erschienenen früheren Anzeigen fortsetzen
soll, darf ich mit einem Wort des Gedenkens an den plötzlich
am 9. XII. 1957 verstorbenen Mitherausgeber Plumpe beginnen.
Der so jäh aus seiner Arbeit herausgerissene Gelehrte trat bereits
in der Zeit von 1928 bis 1932, während er nach Abschluß
seiner theologischen Studien in Münster i. W. klassische Philologie
studierte, zu dem dort dozierenden Prof. Quasten in freundschaftliche
Beziehung. Durch Quasten wurde sein Interesse besonders
auch auf die altchristliche Literatur gelenkt. Als dann
Plumpe auf Veranlassung von Quasten, der seit 193 8 in
Washington lehrte, an die dortige kath. Universität berufen
wurde, konnte seit 1946 der Plan, eine vielbändige Reihe von
Väterschriften mit einem reichen wissenschaftlichen Kommentar
herauszugeben, in die Tat umgesetzt werden. Der 27. Band, der
Schriften des Methodius bringen wird, konnte von Plumpe noch
druckfertig im Manuskript hinterlassen werden. Es dürfte für
Quasten nicht leicht sein, einen auch philologisch besonders
qualifizierten Mitarbeiter für die Weiterführung der Serie, die
auch in der Fachwelt allerseits so günstig aufgenommen wurde,
zu finden.

23. Crehan, S.J., J. Hugh, Professor of Theology, Heythrop
College. Oxon. Athenagoras, Embassy for the Christians — The
Resurrection of the Dead, Translated and Annotated by, 1956,
193 S.

Wenn man die beiden Schriften des Athenagoras „Bittschrift
für die Christen" und „Über die Auferstehung von den Toten"
mit den Werken vorausgehender griechischer Apologeten des
2. Jahrhunderts etwa mit Aristides von Athen, Justinus dem Märtyrer
oder Tatian vergleicht, so ist deutlich der Fortschritt zu
erkennen, den dieser Schriftsteller sowohl in stilistisch-rhetorischer
Hinsicht wie in philosophischer und theologischer Beziehung
zeigt. Athenagoras nimmt zu der ihn umgebenden Kulturwelt
und zum Staat eine wesentlich freundlichere Haltung ein.
Wir können an diesem Beispiel beobachten, wie sich die Christen
mit dem Milieu, in dem sie leben, wofern es nicht offenkundig
gottfeindlich ist, immer mehr aussöhnen und sich ihm anpassen.
In dem erstgenannten Werk entkräftet Athenagoras drei der
gegen die Christen erhobenen massivsten und ungerechtesten Anklagen
: sie seien Atheisten, sie nähmen an thyesteischen Mahlzeiten
teil und sie trieben ödipodeische Unzucht. Die zweite
Schrift kann als Muster und Glanzstück in der Behandlung des
Problems von der Auferstehung von den Toten in altchristlicher
Zeit bezeichnet werden.

Crehan, der Übersetzer und Kommentator dieser beiden
Schriften, hat sich durch mehrere Studien über Fragen des ältesten

Christentums bekannt gemacht. Ich nenne 6eine Schrift Early
Christian Baptism and the Creed, London 1950 und seinen Beitrag
in den Studia Patristica (TU 63) I 23—32 über ein neues
Ignatiusfragment des Polykarpbriefes. Für seine gründliche, wissenschaftlich
zuverlässige Erklärung der Schriften hat der Verf.
die relativ zahlreichen Spezialarbeiten ziemlich vollständig herangezogen
und mit selbständigem Urteil ausgewertet und ergänzt.

Ich darf jedoch darauf aufmerksam machen, daß ihm einige zur
Vertiefung des kultur- und literaturgeschichtlichen ebenso wie des
quellen- und religionsgeschichtlichen Verständnisses in Betracht kommende
Arbeiten entgangen sind. Ich nenne A. Lucks, The Theology of
Athenagoras, Washington 1936, ferner G. Lazatti, L'Aristotele per-
duto .. . 1938, 69—72 und Alfonsi, Vigiliae Christianae 1953, 129—142,
die über den Einfluß des Protreptikos des jungen Aristoteles auch bei
Athenagoras handeln. Ferner erwähne ich Festugiere, Rev. des fit.
Grecques 1943, 367 ff., der auch von der Benützung von Florilegien
durch Athenagoras spridit; Grant, Vigiliae Christ. 1952, 121—129, der
Neues zum Echtheitsproblem veröffentlicht. — Die erst 1957 veröffentlichte
zusammenfassende Arbeit von M. Spanneut, Le Stoicisme des
Peres de l'figlise, Paris 1957, 141 f., 400 ff., 410f. u.ö. beschäftigt sich
an zahlreichen Stellen mit unserem Apologeten.

Vf. Waszink, J. H., Professor of Latin, University of Ley-
denf Tertullian. The Treatise against Hermogenes, Translated
and Annotated by, 1956, 178 S.

Die Erforschung der Tertullian-Schriften wird nach dem
ersten Weltkrieg mit besonderem Eifer von holländischen Gelehrten
betrieben. Neben J. G. Th. Borleffs, Haarlem, nimmt
J. H. Waszink, Leyden, hier wohl die erste Stelle ein. Der
Leydener Philologe hat sich bereits in seiner hervorragenden
Editio maior der Tertullianschrift De anima, Amsterdam 1947,
S. 7*—14* jm Zusammenhang mit Fragmenten der verloren gegangenen
Schrift des streitbaren Afrikaners De censu anima
(d. h. Über den Ursprung der Seele) mit der Psychologie des in
Karthago lebenden Malers und Philosophen Hermogenes beschäftigt
. Es war deshalb ein glücklicher Gedanke der Herausgeber
, für die Übersetzung und Kommentierung der Schrift Ad-
versus Hermogenem den hier zuständigen Gelehrten zu gewinnen
. W. bietet S. 3—25 eine kurze klar disponierte Einführung
in die Lehre des Hermogenes und die Widerlegung durch Tertullian
und unterrichtet über alle zu den Prolegomena gehörenden
Fragen. In seiner Übersetzung (S. 26—8 5) und dem dazu gehörenden
Kommentar (S. 101—171) wird der interessierte Leser
eine Fülle von wertvollen theologischen, religions- und kulturgeschichtlichen
und auch textkritischen Erklärungen finden. Alles,
was Waszink für die gleichzeitig vorbereitete kritische Edition
des lateinischen Textes dieser Schrift, die in den von J. Quasten
und Chr. Mohrmann herausgegebenen „Stromata patristica",
Utrecht 1956 erschienen ist, erarbeitet hat, wird hier suo loco
verwertet.

Hermogenes ist in der lateinischen Kirche des Altertums
der Hauptvertreter des philosophischen Dualismus. Er lehrt die
Ewigkeit der Materie. Gott hat den Stoff nicht erschaffen, sondern
nur geformt und gestaltet. Tertullian erweist auf Grund
des christlichen Gottesbegriffs die philosophische Unmöglichkeit
der Annahme einer ewigen Materie. Tertullian verteidigt das
biblische Schöpfungsdogma. Wie Waszink S. 8 f. darlegt und ausführlich
in den Vigiliae Christianae 9, 1955, 129-147 nachweist,
war nicht bloß Hermogenes in seiner Lehre, sondern auch Tertullian
in seiner Gegenrede nicht vom Stoizismus, sondern von
philosophischen Anschauungen, die im mittleren Piatonismus
vertreten wurden, abhängig.

^ 2^'Revenot, Maurice, S. J. D. D. (Rome), M. A. (Oxon),
St. Cyprian, The Lapsed, The Unity of the Catholic Church,

Translated and Annotated by, 1957, 133 S.

Der besonders durch seine verschiedenen Beiträge zur
Cyprianforschung bekannte Verfasser übersetzt und kommentiert
im 25. Band der Serie die beiden wichtigsten Schriften des
karthagischen Märtyrerbischofs (f 258) De lapsis und De eccle-
siae unitate. Cyprian, der sich während der Verfolgung unter
Kaiser Decius (249—151) in einem sicheren Versteck aufhielt,
jedoch mit seiner Gemeinde durch dauernden Briefwechsel in
Verbindung stand, verfaßte die hier in Frage stehenden beiden
Abhandlungen bald nach seiner Rückkehr nach Karthago in der
I ersten Hälfte des Jahres 251. Die während seiner Abwesenheit