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Ausgabe:

1958 Nr. 1

Spalte:

24-26

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Parrot, André

Titel/Untertitel:

Sintflut und Arche Noahs 1958

Rezensent:

Hertzberg, Hans Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 1

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Text, der in alter vor hexaplarischer Zeit bereits nach der
hebr. Vorlage verbessert... wurde ... Die lukianische Rezension
hat gewöhnlich neue Varianten ... Die Catenen-Gruppe
zeigt keine ausgeprägten Züge", die man nur mit der von Ludwig
Köhler in seinem — sonst wertvoll bleibenden und auch von
Ziegler dankbar benutzten — Aufsatz über „Beobachtungen am
hebräischen und griechischen Text von JeTemia Kap. 1—9" (ZAW
29, 1909, S. 1—39) als selbstverständlich vorausgesetzten (S. 21)
Annahme, die von ihm berücksichtigten Handschriften B S A Q
ständen einander nahe, zu vergleichen braucht, um zu erkennen,
daß zum mindesten in der Aufhellung der Textgeschichte die
Forschung inzwischen doch einige Fortschritte gemacht hat.

Was aber die Gestaltung von Text und Apparat angeht,
die im Einleitungs - Abschnitt E ihrer grundsätzlichen Art nach
erörtert und S. 149—504 dargeboten wird, so hebt Ziegler nachdrücklich
hervor, daß bei Jeremia die Entscheidung darüber,
welche von den verschiedenen Lesarten der Überlieferung in den
Text zu nehmen und welcher oder welchen ihre Stelle im Apparat
zuzuweisen sei, ungewöhnlich schwierig ist und daß da die
Konjekturen, die Dubletten und die Eigennamen wiederum ganz
besondere Behutsamkeit erforderlich machen. Diesen hat Ziegler
daher eine eigene Untersuchung gewidmet, die in den Abhandlungen
der Göttinger Akademie oder in den Mitteilungen ihres
Septuaginta-Unternehmens erscheinen soll. Jetzt werden nur ein
paar hierher gehörige Fälle behandelt, darunter das in 32, 20.
21.22 (25, 34.35.36) als Entsprechung von fiSXrl) "*yj9 vorkommende
xgiol und seine von manchen vorgenommene kon-
jekturale Ersetzung durch xvgioi. Ziegler lehnt diese Konjektur
ab und begründet das damit, „daß der Übersetzer in "r«iN den
.Großen, .Starken' sieht. Die großen und starken
Tiere bei der Herde sind die Widder; deshalb hat der Übersetzer
frei xgiol genommen. Daß der Übersetzer .freie' Wiedergaben
wählt, zeigt 27 (50), 45 aufs deutlichste, wo im gleichen Bild der
Herde ^nsti """WS frei mit xd dg via twv ngoßdrmv wiedergegeben
ist", setzt daher 32,20 (25,34) ol xgiol und 32,21.
22 (25, 35. 36)rä>v xgimv in den Text und wiederholt hier die
S. 128 f. erwähnte Konjektur nicht, begnügt sich im Apparat zu
32,20 vielmehr mit der Angabe, daß die Minuskel 538 xvgioi
statt des ersten xgiol bietet. Man wird dieser Entscheidung seine
Zustimmung kaum versagen können und so auch den in anderen
ähnlichen Fällen von Ziegler getroffenen Maßnahmen Vertrauen
entgegenbringen oder sie doch wenigstens ernsthaftester Prüfung
für würdig befinden müssen, so die Ablehnung des von Spohn
für exkelnovotv in 6, 4 vorgeschlagenen exx/Jvovoiv, des für
nhq^axe (nktfoaze) in 30, 6 von Rudolph erwogenen dno-
Ieoclte, der für jihgaig* in 31, 28 von Spohn und Katz gemachten
Vorschläge nsgav bzw. negaaiv und auch wohl die Beibehaltung
des in Barudh 1,4 überlieferten Flußnamens oovd, also
den Verzicht auf die an sich glänzende Konjektur Bewers, der
im Hinblick auf Neh. 8, 15. 21. 31 eova lesen, d.h. das 2 und A
des überlieferten 20 YA aus Verschreibung von E in 2 und von
A in A erklären wollte.

Soweit die immerhin ziemlich zahlreichen Stichproben, die
der Rezensent in dem Hauptteil des vorliegenden Buches gemacht
hat, ein Urteil zulassen, muß dieses dahin lauten, daß
Text und Apparate ebenso sorgfältig gearbeitet und gedruckt
6ind wie die Einleitung. An eigentlichen Druckfehlern ist nur
das Fehlen von " hinter reperta S. 11, Z. 12 v.u. aufgefallen.
Eine kleine Unstimmigkeit stellt es dar, daß S. 68 als Randlesart
von Kodex 86 bei 19, 10 o'avv aufgeführt und dabei bemerkt
wird: „Vielleicht ist a oder a statt o zu lesen", es im Hexapla-
Apparat zu 19, 10 auf S. 246 f. aber ohne Einschränkung heißt:
„o (leg. a sive a) avv '. Fragen darf man auch, warum im Haupt-
Apparat zu 32, 16 (25, 30), wo zu dem in den Text genommenen
atded (B: oi'ds) die Bemerkung „atded scripsi cum Compl."
hinzugefügt ist, der sonst in solchen Fällen als Hinweis auf den
unter dem Haupt-Apparat stehenden Hexapla-Apparat gesetzte
abwärts gerichtete Pfeil (I) fehlt, obwohl im Hexapla-Apparat
zu 32,16 als von Kodex 86 verzeichnete Aquila - Lesart rjdad

genannt wird, das als Transskription des hebräischen ITM
dem in den Text genommenen atded doch sehr ähnlich ist. Die
kleine Zahl und die Unbedeutendheit der hier genannten Anstöße
kann wohl eine Vorstellung von der Zuverlässigkeit der
vorliegenden Ausgabe vermitteln. Gewiß stellt sie auch so an
den Benutzer hohe, sehr hohe Ansprüche, besonders auch darum,
weil — was Ziegler (S. 138) selbst bedauert, aber mit Recht
als unvermeidbar hinstellt — es leider unmöglich war, immer
beides, die positive und die negative Bezeugung, anzugeben,
also sowohl die für die Textlesart, als auch die für die Varianten
in Betracht kommenden Zeugen zu nennen, und der Benutzer so
genötigt ist, die nicht im Apparat verzeichneten Zeugen zu errechnen
, was an sich schwierig ist und angesichts der Lückenhaftigkeit
mancher Zeugen immer eine nicht ganz zu bewältigende
Aufgabe bleiben wird. Text - Ausgaben überhaupt und
Ausgaben des LXX-Textes insbesondere sind nun einmal von der
Art, daß sie durchgearbeitet, nicht bloß gelesen oder gar angelesen
sein wollen. Das gilt also auch von dem vorliegenden Band
der Göttinger Septuaginta-Ausgabe, aber das bedeutet zugleich,
daß ernsthafte Beschäftigung mit ihr reichen Gewinn bringt.
Halle/Saale_ V _ , .1 Jf Otto Eiflfeldt

P a r r o t, Andre, Prof.: Sintflut und Arche Noahs. -» Der Turm von
Babel. — Ninive und das Alte Testament. Aus dem Französischen
übersetzt von E. Jenni. Zollikon-Zürich: Evang. Verlag 1955. 184 S.,
37 Abb., 10 Taf. 8° = Bibel und Archäologie I. Lw. sfr. 15.80;
DM 15.20.

Daß die Archäologie für die Bibelwissenschaft Bereicherung
und Befruchtung darstellt, ist für den Theologen klar, seit es sie
gibt. Bemerkenswert ist aber, daß ebenfalls von Anfang an ein
lebhaftes Interesse der gebildeten Laien an diesem Wissenschaftszweig
vorhanden gewesen ist. Friedrich Delitzschs Berliner Vorträge
über Babel und Bibel von 1902/03 sind nicht bloß um des
kaiserlichen Auditoriums willen berühmt geworden. Sondern daß
hier eine exakte Wissenschaft in die Bereiche der Bibel hineingriff
, wobei manche Unklarheit verdeutlicht, aber auch Vieles
kritisch aufgehellt werden konnte, gab der Sache die Wichtigkeit.
Das ist dann so geblieben, und Freunde wie Gegner der Bibel
haben daraus je in ihrer Weise Nutzen gezogen. Nach dem zweiten
Kriege ist das sehr sichtbar geworden. Bücher wie Ceram
„Götter, Gräber und Gelehrte" und Keller „Und die Bibel hat
doch recht" erwiesen sich als Bestseller. Das geschah nicht immer
zur Freude der Fachwissenschaft, die mit Recht darauf hinwies,
daß die Dinge hier oft, vor allem in dem zweiten Falle, mehr
journalistisch geschickt als sachlich zutreffend, mehr begeistert
als in allen Teilen richtig zur Darstellung gebracht waren. Andererseits
stellte es sich heraus, daß die Aufnahme solcher Veröffentlichungen
durch die Leserschaft ein Verlangen offenbar
machte, von dessen Stärke auch der kundige Verleger keine Vorstellung
gehabt hatte. An Archäologie und Bibelwissenschaft aber
erstand von daher die Frage, warum sie nicht selbst sachkundig
und verständig das Wort genommen habe. In anderen Ländern
hat man das eher gesehen. W. F. Albright hat es getan in Arbeiten
, die auf bester Kenntnis aufruhen und ein breiteres Publikum
mit den Ergebnissen der orientalischen Archäologie bekanntmachen
(zuletzt: Die Religion Israels im Lichte der archäologischen
Ausgrabungen 1956). Nunmehr hat der französische Archäologe
Parrot in ähnlicher Weise für eine weitere Leserschaft
Veröffentlichungen herausgebracht, die sich mit Einzelgebieten
der die Bibel berührenden archäologischen Sachverhalte beschäftigen
. P. ist von Hause aus evangelischer Theologe. Schon ak
junger Pfarrer wandte er sich der Archäologie zu und arbeitete
sich im Orient selbst (Ecole Biblique in Jerusalem) in das Fachgebiet
ein. Er steht jetzt an leitender Stelle in den französischen
Nationalmuseen und ist als Ausgräber von Mari in letzter Zeit
sehr bekannt geworden. Er ist also ein Sachkenner wie wenige.
Zur Bewältigung seiner Aufgabe bringt er außerdem die flüssige
Eleganz der Sprache mit, die den Franzosen so auszeichnet. Es ist
zu rühmen, daß Ernst Jenni, der hier als Übersetzer ins Deutsche
fungiert, das in kongenialer Weise getan hat.

In dem vorliegenden Buch, dem bereits das grundsätzliche
Werk „Entdeckung begrabener Welten" 1954 vorangegangen ist,
sind drei Aufsätze vereint, die es im wesentlichen mit der Ur-