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1958 Nr. 6

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Kirchengeschichte: Reformationszeit

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 6

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uns das erste Gebot einen Befehl, aber hier ergeht an uns die
Einladung zum Glauben, zum rechten Vertrauen des Herzens und
zur Furcht Gottes „sola gratia".

Im vierten Kapitel handelt S. von der Begegnung mit dem
Gebieten Gottes in seinem Wort und stellt die These auf: „Im
Gehorsam gegen das zweite Gebot wird der Mensch ,6olo verbo'
gerecht" (S. 105). Vom Mißbrauch des Wortes ist hier die Rede
und was alles folgt, wenn das erste Gebot nicht erfüllt wird.
Wie sehr Luther mit und unter diesem zweiten Gebot stand, das
zeigt sein Kampf gegen die Schwarmgeister und gegen das Papsttum
. Bei der immer wiederkehrenden Gegenüberstellung von
Gottes Gebot und Menschengesetz war es nicht Luthers innerstes
Anliegen zu zeigen, daß er recht und seine Gegner unrecht hatten
. Wenn er das verbum Dei gegen alle menschlichen Lehren
stellte, dann wollte er zum Glauben und zum Hören auf Gottes
Wort anspornen. „Der rechte Gebrauch des Wortes besteht in
der Predigt von Gottes Namen, darum daß der Mensch Gott zu
Hilfe ruft, wenn die Lüge die Wahrheit zu ersticken droht"
(S. 135).

„Gott gebietet dem Menschen zu glauben. Im Gehorsam
gegen das dritte Gebot wird der Mensch ,sola fide' gerecht", so
überschreibt S. sein fünftes Kapitel und entfaltet hier das Problem
Wort-Glaube-Werk. Nicht um die Sonntagsheiligung geht
es Luther bei seiner Auslegung des dritten Gebotes, sondern
allein darum, „das alle unser leben und werck ynn dem wort
Gottes gehen müssen" (S. 136). Gerade in diesem Kapitel befindet
sich der Verf. weithin in Übereinstimmung mit der sonstigen
Lutherinterpretation. Deshalb darf dieses so vielfach behandelte
Thema trotz seiner Wichtigkeit kurz abgetan werden. Mit besonderem
Dank sei vermerkt, wie die Schriften des jungen Luther
ebenso wie die späten Werke als Belege herangezogen und vorsichtig
gegeneinander abgewogen werden. Dabei gedeiht manche
Nebenfrucht mit zur Reife. Z. B. kommt S. im Zusammenhang
mit diesem Problemkreis auch auf Luthers Auffassung von der
(Kinder-) Taufe zu sprechen (eigentlich ein selbständiger ExkuTS,
der aber hier sehr wohl hingehört!).

S. faßt den ersten Hauptteil seiner Arbeit zusammen: „Wenn
der Glaube — der nach der ersten Tafel befohlen wird — als ein
,Werk' aufgefaßt wird, das den Menschen ,coram Deo' rechtfertigt
, dann wird die Liebe, die nach der zweiten Tafel befohlen
wird, die von Gott befohlene menschliche Tat ,coram homini-
bus'" (S. 179). So legt der Verf. um die Gebote eine Klammer:
die Liebe zu Gott (erste Tafel) und die Liebe zum Nächsten
(zweite Tafel) sind nicht als zwei verschiedene Gebote gedacht,
sondern entspringen dem ersten. Die Verkündigung Luthers im
Großen Katechismus umfaßt das weltliche wie das geistliche Regiment
(Gesetz — Evangelium usw.) und will ak Botschaft von
Christus zum Glauben führen.

Was der Mensch aber auch immer „glaubt" oder zu seiner
Rechtfertigung „tut": er erfüllt Gottes Gebote nicht. In einem
abschließenden Kapitel zeigt der Verf., wie die Gerechtigkeit
Gottes in Christus die Gerechtigkeit des Menschen zerbricht und
ihn zum Leben im Glauben und in der Liebe befreit.

Wenn es auch eine lange Reihe von Veröffentlichungen über
Themen ähnlicher Art gibt, so muß dem VeTf. doch der aufrichtigste
Dank für die gründliche und tiefdringende Untersuchung
gezollt werden. Man wird dieser Monographie nicht gerecht,
wenn man sich mit dem „über dem Strich" Gebotenen begnügt;
das eigentliche Arbeitsmaterial findet sich in dem überaus reichhaltigen
sachlichen Apparat. Mit großem Eifer und mit Freude
ist die gesamte Weimarer Ausgabe benützt und herangezogen.
Dem deutschen Leser wird es besonders wichtig sein, daß er in diesem
Buch (dem man es nicht anmerkt, daß es eine Übersetzung ist;
auch die lateinischen Lutherzitate sind z. T. glänzend ins Deutsche
übertragen. Diese Leistung ist besonders zu vermerken und anzuerkennen
!) auch mit der nordischen Lutherforschung bekannt
wird. Mit der modernen deutschen und mit der finnischen Literatur
zeigt sich der Verf. aufs beste vertraut. Ein Literaturverzeichnis
und ein Personenregister erleichtern die Handhabung wesentlich
.

Das ganze Schaffen Luthers wird hier unter den Skopus
„Gottes Gebot" gestellt. Man wird nicht zu weit gehen, wenn

man sagt: eine Theologie Luthers in nuce wird uns hier angeboten
, und wir nehmen diese Gabe mit Freude an.

Halle/S. E. O. Reichert

Schwede, Alfred Otto: Meister Olof im Korbe. Roman. Berlin:
Evang. Verlagsanstalt 19 57. 276 S. 8°. Lw. DM 5.90.

Meister Olof, das ist Olavus Petri (1493-1552), der Reformator
Schwedens. Der Korb, das ist die korbähnliche Kanzel in
der Großkirche von Stockholm, 60 wie die tönerne Kanzel in der
Töpferstadt Strehla der Topf genannt wird. In 15 Kapiteln ausgebreitet
wird das Leben des Schmiedsohnes aus Örebro zur Geschichte
der Reformation in Schweden. Kapitel 4 erzählt von dem
Studium in Leipzig und Wittenberg: wie erscheinen Luther und
Melanchthon in den Augen des schwedischen Studenten? Und
wie wird dieser zum Werkzeug Gottes in Schweden? Wie toll es
auf dem berühmten Reichstag von Westeräs zugeht, erzählt Kapitel
13. — Olof, der Bahnbrecher der nationalen schwedischen
Literatur, ist auch der Geschichtsschreiber seines Volkes. Allerdings
, seine Chronik, von Gustaf Wasa unterdrückt, wird erst
nach 300 Jahren seinem Volke geschenkt.

Gibt der Dichter, wie hier, seinen Gestalten Leben und
Farbe aus der Kenntnis von Land und Leuten und aus umfassender
Kunde der Quellen, so ergänzt er den Historiker, der ja auch
nicht nur nackte Tatsachen aneinanderreiht, sondern sie mit Hilfe
der Phantasie sinnvoll verknüpft1. Hat der überragende schwedische
Geschichtsforscher Hjalmar Holmquist seinen Landsleuten
den deutschen Reformator nahegebracht (Martin Luther, Uppsala
1917, 192 S.), so kann A. O. Schwede seine deutschen Landsleute
für das wechselvolle Leben des schwedischen Reformators
erwärmen. Ein Vergleich mit Aug. Strindbergs Meister Olof
würde sich lohnen.

Leipzig Friedrich O s 1 a r h i 1 d

*) Siehe hierzu Gertrud Bäumer, Des Lebens wie der Liebe Band.
Briefe, hrsg. von Emmy Beckmann. Tübingen: Rainer Wunderlich 1956,
S. 187 über das Dantebuch, - das „obschon als Roman sich gebend, als
biographische Leistung (vor den vorhandenen Dante-Biographien) den
Vorrang behaupte".

A 11 h a u s, Paul: Luthers Wort vom Ende und Ziel des Menschen.

Luther. Mitteilungen der Luthergesellschaft 1957, 3 S. 97—108.
B ä n z i g e r, Paul: Vadian und seine Stadt St. Gallen. Zum zweiten

Bande des Werkes von Werner Näf.

Zwingliana X, 1957 S. 492—502.
Eastwood, C. Cyril: Luther's Conception of the Church.

Scottish Journal of Theology 11, 1958 S. 22-36.
F i o r i t o, M. A.: Teori'a y Praetica de los Ejercicios Espirituafes segün

G. Fessard.

Siencia y Fe XIII, 1957 S. 333-352.
Künzli, Edwin: Zwingiis Jesaja-Erklärungen. Zu: Huldreich Zwingiis

Sämtliche Werke Band XIV. (Lieferungen 1—4).

Zwingliana X, 1957 S. 488-491.
Lascaris, M.: Deux chartes de Jean Uros, dernier Nemanide (No-

vembre 1372, indiction XI).

Byzantion XXV-XXVI-XXVII, 1955-56-57 S. 277-323.

Lau, Franz: Luther — Revolutionär oder Reaktionär? Glaubensentscheidung
zwischen Mittelalter und Neuzeit.
Luther. Mitteilungen der Luthergesellschaft 1957, 3 S. 109—133.

Muralt, Leonhard von: Aus Zwingiis Predigten. Zu der Ausgabe
von Oskar Farner.
Zwingliana X, 1957 S. 473—487.

R ahn er, Hugo: Die .Anwendung der Sinne' in der Betrachtungsmethode
des Hl. Ignatius von Loyola.

Zeitschrift für katholische Theologie 79, 1957 S. 434-456.
S c h m i d, Walter: Johannes Stumpfs Schweizer- und Reformationschronik
.

Zwingliana X, 19 57 S. 502—506.

Sperl, Adolf: Nochmals zur Chronologie der frühen exegetischen Vorlesungen
Melanchthons.
Kerygma und Dogma 4, 1958 S. 59—60.

Staedtke, Joachim: „...die ihres Hirten Stimme hört". Zur Geschichte
eines theologischen Motivs.
Evangelische Theologie 18, 1958 S. 68—75.