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Ausgabe:

1958 Nr. 1

Spalte:

20-21

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Namen- und Sachregister zur Übersetzung, dazu Nachträge und Verbesserungen 1958

Rezensent:

Weller, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 1

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daß auch diese, für das Gesamtbild der vorgeschichtlichen Religion
nicht weniger wichtige Kultur berücksichtigt wird. Für die
Vorgeschichte ist eine solche Einteilung in jeder Hinsicht untragbar
und verbaut ebenso wie die Beschränkung auf Europa die
Erkenntnis der großen, überkontinentalen Zusammenhänge. Es
möge dafür genügen, auf die tiefgründigen Darlegungen von
E. Sprockhoff über die religiösen Vorgänge in der nordischen
Bronzezeit hinzuweisen („Nordische Bronzezeit und frühes Griechentum
" im Jahrbuch des Rom.-German. Zentral-Museums
Mainz I [1954] S. 28 ff.). Eine wirkliche Zusammenfassung unseres
heutigen Wissens um das religiöse Leben der frühesten Vorzeit
darf nicht willkürlich abgeschnitten werden, sondern muß
auch dem Fortleben vorgeschichtlicher Religionsvorstellungen in
die geschichtlichen Perioden und möglichst bis in die Gegenwart
nachspüren. Ein Widerspruch besteht auch in der Begriffsbestimmung
der Religion: wird in der Einleitung der Begriff auch erfreulich
weit gefaßt unter Einbeziehung aller Äußerungsformen
des Kultes, 60 bekennt der Verf. sich später (S. 49 ff.) zu der von
seinem Lehrer, W. Schmidt, dem Haupt der Mödlinger Schule der
Kulturforschung, aufgestellten Einschränkung auf den Glauben
an persönliche Gottheiten. Es ist hier nicht der Ort zu kritischen
Betrachtungen über den Wert oder Unwert der in dieser Schule
sehr stark betonten ethnologischen Vergleiche für urgeschichtliche
Verhältnisse, wir beschränken uns auf die Grundfragen der
vorgeschichtlichen Religion.

Als ersten Anstoß zu religiösem Denken nimmt M. das
Phänomen des Todes an, das auch in allen späteren Zeiten ungeheure
Bedeutung hat. Von der Fürsorge für den Toten führt
ein gerader Weg zu Heroisierung, dann zu Vergottung, d. h. zur
Vorstellung eines persönlich gedachten göttlichen Wesens. Am
wirklichen Anfang aber kann nur ein primitiver Pantheismus,
eine Naturreligion reinster Form mit Vergöttlichung all und jeder
Naturvorgänge gestanden haben, für die der Urmensch noch
keine Erklärung haben konnte, wenn sie auch meist nicht konkret
nachweisbar sein wird.

Die großartige Felsbilderkunst des jüngeren Paläolithikums
deutet M., der allgemeinen Auffassung folgend, aus dem Vorstellungskreis
der Bildmagie mit vielfacher Verschlingung von
Fruchtbarkeits- und Vernichtungszauber. Der fundamentalen Bedeutung
des Totemismus aber, der in den Bildwerken doch geradezu
mit Händen zu greifen ist und für den die Völkerkunde
aus allen Erdteilen massenhafte Analogien bereit hat, wird er
nicht gerecht in offenbarer Bindung an das Schuldogma von einem
höheren Wesen als Urform vorgeschichtlicher Religion. Diesem
zuliebe scheut er — und nicht er allein — auch vor der Inkonsequenz
nicht zurück, zwar die Tierbilder als Instrumente der Bildmagie
, die Frauenfiguren aber, die sog. ,,Venus"-Statuetten, als
Abbilder einer Muttergottheit zu deuten. Einer Erklärung ebenfalls
aus dem Bildzauber steht nichts entgegen: Wild und Weib
waren die beiden Pole, um die das Denken des eiszeitlichen Jägers
kreiste. Der grotesk naive Einfall von H. Kühn, die (zumeist aus
Knochen geschnitzten) diluvialen Venusfiguren mit der biblischen
Legende von der Erschaffung des Weibes aus der Adamsrippe
in unmittelbare Beziehung zu bringen, wird allerdings nur
im Literaturverzeichnis berücksichtigt. Auf die neuerdings lebhaft
diskutierte These von einem zweigeschlechtlichen Wesen
schon in der altsteinzeitlichen Religion geht M. nicht ein.

Auch in mittelsteinzeitlichen Funden glaubt M. — neben
dem Fortleben altsteinzeitlicher Vorstellungen — die Zeugnisse
für eine anthropomorphe Gottesidee monotheistischer Prägung
erkennen zu müssen. Die schematisierten Menschenbilder Süd-
und Ostspaniens, die ebenso wie die naturalistischen Formen der
Altsteinzeit symbolischen, magischen Sinn haben müssen, werden
aufgrund heutiger ethnologischer Parallelen nicht als Götter-
sondern als Ahnenbilder gedeutet ohne einen Versuch, einen so
tief einschneidenden Wechsel glaubhaft zu machen, da die normale
Entwicklung doch eher den umgekehrten Weg vom Ahnen
zum Gott gegangen sein wird.

Mit dem ganzen Weltbild muß sich auch die religiöse Vorstellungswelt
des jungsteinzeitlichen Bauern von der des altsteinzeitlichen
Jägers grundlegend unterscheiden. An der Herleitung
der tönernen „Idole" des donauländischen Kreises aus
dem vorderen Orient kann füglich nicht gezweifelt werden. Auch

die veränderte Einstellung des Menschen zum Tier muß sich in
den Formen des Tierkultes widerspiegeln. In der religionsgeschichtlichen
Auswertung der megalithischen Denkmäler der
jüngeren Steinzeit sind die neueren Untersuchungen nicht berücksichtigt
worden, die das Problem in ein ganz neues Licht
stellen. Mit berechtigter Ausführlichkeit wird geschildert, wie
die Sippengräber einen hoch entwickelten Ahnenkult bezeugen.
Aber für eine innere Weiterentwicklung zu anthropomorphen
Gottesvorstellungen fehlen doch wieder die Beweise. Auf jeden
Fall aber bezeugen die Megalithgräber das Vorhandensein ani-
mistischer Vorstellungen, die für die älteren Perioden lediglich
vermutet werden können. Der Versuch, aus den Fundumständen
einzelne Glaubenskomplexe herauszuschälen, ist unter allen Umständen
noch verfrüht, verdient aber ernsthafte Erwägung. Ob
der Weg über das Dogma persönlicher Gottheiten führt, ist aber
mindestens fraglich.

Es ist das erste Mal, daß versucht wird, eine zusammenfassende
Übersicht über das heute vorliegende Material zur vorgeschichtlichen
Religion zu geben. Sie konnte nur gewagt werden
auf der Grundlage einer so umfassenden Kenntnis, wie sie
M. bezeigt. Der Stoff ist erfreulich umfangreich, doch unter allen
Umständen voll von Lücken, deren Überbrückung ungleich höhere
Anforderungen an die nachschaffende Phantasie stellen muß als
die Darstellung irgendeines Abschnittes der materiellen Kultur.
Die Bindung an das Mödlinger Schuldogma eines allgemeinen
Ur-Monotheismus (darüber zuletzt F. Pfister in Forschungen und
Fortschritte 1957, Heft 5) verleitet zu Vereinfachung und Schematisierung
. Läßt man die Denkmäler und Fundumstände ohne
alle Voraussetzung selbst sprechen, so ergibt sich ein vielfach
abweichendes und auf alle Fälle weit farbenreicheres Bild der
vorgeschichtlichen Religion. Dankbar muß anerkannt werden,
daß M. sich niemals zu polemischer Schärfe hinreißen läßt, die
der Diskussion dieser Probleme so oft eine unerfreuliche Note
gegeben hat.

Leipzig Friedrich Behn

Geldner, Karl Friedrich, Prof.: Der Rig-Veda. Aus dem Sanskrit
ins Deutsche übers, und mit einem laufenden Kommentar versehen.
IV. Teil: Namen- u. Sachregister zur Übersetzung. Dazu Nachträge u.
Verbesserungen. Aus dem Nachlaß d. Übersetzers hrsg., geordnet u.
ergänzt v. Johannes Nobel. Cambridge/Mass.: Harvard Univ. Press;
London: Geoffrey Cumberlege Oxford Univ. Press; Wiesbaden:
Harrassowitz 1957. VII, 271 S. 4° = Harvard Oriental Series ed. by
D. H. H. Ingalls, Vol. 36.

Der Schlußband der ebenfalls in der Harvard Oriental
Series1 erschienenen Geldnerschen Verdeutschung des gesamten
Rigveda bringt dazu einen Namenindex (S. 1—142), einen Sachindex
(S. 143-226), einen Index der auf Sorna bezüglichen Gegebenheiten
(S. 227—250) und Nachträge und Berichtigungen
zur Übersetzung (S. 251—271). Das Vorwort berichtet über Zustand
und Umfang des handschriftlichen Nachlasses Geldners,
das Ziel, dem Geldner zustrebte, und die Art, wie verfahren
wurde, den Nachlaß druckfertig zu machen. Die vorgefundenen
Sammlungen erfaßten nur die ersten 8 Bücher des Rigveda. Abgesehen
davon, daß Frau Nobel diese auf Karteikarten umschrieb
, stellte sie die Indices nach Geldners Vorgang auch für
die beiden letzten Bücher des Werkes her. Geldner hatte sich
nicht vorgenommen, einen Index zu seiner Übersetzung abzufassen
, in den alle Stellen aufgenommen wurden. Immerhin umfaßte
die Kartei, welche die Stellen mit gewichtigen Aussagen
einfing, schließlich etwa 25 000 Zettel. Bei deren Schlußredaktion
wurden dann gelegentlich Kürzungen vorgenommen.

Die Titelköpfe sind überall nach dem lateinischen Alphabete
geordnet. Längeren Artikeln geht eine Übersicht voraus,
wie der Stoff aufgeteilt ist, und innerhalb der Untergruppen 6ind
die Stellen wiederum nach einem Stichworte alphabetisch aufgereiht
.

Was menschenmöglich war, den Indexband so einzurichten,
daß sein Benutzer die auseinanderstrebenden Gegenstände bequem
finden kann, geschah. Dem, der nur auf die Übersetzung
des Rigveda angewiesen ist, wird dieser Indexband gute Dienste

4) Bände 33—3 5.