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1958 Nr. 5

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 5

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R. nur dankbar sein, sobald aber theologische Konsequenzen
gezogen werden, melden sich Bedenken über Bedenken. Wobei
für den protestantischen Theologen das Bedrückendste darin
liegt, daß er mit R. prinzipiell darin übereinstimmen muß oder
sollte: daß überhaupt theologische Konsequenzen aus den genannten
Materien gezogen werden müssen, er seinerseits aber
derzeitig kaum imstande ist, eine Alternative zu weisen. Somit
mahnt R.s Werk die protestantische Dogmatik an unerledigte
(lange genug zu Unrecht suspendierte) Aufgaben.

Freilich, der heutigen Naturwissenschaft wird R. schwerlich gerecht,
da er von der apologetischen Fragestellung des ausgehenden 19. Jahrhunderts
(Gott oder natürliche Ursachen statt Gott i n diesen und
durch diese) nicht frei wird. Er vermag die moderne Naturwissenschaft
nur zu interpretieren als den nachträglichen Beweis dafür, daß
man damals nun doch (gegen Darwin, Lamarck u. a., s. I, S. 297 ff.) recht
gehabt habe (von Einzelzugeständnissen abgesehen). Auch unterscheidet
R. nirgendwo zwischen mechanischem und dialektischem Materialismus
und deutet somit Ersdieinungen, die der Marxist als Ausweis der .Dialektik
' in Anspruch nimmt, als nicht-materialistisch weil nicht-mechanistisch
(I, S. 275). Weiterhin wird zu fragen sein, ob es methodisch
korrekt ist, eine naturwissenschaftliche Theorie deswegen abzulehnen,
weil sie verderbliche Folgen hatte oder haben könnte (die Selektionstheorie
habe zur Euthanasie und zur Ausrottungsideologie der SS geführt
— I, S. 311 — und die Ansicht, die Menschheit gehe auf mehrere
Urpaare zurück, zum Rassenhaß — I, S. 326 f. —, wie überhaupt R.
daran festhält: die Menschheit müsse „von einem Menschenpaar"
abstammen, sonst sei die Erbsünden- und Erlösungslehre in Frage gestellt
, I, S. 322 ff.). Bedenken muß auch erregen, mit welcher Selbstverständlichkeit
hinter der astronomischen Hypothese eines .Anfanges
der Welt und einer ihr letztlich zukommenden .Endlichkeit' (gemäß der
Annahme einer Expansion des Weltalls u. a., s. I, S. 169 ff.) der theologische
Begriff der Weltschöpfung durch Gott gesehen wird.

Jedoch muß anerkannt werden, daß R. die Frage Theologie und
Naturwissenschaft in systematischer Gründlichkeit (durch alle dogmatischen
loci hindurch) angegangen ist und daß seine überraschend konservative
Tendenz das Problem vielleicht besser erhellt als jenes
Schiedlich-Friedlich, mit welchem vielfach die protestantische Theologie
mit diesen Dingen nicht behelligt sein mödite (hierbei den Raum
willig der Physik überlassend, hinsichtlich der Zeit dagegen für das
überlieferte Verständnis um so empfindlicher).

Noch ein kurzes Wort zum III. Band, der für den protestantischen
Leser eine willkommene Einführung in die katholische
Ekklesiologie sein dürfte, von deren eigenartig juristischer
Mentalität ja nur eine authentische Darstellung den richtigen
Eindruck vermitteln kann.

Dieser Band will dem religiösen Individualismus („dem verbreitet-
sten und verhängnisvollsten Irrtum" der Neuzeit, S. 3) gegenüber die
Notwendigkeit der Gemeinschaftsfrömmigkeit darlegen, und zwar durch
den Aufweis, daß schon in fast allen Fremdreligionen die Gemeinschaft
dem Einzelnen vor- und übergeordnet sei bzw. gewesen sei, daß es aber
erst im Christentum (und innerhalb dessen letztlich allein in der römisch
-katholischen Kirche) zu einer eigentlichen — alle Grenzen sprengenden
— Kirche gekommen sei. — Eine konfessionelle Auseinandersetzung
wird hierbei (wie auch anderswo) nicht geführt. R. beschränkt
sich auf eine ausführliche Darlegung der katholischen Auffassung über
Gründung und Aufgabe, Wesen und Eigenschaften der Kirche und macht
hierbei detaillierte Angaben über Gliederung und Organisation der katholischen
Kirche. Wobei eben immer wieder die stark historisch-juristische
Beweisführung auffällt.

Zusammenfassend läßt 6ich folgendes über R.s Werk
sagen: Es ist ein vorzügliches Kompendium der Religionsgeschichte
, besonders dadurch, daß die Fremdreligionen nicht jeweils
für sich dargestellt werden, sondern das betr. Material
auf die Sachkapitel der christlichen Dogmatik (als Parallelen
im weitesten Sinne) geschickt verteilt wird. Vor allem ist hierbei
zu begrüßen, daß R. ständig darum bemüht ist, aus der Mitteilung
der Parallelen etwas theologisch Relevantes folgen zu
lassen, d. h. sie theologisch auszuwerten (und nicht als bloßes
Bildungswissen einfach hinzustellen). Daß er dies nur im Sinne
der Konzeption einer natürlichen Theologie vermag, ist seine
Grenze.

Der Mangel dieses Werkes besteht somit 1:) darin, daß sich
R. nirgendwo mit der Theologie Karl Barths (inwiefern diese
die schärfste Antithese gegen jede natürliche Theologie als
Vorhalle zur christlichen darstellt) auseinandersetzt. Zu beanstanden
ist weiterhin: 2.), daß R. die historisch-kritische Exegese
nicht ernst nimmt, daß er 3.) die naturphilosophischen

Konsequenzen der heutigen Physik und Biologie arg verschätzt
(hierbei den dialektischen Materialismus ignorierend)
sowie 4.) — alles in allem — wie selbstverständlich in dem
überkommenen Schema der Alternativen wie: Geist — Materie,
Theismus — Atheismus, Teleologie — Mechanismus und (vor
allem!) religiös — irreligiös verharrt. Hier hätte der theologische
Ansatz von Bonhoeffer neue Wege weisen können.

Gerade damit zeigt sich aber, daß katholische wie protestantische
Dogmatiker in stärkerem Maße voneinander zu
lernen bestrebt sein sollten, die protestantischen, was den umfassenderen
thematischen Raum der katholischen Dogmatik anbetrifft
(d. h. deren systematische Kraft, eine ganze Enzyklopädie
in den Dienst der Dogmatik zu 6tellen), die katholischen,
was die Bereitschaft der protestantischen Theologie zum Umdenken
, zum Neuansatz und zur Infragestellung alles doktrinär
Gewordenen anbetrifft.

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