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Ausgabe:

1958

Spalte:

357-358

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Osborn, Eric F.

Titel/Untertitel:

The philosophy of Clement of Alexandria 1958

Rezensent:

Theiler, Willy

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357

Theologische LiteratuTzeitung 1958 Nr. 5

358

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Osbotn, E. F., M. A., Ph. D.: The Philosophy of Clement of Alexandria
. Cambridge: At the University Press 1957. XI, 206 S. 8° =
Texts and Studie«. Contributions to Biblical and Patristic Literature,
N. S., ed. by C. H. Dodd, III. 30 s.

Nach dem leitenden Gedanken des schlicht und sympathisch
geschriebenen Buches — schwierige Fragen werden manchmal an
moderner Kunst veranschaulicht, etwa S. 61 am Unterschied der
Musik von Schubert und Mozart — hat Clemens Gott, das Gute
und die Wahrheit bald nach der in sich ruhenden Einheit, bald
nach dem Überfließen in die Vielheit beurteilt: Gottes Transzendenz
gegenüber der Immanenz des Sohnes, die unvergleichliche
Güte Gottes gegenüber der vom Menschen in der
'Ofioicooig fteco (wobei O. gern dem gleichnamigen Buch von
H. Merki, 1952 folgt) gewonnenen Tugend, die schlechthinnige
Wahrheit der christlichen Gnosis, mit der der Glaube zusammenhängt
, gegenüber der in der Philosophie verbreiteten, in der
Häresie zerstörten Erkenntnis. Geschickt wird das leicht überanstrengte
Schema durch viele sorgfältig ausgewählte Belegstellen
gestützt. Der Ausgangspunkt wird S. 9 etwas kühn in Piatos
Parmenides gefunden, der ersten Hypothese 137 c ff. gegenüber
der zweiten Hypothese 142 b ff., Stellen, die tatsächlich bei Plo-
tin, der sonst gelegentlich mit Clemens verglichen wird, stark
nachwirkten (E. R. Dodds, Class. Quart. 1928, 133 ff.). Für die
Doppelseitigkeit des Guten erwähnt O. S. 84 etwas näher liegend
das dizzov zthog Piatos, von dem Clemens selber Strom. 2,
131,2 nach einem Mittelplatoniker berichtet.

Die Anlage des Buches erlaubt es nicht, den Leser vor eine
ruhige Interpretation größerer Abschnitte zu stellen; auch ist die
Frage kaum berührt, was denn eigentlich die griechische Philosophie
bedeutet, die Vorbereitung der christlichen Wahrheit
(Strom. 1,99,1; 6,62,1), deren Schutz (1,100,1); das Abbild
der Wahrheit (1,20,1) wie das Gesetz (6,58,2); die starken
Platoanspielungen sind ja beredt, und reizend ist etwa die Formulierung
5, 16, 3 !) idea ivvorjfia zov $eov (mittclplato-
nisch ausgedrückt, auch 7, 5, 4), otifq oi ßdgßagoi (die Juden)
Xoyov dgijxaoi zov fteov. Protr. 112, 1 rd nüv fjdt] 'Adfjvai
y.nl 'Elkdg yeyovev zq> Xöyqj. Nur in einem Anhang wendet
sich O. bei der negativen Theologie, die mit Recht zu Philo von
Alexandrien zurückführt, gegen das große Werk von W. Völker,
Der wahre Gnostiker nach Clemens Alexandrinu6 1952, 91 ff.,
das seiner ganzen Richtung nach immer wieder die Bedeutung der
griechischen Philosophie verkleinert (z.B. S. 157, 2; 284; 352;
380).

Die Behandlung von Strom. 5, 71 und 5, 81 f. hätte an Ein-
drücklichkeit gewonnen, wenn mehr beim Einzelnen und nicht
nur einleitungsweise die mittelplatonischen und sonstigen Bestandteile
in der eklektischen Einheitsphilosophie des Clemens
namhaft gemacht würden. So gehört 5, 81, 5 zu Albinus 165, 5
Herrn., der seinem Lehrer Gaius folgt, Gott oihe yevog eazlv
ovze eldog ovze dtaqpogu, äXK ovde ovfißeßrjxe zi avzqj
(L. Früchtel, Phil. Wochenschr. 1937, 592). O. 28 verweist direkt
auf Aristoteles Topik 1, 8,2—3, wo aber nur ögog, l'öiov,
yevog, ov/ußeßqxög aufgezählt sind, während die „Quinque
voces" mit di.acpogü 6onst erst bei Porphyrios erscheinen. Im
gleichen Zusammenhang spricht Clemens über die unzureichenden
ovofiara Gottes und den Zwang, enegeideovxai zovzoig (so
mittelplatonisch auch Maximus Tyrius 28,13 Hob.) . . . u&gocos
ünavxa evdeixztxu xf/g zov navzoxguzogog dvvdjuecog. Vgl.
Maximus Tyr. 140, 6 to fteiov . . . öXov äftgoov udgou ovveoei
nagayivoßevov. Auch Strom. 5,71,2 entspricht einem Satz bei
Albinus 165,15. Die Dimension der Körpertiefe, Fläche, Länge
muß weggenommen werden, bis schließlich nur die Monade
bleibt; ei zoivvv iwpelövzeg (vgl. Maximus Tyr. 143, 16; Plotin
5. 3 Ende)jr«vTß ooa ngooeozi zotg awjuaaiv xal zotg Xeyo/ue-
votg äacofiizoig (dem stoischen Xexzov, xevov, zonog, %gövog,
Sextus Emp. adv. math. 10,218) emggttpai/uev eavzovg elg zo
neXayog (überl. fieyeftog) zov Xgiozöv x&xeWev elg zo o^a-

veg ... dann gelangen wir zur negativen Gotteserkenntnis.mXa-
yog und a%aveg Umsetzung des ßv ftög der häretischen Gnosis,
die auch in ihren philosophischen Zügen von O. nur wenig
berücksichtigt wird. Es folgt angesichts räumlicher Vorstellung
Gottes in der Bibel (wie 5, 68, 3) ein Verweis auf eine spätere
Behandlung, wohl in dem fehlenden Höhepunkt der Stromateis,
der (pvoioXoyta, die mit der Explikation der Genesis begann —
ähnlich wie dies im letzten Buch der Konfessionen Augustins
der Fall ist —; vgl. 1, 15, 2; 4, 3, 2 f. (in der Umgebung immer
der Mysterienvergleich), weiter 4,162,2; 6,168,4; 7,59,7;
3, 95, 2. Also auch auf dem Höhepunkt ist die negative Theologie
und damit die Philosophie ernst genommen. — In der bekannten
Streitfrage um die Werke ngozgenzixög, naiöaywyixög, di-
daoxaXixög Xöyog resigniert O. 7 zu rasch. An dem ursprünglichen
literarischen Plan kann nach Paed. Anfang und Ende
nicht gezweifelt werden; vgl. Plutarch praec. ger. rep. 798 b.
Aber es drängten sich die Teppiche vor, die stilistisch dem Clemens
lagen, und dahinein packte er schließlich alles, was für
den didaoxahxög geplant war; im ganzen richtig M. Pohlenz
G. G. N. 1943, 123 f., der nur die cpvoioXoyia noch abtrennt
vom Stromateiswerk.

Das philosophische Problem der Willensfreiheit ist infolge
des gewählten Schemas nicht eigens behandelt. Völker ist 125
geneigt, in Strom. 7,42, 3 otovel yäg ävzemozgotprj zig eozi
irg ngovoiag r zov yvojozixov öotozrjg einen vereinzelten
Hinweis auf die gratia praeveniens anzuerkennen. Doch ist damit
nur ausgedrückt, daß freiwilliges frommes Verhalten des
Gnostikers Gegenstück zur freiwilligen Providenz Gottes ist;
vgl. 7, 60, 1 ev&scog äxövoag fieov ze xal ngovoiav ejilozsv-
oev l£ ojV Iftavfiaoev, wo nicht mit O. 69 der induktive Gottesbeweis
abgelehnt ist. Daß das Providenzproblem, wie beim
Gnostiker Basileides, durch das Martyrium eine neue Seite gewinnt
, betont O. 78 richtig.

Ein kleines Versehen S. 155 anläßlich des Vergleichs der Dialektik
von Plato und Clemens: die Begriffsbestimmung des Kürbis in der späteren
platonischen Schule wird nicht von Aristophanes, sondern von
Epikrates verspottet, fr. 11, II 2 87 Kock, in einem unbekannten Stück.

Bern Willy Theiler

Burghardt, Walter J., Prof. S.J.: The Image of God in Man

according to Cyril of Alexandria. Woodstock/Maryland: Woodstock
College Press 1957. XVI, 194 S. gr. 8° = Studies in Christian Anti-
quity, cd. by J.Quasten, Nr. 14. $ 3.—.

The author of this monograph deserves to be warmly con-
gratulated upon his achievement. He has produced an exceüent
and well documented account of the various ways in which Cyril
of Alexandria treats the concept of Imago Dei. He knows the
texts intimately, and to the best of my knowledge examines
every relevant passage in Cyril's voluminous writings. He finds
that Cyril connects the notion of image with six themes: reason,
freedom, dominion, sanctification, incorruptibility, and sonship.
To his credit he has resisted the powerful temptation to make
Cyril's mind as tidy as his own, and is content to notice incon-
sistencies where they occur without feeling any necessity to
iron them out. Moreover, the discussion throughout takes proper
account of Cyril's predecessors, so that his place in the
theological tradition of Alexandria is piain to see. Offen the
inconsistencies must be ascribed to the existence of divergent
interpretations in the previous exegetical tradition. The point
is important because, while Father Burghardt's question, as re-
flected in the title of his book, might prcsuppose that Cyril
possessed a coherent System, the study of the texts compels the
conclusion that Cyril had hardly more than a miscellaneous
collection of reflections on the subject without any Single prin-
ciple to govern them. In short, we are not to suppose that if
Cyril had been asked the piain question, 'What ideas do you
associate with the image of God in man?', he would have
promptly replied with a list of the six themes discussed in this
book.