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Ausgabe:

1958

Spalte:

346-347

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Brockelmann, Carl

Titel/Untertitel:

Hebräische Syntax 1958

Rezensent:

Meyer, Rudolf

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Theologische Literatuirzeitung 1958 Nr. 5

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schlagen noch etwas weiter gegangen wären, so z. B. XXI, 30,
einfach auf Grund der überragenden Kenntnis dieser Handschrift,
die sie im Original studieren konnten. Aber man muß in Bewunderung
ihrer Leistung zugleich betonen, daß konjekturale
Lesarten bei Herausgabe nur einiger Kolumnen einer Handschrift
stets eine mißliche Sache ist, da eine Nachprüfung der auf noch
unveröffentlichten Stellen beruhenden Konjektur nicht möglich
ist. g ,4om Jtm* feqbttn isv-,-;-. . ,

Zu diesem Hauptteil der ganzen Publikation haben die
Herausgeber zwei Übersetzungen hinzugefügt, eine ins Neuhebräische
und eine ins Englische, auch unter Berücksichtigung
des Bibelenglisch, letztere wurde durch Fräulein Sulamith Schwartz
Nardi gegeben. Die erstere Übersetzung verdient zweifellos den
Vorzug, sie bildet zugleich eine ausgezeichnete Erläuterung der
aramäischen Schrift selbst.

Außerdem sind zwei weitere Abschnitte sowohl englisch als
auch hebräisch beigefügt, die die Rolle selbst beschreiben bzw.
eine genaue Übersicht über den Inhalt sowie einzelne kommentatorische
Bemerkungen zu den publizierten Kolumnen geben.
In dem Abschnitt, der den Zustand der Rolle beschreibt, erfahren
wir, daß die schwierige Aufrollung J. Biberkraut verdankt wird,
von dem auch ein Bild beigegeben ist. Über die angewendeten
Methoden soll erst in der Gesamtpublikation berichtet werden.
Man erfährt weiterhin, daß die ersten neun Kolumnen sich in
einem sehr schlechten Erhaltungszustand befinden, erst von der
zehnten Kolumne an wird der Erhaltungszustand besser, und nur
die letzten drei Kolumnen sind vollständig bewahrt. Im ganzen
hat die Rolle 22 Kolumnen enthalten in einer Gesamtlänge von
2, 83 m und 31 cm Höhe. Doch am linken Rand der letzten Kolumne
beweisen Nahtlöcher, daß mindestens ein weiteres Blatt
angeheftet war.

In dem Abschnitt über den Inhalt der Rolle berichten die
Herausgeber über die einzelnen Kolumnen und die Aussagen des
erhaltenen Textes. Wir erfahren, daß die ersten fünf Kolumnen
von der Geburt Noahs handeln, auf Kolumne VI, Zeile 6 ein
neuer Abschnitt beginnt, der Gen. 6, 9 in die erste Person umsetzt
. In dieser Weise wird der Inhalt der Rolle im Abriß dargeboten
. Linter anderem findet sich z. B. die Bemerkung, daß der
Inhalt von Kolumne VIII und IX nicht zu identifizieren ist.
Jedenfalls muß diese Inhaltsangabe mit besonderem Dank begrüßt
werden, weil eine Bearbeitung der veröffentlichten Teile
dadurch besser ermöglicht wird, indem der erzählerische Zusammenhang
, der für diese Kolumnen besteht, dargelegt wird. Natürlich
haben die Herausgeber die Kolumnen XX bis XXII besonders
sorgfältig dargestellt und eine Reihe sprachlicher, literarischer
, historischer und topographischer Einzelheiten geklärt. Man
wird ihnen dafür besonders danken müssen, denn damit haben
sie zugleich die wissenschaftliche Diskussion um diese Qumrän-
schrift eröffnet, und diese Diskussion wird sehr lebhaft werden,
wenn erst einmal die Gesamtpublikation vorliegen wird und die
anderen aramäischen Texte aus Qumrän, über die seinerzeit Professor
Dr. Stardcy (RB LXIII, 1956, 66) berichtet hat, veröffentlicht
sein werden, so daß durch Sprachvergleichung dieser aramäischen
Proben möglicherweise auch ein Indizium für die zeitliche
Ansetzung der einzelnen Texte gewonnen werden kann.
Wie die Herausgeber mitteilen, hat Professor Kutscher aus der
Sprache des Genesis-Apokryphon auf das 1. Jahrhundert v. bzw.
n. Chr. geschlossen.

Die veröffentlichte Rolle stellt ein schönes Beispiel der Erzählungsliteratur
in Qumrän dar. Zweierlei Gattungen lassen
sich m. E. feststellen. Die Gattung des Targums, das nicht nur
übersetzt, sondern zugleich verdeutlicht und erklärt, ist besonders
in Kol. XXI 23-XXII 26 vorhanden. Für diese Annahme
spricht einmal die enge Anlehnung an den biblischen Text, dann
der Versuch, Unstimmigkeiten des biblischen Textes auszugleichen
. So fällt entgegen dem biblischen Bericht nur der König
von 'WMRM in die Erdpechgruben, während der später dem
Abraham entgegenziehende König von Sodom entflieht. Dann
werden unbekanntere Namen durch bekanntere ersetzt. Amraphel
ist König von Babel gemäß Gen. 10, 10, Arjok wird König von
KPTWK, das die Herausgeber mit Kappadokia identifizieren,
Hoba Gen. 14, 15 wird zu Heibon, dem Weinort in Ez. 27, 18.

Salem wird mit Jerusalem gleichgesetzt, wofür Psalm 76, 2 und
2. Sam. 18, 18 sprechen. P. Winters Vermutung (NT II, 1957,
151) einer Glosse leuchtet mir in diesem Text nicht ein. Die in
diesem Zusammenhang genannte Ebene von Beth ha-kerem, nach
Jer. 6, 1 und Neh. 3, 14 südlich von Jerusalem gelegen, bietet ein
palästinisches Lokalkolorit wie die Erwähnung von Ramath
Chazor in XXI 8, wo die Herausgeber ansprechend die Identifizierung
mit dem dschebel el-'asur vorschlagen. Dieser targum-
hafte Charakter wird sich sicher auch noch in den bisher nicht
veröffentlichten Kolumnen stellenweise nachweisen lassen.

Daneben ist m. E. deutlich die Gattung des Midrasch festzustellen
. Der Verfasser respektiert die Parascheneinteilung des
biblischen Textes, abgesehen von seiner sehr übersichtlichen
Gliederung der eigenen Erzählung. Dann aber 6tehen in den Erzählungen
auch gesetzliche Vorschriften z. B. das Verbot des
Blutgenusses in Kol. XI cf. Jub. 6, 13. Siehe auch die Ansprache
Noahs an seine Söhne in Kol. XIII—XV. Die Mischung beider
Gattungen weisen aber m. E. unsere Handschrift als ein selbständiges
Werk aus einem Guß aus, wie das von den Herausgebern
ebenfalls vermutet worden ist. Ob die Rolle vielleicht mehrere
Bücher in sich vereinte, Henoch-, Noah-, Abrahambuch und wieweit
sie als Quelle für das Jubiläenbuch gedient hat, — diese
Fragen werden sich erst beantworten lassen, wenn die Fragmente
der erzählenden Literatur aus den Höhlen veröffentlicht sind.

Den Herausgebern N. Avigad und Y. Yadin gebührt vollste
Anerkennung und wärmster Dank für die vortrefflich geleistete
Arbeit. Der nach den gleichen Grundsätzen und mit der gleichen
Sachkunde und Liebe zum Gegenstand gearbeiteten Gesamtpublikation
kann man nur mit erwartungsvoller Freude entgegensehen
.

Leipzig Hans Bardtke

Brockelmann, Carl: Hebräische Syntax. Neukirchen Krs. Moers:
Verlag der Buchhandl. d. Erziehungsverems [1956]. XV, 216 S. gr. 8°.
DM 16.80; geb. DM 19.50.

Mit der „Hebräischen Syntax" hat die lange Reihe der se-
mitistischen Veröffentlichungen, die wir C. Brockelmann (verstorben
am 6. 5. 1956 in Halle/S.) verdanken, ihren Abschluß
gefunden. Das Werk steht in engem Zusammenhange mit dem
„Biblischen Kommentar — Altes Testament", herausgegeben von
M. Noth, und hat in erster Linie die Aufgabe, den genannten
Kommentar in philologischer Hinsicht zu ergänzen.

Entsprechend dem „Grundriß der vergleichenden Grammatik
der semitischen Sprachen", Bd. II, 1913, ist auch die „Hebräische
Syntax" in drei Bücher aufgeteilt:

. 1. „Der einfache nackte Satz", 2. „Der einfache bekleidete Satz"
und 3. „Der zusammengesetzte Satz". Unter dem ersten Thema behan;
delt Verf. die Ausrufesätze (§§ 2—12), die Aussagesätze (§§ 13—52)
mit der Untergliederung in Nominal- und Verbalsätze, sowie den Fragesatz
(§§ 53—56). Eingeleitet wird das erste „Buch" durch eine allerdings
sehr knapp gefaßte Bemerkung über die Satzbildung (§ 1; vgl.
„Grundriß" II, § 2). Das zweite „Buch" umfaßt nach einer Einführung
(§ 57) die attributiven Näherbestimmungen im weiteren Sinne des Wortes
(§§ 58—80); hierauf folgen die akkusativischen und präpositionel-
'en (§§ 81—88), sowie die adverbiellen Näherbestimmungen (§§ 89—120).
Dieser Themenkreis wird durch die Besprechung der Wortfolge im bekleideten
Satz abgeschlossen (§§ 121—132). Das dritte „Buch" beginnt
mit den beigeordneten Sätzen (§§ 133—138); hierauf wird die Entwicklung
beigeordneter Sätze zu untergeordneten Zustandssätzen dargestellt
(§ 139), und im Anschluß hieran ist der letzte Abschnitt dem
weiten Gebiete der untergeordneten Sätze (§§ 140—176) gewidmet,
wobei naturgemäß zwischen asyndetischer und syndetischer Hypotaxe
unterschieden wird. Das Ganze wird abgerundet durch Abkürzungsverzeichnisse
(S. 167 ff.), eine Literaturauswahl (S. 170—183), sowie je ein
Wort- und Stellenregister (S. 184—215).

Eine Beurteilung der hier vorgelegten Satzlehre ist nicht
eben leicht, zumal da der Verf. selbst nicht mehr unter den Lebenden
weilt. Grundsätzlich und dankbar anzuerkennen ist, daß
die hebräische Syntax, die — abgesehen von einigen guten, freilich
oft wenig beachteten Monographien — lange Zeit in verhängnisvoller
Weise ein Stiefkind der Hebraistik gewesen ist,
nunmehr von sachkundiger Hand eine derart umfassende Behandlung
erfahren hat. B.s letztes Werk steht damit in einer
Linie mit anderen neueren Versuchen, die hebräische Satzlehre