Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1958

Spalte:

329-334

Autor/Hrsg.:

Rost, Leonhard

Titel/Untertitel:

Zu den Festopferschriften von Numeri 28 und 29 1958

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

329

330

Existenzproblems" (178 ff.) durch eine Theologie der Offenbarung
, wie Barth sie seit 1930 erstrebt, geöffnet.

Daß die Konzeptionen der dialektischen Theologie in der
behaupteten Form Widersprüche enthalten, würde sich bei genauerer
Beachtung ihrer eigentümlichen Struktur schwerlich ohne
nähere Differenzierung aufrecht erhalten lassen. Doch hat die
Argumentation von L. gerade insofern ein gewisses Recht, als
jene Konzeptionen ihrerseits der transzendentalen Problematik
von „Gegenständlichkeit" und „Verfügbarkeit" in je bestimmter
Weise ausweichen. Die Diskussion dieser Problematik in der
Theologie ist ohne Lösung geblieben. Die vom frühen Barth gestellte
Frage, wie unter konsequenter Beachtung der Krisis alles
Gegenständlichen angesichts der ungegenständlichen Wirklichkeit
Gottes Theologie möglich sei, hat noch keine Antwort gefunden
. Sie scheint sogar infolge einer gewissen Erschöpfung
wieder mehr in den Hintergrund getreten zu sein. Das scharfsinnige
Buch von L. hat das Verdienst, diese Frage — wenn auch
in negativer Perspektive — neu ins Licht gerückt zu haben, unter
Hinweis auf ihre umfassende Bedeutung für die heutige theologische
Situation. Daß diese Frage auch mit den Problemen der
Geschichte und Geschichtlichkeit von Tradition und Theologie
zusammenhängt, wie L. in seiner Schlußbetrachtung ausführt
(186 ff.), ist wichtig. Doch ist der transzendentale Ansatz weder
prinzipiell noch historisch erst aus der Einsicht in die universale
Geschichtlichkeit, etwa als Weg zur Lösung ihrer Problematik,
erwachsen. Vielmehr ist umgekehrt die universale Geschichtlichkeit
ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Relativität und
Partikularität aller Inhalte innerhalb der Subjekt-Objekt-Spaltung
.

Zu den Festopfervorschrii

Von Leonhard

Die Festopfervorschriften von Nu 28 und 29 stehen reichlich
isoliert da, ohne irgendwelche ersichtliche Verbindung mit
dem Vorhergehenden oder Nachfolgenden. Aber die Gesetze,
Vorschriften, Bestimmungen, Hadite und Berichte des Buches
Numeri zeigen sowieso nur streckenweise einen geschlossenen
Zusammenhang. Weithin hat man den Eindruck, daß hier gegen
den Schluß der Priesterschrift hin mancherlei Material zusammengerafft
worden ist, das noch aufgenommen werden mußte, für
das aber, sei es die Zeit, sei es die Kraft zur organischen Einreihung
gefehlt hat.

Aber nicht diese Einleitungsprobleme sollen hier erörtert
werden; sondern eine Einzelfrage, die m. E. nicht genügend beachtet
worden ist. Nu 28,2 findet sich der Ausdruck ">MtD.
der als Wechselwort neben steht. Anscheinend ist ">73nb

älterer Text, dem ""iaip als Glosse beigesellt worden ist, um die
eigentlich priesterschriftliche Bezeichnung des Opfers auch hier
anzubringen. Wiederum interessiert hier nicht die syntaktische
Stellung des Wortes, auch nicht die Wiedergabe in den Übersetzungen
, für die man Holzingers in dieser Hinsicht immer noch
nützlichen Kommentar zur Stelle zu Rate ziehen mag. Hier geht
es um die Bedeutung des Wortes Dnb an dieser Stelle1.

Übersieht man die Verwendung des Wortes im Kult und in
der kultischen Gesetzgebung, dann lassen sich vier Anwendungsbereiche
erkennen: Zuerst Brot in der eigentlichen Bedeutung
als -ran Dnb oder CTXtn Ork, dann Dnb als Bezeichnung für
eine nbir, dann Brot als Teil eines nDT oder als selbständiges
Festopfer und schließlich Dnb als terminus für die Jahwe gehörenden
, von ihm den Priestern abgetretenen Naturalleistungen
. Von diesen Bedeutungen soll hier nur den drei ersten etwas
nachgegangen werden.

L t,mun

Die Schaubrote werden auf einem besonderen Tisch dargebracht
, von dessen Anfertigung und Zweckbestimmung Ex. 25,
30: 35, 13; 39, 36 berichten. Nu. 4, 7 fügt hinzu, daß die Schaubrote
auch während des Wanderns auf dem Schaubrottisch eingehüllt
getragen werden sollen. Lev. 24, 7 bestimmt ihre Zahl
auf 12, ihre Form als nbn, - was man mit L. Köhler als Lochbrot
ansehen muß, — gibt das Rezept für die Herstellung und
fordert eine bestimmte Ordnung für das Auflegen auf den reinen
Tisch, sowie die Hinzufügung von reinem Weihrauch. Ob
sich der Terminus msTN auf den Weihrauch allein bezieht, wie
es bei der Weihrauchspende als Zugabe zum Speisopfer (Lev. 2,

') George Budianan Gray: Sacrifice in the Old Testament, its
Theory and Practice. Oxford 192 5 befaßt sich auf S. 399 hauptsächlich
mit der Frage, wie weit ungesäuertes und gesäuertes Brot geopfert werden
konnte, berührt also nur die unter 3 zum Schluß behandelten Fragen
. Ebd. S. 100 f. beschäftigt ihn das Problem, ob der Altar Jahwes als
"|nbo bezeichnet werden konnte, und S. 392 geht er im Zusimmen-
hang mit dem Passah auf die Bedeutung des ungesäuerten Brotes ein.
Ein weiteres Eingehen auf das Brot findet nach dem hebräischen Index
nicht statt.

ten von Numeri 28 und 29

Rost, Erlangen

Friedrich Baumgärtel zum 70. Geburtstag gewidmet
2-9.16; 5,12; 6,8; Nu. 5, 26) der Fall zu sein scheint, oder
ob das Auflegen der Brote samt dem Weihrauchzusatz als niDTN
211 gelten hat, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Doch
dürfte die Analogie des Speisopferrituals eher an den Weihrauch
allein denken lassen. Noch sind die späten Stellen 1. Chr. 9, 32
und 23, 29 zu erwähnen, die von einem rO*Vöfl Dnb sprechen
und den Qehatiten das allsabbatliche Auswechseln des alten
Brotes mit einem frischgebackenen zur Pflicht machen. Und
schließlich stehen noch zwei ältere Stellen an, von denen die
erste, 1. K. 7,48, nur konstatiert, daß Salomo für seinen Tempel
einen Schaubrottisch habe anfertigen lassen, während die andere
, ohne Zweifel die älteste, in einer vielleicht aus der Zeit
Davids herrührenden Quelle, 1. Sa. 21, 5, noch etwas genauer
betrachtet werden muß. Der vor Saul fliehende David kommt
nach Nob und bittet um etwa 5 Brote. Der Priester erklärt
(v. 5), daß kein bin anb, sondern nur unp Dnb vorhanden sei,
und definiert dieses heilige Brot in v. 7 als Dn Dnb DTOb Y"' ^tbil
Di'itrran D'Osn Dnb. Gegen W. Caspari" möchte ich den Text
beibehalten und damit annehmen, daß das Auswechseln des Brotes
bereits erfolgt war, daß aber der Genuß eines solchen einmal
der Gottheit dargebotenen Brotes ausschließlich dem Kultpersonal
, wohl mit Einschluß ihrer Familien, vorbehalten war. Nicht
notwendig müßte der Hinweis auf das Auflegen warmen Brotes
so gedeutet werden, daß dies eben an dem Tage erfolgt ist, an
dem David nach Nob kam. Freilich ist der Text zu knapp, um
aus ihm eine so bestimmte Angabe über den Tausch der Brote
entnehmen zu können, wie sie Lev. 24, 8 und 1. Chr. 9, 32 bringen
. Diese Stelle zeigt deutlich, daß die Überlieferung in dem
von Saul zerstörten Nob das Darbringen von Schaubroten kennt.
Von dort dürfte durch Ebjathar das Aufstellen eines Schaubrottisches
als notwendiges kultisches Erfordernis nach Jerusalem
verpflanzt worden sein, so daß die Tradition recht haben dürfte,
wenn sie Salomo die Anfertigung eines Schaubrottisches für seinen
Tempel zuschrieb. Die späteren Stellen dürften doch wohl
Zeugnis dafür sein, daß im Tempel von Jerusalem Schaubrote
für Jahwe aufgelegt wurden und, selbst wenn sie nur die nach-
exilische Gepflogenheit wirklich bezeugen können, doch das
Vorhandensein eines Schaubrottisches im ersten Tempel sehr
wahrscheinlich machen.

Aber wie dem auch sei, das wird man nun sagen müssen,
daß das Volk der Wüstenwanderer keine Schaubrote dargebracht
hat, sondern daß diese Art, Gott zu opfern, in das Kulturland
gehört, in das Land der Gerste und des Weizens. Daß analoge
Riten für Babylonien und Ägypten bezeugt sind, spridit dafür,
daß hier ein Ritus des Kulturlandes vorliegt. Er gehört also
ebenso zu dem Übernommenen wie der na" und die nbiy;
und dies, obwohl er eine andere Auffassung vom Opfer vertritt
als die eben Genannten, ja auch eine andere als die nnra. Denn
für die rbv, den rat und die nnm wird gefordert, daß das
Gott zufallende Ganze des Tieres, so bei der nbii', oder der
ihm zukommende Anteil, so bei dem nat und der nrt3», auf

2) Kommentar zur Stelle. S. 267 f., 272.