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Ausgabe:

1958

Spalte:

284-285

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Hymni Latini antiqvissimi LXXV 1958

Rezensent:

Lehmann, Paul Louis

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Theologische Literatuirzeitung 1958 Nr. 4

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lung umgekehrt: die heidnischen Belege folgen den christlichen in einem
zweiten Teile erst nach und geben eine nützliche Übersicht über vergleichbare
Erscheinungen, auch wenn die Bezeichnung „Diakon" dabei
nicht begegnet. Auf Sp. 893 ist bei der Wiedergabe der Äußerungen
von I. Clem. 41,3 f. über die Wahl der Amtsträger ein Versehen passiert
: der Verf. setzt hier seine eigene, durchaus nicht zwingende Deutung
so in die indirekte Rede ein, daß sie dem unorientierten Leser als
Paraphrase des Textes selber erscheinen muß. Nicht ganz so lesbar ist
Kalsbachs Artikel über die „Diakonie" geraten. Das ist insofern zu
bedauern, als hier besonders wichtiges, neues Material zur Geschichte
der Armenpflege vorgelegt ist, das auf allgemeineres Interesse rechnen
kann. Für die „Diakonissen" arbeitet derselbe Verfasser sehr 6chön den
Unterschied von Osten und Westen heraus. Der Westen kennt Diakonissen
als Vertreterinnen eines eigentlichen Frauenamtes überhaupt
nicht. Doch erscheint das hier liegende Problem in dem Bestreben, die
„von Paulus dem weiblichen Geschlecht gezogenen Grenzen" zu betonen
, vielleicht doch in einiger Verkürzung. Sehr deutlich ist, wie der
asketische Gedanke den diakonischen zuletzt gänzlich verschlingt. Über
die Vieldeutigkeit des Wortes „Decanus" gibt In6tinsky überraschenden
Aufschluß: der Sprachgebrauch reicht vom Astrologisdicn
und Mythologischen bis zur einigermaßen rätselhaften Bezeichnung
christlicher Fossoren als „decani".

Unter den „Realien" dürfen K ö 11 i n g s Ausführungen über die
Devotionalien allgemeines Interesse beansprudien. Er setzt die Anfänge
der Reliquienverehrung — vielleicht etwas früh — schon in die Mitte
des 2. Jhdt.s und schildert alle Formen der stofflichen Übertragung d-r
Heiligkeit: von den abgefeilten Eisenspänen der Laurentiusketten bis
zum heiligen Öle, das durch die Leichenbehälter der Heiligen geleitet
wird. Unter „Dach" (Deichmann, Hermann) werden neben
den kultur- und auslegungsgeschiditlich bedeutsamen Fragen der Technik
(die Geschichte vom Gichtbrüchigen!) auch die zugehörigen abergläubischen
oder sakralsymbolischen Vorstellungen besprochen. Auffallend
frei sind in dieser Hinsicht die Kirchenväter, und noch im
Mittelalter hat das Kirchendach das Erbe des antiken Tempeldaches nicht
angetreten. Für die „Decke" (Deichmann) kommen religiöse Beziehungen
von vornherein kaum in Betracht. Zum Steinglauben bringen
die Stichworte „Damigeron" (ein hermetisches Buch zu diesem Thema)
und „Diamant" (Hermann) verschiedene Kuriositäten. Unter „Diptychon
" (S t e g m ü 11 e r) werden nicht nur der betreffende Gegenstand
, sondern auch die Fragen der kirchlichen Listen und Register besprochen
, die Gebetsverzeichnisse erst für die Lebenden, dann auch für
die Toten und ihre kirdienpolitische Bedeutung. Religionsgeschichtlich
interessant sind die Darstellungen der „dextrarum iunetio" (K ö t -
t i n g), insofern die Christen die Abbildung der Juno pronuba zunächst
offenbar als neutrales Symbol beurteilt und übernommen und erst seit
dem 5. Jhdt. durdi eine Concordia pronuba, einen Kranz oder durch
Christus selber ersetzt haben.

Corrigenda: Sp. 576, Z. Il/l2 lies „pharisäische" statt „sad-
duzäische"; 622, Z. 19 v.u.: „zurückwies" statt „widerlegte"; 698,
Z. 1 stimmt die Stellenangabe des angeblichen Josephuszitates nicht:
766, Z. 13 „Sünde anderer denken" statt „Sünde denken"; 790, Z. 4
v.u.: „die nur den übrig ließ, den wir" statt „die wir"; 960, Z. 8:
„Jes." statt „Jer."; 1047, Z. 18/17 v.u.: „sichern gewollt haben" statt
„habe sichern wollen"; 1048, Z. ll/lO v.u.: „verlangt" statt „vre-
langt"; 1112, Z. 19: „des" statt „das"; 1135, Z. 2 v.u.: „Nachrichten
in den ASS" statt „die ASS".

Heidelberg H. v. Campenhausen

Eusebius Werke. VII.: Die Chronik des Hieronymus. Hrsg. u. in
2. Aufl. bearb. im Auftr. d. Kommission f. spätantike Religionsgeschichte
der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin von
Rudolf Helm. Berlin: Akademie-Verlag 1956. LH, 455 S. gr. 8° =
Die griech. christl. Schriftsteller der ersten Jahrhunderte Bd. 47
(24 u. 34). DM 83.—; geb. DM 86.—.

Es ist allgemein bekannt, daß wir die xqovvxoi xavoveg xxL
des Eusebius von Caesarea, die er wahrscheinlidi 6chon um 303
herausgegeben hat, nicht mehr in der ursprünglichen Fassung besitzen
. Der erste Teil befaßte sich mit den verschiedenen Zeitrechnungen
und Dynastien der Antiken; wir kennen ihn aus einer
armenischen Übersetzung (J. Karst, deutsche Übers. GCS V,
1911). Der Hauptteil enthielt die vergleichenden Geschichtstabellen
, wobei Eusebius seinen Ausgangspunkt bei der Ära Abrahams
nahm und hierzu die Ereignisse der alttestamentlichen und
der außerbiblischen Geschichte notierte. Ein dritter Teil fing beim
Christentum an. Hieronymus hat eine Umarbeitung des zweiten
Teils bis 325 übersetzt, seinerseits vermehrt und schließlich bis
378 erweitert, eine wertvolle aber hastige Arbeit, die deshalb
eine schwierige Aufgabe für den modernen Herausgeber darstellt.
Den oft verwickelten und ungenau zusammengestellten Text so

ins Licht zu geben, daß der kritische Historiker selbständig damit
arbeiten kann, ist ungemein schwer. Ich meine, daß Helm in
dieser Hinsicht Großes geleistet hat (und auch der Drucker); man
kann, was das Visuelle anbetrifft, nicht mehr wünschen als hier
geboten worden ist. Im Vorwort seiner ersten Ausgabe (1926)
hatte Helm sich darüber beklagt, daß er, um das Erscheinen seines
Textes überhaupt möglich zu machen, sich gezwungen gesehen
hatte, die ganze Arbeit noch einmal ins Reine zu schreiben und
„daß ein deutscher Philologe zu einer solchen Mönchsarbeit durch
die uns aufgezwungene Notlage verurteilt worden ist". Der Vergleich
mit der prachtvollen Ausgabe von Fotheringham (1923)
machte die Klage damals leicht verständlich. Daß Helm jetzt seine
zweiteilige Quart-Ausgabe (1913 u. 1926) noch einmal im gewöhnlichen
Druck und Format der GCS-Reihe hat herausgeben
können, wird ihn selbst ohne Zweifel sehr befriedigen und ihm
nochmals den Dank der gelehrten Welt eintragen.

Der neue 7. Band enthält den vollständigen Inhalt der früheren
zwei Bände. Es erübrigt sich also, die Methode des Herausgebers
wieder zu erörtern. Seine Einleitung, die Rechenschaft vom
Gebrauch der Hss. ablegt, ist nahezu unverändert nachgedruckt.
Es gibt kleine Berichtigungen. Im Absatz über den hypothetischen
gemeinsamen Archetypus der S- (Cod. Floriacensis, hrsg. v. Schöne
, 1866/75) und O- (Oxoniensis, Fotheringham, 1905) Klasse
mit 26 Zeilen, findet 6ich z. B. S. XX f. eine Präzisierung über
die Lesart .. . fulminatus interiit, die auf Grund von mehreren
Parallelstellen wahrscheinlich .. . fulmine ictus interiit zu lesen
ist, wiewohl Synkellos Ixegawcbdri hat: „danach ist fulminatus
mit der O-Überlieferung einzusetzen". Man bekommt den Eindruck
, daß Helm seinen Standpunkt den Hss. gegenüber, den
P. Kötschau in der ThLZ, 52. Jahrg., 1927, Nr. 15, Sp. 342
bis 346 ziemlich stark, vielleicht zu scharf kritisiert hat, ruhig
handhabt. Der neue Band enthält also S. IX—XLI die Einleitung
, wie Band VII, 2, 1926 S. IX-XLIV; das folgende Verzeichnis
der Zeichen und Abkürzungen S. XLVIII—LH ist dem
Register in Band VII, 2, 1926, S. XLV-XLVII gleich. Der Text
des Hieronymus S. 1—250 ist Band VII, 1, 1913 entnommen,
während der textkritische Apparat zum lateinischen Text die
Hälfte von Band VII, 2, 1926, S. 1-778 wiedergibt, am Fuß der
Seiten, dort wohin er gehört, wie K. Aland im Vorwort zu Recht
bemerkt. Der griechische Apparat, oder besser die Quellenangabe
ist davon abgetrennt und erscheint am Ende, S. 279—455
Diese Arbeit ist das Verdienst von Frau Dr. U. Treu. Außerdem
ist der erste Apparat um 2//» Seite vermehrt. Das Namenverzeichnis
S. 254—278 kommt wieder vom Band VII, 1, 1913,
S. 251—270. Man 6ieht, welche Sorgfalt diese im übrigen wenig
veränderte Neuausgabe beansprucht haben muß.

Kleine Berichtigungen findet man hier und dort, z. B.
S. XXXVI IjußeßXrjxÖTEG und nicht EfxßeßXrixÖTOs, wie
Kötschau irrtümlich wünschte. Helm sagt S. XLV seiner Einleitung
, daß die Lage der Dinge nun einmal so sei, daß nirgends
ein Verlaß auf die Zeitangaben der Chronik sei, sondern jede
einzelne Notiz ein Problem für sich darstelle, bei dem mit dem
Irrtum des Verfassers ebenso wie mit seiner uns unbekannten
Auffassung hinsichtlich der Genauigkeit chronologischer Fixierung
, ferner mit der Verschiebung der griechischen Abschriften,
sodann mit der Nachlässigkeit der Bearbeiter und endlich mit
der noch größeren ihrer Schreiber zu rechnen sei, so daß erst der
Vergleich mit andern Zeugnissen Gewißheit schaffen kann. Dieses
Urteil über Hieronymi Chronicon scheint uns sehr richtig.
Für die Weise, wie Helm es uns gegeben hat und für die Anweisungen
zu seiner Benutzung kann man ihm nur dankbar sein,
wiewohl man hier und dort einer andern Meinung sein kann.
Quod vitare non potest nisi qui omnino nil 6cribit, um mit
Hieronymus zu reden.

Leiden J. N.Bakhuizen van de 11 Brink

Bulst, Walther: Hymni Latini Antiqvissimi LXXV. Psalmi III.

Heidelberg: Kerle [1956]. 209 S. gr. 8°. DM 14.80.

Der an der Universität Heidelberg wirkende Verfasser ist
ein vorzüglicher Kenner und Erforscher gerade der älteren Hym-
nodie des lateinischen Christentums, so daß wir von seiner Veröffentlichung
Gutes erwarten und erhalten. Ob das sehr gefällig