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Ausgabe:

1958

Spalte:

261-264

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Albright, William Foxwell

Titel/Untertitel:

Die Religion Israels im Lichte der archaeologischen Ausgrabungen 1958

Rezensent:

Rendtorff, Rolf

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S c h w a b e, Wolf gang: Bibel umschreiben?

Monatschrift für Pastoraltheologie 46, 1957 S. 371—376.
Weckwerth, Alfred: Die Zweckbestimmung der Armenbibel und

die Bedeutung ihres Namens.

Zeitschrift für Kirchengeschichte LXVI11, 1957 S. 225—258.
W e i g 1 e, Luther A.: And Now, the Apocrypha.
The New Christian Advocate 1957 S. 28—30.

ALTES TESTAMENT

Albright, William Foxwell, Prof. Ph. D., Litt. D., Th. D., Dr. h. c,
L. L. D.: Die Religion Israels im Lichte der archäologischen Ausgrabungen
. Aut. Übersetzung mit Nachträgen des Verf.s von Friedrich
Cornelius. München: Reinhardt 1956. 268 S., 12 Taf., 1 Kte.
8°. Kart. DM 11.50; Lw. DM 14.—.

Was der Verfasser mit diesem Buch beabsichtigt, „ist nichts
Geringeres, als so weit wie möglich den Weg aufzuzeigen, den
unsere geistigen Vorfahren zurückgelegt haben, um die jüdischchristliche
Höhe durchgeistigter Einsicht und ethischen Monotheismus
zu erreichen" (15). Er bedient sich dazu der Ergebnisse
der archäologischen Forschung, für die ein noch wenig beachtetes
aber besonders ergiebiges Forschungsgebiet die „Geschichte der
menschlichen Denkprozesse" ist. So erörtert er in dem einleitenden
1. Kapitel das Thema „Die Archäologie und die Geistesart
des Alten Orients" (11-48).

Er untersucht die Frage, welches Licht die Archäologie auf die Entwicklung
des Wahrnehmungs- und Vorstellungsvermögens des Menschen
(16—27), seiner Willenskräfte (27—36) und seiner Verstandeskräfte
(36—48) zu werfen vermag und stellt dabei jeweils das Verhältnis des
Alten Testaments zu seiner Umwelt heraus.

Die übrigen vier Kapitel sind dann dem Thema im engeren Sinne
gewidmet: dem Beitrag der Archäologie zur Erhellung der Religion
Israels.

Zwei Kapitel dienen der Vorbereitung: Zunächst das 2. Kapitel
„Der archäologische Hintergrund der alttestamentlichen
Religion" (49-82).

Hier gibt A. einen knappen Überblick über die Quellen für die
Religionen der Umwelt: Texte und schriftloses Material aus Syrien
und Palästina, Mesopotamien und Persien, Ägypten und Äthiopien,
Kleinasien und dem Hethiterreich, Arabien, Zypern und der ägäischen
Welt. Dazu macht er methodische Bemerkungen über die Auswertung
dieses Materials, in denen er an einigen Beispielen die Notwendigkeit
einer „sachkundig kritischen" Haltung und die Gefahr von Kurzschlüssen
und voreiligen Hypothesen demonstriert (73—82).

Ausführlicher wird die Darstellung im 3. Kapitel „Die Archäologie
und die kanaanäische Religion" (S. 83—109).

Die Quellenlage hat sich hier durch die Funde von Ugarit völlig
verändert: Stützten sich die Kenntnisse der Religion der Phöniker bzw.
Kanaanäer (beides ist gleichzusetzen) bis dahin nur auf das Werk des
Sanchunjaton (ca. 6. Jhdt. v. Chr.), das Philo von Byblos überliefert, so
stehen jetzt Urkunden aus der Mitte des 2. Jahrtausends zur Verfügung
, die übrigens die Angaben des Philo weithin bestätigen. A. entfaltet
die Aussagen der Texte von Ugarit über die kanaanäische Götterwelt
(86—98) und die kanaanäische Mythologie (99—106) und bespricht
einige Seiten der kanaanäischen religiösen Praxis (107—109). Es ist
sehr zu begrüßen, daß hier noch wenig bekannte Dinge zusammengestellt
und so auch einem weiteren Kreis zugänglich gemacht werden.

Sehr bedauerlich ist es aber, daß A. die ugaritischen Texte, auf die
er sich beruft und die er z. T. wörtlich zitiert, nicht näher bezeichnet.
Gelegentlich verweist er auf die Behandlung einzelner Texte und Stellen
in der Literatur, aber das Nächstliegende wäre eine Zitierung nach
Gordons Llgaritic Handbook bzw. Ugaritic Manual gewesen, zumal A.
ausdrücklich seine Leser auffordert, sich nicht auf einzelne Übersetzungen
zu verlassen, sondern sie an den Texten bei Gordon nachzuprüfen
(51). Da er aber diese Angaben nicht bringt, ist diese Nachprüfung
für seine eigenen Übersetzungen und Interpretationen sehr schwierig
- Im 3. Kapitel ist im übrigen die Benutzung der Anmerkungen
außerordentlich erschwert und z. T. unmöglich gemacht, da ein großer
Teil der Anmerkungsziffern im Text fehlt. (Es fehlen Ziffer 1—4, 5a,
6a, 13—18, 22, 23, 23a, 25, 26, 31, 33, 37, 37a, 41, 42, 45, 46, 50,

54a, 56.)

So ist also mehr als die Hälfte des Buches einleitenden Erörterungen
gewidmet, bevor in den beiden letzten Kapiteln die
israelitische Religion behandelt wird: Kapitel 4 „Die Archäologie
und die frühisraelitische Religion" (110—146) umfaßt den Zeitraum
von der Landnahme bis einschließlich David, Kapitel 5

„Die Archäologie und die Religion des späteren Israel" (147
bis 192) reicht von Salomo bis in die nachexilische Zeit.

In diesen Kapiteln zeigt sich nun allerdings, daß der Titel der
deutschen Ausgabe irreführend ist (vor allem auf dem Einband, wo nur
der Aufdruck „Die Religion Israels" erscheint), weil er eine zusammenhängende
Darstellung der israelitischen Religion erwarten läßt. Der
Titel der englischen Ausgabe „Archaeology and the Religion of Israel"
(1942, 2. Aufl. 1946) bringt das Verhältnis richtiger zum Ausdruck,
denn es werden im wesentlichen nur solche Fragen behandelt, die durch
das archäologische Material beleuchtet werden, und häufig sogar nur
Spezialprobleme, bei denen A. sich mit anderen Auffassungen auseinandersetzt
oder neues Material beibringt, so daß kein geschlossenes
Gesamtbild entsteht. Außerdem beruft sich A. häufig auf eigene frühere
Arbeiten und verweist den Leser mehrfach ausdrücklich auf sein früheres
Buch „Von der Steinzeit zum Christentum" (englisch 1940,
2. Aufl. 1946; deutsch 1949), da er dort hinreichend behandelte Gegenstände
hier nicht mehr ausführlich aufgreifen will. Das hat zur Folge,
daß der Leser oft in wichtigen, aber umstrittenen Fragen nur eine These
erfährt, deren Begründung er anderweitig nachlesen muß — z. B. hinsichtlich
der geschichtlichen Rolle des Mose als Begründer der Jahweverehrung
, die A. hier einfach voraussetzt (Iii) —, oder daß er auf
die Entfaltung zentraler Inhalte der israelitischen Religion, wie z. B.
der Vorstellungen von Jahwe selbst (131), ganz verzichten muß.

Im 4. Kapitel wird zunächst die soziologische Situation vor der
Landnahme dargestellt, wobei ausführlich der Unterschied zwischen den
Kamelnomaden (den „echten" Beduinen) und den Eselnomaden, die an
den Rändern des Kulturlandes leben, erörtert wird (111—118). Für die
Zeit der Amphiktyonie ist A. besonders an dem Nachweis gelegen,
daß Silo von Anfang an der Ort des Zentralheiligtums gewesen sei. Die
Auffassung von Sellin, Noth u. a., die es für die älteste Zeit in Sichern
ansetzen, wird ohne Begründung und ohne Erwähnung der Texte, die
zu dieser Ansetzung geführt haben (besonders Jos. 241), abgewiesen
(118). Das für Silo beigebrachte Material ergibt aber doch nur, daß
diese Stadt später — mit Sicherheit sogar erst in der Zeit Samuels --
diese Funktion gehabt hat. (Jos. 18, 1 ist ohne Zweifel eine späte priesterliche
Notiz.) Auf Grund von Analogien aus der religionsgeschichtlichen
Umwelt postuliert A. das Amt eines Hohenpriesters für die
Amphiktyonie, wenn auch die alttestamentliche Überlieferung davon
nichts erkennen läßt (123 f.). Die verworrene Levitenfrage will er durch
die Annahme lösen, daß es sich um eine Klasse zum Kult Geweihter
gehandelt habe, zu der man entweder durch Geburt oder durch spätere
Aufnahme gehören konnte (124 f.). Daß es ihm dabei immer darum
geht, die Zuverlässigkeit der alttestamentlichen Überlieferung zu erweisen
, sagt er selbst ausdrücklich (118, 125). In dem Abschnitt „Der
Streit zwischen Jahweh und den Göttern von Kanaan" (125—134) zeigt
A. an Hand biblischer Angaben und archäologischen Materials die
Schwierigkeiten, unter denen sich der Jahweglaube nach der Landnahme
durchsetzen mußte. Er betont aber nachdrücklich, daß trotz scheinbarer
Gegenbelege (Ri. 11,24; l.Sam. 26, 19) auch in dieser frühen Zeit der
Jahweglaube nicht „henotheistisch" gewesen sei, sondern daß Jahwe
stets als alleiniger Gott verstanden wurde.

Der Abschnitt über „David und die israelitische Religion im
10. Jahrhundert" (134—146) zeigt besonders deutlich den eklektischen
Charakter der Darstellung und der Absicht, die historische Zuverlässigkeit
der Angaben des Alten Testaments nachzuweisen. Es geht um Datierungsfragen
: Die Levitenstädte (136—140) sind eine Einrichtung Davids
, und auch die Organisation der Tempelmusikergilden (140—143)
könnte auf ihn, der ein „musikalisches Genie" war (141), zurückgehen.
Für die Psalmendatierung (143—146) sind alle Spätansätze aufzugeben
(aber wer spricht denn heute noch von makkabdi6chcn Psalmen?) und
£S ist damit zu rechnen, daß „viele kanaanäisierende Psalmen in die
Zeit vor David zurückgehen" (146), wenn auch im ganzen noch keine
sicheren Datierungen möglich sind. Zweifellos sind Zusammenhänge mit
der kanaanäischen Hymnendichtung erkennbar, etwa bei Ps. 29 und
19A, aber im ganzen wird man gegenüber A.s Frühdatierungen doch
sehr zurückhaltend sein müssen. Der „Thronbesteigungspsalm" 96, dessen
erste Zeile er als Beispiel für die in ugaritischen Texten sich findende
Stilform des Bikolon mit der Wortfolge abc abd anführt, ist in
seiner jetzigen Form kaum als besonders alt anzusprechen, und gegen
die Datierung der Bileamsprüche (auch der Sprüche in Num. 2 31) ins
13-/12. Jahrhundert sprechen sehr schwerwiegende Gründe. Vor allem
ist aber A.s Deutung von Ps. 68 als Verzeichnis von Psalmanfängen
viel zu unsicher, als daß dieser Psalm als „wichtigste Sonderquelle für
die hebräische Dichtung des 13./12. Jahrhunderts v. Chr." dienen
könnte.

Das 5. Kapitel bringt zunächst einen Abschnitt über die wirtschaftlichen
und politischen Zustände im Zeitalter Salomos (147—159),
dessen Ausführlichkeit im Rahmen einer Darstellung der „Religion
Israels" nicht ganz begründet erscheint, und behandelt dann archäologische
Fragen des salomonischen Tempels (159—173). Dabei ist das Interesse
vor allem auf die symbolische Bedeutung gerichtet, die den