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Ausgabe:

1958 Nr. 3

Spalte:

220

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Krasicki, Ignacy

Titel/Untertitel:

Fabeln 1958

Rezensent:

Kruska, Harald

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219

Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 3

220

seinem eigenen Verständnis entsprechend. Wenn sich die neo-
palamitische11 Kosmologie Bulgakows und seiner Schüler auch
auf ihn berufen kann, so ist damit manche Frage des Dosto-
jewskij-Verständnisses selbst noch nicht gelöst, z. B. die Frage
des Verhältnisses von Dostojewskijs Schau der Schöpfung zu
Rousseaus Naturverständnis und zur romantischen Philosophie
Westeuropas. Aber Verf. will solche Probleme gar nicht lösen,
auch geht es ihm nicht darum, wie Dostojewskij selbst sein
Werk verstand, sondern um die Erhebung des tatsächlich im
Werk vorhandenen, mag es nun bewußt oder unbewußt vom
Dichter gestaltet sein.

Darüber hinaus aber bietet das Buch einen ausgezeichneten
Einblick in jene religionsphilosophische Entwicklung des russischen
Denkens selbst, deren großer Anreger Dostojewskij war.
Texte von Solowjow, Wjatscheslaw Iwanow, Rozanow, Bulga-
kow werden in großem Umfange von Verf. zur Interpretation
herangezogen. Allerdings — wenn wir das Buch als geistesgeschichtliches
Dokument lesen, so müssen wir uns natürlich gegenwärtig
halten, daß wir hier nur eine Seite jener Auseinandersetzung
mit Dostojewskij vorgeführt erhalten, die im russischen
Denken und Dichten seit 70 Jahren vor sich geht. Die
andere — Dostojewskij sehr kritisch gegenüberstehende — Position
wurde z. B. seinerzeit durch Maxim Gorkij hervorragend
vertreten12 und wird noch heute weitgehend aufrecht erhalten.

Zum Schluß sei noch ein hervorragendes Verdienst der deutschen
Ausgabe dieses Werkes von L. Zander gewürdigt: Dem Übersetzer,
Roman Rössler, ist es gelungen, einen wirklich guten, angenehm
lesbaren, feinfühlig stilisierten deutschen Text zu gestalten, der nidit
Schritt auf Schritt die Übersetzung spüren läßt. (Leider etwas sehr Seltenes
I) Desgleichen sind die Übertragungen Ludolf Müllers von Gedichten
W. Solojows und W. Iwanows ganz ausgezeichnet gelungen. Gut
hat Rössler für den an sich unübersetzbaren und dabei höchst wichtigen
Ausdruck „umilenije" — „Ergriffenheit und Rührung" gesetzt.
Allerdings schwingt in diesem Wort schon seit den ältesten slavischen
Heiligenlegenden durch das zugehörige Verb „mil sja dejati", „umili-
tisja" noch etwas Drittes mit: „Erbarmen" — Erbarmen über den anderen
, das dabei den, der es empfindet, selbst vor Gott erbarmenswürdig
und demütig macht13. Das viel verwendete „Heldentat" im deutschen
Text soll offenbar ein russisches „podvig" wiedergeben. Wir halten den
deutschen Ausdruck für nicht sehr glücklich gewählt, weil das russische
Wort ursprünglich vor allem die asketisch-christliche Selbstüberwindung
und Selbstverleugnung und die daraus fließenden „großen Taten" bezeichnet
. Es gehört also in die „Ethik der Heiligkeit", nicht nur in diejenige
„der Tat". Es ist allerdings kaum übersetzbar. Aber vielleicht
gelänge es, hier noch eine passendere Umschreibung zu finden.

Naumburg/Saale Fairy v.Lilienfcld

") E. von Ivänka, Palamismus und Vätertradition. In: 1054—1954

— L'figlise et Les figlises, neuf siecles de douloureuse Separation entre
l'Orient et l'Occident. Chevetogne 1954, Bd. II, S. 29—46.

") M. Gorkij, „Über das ,Karamasowtum' ". Ges. Werke (russ.),
Bd. 24, Moskau 1953, S. 140 ff.; drs. „Noch über das .Karamasow-
tum' ", ebda. S. 151 ff.

") Vgl. F. v. Lilienfeld, Die ältesten russischen Heiligenlegenden,
Studien zu den Anfängen der russischen Hagiographie und ihrem Verhältnis
zum byzantinischen Beispiel. In: Aus der Byzantinischen Arbeit
der Deutschen Demokratischen Republik, Bd. I, Berlin 1957, S. 237 ff.;
bes. S. 256, Anm. 3; S. 263, Anm. 1.

Seidel, Heinrich Wolf gang: Um die Jahrhundertwende. Jugendbriefe.
Hrsg. von Ina Seidel. Gütersloh: Bertelsmann [1952]. 324 S. 8°.
Lw. DM 11.50.

— Drei Stunden hinter Berlin. Briefe aus dem Vikariat 1902. Hrsg. u.
eingeleitet von Ina Seidel. Gütersloh: Bertelsmann [1951]. 452 S.,
1 Titelbl. 8°. Lw. DM 11.50.

Es ist eine Freude, diese Briefe zu lesen, die ein Mann geschrieben
hat, der nicht nur Theologe und Pfarrer war, sondern
auch zugleich ein Dichter und charaktervoller Mensch. Neben
entzückenden Naturschilderungen enthalten die Briefe die gute
Kennzeichnung von Menschen, menschlichen Beziehungen, gemeindlichen
und kirchlichen Verhältnissen, kurz der ganzen Umgebung
, in der Seidel bei der Abfassung seiner Briefe gelebt hat.
Was der Student über seine Arbeit und sein Leben in den
Universitätsstädten Marburg und Leipzig mitteilt, ist ebenso interessant
und zum Nachdenken anregend, wie das, was er über
seine Kandidaten-, Hauslehrer- und Vikarszeit zu berichten weiß.

Seine Urteile über das Leben und Treiben an den Universitäten
der damaligen Zeit geben einen guten Einblick in die Lage um
die Jahrhundertwende. Was er über seine theologischen Lehrer
schreibt, wird vor allem für diejenigen Theologen interessant
sein, die selber einmal Schüler dieser Lehrer waren.

Wir lernen in den Briefen einen jungen Mann kennen, der
es mit seinem Studium und seiner Arbeit ernst nimmt, der wahrhaftig
ist und aufrichtig gegen sich und andere, dem aber die
Gabe des Humors geschenkt war, so daß dem Ernst dessen, was
er schildert, jegliche Härte oder Bitterkeit fehlt. Jede Überheblichkeit
und Selbstüberschätzung liegen Seidel fern; er ist kritisch,
wie gegen andere, so vor allem gegen sich selbst. Es ist wohltuend
, in ihm einem Menschen zu begegnen, der aus guter Tradition
herkommt und aus einem harmonischen Familienleben.
Das alles macht das Lesen dieser Briefe zu einer erfreulichen
Sache. Man kann sagen, daß diese Briefe eine praktische Theologie
in nuce darstellen, die auch heute noch lesens- und beherzigenswert
ist, auch wenn sie vor bald 60 Jahren geschrieben
wurden. Die Dichterin Ina Seidel hat sich mit der Herausgabe
der Briefe ihres verstorbenen Gatten ein Verdienst erworben;
wir sind ihr für diese Gabe sehr dankbar. Es ist durchaus empfehlenswert
, sich selbst und anderen die beiden Bände zu schenken
.

Frankfurl/Main Wilhelm Fresenius

Krasicki, Ignacy: Fabeln. Nachdichtung von Martin R e m a n e.
Illustrationen von Jan Marcin S z a n c e r. Berlin: Holz 19 56. 56 S.
m. Bildern. 2°. DM 12.50.

Die geistvollen Fabeln von Ignacy Krasicki (1735—1801),
die noch heute im polnischen Volke viel gelesen werden und
eine treffsichere Menschen- und Gesellschaftskritik enthalten,
verdienen es, daß man sie auch im nichtpolnischen Sprachbereich
mehr kennt. Der vorliegende, sehr sorgfältig und liebevoll ausgestattete
und mit Illustrationen aus der polnischen Originalausgabe
versehene Band enthält in deutscher Nachdichtung eine
Auswahl von 40 Fabeln. Krasicki, katholischer Priester, Bischof
von Ermland und (seit 1795) Erzbischof von Gnesen, übrigens
auch mit Friedrich dem Großen freundschaftlich verbunden, ist
einer der klassischen polnischen Dichter. Mit seinem Schrifttum,
das den Geist der Aufklärung widerspiegelt, hat er dem geistigen
Wiederaufbau seines durch die Teilungen schwer betroffenen
Vaterlandes dienen wollen.

Berlin Harald Kruska

Eichenberg, Friedrich Carl: Jochen Klepper feiert Weihnachten.

Zu seinem 15. Todestag am 10.12.1957.

Die Zeichen der Zeit 11, 1957 S. 446—448.
F o 1 g e r, Herbert: Eucharistie und Gral zur neuen Wolframforschung.

Archiv für Liturgiewissenschaft V, 1957 S. 96—102.
Gafert, Ernst: Die Kirchenmusik im Leben der Gemeinde.

Die Zeichen der Zeit 11, 1957 S. 466—468.
[Herder, J. G.:] Johann Gottfried Herder. Eine Auswahl aus seineii

Werken. Berlin: Union Verlag [1956]. 234 S. 8° = Die Perlenkette

Bd. XVI. DM

Hutten, Kurt: Ein Christ im Apparat des Unmenschen. Zu den Tagebüchern
Jochen Kleppers.
Deutsches Pfarrerblatt 57, 1957 S. 490—492.

Karwehl, Hans Martin: Dein Reich komme? Über die Hoffnungslosigkeit
als literarisdies Problem!

Monatschrift für Pastoraltheologie 46, 1957 S. 278—288.

Köberle: Natur und Geist bei Hermann Hesse.
Deutsches Pfarrerblatt 57, 1957 S. 365—369.

Littmann, Arnold: Das neue Goethe-Handbuch.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte IX, 1957 S. 375—379.

Mann, Thomas: Antwort an Ernst Steinbach.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 54. 1957 S. 255—256.

Philipp, Franz-Heinrich: Tolstoj unnd die protestantische Bibelwissenschaft
.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 54, 1957 S. 80—95.
Schulze, W. A.: Die Bibel in den „Strahlungen".

Deutsches Pfarrerblatt 57, 1957 S. 415—417.
See baß, Friedrich: Hölderlins Christushymne „Friedensfeier". Zur

Geschichte ihrer Deutung.

Eckart 26, 1957 S. 138—146.