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Ausgabe:

1958

Spalte:

213-214

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Benz, Ernst

Titel/Untertitel:

Die Ostkirche im Lichte der protestantischen Geschichtsschreibung von der Reformation bis zur Gegenwart 1958

Rezensent:

Grabs, Rudolf

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213 Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 3

Grundanliegen de6 Paulus verlassen, ebenso wie das Evangelium
Jesu.

Zwiespältige Gefühle hinterläßt das Buch. In einem Zeitalter
, da Astrologie und Occultismus wuchern, werden auch
„Gebildete" vor ihm als vor einer neuen Offenbarung stehen.
Wer aber aus den Urwelt- und Zukunftsnebeln des Buches mit
seinen verblüffenden Durchblicken in Geschichte und Gegenwart
zu den Urlauten der Paulusbriefe und der Evangelien zurückkehrt,
dem ist es zu Mute wie dem Manne, der nach dem stundenlangen
Rundgang durch die tropische Wärme der Orchideengewächshäuser
mit ihren herrlich-bizarren Blüten in die freie Sonne Gottes
hinaustritt.

Leipzig Friedrich O s t a r h i 1 d

Benz, Ernst, Prof. D. Dr.: Die Ostkirche im Lichte der protestantischen
Geschichtsschreibung von der Reformation bis zur Gegenwart.
Freiburg, München: Verlag Karl Alber 1952. XII, 424 S., 16 Taf.,
1 Faks. 8° = Orbis Academicus. Lw. DM 25.—.

Durch einige Umstände gelangt das Werk erst jetzt zur Anzeige
. Wenn der Verfasser eingangs bemerkt, daß „die Geschichte
der Ostkirche immer ein wenig ein Stiefkind der europäischen
Geschichtsschreibung gewesen ist, wie die Geschichte
Osteuropas überhaupt", so ist sein Werk ein wesentlicher Beitrag
, diese Unterlassung gutzumachen. Es gehört in die Reihe der
Darstellungen, in denen die — mit seinen Worten zu sprechen —
„affektiven Impulse der Tagespolitik" und damit weder „Russo-
phobie" noch „eine übersteigerte Ost-Romantik" Raum haben.

Die Heranziehung des Stoffes ist streng von dem Untertitel
des Werkes bestimmt, setzt also die Kenntnis von Details
der ostkirchlichen Wirklichkeit voraus. Jeder Einzelabschnitt
spiegelt die orthodoxe, vor allem die russische Kirche, in
der Erfassung der deutschen protestantischen Theologen, Philosophen
und Historiker. Von da aus gesehen ist das Werk zugleich
ein Beitrag, der auf Grund eingehendster Forschung die
Kenntnis unserer eigenen Geistesgeschichte bereichert.

Im einzelnen gliedert sich das Werk in fünf Hauptteile:

Der erste Teil gilt der Erfassung der Ostkirche im Geschichtsbild
der Reformationszeit. Darauf folgt die Darstellung
der Ostkirdie im Geschichtsbild des Pietismus und der Aufklärung
, wobei der Person Peters des Großen eine gebührende Aufmerksamkeit
gewidmet wird. Der dritte Teil behandelt die Ostkirche
im Geschichtsbild des Idealismus und der Romantik. Hierauf
folgt die Behandlung derselben im Geschichtsbild der Theologie
des 19. Jahrhunderts. Der abschließende Teil gilt dem neuen
Bild von der Ostkirche im 20. Jahrhundert.

Die zahlreichen Quellenanführungen erhärten, daß gegenüber
der durch das baltische Herkommen mitbestimmten Abwertung
Adolf von Harnacks das seitdem eingetretene positive
Verständnis der Ostkirche bei manchen der Reformatoren bereits
einen Vorläufer hat. Die Väter der Reformation und vor
allem Luther selbst empfanden ihre Einheit mit der griechischorthodoxen
Kirche. So sagt Luther in der Leipziger Disputation:
„Aber das sei ferne, daß ich um weniger Schlechter und Schismatiker
willen eine ganze Kirche schismatisch nennte" (S. 14). Daß
die Legationsberidite Herbersteins und die späteren der württembergischen
Gesandtschaftsprediger in Konstantinopel der Vergessenheit
entnommen werden, gehört zu den besonderen Köstlichkeiten
des Buches (S. 5 u. S. 24 ff.). Die Beschäftigung mit
der Ostkirche steht lange Zeit unter dem Gesichtspunkt der konfessionellen
Polemik durch Vergleichung der beiderseitigen Lehrmeinungen
und Bräuche. Erst in unserer Zeit ist eine phänomenologische
Deutung an ihre Stelle getreten, die den historischen
Gegebenheiten und damit dem Eigencharakter der Orthodoxie
gerechter zu werden vermag.

Der Rahmen der Betrachtung ist sehr weit gespannt, wenn
etwa an den Wandel des politischen Weltbildes gedacht wird,
wie es Leibniz vor Augen stand:

„Leibniz hat auch der russischen Kirche eine neue Stellung im Geschichtsbild
der abendländischen Christenheit zugewiesen. Er hat zum
ersten Mal ausgesprochen, daß die östliche Orthodoxie einen wesentlichen
Bestandteil der Ökumene bildet, und hat sogar den kühnen Gedanken
gehabt, daß eine Wiedervereinigung der getrennten abendlän-

214

dischen Konfessionen durch das Medium der russisch-orthodoxen Kirche
erfolgen könne" (S. 66).

Peter der Große sollte als ein „neuer Constantinus" ein
ökumenisches Konzil „aller Kirchen der Welt" einberufen (S. 66).
Äußerst aufschlußreich sind die mit der Heiligen Allianz in Verbindung
stehenden Bestrebungen der romantischen Epoche.

Die Darlegungen von Benz sind vor allem auch geeignet,
dem Mißverständnis zu wehren, als ob die großen russischen Religionsphilosophen
(Berdjajew u. a.) als hervorragende Repräsentanten
der orthodoxen Kirche gelten könnten. Diese Denker
sind weit mehr eigene Größen und 6ind — kirchlich gesehen —
eher als Außenseiter zu betrachten. Die Gewaltsamkeiten, die
der Schau Spenglers anhaften oder die Konstruktionen, die bei
Fritz Lieb vorübergehend anzutreffen waren, werden nüchtern
auf ihren Realgrund zurückgeführt.

Da trotz der eindeutigen Bezugnahme des Werkes auf die
Protestantische Geschichtsschreibung der Rahmen gelegentlich
ausgeweitet ist, wie die ausführlichen Partien z. B. über
Baader zeigen, wäre es wünschenswert gewesen, der Verfasser
hätte Max Scheler ebenso einbezogen. (Erinnert sei u.a. an „Über
östliches und westliches Christentum, das 1916 und dann wieder
1923 veröffentlicht wurde.)

Zum Schluß sei die Bitte ausgesprochen, bei einer Neuauflage
den Bilderteil durch einige moderne Aufnahmen zu vermehren
. Da es, um nur einen Hinweis zu geben, leider möglich
ist, daß das ehrwürdige Patriarchatsgebäude in Konstantinopel
aus Gründen säkularer Rücksichtslosigkeit der modernen Stadtplanung
weichen muß, wäre es wünschenswert, es in seiner bisherigen
Form im Bilde den Freunden der Orthodoxie zu vermitteln
.

Leipzig Rudolf Grabs

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