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Ausgabe:

1958 Nr. 3

Spalte:

195-197

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Elert, Werner

Titel/Untertitel:

Abendmahl und Kirchengemeinschaft in der alten Kirche hauptsächlich des Ostens 1958

Rezensent:

Andresen, Carl

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195

Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 3

196

Marli, Rene: Bultmann devant les theologiens catholiques.

Recherches de Science religieuse XLV, 1957 S. 262—272.
Martelet, Gustave: Sacrements, Figures et Exhortation en I Cor.,

X, 1-n.

Recherches de Science Religieuse XL1V, 1956 S. 515—559.
Matthias, Walter: Der alte und der neue Mensch in der Anthropologie
des Paulus.

Evangelische Theologie 17, 1957 S. 385—397.
Maurer, Christian: Steckt hinter Joh. 5, 17 ein Übersetzungsfehler?
Wort und Dienst. Jahrbuch der Theologischen Schule Bethel 5, 1957
S. 130—140.

M e i n e r t z, Max: „Dieses Geschlecht" im Neuen Testament.

Biblische Zeitschrift 1, 1957 S. 283—289.
Metzger, Bruce M.: Annotated Bibliography of the Textual Criti-

cism of the New Testament 1914—1939. With a foreword by Ernest

Cadman Colwell.

Studies and Documents edited by Silva Lake and Carsten Heeg XVI,

1955 XV11I, 133 S.
— Num bis relata Sit, extra orationem Dominicam vox epiousios?

Verbum Domini 34, 1956 S. 349—350 (351).
M i c h a 1 s o n, Carl: Communicating the Gospel.

Theology Today XIV, 1957 S. 321—334.
M o 1 i t o r, Joseph: Zur Harmonistik des altgeorgischen Evangelientextes
(Analyse von Markus 1).

Biblische Zeitschrift 1, 1957 S. 289—296.
M o 11 a t, Donatien: Theologie paulinienne.

Recherches de Science religieuse XLV, 1957 S. 240—261.

KIRCHENGESCHICHTE: ALTE KIRCHE

Eiert, Werner: Abendmahl und Kirchengemeinschaft in der alten
Kirche hauptsächlich des Ostens. Berlin: Luth. Verlagshaus 1954.
V, 190 S. gr. 8°. Lw. DM 8.60.

Der Verfasser, der in den letzten Jahren seines Lebens sidi
der patristischen Forschung zuwandte, behandelt in der vorliegenden
Studie die zentrale Problematik des Bezuges zwischen
Abendmahlsgemeinschaft und Kirchengemeinschaft. In eingehenden
Spezialuntersuchungen, die alle einschlägigen Probleme, mögen
sie nun begriffsgeschichtlicher Natur sein oder in das Gebiet
der Liturgie, der Abendmahlstheologie und der Ekklesiologie in
Theorie und Praxis fallen, kommt er zu dem Ergebnis, daß einheitlich
in der Alten Kirche die Kirchengemeinschaft ihren sakramentalen
Ausdruck in der Abendmahlsgemeinschaft findet. Dabei
schränkt er von dem 4. Jahrhundert ab die Betrachtung der
Entwicklung auf die Kirche des Ostens ein, weil „von da ab in
der Kirche des Westens das Herrschaftsmotiv die Oberhand
über das Gemeinschaftsmotiv gewinnt" (S. V), eine These, die
letztlich von der traditionellen, aber nicht ganz gerechtfertigten
Vorliebe protestantischer Patristik für die griechisch-orthodoxe
Kirche diktiert wird.

Mit Recht kann Eiert in seinem Vorwort feststellen, daß
er mit seinen Untersuchungen eine in der Forschung vernachlässigte
Thematik aufgreift. Dabei ist aber unübersehbar, daß sie
ihm selbst aus der theologischen bzw. ökumenischen Situation
der Gegenwart zugewachsen ist. Er ist ihren theologisch-systematischen
Abendmahlsgesprächen zu stark verhaftet1, als daß er
seine persönliche Stellungnahme zu dieser Gegenwartsproblematik
bei seinen historischen Untersuchungen verheimlichen könnte.
Wenn er z. B. gegen die „moderne Theorie" polemisiert, nach
der es möglich ist, „daß jemand in einer Kirche anderen Bekenntnisses
,gastweise' zur Kommunion zugelassen werden oder daß
man wechselseitig .gastweise' kommunizieren könne, wo keine
Kirchengemeinschaft besteht" (S. 143), weil 6ie der alten Kirche
unbekannt war, so steht dahinter zugleich seine bekannte Haltung
eines bewußt konfessionellen Luthertums. Für sie ist jede
„Unionspolitik" eine theologisch unerlaubte Transgression, weil
6ie den Bekenntnisstand gefährdet, weshalb das Werk auch mit
einem Kapitel über die altkirchlichen Unionsvorgänge (S. 151 ff.)
abschließt. Ob allerdings der Hinweis auf das warnende Beispiel

l) Vgl. jetzt seine Beiträge in dem Sammelband Koinonia. Arbeiten
des ökumenischen Ausschusses der VELKD zur Frage der Kirchen-
und Abendmahlsgemeinschaft, Luth. Verlagshaus Berlin 1957, wo E. auf
der Tagung vom 18. 9. 1954 zum gleichen Thema referierte und auch
das Memorandum zur Frage der offenen Kommunion ausarbeitete.

dieser letztlich von der staatlichen Omnipotenz des christlichorthodoxen
Kaisers in Byzanz diktierten Unionen dem ausgesprochen
theologischen Anliegen gerecht v/erden wird, welches
heute die Frage der ökumenischen Abendmahlsgemeinschaft
heraufgeführt hat, darf man mit Recht bezweifeln. Hier und noch
an anderen Punkten zeigt sich die Relativität einer kirchen- und
dogmengeschichtlichcn Besinnung, wenn sie Beiträge zur theologischen
Diskussion der Gegenwart liefern will.

Wenn Elerts Untersuchungen heute in der Forschungsarbeit
desungeachtet einen festen Platz einnehmen, dann verdanken
sie dies in erster Linie jenen Partien, die zu der systematischtheologischen
Problematik selbst das Material aus der Alten
Kirche zusammentragen und zugleich von der Vertrautheit des
verstorbenen Gelehrten mit ihm beredtes Zeugnis ablegen. Dazu
kommt die Lebendigkeit und Anschaulichkeit der Diktion. Ausführliche
Literaturangaben zu den jeweiligen Forschungsproblemen
, verbunden mit wichtigen Exkursen zu dem Begriff der Com-
munio, sowie der Herkunft der Formel Sanctorum communio haben
das Werk schon jetzt unentbehrlich gemacht. Hierüber weiteres
zu sagen, erübrigt sich.

Nur einige geringfügige Ergänzungen und Korrekturen seien notiert
. Für die mehrmals von E. herangezogenen Mystagogischen Katechesen
Cyrills von Jerusalem sei auf den Aufsatz von W. J. S w a a n,
A propos des Catecheses Mystagogiques attribuees ä St. Cyrill de Jerusalem
, in: Le Museon 55 (1942) 1—43 hingewiesen. G. Kretschmar.
Studien zur frühchristlichen Trinitätstheologie (1956) S. 166 hat seine
These, daß die Katechesen dem Nachfolger Johannes von Jerusalem
(386—411) zuzuweisen sind, erneut zur Debatte gestellt. — Zu S. 19,
A. 2 möchte ich bezweifeln, daß Irenäus, Adv. haer. V, 2, 2 bereits das
Abendmahl als Metalempsis im „cyrillischen" Sinne der Spätzeit verstanden
hat, d. h. sakramental-substanzhaft. Leitender Obersatz der
Ausführungen von Irenäus V, 2, 1 ist: „Da wir seine Glieder sind, werden
wir auch durch seine Schöpfung ernährt", was nun im Rahmen der
bekannten Rekapitulationslehre gesehen sein will. Denn nur so können
Brot und Wein als Schöpfungsgaben zugleich den neugeborenen Christen
im Abendmahl „ernähren". — 1. Clem. 37,2 (zitiert S. 5 8) spricht
nicht von den römischen Soldaten als „unseren Soldaten", sondern von
„den Soldaten im Dienste unserer Obrigkeit", so jetzt Fischer in der
Übersetzung S. 73, A. 220. — Zu der liturgischen und ekklesiologischcn
Funktion der Diptychen (S. 131, A. 3) vgl. jetzt E. Honigmann, Patri-
6tic Studies (1953) S. 59 ff. — S. 167, A. 2 muß es heißen „Synode zu
Elvira", c. 3, 78. —

Doch sollte auf einen Punkt hingewiesen werden, da er
m. E. in der an Eiert sich anschließenden Diskussion nicht übersehen
werden darf und bei E. zu wenig beachtet wurde. Meine
Frage geht dahin, ob es statthaft ist, für die alte Kirche einen
einheitlichen Sakramentsbegriff zu postulieren, selbst wenn man
sich auf die morgenländische Kirche beschränkt. Der Frage kommt
vor allem ein Gewicht zu, wenn man den Begriff des „liturgischen
Kerygma's" (S. 92 ff.) akzeptiert.

S. 23 wird der angeblich paulinische Begriff desavoomfiog
(Eph. 3, 6) bzw. des ovjUjuog<pog (Rm. 8, 29; Phil. 3, 10. 21) auf
eine Linie mit der Formel: avonw/uoc xal avraifiog bei Cyrill,
Cat. myst. IV, 3 gestellt. Das geschieht auch für Johannes von
Damaskus (S. 31 ff.), dessen Theologie sakramentaler Gemeinschaft
von E. als eine Synthese zwischen johanneischer Konzeption
(Vereinigung der Teilnehmer mit Christus) und der pau-
linischen Auffassung (Vereinigung der Teilnehmer untereinander)
verstanden wird. In beiden Fällen wird die Eigenart der pauli-
nischen Koinonia, die auf der Lehre von dem pneumatischen
Christussoma fußt und sowohl 1. Kor. 10 wie auch 1. Kor. 12,13
auf die vorfindlichen Sakramente von Taufe und Abendmahl nur
zurückgreift, um an das Verständnis der Leser anknüpfen zu
können, zu wenig berücksichtigt. Mag auch bei Paulus die Votstellung
des Christuspneuma bzw. -soma durchaus substantiell
gedacht sein (vgl. E. Käsemann, Ev. Theol.1948, 264 ff.), so ist
diese Sakramentalität jedoch immer pneumatischer Struktur.
Darin ist sie aber wesenhaft etwas anderes als das sakramentale
Denken der späteren Kirchenväter. Selbst das vielzitierte (pagjua-
xöv äftavaotas Ignatius, Eph. 20, 2, das in seiner stofflichen
Dinglichkeit viel stärker Vorstellungen einer substantiell vermittelten
Vergottung beinhaltet, erwächst aus einer Pneuma-
Sarx-Christologie; es steht eben darin Paulus näher als die mystagogischen
Katechesen des 4.15. Jahrhunderts, wo die Abend-