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Ausgabe:

1958 Nr. 3

Spalte:

190

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schürmann, Heinz

Titel/Untertitel:

Jesu Abschiedsrede 1958

Rezensent:

Schweizer, Eduard

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Seite 1

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189

Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 3

190

Textkritik weiß, sorgfältig überprüft wird, vor allem überall dort,
wo in Anlehnung an Westcott-Hort Klammern gesetzt sind —
deren Verschwinden wird wohl allgemein begrüßt werden —, fernerhin
an solchen Punkten,, wo der jetzige Wortlaut auf der
schmalen Grundlage von lediglich Codex Vaticanus oder Codex
Sinaiticus bzw. beiden mit wenigen anderen Zeugen fußt.

- In der.vorliegenden (23.) Auflage bemerkt man einen erfreulichen
neuen Grundsatz, nach dem in kommenden Auflagen der
Apparat noch weiter durchgearbeitet werden soll: jede einigermaßen
wichtige Lesart der großen bzw. alten Handschriften soll
— nach Neukollation — aus den Angaben des Apparates hervorgehen
. Schon jetzt ist dies der Fall, was die Papyri betrifft. Von
den bisher registrierten 68 Papyrushandschriften sind 55 in der
letztlich erschienenen Auflage verarbeitet, was dieser einen neuen
Wert verleiht. Aber auch die Hinweise auf die alten Versionen
sowie auf die Zitate bei den Kirchenvätern haben sich auf Grund
von neuen Vergleichen vermehrt. So stellt Isidor von Pelusium
einen neuen Namen in der Liste der angeführten Kirchenväter
dar. In dieser Richtung soll die Entwicklung des Apparates
weitergeführt werden.

Ein Studium des Apparates im Vergleich mit der 22. Auflage
ergibt, daß durchschnittlich auf jeder dritten oder vierten
Seite neue Lesarten oder weitere Zeugen verzeichnet sind. Man
konstatiert, daß Varianten in den wichtigen Handschriften neu
zur Sprache kommen, so z.B. P45: Mt. 26, 8; Act. 7, 18 —P":
Gal 3,18. 26; 4,31; 5,25; 6,7-B: Mt.6,22; 27, 6 — N:
Mt. 18,25; 24,10.14; Lk. 7, 17; Apk. 3, 16-D: Lk. 6, 46;
7, 2; Act. 2, 17; 5, 8; 8, 26. An einigen Stellen ist das Sammelzeichen
Q verschwunden und durch Aufzählung der betreffenden
Handschriften ersetzt, z.B. Mt. 8,28; 14, 18. Einen neuen Hinweis
auf W findet man beispielsweise Mt. 23, 25. Verweise auf die
Kirchenväter und Versionen Mt. 11,25; 27,43; Act. 2, 9. 24;
Apk. 4, 3; 6,2; 7,6; 9,20, auf Minuskeln Mt. 8, 18; 22,23;
Lk. 7, 37; Apk. 1, 2. 3. 6. Bei Mt. 26, 8 ist jetzt zum ersten Mal
PM (Magdal., Oxford) angeführt. Zwar ist die Zeit vorbei, wo
Konjekturen an der Mode waren, aber daß eine solche wie die
von Fridrichsen und Debrunner, nämlich änagzi statt an uqxi
zu lesen (Mt. 26, 64; Apk. 14, 13), jetzt aufgenommen ist, kann
man nur loben. In der Apokalypse finden sich, außer Stellen, wo
P" neu angeführt wird, auch neue solche, wo P'7 und N sich dek-
ken, z.B. 9, 20; 11, 14. 18; 14, 6. Ein Druckfehler hat sich wohl
in den Apparat zu Mt. 13,7 eingeschlichen.

Deutlich tritt ein wichtiger Neufund unter den Zeugen im
Apparat zu den ersten 14 Kapiteln des Johannesevangeliums zu
Tage, nämlich PM (Pap. Bodmer II in Genf), der ausgiebig verwertet
ist und sich zu dem betreffenden Abschnitt auf jeder
Seite mehrfach verzeichnet findet. Das bedeutet, daß die neue
Auflage des „Nestle" gerade für das Studium des vierten Evangeliums
eine besondere Aktualität hat.

Ein paar nebensächliche Desiderata für die nächste Auflage
seien angeführt: Die Vorworte in verschiedenen Sprachen bedürfen
einer Überprüfung gewisser Angaben und besonders in
den Anmerkungen. So wie es jetzt ist, kann man die Erläuterungen
in anderen Sprachen nur unter ständigen Vergleichen
mit der deutschen Fassung benutzen, und auch dort sind gewisse
Daten in den Literaturverweisen schon veraltet. Etliches in den
Erläuterungen könnte wohl auch straffer formuliert und eine
große Zahl der Zeichen und Abkürzungen besser in Tabellenform
erklärt werden. Weiterhin möchte man auf eine Erweiterung
der Handschriftenlisten mit den im Apparat angeführten Minuskeln
hoffen. Und dann noch eine Frage: Muß die Trauer des
schwarzen Einbandes bestehen bleiben? Würde nicht eine diskrete
Farbe die Lust zur Benutzung des „Nestle" noch erhöhen — falls
dies möglich ist?

Wie bisher bräuchlich, gibt es die neue Auflage auch zusammen
mit dem lateinischen Vulgatatext bzw. der deutschen Übersetzung
. Der lateinische Text, in 8. unveränderter Auflage, ist
auch gesondert erhältlich.

Die Anzeige der 23. Auflage — eine beachtliche Ziffer —
des Novum Testamentum Graece möchte ich nicht abschließen
ohne ein Wort des Dankes an D. Dr. Erwin Nestle, dem hochverdienten
bisherigen Herausgeber, der das Werk seines 1913

verstorbenen Vaters D. Eberhard Nestle von der 10. Auflage
(1914) an betreut und weitergeführt hat, und der dabei vor
allem die Neubearbeitung der 13. Auflage (1927) besorgt hat.
Möge es dem verehrten Editor, wo er sich jetzt aus Altersrücksichten
nicht mehr im Stande sieht, das Werk selbst fortzuführen,
eine Genugtuung sein, daß das mit seinem Namen verschmolzene
unentbehrliche Werkzeug bei der neutestamentlichen Arbeit
zu einem festen Begriff in aller Welt geworden ist, was es auch
in der fortgesetzten, nunmehr von Professor Aland geleiteten
Entwicklung noch lange bleiben möge.

Uppsala Harald Riesenfeld

Schürmann, Heinz, Prof. Dr.: Jesu Abschiedsrede Lk. 22, 21—38.
III. Teil einer quellenkritischen Untersuchung des Lukanischen Abendmahlsberichtes
Lk. 22, 7—38. Münster/W.: Asdiendorff [1957]. XI,
160 S. gr. 8° = Neutestamentliche Abhandlungen, hrsg. von M.
Meinertz, XX, 5. Kart. DM 11.80.

Ebenso sorgfältig und genau wie in den ersten beiden Abhandlungen
(vgl. ThLZ 1955, 156 f. und 1956, 217 ff.) über den
lukanischen Abendmahlsbericht untersucht der Verf. die Abschiedsreden
Jesu Luk. 22, 21—38. Freilich wird in diesem schon
1946/47 geschriebenen Teil trotz einer außergewöhnlich reichen
Auseinandersetzung mit der Literatur sichtbar, daß dem in Erfurt
lebenden Verf. gelegentlich etwas entgangen oder nicht zugänglich
geworden ist. So fehlt das wichtige Buch von H. Conzel-
mann, Die Mitte der Zeit (1954) in der Auseinandersetzung
(z- B. S. 40), obwohl es in der zweiten Abhandlung schon aufgeführt
wird. F. A. J. Robinson (S. XI) heißt in Wirklichkeit
J- A. T. Robinson. Aber das sind nur kleine, situationsbedingte
Schönheitsfehler.

Den Ergebnissen wird man in allem Wesentlichen zustimmen
. Aus Mark, übernommen sind V. 21—23. 33 f. (Ankündigung
des Verrats durch Judas und der Verleugnung durch Petrus).
Der älteste Bericht, der Luk. neben Mark, vorlag, umfaßte
V. 15—20a. 28—30. Schon vor Luk. war V. 24—27 eingefügt,
ebenso V. 31 f. (durch Luk. zur Einleitung von V. 33 f. umgeformt
) und 35—38 angefügt. Kommt man bei den Versen 31—3 S
kaum über eine gewisse Wahrscheinlichkeit hinaus, scheint mir
doch das wichtigste Ergebnis gesichert: der eschatologische Aus-
Wiek auf das Essen und Trinken im kommenden Reich und das
Sitzen auf den Thronen ist bei Luk. in ursprünglicherer Form überliefert
als bei Matth, und höchstwahrscheinlich von Anfang an mit
dem eschatologischen Ausblick beim Mahl verbunden gewesen.
Das scheint mir freilich noch weit einleuchtender, wenn man
»• 19. 20a als Übernahme aus Mark, ebenfalls ausscheidet. Der
Anschluß ist dann ausgezeichnet, und man muß nicht mehr annehmen
, daß eine ursprünglich in V. 18 liegende Mahlaussage
nach V. 30a gewandert wäre (Schürmann S. 47). Außerordentlich
wichtig ist auch der Nachweis, daß V. 24—27 zwar deutliche
Spuren einer Tradition zeigen, in der das Wort immer stärker
auf die Gemeinde und ihre Ordnung bezogen wurde, aber im
ganzen gegenüber Mark. 10,41—45 doch selbständig und ursprünglicher
sind. Mir scheint dadurch die Möglichkeit noch plastischer
geworden zu sein, daß der älteste Abendmahlsbericht
nur den eschatologischen Ausblick V. 15—18. 28—30 enthielt,
daß sehr früh die Worte über das Dienen V. 24—27 zugewachsen
sind (als gesondert überliefertes ursprüngliches Jesuslogion?) und
daß diese Tradition noch in Joh. 13—16 weiterlebt, wo der
„eschatologische Ausblick" in 14—16, das Wort vom Dienen in
13 entfaltet ist (vgl. ThLZ 1956, 218 f. und ausführlicher in meinem
Artikel „Abendmahl", RGG3 I, 16 f.). Aber solche Verschiedenheit
der Konsequenzen mindert nicht im geringsten den
Respekt vor der Leistung Schürmanns.

Zürich Ed. Schweizer

Rengstorf, Karl Heinrich, Prof. D.: Die Auferstehung Jesu. Form.
Art und Sinn der urchristlichen Osterbotschaft. Witten/Ruhr: Luther-
Verlag 1952. 103 S. 2., erweit. u. ergänzte Aufl. 1954. 125 S. 8°.
Kart. DM 3.80.

Der entscheidende Wert dieser aus Vorlesungen auf einem
Pfarrerferienkurs der Evang.-theol. Fakultät Münster erwachsenen
Untersuchung liegt trotz der vielen wertvollen Einzelergeb-