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Ausgabe:

1958 Nr. 3

Spalte:

184-186

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Schmökel, Hartmut

Titel/Untertitel:

Heilige Hochzeit und Hoheslied 1958

Rezensent:

Horst, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 3

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in diesem Zusammenhang auch der Baum, der in besonderer
Weise Verbindung zum Leben aufweist: Opferbaum, Weg des
Gebetes, schließlich Gott selber. Endlich opfert der Mensch auch
sein eigenes Blut. Die von Vorbichler untersuchten Völker und
Stämme können auf Grund ihrer Wirtschaftsform als die heute
noch lebenden ältesten Vertreter der Menschheit angesehen werden
. Ausgenommen wurden die Feuerlandindianer und Australier
, bei denen es angeblich keine Opfer geben soll. In Australien
(Nordwest) gibt es jedoch eine Erscheinung, ähnlich dem Blutopfer
der Semang (vgl. S. 8 5), nach der ein des Mordes Verdächtigter
in der Nacht gespeert wird; der Mann, der den Speer wirft,
zieht die Spitze aus der Wunde des Opfers, leckt das Blut ab und
spuckt es gegen den Himmel; Walanganda, der Himmels-Heros
esse dieses Blut und nehme damit das Angukan (die Schattenseele
) des Getöteten zu sich (siehe Petri H., Der Australische Medizinmann
, Annali Lateranensi, vol. XVI, S. 184, 1952). Das betreffende
Phänomen ist jedoch von magischen Vorstellungen so
eingesponnen, daß es natürlich nicht ohne weiteres als Sühneopfer
deklariert werden kann, doch sind die Parallelen auch jetzt
schon ersichtlich. Späterer Forschung wird es vielleicht gelingen,
die Zusammenhänge aufzudecken. Durch dieses Beispiel ergibt
sich außerdem ein Hinweis auf die Richtigkeit der These Vor-
bichlers, daß die Magie als aus dem Opfer entstanden aufzufassen
sei (S. 126/27).

Mit dem Rüstzeug eines geschulten logischen Denkens führt
Vorbichler die tatsächlichen Gegebenheiten bei den Jäger-, Hirten
- und Pflanzerkulturen ins Treffen und setzt damit den Meißel
der Kritik an die Opfertheorien Meulis und Jensens. Meulis
ethnologisches Material ist ohne Methode zusammengetragen
und verwendet worden und hat daher zum großen Teil für die
Beweisführung seiner Theorie keinen Wert. Auf der anderen
Seite sind unbewiesene Behauptungen keine gediegene Grundlage
für die Aufstellung einer Theorie (vgl. S. 138 ff.).

Jensens Aufstellungen, so wertvoll sie für das innere Verständnis
der Pflanzervölker sind, können nicht befriedigen. Es
ist doch durchaus nicht einzusehen, warum Wildbeuter und Jäger
nicht auch „echte" Religiosität haben sollen. Die ethnologischen
Tatsachen sprechen jedenfalls anders. Jensens „biologisch-monistische
Betrachtungsweise der Kulturphänomene" (S. 18 3)
zwingt viele ethnologische Erscheinungen in ein Prokrustesbett.
So könnte im Sinne Jensens in diesem Zusammenhang überhaupt
nicht vom Opfer geredet werden, denn dieser Begriff komme
ja von den Hochkulturen.

Das Verdienst der vorliegenden Studie liegt nun darin, den
Tatsachen gerecht, mit klaren logischen Maßstäben den Begriff
des Opfers bei den sogenannten „Altvölkern" herausgearbeitet
zu haben. Und daß schließlich die „Verleiblichung" dieses Opfers
nicht Lebensmittel sind, wie es die Auffassung Prof. Schmidts
war, sondern eines der höchsten Güter, die der Mensch Gott,
seinem Schöpfer, anbieten konnte, das Leben selbst.

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ALTES TESTAMENT

Schmökel, Hartmut: Heilige Hochzeit und Hoheslied. Wiesbaden:
Steiner in Komm. 19 56. VII, 130 S. gr. 8° = Abhandl. f. d. Kunde
des Morgenlandes. Im Auftr. d. Deutschen Morgenland. Gesellsch.
hrsg. v. H. R. Roemer. XXXII, 1. DM 12.-.

Ist das Hohelied (HL) Kultdichtung oder profane Liebespoesie
? Gehörten seine Texte von Hause aus zu einem israelitischen
Frühlingsfest als „Begleitlieder für die Feier einer Götterhochzeit
" (S. 4), oder hat hier eine disintegration of cultic
pattern stattgefunden, leben gar nur einzelne, ehedem kultische,
aber in dieser Bedeutung längst vergessene Motive weiter, die
eben die besondere Sprache der Liebenden beeinflußt haben?
Und wie ist diesem Entweder-Oder beizukommen?

Schm. entscheidet sich von vornherein für die Kultthese,
und er verficht sie anders, als es ihre bisherigen Vertreter taten
(z. B. Meek, Wittekindt, Haller). Nach einer kurzen Darlegung
der bisherigen „Auslegungen des HL" (S. 1—5) werden als Prototyp
altorientalischer Götterhochzeiten die Tammuz-Ischtar- (Du-
muzi-Inanna-) Beziehungen auf Grund ihrer bildlichen und literarischen
Bezeugungen beschrieben (S. 6—21). Uneingeschränkt
(anders etwa Unger, ThLZ 1952, 343 ff.) folgt Schm. dabei den
Thesen von A. Moortgat; er kann sich zudem stützen auf die
Darstellung von E. Douglas-van-Buren (Orientalia 1944, 1 ff.)
und die Beiträge in Compte rendu de la IIIe rencontre assyriol.
internat., 1954. Für das HL interessiert dabei weniger die Klage
über den Tod des Tammuz (Ez. 8, 14; das Datum in 8, 1 ist aber
damit nicht zu verbinden!) als vielmehr sein Wiedererscheinen
beim Vegetationsbeginn mit dem Ritus der heiligen Hochzeit,
dem „Mittelpunkt der sumerischen Religion" (Falkenstein). Nach
einem Abschnitt über die in ihrer Deutung immerhin noch umstrittenen
„Königsgräber von Ur I" (S. 21—26) wird die Verehrung
von „Tammuz in Syrien und Palästina" (S. 27—36) behandelt
, auf den ugaritischen Baal-Mot-Konflikt und den phö-
nikischen Adoniskult verwiesen. Letzterer war ja in der früheren
Königszeit in Israel durchaus bekannt und wurde hernach, wohl
unter assyrischem Einfluß, von der Tammuzgestalt überlagert.
Den ersteren bezeugt noch Sach. 12,11 (keinesfalls aber 2. Jhdt.f).
Einfluß Ägyptens, sowohl seiner Liebeslieder wie der Hymnen
und Riten aus dem gleichgearteten Osiris-Isis-Kult, wird kurzerhand
abgelehnt. Die wertvolle Arbeit von Alfr. Hermann (in:
Ägyptol. Stud. hrsg. v. O. Firchow, 1955, 118 ff.) mit der Behandlung
von „Tageslied", „Paraklausithyronmotiv" und der
Herleitung des ,,Beschreibungsliede6" aus Ägypten scheint dem
Verf. nicht bekannt geworden zu sein.