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Ausgabe:

1958 Nr. 3

Spalte:

181

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Strothmann, R.

Titel/Untertitel:

Ismailitischer Kommentar zum Koran 1958

Rezensent:

Fück, Johann W.

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181

Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 3

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Füge ich dem noch zu, daß ein Anhang eine Anzahl persönlicher
Berichte darüber enthält, unter welchen Umständen Anhängern
des Zen die Erleuchtung ward, dann glaube ich den Inhalt
des hier angezeigten Buches in einer Faustskizze nachgezeichnet
zu haben.

Suzukis Werk über das Zen erschien vor Jahrzehnten und
ist in der Fachwissenschaft allgemein bekannt. Für sie ist der
übersetzte Teil auch nicht gedacht. Vielmehr wird angestrebt, den
nur deutschsprachigen Leser damit instand zu setzen, an der geistigen
Auseinandersetzung zwischen Ost und West teilzunehmen,
indem er aus dem Buche den äußersten Gegenpol zu westlicher
Auffassung vom Menschen und seiner Stellung in Natur und Geschichte
kennen lernt. Dieser letzte Gegenpol werde durch die
Auffassung der Zen-Schule des Buddhismus dargeboten. Eine besonnene
Einleitung stellt die Wesenseigentümlichkeit christlich
gebundener Auffassung heraus, die in der westlichen Welt darüber
obwaltet, und fügt daran eine knappe Überschau über die
so ganz andersartigen einschlägigen Gegebenheiten der Zen-Bud-
dhisten. Zum Beschlüsse wird auf analoge Aufstellungen hingewiesen
, zu denen im Westen die religiösen Mystiker kamen. Dies
geschieht nicht, ohne daß die Unterschiede betont würden.

Es ist mir zur Zeit nicht möglich, die deutsche Übersetzung
mit dem englischen Originale zu vergleichen. Sie liest sich gut.
Welches Gewicht den Auffassungen des Zen in der geistigen Auseinandersetzung
zwischen Ost und West zufällt, wage ich nicht
zu entscheiden. Vielleicht werden andere zu einer anderen Wertung
der Dinge kommen, als Kraus, dem wir diese Verdeutschung
verdanken.

Wenn es mir verstattet ist, zum Schlüsse eine Bitte zu äußern
, dann ist es die, in einer 2. Auflage möchten hier und da
technische Dinge des Buddhismus dem deutschen Leser etwas mehr
aufgehellt werden, als es geschah. Sie sind ihm vielfach eben doch
fremd. Ich denke etwa an Ausführungen, wie sie sich auf den
SS. 100, 108, 130, 144, 194 finden. Vielleicht läßt sich ihm das
Buch auch so noch etwas aufschließen, daß ein Verzeichnis der
Namen und Werktitel beigegeben wird, wenn möglich mit kurzen
sachlichen Erläuterungen, vielleicht auch eine auf das Buch begrenzte
Zeittafel. Ich fürchte, das meiste, wenn nicht alles davon
werde dem deutschen Leser völlig fremd sein und ihm zum ersten
Male begegnen.

Wer am Gegenstande interessiert ist, wird die Übersetzung
mit Freude begrüßen, wofern er des Englischen nicht mächtig ist.
UiPzil* F. Weller

Strothmann, R.: Ismailitisdier Kommentar zum Koran hrsg.
Abschnitt 11-20. Arabische Handschrift Ambrosiana H. 76. Lfg. 4.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1955. VI, 41 S. + S. 185—376
arab. Text, l Taf. gr. 8° = Abhandl. d. Akademie d. Wissensch, in
Göttingen. Philol.-Hist. Kl. 3. Folge. Nr. 31. DM 27.—.

Mit einer Verzögerung, für die die Schriftleitung und der
Rezensent nicht verantwortlich sind, wird die Schlußlieferung
des in dieser Zeitschrift 1951 Sp. 226 besprochenen Ismailitischen
Kommentars angezeigt. Sie bringt den Schluß des arabischen Textes
(S. 18 5-371) und den Schlüssel zu der Geheimschrift (S. 372
—6). Vor allem aber ist ihr eine 41 Seiten starke Einleitung beigegeben
, in welcher Strothmann neben den nötigen Angaben
über Titel, Verfasser, Handschrift u. dgl. den Leser mit dem
eigentümlichen Charakter des Werks vertraut macht: der ismaili-
tische Exeget deutet den Koran im Sinne seines eigenen Glaubens
und findet die von vornherein feststehenden Ergebnisse mit Hilfe
einer allegorischen und typologischen Interpretation, welche in
dem dunklen, anspielungsreichen Stil des Korans ein weites Betätigungsfeld
findet. Weiter illustriert Strothmann an Beispielen
dieser dogmatisch gebundenen Koranexegese die wichtigsten
Themen der ismailitischen Theologie, Imamatslehre und Theosophie
. Strothmann schließt seine Einleitung mit der Feststellung,
daß es die Aufgabe der Forschung bleibe, von der lauten Publizistik
über die Ismailiten zu diskreten Quellenschriften der
Ismailiten vorzudringen. Er selbst hat in der Ausgabe und Bearbeitung
des Ismailitischen Kommentars in vorbildlicher Wei6e
gezeigt, wie diese Aufgabe zu lösen ist.

Halle/Saale J. W. Fück

Vorbichler, Anton SVD: Das Opfer auf den uns heute noch er-
reidibaren ältesten Stufen der Menschheitsgeschichte. Eine Begriffsstudie
. Mödling b. Wien: St. Gabriel-Verlag 1956. VII, 198, 12* S.,
1 Kte. 8° = St. Gabrieler Studien Bd. XV.

Der Absicht des Autors entsprechend, eine Begriffsstudie
vorzunehmen, wurde in erster Linie besonderer Wert
auf die erkenntnistheoretischen Grundlagen gelegt. Neben der
Erläuterung des eigenen Standpunktes — eine absolut vorurteilsfreie
Wissensdiaft ist ein Unding — wird mit Nachdruck die Gültigkeit
des Prinzipes der Kausalität hingestellt und davon abgeleitet
der Satz, daß die Seinsursache mindestens von gleicher
Vollkommenheit sein muß wie die daraus zu erklärende Wirkung.
Davon ausgehend fällt es dem Autor nicht schwer, zu den Opfertheorien
Meulis und Jensens Stellung zu nehmen.

In einer a priori aufgestellten Begriffsbestimmung wird das
Opfer als Hingeben oder Darbringen eines Wertes im Dienste
eines anderen Wertes, der dadurch bejaht wird, aufgefaßt (S. 4).
Damit wird eine objektive Wertordnung anerkannt. Ihre Reihenfolge
ist: ökonomische, biologische, intellektuell - ästhetische,
sittliche Werte und schließlich die Gottheit 6elbst (S. 10). Gegen
Götz vertritt nun Vorbichler mit Recht die Ansicht, daß dem
durch das Opfer bejahten höchsten Wert eine Realität entspricht,
da sonst das Prinzip des hinreichenden Grundes nicht gewahrt
bleibt (S. 7—9). Letztlich handelt es sich beim Opfer nun darum
(Vorbichler nennt e6 den metaphysischen Wesenskern des religiösen
Opfers), den Willen Gottes zu erfüllen und damit auf die
Durchsetzung seines eigenen Willens zu verzichten (S. 12). Das
Opfer selbst ist konkret die „Verleiblichung" oder das „Symbol
" dieser Willensdarbringung. Dies muß beachtet werden, wenn
Vorbichler als Ergebnis seiner Untersuchung später das Primitial-
opfer als die „kultische Darbringung des Lebens der Schöpfung
an den Schöpfer durch den Menschen zur Anerkennung seiner
geschöpflichen Abhängigkeit von demselben in bezug auf das
Leben" definiert, während er im Sühnopfer eine „verstärkte Form
der Lebenshingabe..." sieht. (S. 188. Vgl. damit: Claus Schedl,
Geschichte des Alten Testaments (Innsbruck 195 6): In der Genesis
wird nicht zwischen Leib und ,Seele', sondern zwischen Leib
und .Leben' untersdiieden. Leben ist der .göttliche Lebensodem'.
In

einer Anzahl von Ursprungsmythen sogenannter Altvölker
finden sich ähnliche Aussagen. Damit würde sich eine Vertiefung
der dargelegten Opfertheorie ergeben. S. 69, Anmerkung 4.)

Eben diese „Verleiblichung" ist nämlich der Gegenstand der
nachfolgenden Untersuchung oder mit des Autors eigenen Worten
: „In welcher Wertsphäre drückt sich das Gebot aus, dem der
Mensch im kultischen Opfer gehorsam ist ..." (S. 13). Dieser
Gegenstand kann nur a posteriori, d. h. nach Darlegung des darüber
bekannten ethnologischen Materials, erkannt werden. Dieses
Material beschränkt sich auf die „heute noch erreichbaren
ältesten Stufen der Menschheit", woraus erhellt, daß nur die bei
den „Altvölkern" auftretenden Opferformen definiert werden
sollen. Die einschlägigen ethnologischen Erscheinungen bei den
„Altvölkern" und den sogenannten „Primärkulturen" entnimmt
Vorbichler hauptsächlich aus den Arbeiten P. W. Schmidts. Dies
bedeutet jedoch keinen Nachteil, da die Materialdarbietung bei
Schmidt fast immer nahe an die gesamt verfügbare Literatur
heranreicht. Trotz der Anlehnung an Schmidt kommt Vorbichler
im Laufe seiner Untersuchung, und zwar auf Anregung Taylors
(S. 59) zu dem Ergebnis, daß der eigentliche Opferinhalt (das
Symbol der Willensdarbringung) nicht Lebensmittel sind, sondern
das Leben selbst ist. Er findet dies darin bestätigt, daß
sowohl beim Primitialopfer als auch beim Sühneopfer es sich
immer um Opfergaben handelt, die in besonderer Weise das Leben
selbst symbolisieren. Des näheren sind es 12 Punkte, die
zur Erhärtung dieser These herangebracht werden; sie beinhalten
im wesentlichen folgendes: Der, dem geopfert wird, ist immer
der Herr über Leben und Tod und ihm wird unter dieser speziellen
Rücksicht geopfert. Das Leben ist in bestimmten Organen
versinnbildlicht und eben diese Organe werden als Opfer dargebracht
. Bei anderen Stämmen werden ganze Tiere geopfert
unter besonderer Berücksichtigung des Ganzheitscharakters oder
sie werden lebend der Gottheit geweiht. Opfermaterie bilden
auch Früchte und Perlen, aus denen, der Schöpfungsmythe zufolge
, der Mensch hervorgegangen sein soll. Von Bedeutung ist