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Ausgabe:

1958 Nr. 3

Spalte:

177-181

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Suzuki, Daisetz Teitaro

Titel/Untertitel:

Der Weg zur Erleuchtung 1958

Rezensent:

Weller, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 3

178

nicht: Kansanaho will nicht ebenso kategorisch wie Andren
unterstreichen, die schwedischen Reformatoren hätten sich jedem
Gedanken an einen zeremoniellen Konfirmationsakt widersetzt.
Er hebt weiter als wesentlich hervor, das katechetische Interesse
sei sowohl der streng reformatorischen Richtung wie auch den
ritualistischen Kreisen um König Johann III. gemeinsam gewesen.

Hiermit hat Kansanaho hinsichtlich der Reformationszeit
das anerkannt, wonach wir oben in bezug auf die Frühkirche
fahndeten, nämlich die Tatsache, daß die einheitliche Linie der
Entwicklung der Konfirmation aus evangelischem Gesichtspunkt
durch das Katechumenat der Kirche markiert wird. In der abweisenden
Haltung gegenüber dem rituellen Konfirmationsakt
liegt kein Widerwille gegen das Liturgische an und für sich, sondern
eine Reaktion gegen die unevangelische Sakraments- und
Amtsauffassung. Die Spannung zwischen Katechetischem und
Rituellem in der kirchlichen Erziehung entsteht eigentlich erst,
als letztere so stark intellektualisiert wird, daß ihr Zusammenhang
mit der Liturgie und dem gottesdienstlichen Leben zerbricht.
Da erwacht das Bedürfnis eines liturgischen Komplements zum
schulmäßigen Unterricht, das zugleich auch das legitime Moment
der ,,sakramentalen" Konfirmation übernehmen soll, nämlich
seine Eigenheit als Benediktionshandlung. Hiermit ist auch der
Ausgangspunkt für die spätere Diskussion des Konfirmationsproblems
gegeben: es gilt eine solche Form für die Eingliederung
der Jugend ins gottesdienstliche Leben und die Abendmahls-
gemeinschaft zu finden, daß sie die Bedeutung der Taufe nicht
verringert, jedoch gleichzeitig die Irrwege des Intellektualismus,
Spiritualismus und Sakramentalismus vermeidet.

Kansanaho bereitet uns eine außerordentliche Gelegenheit,
der Entwicklung der rituellen Seite des Katechumenats in Finnland
, besonders nach 1809, zu folgen, wo die neuen politischen
Verhältnisse eine Erneuerung der kirchlichen Gesetzgebung verlangten
und den Anstoß zur Ausarbeitung neuer liturgischer Formulare
gaben. In der damals noch gültigen Agende von 1693
gab es bekanntlich kein Konfirmationsformular. Eine einheitliche
Vorschrift für den liturgischen Akt, die mit wechselnder Motivierung
und in verschiedenen Fassungen bei der Zulassung der
Jugend zum ersten Abendmahlsgang angewandt wurde, erhielt
man dadurch, daß man inoffiziell einen in Schweden 1799 herausgegebenen
Agendenentwurf in Gebrauch nahm, den man später
gegen Schwedens neue Agende von 1811 austauschte, die auch in
finnischer Übersetzung vorlag.

Von 1817 ab arbeitete dann ein Ausschuß, um eine neue,
eigene Agende für Finnland zustandezubringen. Dies führte jedodi
zu keinem Ergebnis vor 1886, und zwischen diesen beiden Jahren
liegt eine bedeutende Diskussion, die Kansanaho eingehend
in dem noch erhaltenen Aktenmaterial verfolgt hat. Auch berichtet
er über diejenigen Erörterungen, die in der gleichen

Frage in Deutschland geführt wurden in dem Maß, wie sie für
Finnland von Bedeutung wurden. Schon jetzt beginnt sich das
Interesse auf zwei Punkte zu konzentrieren: auf das Gelübde der
Konfirmanden und auf die Frage einer Segenshandlung durch
Handauflegung. Die Entwicklung seit 1886 verlief in Richtung
auf einfachere und mildere Gelöbnisfragen, doch ist der Bekenntnis
- und Gelübdecharakter auch heute noch klar in Finnlands
gegenwärtigem Konfirmationsformular der Agende von 1913
vorhanden. Auch bevor dies Formular angenommen wurde, führte
man eine eifrige Diskussion, wobei sich ein deutlicher Bruch
zwischen einer einheimischen und einer deutschen Richtung feststellen
lies. J. W. Wichern, A. Stöcker und andere Autoren wurden
ins Feld geführt, doch blieb der von hier aus inspirierte
Kampf gegen Glaubensbekenntnis, Gelübde und gemeinsame
Abendmahlsfeier in unmittelbarem Zusammenhang mit der Konfirmation
ergebnislos, obgleich ein so geschickter Geistlicher wie
Lauri Ingman, der spätere Erzbischof, an der Spitze stand. —
Die Diskussion seit 1913 war, die allerletzte Zeit ausgenommen,
nicht besonders eifrig, doch stehen wir ja vor dem dies Jahr erschienenen
neuen Agendenvorschlag, über den 1958 auf der

! Generalsynode der Kirche Finnlands letztlich entschieden werden
soll. Hier wird, in Übereinstimmung mit denjenigen Richtlinien,
in die Kansanahos Darstellung einmündet, die Einführung eines
Segnungsakts mit Handauflegung als das zentrale Moment der
Konfirmation vorgeschlagen. Auch jetzt haben sich deutsche Einflüsse
offensichtlich geltend gemacht, besonders durch die Agende

| für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden von 1952
und durch die Forschungsarbeit, die sich an jene anschließt.

Kansanaho ist sich dessen bewußt: die jüngste Entwicklung
der Konfirmation bedeutet die Wiederanknüpfung an eine andere
Richtung der lutherischen Liturgiegeschichte als die der katechetischen
Konfirmationsauffassung, die die gesamte frühere

i Entwicklung seit den Tagen der Reformation bestimmt hatte.
Er ist jedoch der Ansicht, es sei sowohl möglich wie auch

j notwendig, das katechetische Fundament der Konfirmation zu

| erhalten, selbst wenn es sich praktisch als zweckmäßig erweisen
sollte, beispielsweise den Ausdruck hierfür, die herkömmliche
Konfirmandenprüfung vom Konfirmationsakt als solchem zu

j trennen. Was vielleicht noch stärker zu unterstreichen wäre, ist
die Tatsache, daß sich die Konfirmation nicht erneuern läßt, ohne
daß

hiermit die gesamte Frage der Effektivisierung des kirchlichen
Katechumenats aktualisiert wird.

Erkki Kansanaho hat mit seinem Buch einen bedeutenden
! Einsatz gemacht und gleichzeitig ein kirchliches Bedürfnis erfüllt.
I Die recht ausführliche Zusammenfassung auf Deutsch, die seine
Untersuchungen beschließt, gibt Lesern, die des Finnischen nicht
mächtig sind, eine Möglichkeit, den Hauptgedankengängen seiner
i Darstellung einigermaßen eingehend zu folgen.

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Suzuki, Daisetz Teitaro: Der Weg zur Erleuchtung. Die Übung
des Koan als Mittel, Satori zu verwirklichen oder Erleuchtung zu erlangen
. Baden-Baden: Holle Verlag [1957]. 252 S. 8°. Lw. DM 16— ■

Kraus verdeutscht im vorliegenden Buche einen Teil der
Essays in Zen Buddhism D. T. Suzukis, eines mehrbändigen Werkes
, welches allen Buddhologen wohl bekannt ist.

Dem Gegenstande nach handelt es sich in dem hier angezeig-
ten Bande um das Streben von Buddhisten bestimmter Schulrichtung
, einen Bewußtseinszustand zu verwirklichen, der jen- !
seits unserer empirischen Erfahrung liegt, indem deren Zwiespäl- j
tigkeit von Subjekt und Objekt überwunden wird in einer intuitiven
Schau des wahren Seins. Wer diesen Zustand gewinnt, dem
eignet Satori die Erleuchtung. Ein neues ontologisches Sein macht
deren Wesen aus, in dem zwar „die Vielheit der Dinge wieder- i
kehrt, aber nicht in ihrer Gegensätzlichkeit, sondern ,in ihren
wahren Beziehungen — nicht nur untereinander, vielmehr auch zu
dem, was ihre raison d'etre ausmacht' " (S. 25). Das Buddhasein
ist erlebt worden.

Dieser Bewußtseinszustand läßt sich ebensowenig in Ausdrücken
der Logik oder Psychologie beschreiben (S. 77), wie er
mit den Mitteln des Intellekts zu erreichen ist (S. 71). Nur eine
innere Vision, die jeder nur für sich erleben kann, läßt den angespannt
Suchenden plötzlich die Grenzscheide relativer Erkenntnis
überspringen, wie sie uns das herkömmliche Denken vermittelt
(S. 84/8 5) und des Unbewußten einsichtig werden (S. 82),
das geistigen Frieden und Harmonie zu geben vermag (S. 72) und
alle Zweifel und geistigen Ängste endet (S. 83), wie sie aus dem
Intellekt mit seiner Wertung des Ich und des Anderen fließen.
Ein neues Leben löst dann das allzeit seiner Individualität bewußte
Dasein ab (S. 57/58).

In dem übersetzten Teile des Suzukischen Werkes werden
zwei Wege vorgeführt, diesen Bewußtseinszustand zu erlangen.
Den einen begeht die Schulrichtung des Buddhismus, die unter
der japanischen Bezeichnung Zen-Buddhismus bekannt ist1.

Den anderen Pfad beschreitet die Schule des Buddhismus,
welche die Japaner Jodo-Sekte benennen. Ihr Verfahren wird

]) Zen ist die japanische Aussprache eines chinesischen Wortes,
welches das sanskritische dhyäna wohl in jüngerer indischer Sprachform
jhäna wiedergibt, dhyäna läßt sich etwa verdeutschen mit Versunken-
heit, Meditation.