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Ausgabe:

1958 Nr. 3

Spalte:

175-178

Autor/Hrsg.:

Nyman, Helge

Titel/Untertitel:

Zur Konfirmationsfrage 1958

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Theologische Literaturzeitung 1958 Nr. 3

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herkömmlichen 4 Hebungen des deutschen Versgefüges auf. Sie
wären also ihrem Strophengrundriß nach so zu schreiben:

f:4a 4b'. 4a 4b'. f : o4c o4c o4d'. o4d'.
Erst diese Schematisierung läßt den tatsächlichen Rhythmuscharakter
dieses Liedes erkennen, die der „Übersicht" nicht.

Alles andere als Zufall aber ist es, daß die Lieder der im
Gesangbuch vertretenen bedeutendsten deutschen Dichter aus den
nachreformatorischen Jahrhunderten wie Paul Gerhardt, Johann
Scheffler (Angelus Silesius), Christian Fürchtegott Geliert ausnahmslos
nicht in diesen letzten Gruppen der vom literarischen
Kunstlied her übernommenen ent- und verwickeiteren rhythmischen
Strophengrundrissen erscheinen. Ein wesentliches Stück
des Geheimnisses ihrer dichterischen Bedeutung und Wirkung
liegt gerade darin, daß sie fest und sicher in der Grundgestalt
des dem deutschen Rhythmusgefühl seit alters gemäßen Vierhebers
wurzeln und nicht nach Modisch-Neuem langen, wie es
die Kunstdichtung des 17. und 18. Jahrhunderts reichlich — und
manchen weniger Sicheren verführerisch lockend — bot.

Zur Konfirmationsfrage

Von Helge N y m a n, Äbo/Finnland

Der kürzlich ernannte Professor für praktische Theologie
an der Helsingforser Universität, Erkki Kansanaho, behandelt in
seinem neuesten Buch1 eine Frage, die in der evangelischen Welt
noch lange aktuell bleiben wird. Er will eine wissenschaftlich solide
Untersuchung des Konfirmationsproblems sowohl von histo-

für eine rituelle Konfirmation dadurch erklärt, daß diese sich in unlutherischer
Richtung umdeuten läßt. Wenn der Verf. vollkommen
richtig zeigt, die Konfirmation auf lutherischem Boden erwächst
aus der katechetischen Tätigkeit der Kirche und die
Ausformung einer deutlich evangelischen Konfirmation setzt eine

rischer wie theologischer Seite liefern, und er kommt damit einem j biblisch-reformatorische Betrachtung der Bedeutung der Taufe
wissenschaftlichen Klarheitsbedürfnis entgegen, trachtet aber voraus, so aktualisiert er hiermit die Frage des Rez., ob nicht
gleichzeitig auch danach, den verläßlichen Grund zur Lösung eine etwas tiefere Analyse des urchristlichen und frühkirchlichen
eines praktischen Kirchenproblems zu legen, nämlich zur Aus- Katechumenats eine klarere Perspektive für die Geschichte der
gestaltung des Konfirmationsrituals, das gerade augenblicklich im Reformation geliefert hätte? Die Sache selbst steht ja im Buch
Zusammenhang einer umfassenden Agendenreform der Kirche j des Verf.s; es handelt sich nur um die notwendigen Proportionen

und die entsprechende Vertiefung. Diese aber wird in entscheidendem
Maß dadurch erschwert, daß der Verf. bereits im ersten
Kapitel seiner Arbeit die Behandlung der „frühchristlichen und

Finnlands erneuert werden soll. Der praktische Zweck, der der
konkrete Anlaß seiner Arbeit war, hat bloß in geringem Maß
auf ihre Formgebung eingewirkt; das Buch schließt nur mit wenigen
kurzen Andeutungen auf drei Seiten, wie nach der Ansicht | der römisch-katholischen Konfirmation" zusammenfaßt, wobei

des Verf.s eine evangelische Konfirmation in der gegenwärtigen
Lage ausgeformt werden sollte. In allem übrigen aber verfolgt
er das rein sachlich-wissenschaftliche Ziel, die Geschichte der
Konfirmation sowohl nach innen- wie auch nach außenhin zu
beleuchten.

Kansanahos Arbeit setzt ein umfassendes Literaturstudium
voraus. Das Bild der ausländischen Entwicklung ließ sich auf
Grund früherer Untersuchungen oder wenigstens gedruckter Quellen
zeichnen, und hierbei wurde das deutsche so wie das nordische
Schrifttum recht gründlich durchgepflügt. Da jedoch das
Hauptgewicht der Darstellung auf die Entwicklung des Konfir-

letztere zum eigentlichen Ausgangspunkt und das Katechumenat
der Frühkirche dazu benützt wird, die Entstehung des römischen
Konfirmationssakraments zu erklären. Daß die Reformation, besonders
Luther, mit dieser Entwicklungslinie bricht, ist unabweisbar
; ebenso wichtig ist aber auch die Tatsache, daß er stattdessen
dadurch wieder ans alte Katechumenat anknüpft, daß er sich für
die Erziehung der Jugend im kirchlichen Leben einsetzt, also
nicht nur dadurch, daß er dafür sorgt, daß die getauften Kinder
Unterricht erhalten, sondern auch dadurch, daß er die Jugend in
Liturgie und in gottesdienstlichem Leben schult. Es läßt sich nicht
bestreiten, die Frage nach dem Verhältnis zwischen Katechumenat

mationsproblems im Finnland nach der Reformation, besonders ; und. Konfirmation ist in der lutherischen Liturgiegeschichte ver

aber nach 1809, dem Jahr der Loslösung Finnlands von Schweden,
fiel — hier hat der Verf. eingehende Primäruntersuchungen von
großer Bedeutung vorgenommen — glaubte der Autor offenbar,
einen Teil der römisch-katholischen Spezialuntersuchungen sowie
eine Reihe französischer und englischer Arbeiten beiseite lassen
zu können. Dies dürfte jedoch kaum irgendwelchen nennenswerten
Einfluß auf das Endergebnis seiner Untersuchung gehabt haben
, da es sich ja nur um die Entwicklung auf lutherischem Boden
handelt.

Der Titel des Buches zeigt jedoch, der Verf. erhebt darauf
Anspruch, das ganze Konfirmationsproblem zu beleuchten, da-

absäumt worden, genau so wie diese Versäumnis zur Zeit entdeckt
wird. Arbeiten wie A. Seebergs, Der Katechismus der Ur-
christenheit, 1903, und besonders W. Jentschs, Urchristliches Erziehungsdenken
, 1951, die der Verf. nicht benützt hat, verdienen
mit Rücksicht auf die prinzipielle Seite unserer Frage eingehender
Beachtung. Ebenso hat M. Doernes Neubau der Konfirmation,
1936, das fleißig zitiert wird, hier Entscheidendes zu sagen.

Kurz nach Erscheinen von Kansanahos Buch kam in Lund
eine Dissertation Carl-Gustaf Andrens über die Konfirmation
in Schweden während des Mittelalters und der Reformationszeit
heraus2. Hier haben wir eine eingehende liturgiegeschichtliche

mit es hierdurch möglich werde zu beurteilen, ob seine geschieht- ! Spezialuntersuchung der Entwicklung des römischen Konfirma-
liche Ausgestaltung auf lutherischem Boden eine legitime Ver- tionssakraments vor uns, mit dem Hauptgewicht auf der Analyse
wirklichung des Wesens der Konfirmation ist oder nicht. Aus j des schwedischen Materials und der Darstellung der Stellungdiesem
Gesichtspunkt heraus erscheint es berechtigt, an zwei Ab- i nähme der schwedischen Reformatoren zur Konfirmationsfrage,
schnitte der Geschichte der Konfirmation mit ganz besonderer ! Das Bild, das sich uns zeigt, ist klar: das Konfirmationssakrament
Erwartung heranzutreten: ans Urchristentum und an die Refor- «tirbt in Schweden am Widerstand der evangelischen Kirchen-
mation. Nun zeigt aber Kansanahos Untersuchung ein recht ma- fuhrer, und die Versuche, es wieder zu beleben, sind allzu sehr

geres Ergebnis, sobald man zum geschichtlichen Material greift
um nachzusehen, was es an den genannten Punkten über die
Konfirmation aussagt. Diese läßt sich nämlich nicht, wie
die römisch-katholische Theologie behauptet, aus der Bibel ab
leiten. Und die Reformation bedeutete im großen ganzen einen
Bruch in der Entwicklung; denn die Linie von den böhmischen

von der römischen Sakramentsauffassung abhängig, um angenommen
werden zu können. Es wäre natürlich für Kansanaho von
Bedeutung gewesen, wenn Andrens Abhandlung bereits so früh
zugänglich geworden wäre, daß er zu ihrem Ergebnis hätte Stellung
nehmen können. Jetzt hat er es nachträglich in Form einer
Besprechung von Andrens Arbeit in Svensk Teologisk Kvartal-

Brüdern über Erasmus zu Martin Butzer wurde nicht unbestritten ! skrift 1957:3 getan, und es zeugt von der Güte von Kansanahos
als evangelisch anerkannt, wogegen sich das pietistische Interesse | eigener Untersuchung, daß er diese an allen wesentlichen Punkten
durch die Spezialuntersuchung Andrens gestützt fand. Gewiß,
völlige Übereinstimmung zwischen den beiden Forschern herrscht

^Kansanaho. Erkki: Konfirmaatio. Liturgishistoriallinen
tutkimus konfirmaatioaktista. Mit einer Zusammenfassung in deutscher
Sprache. Helsinki: Suomalainen teologinen kirjallisuusseura 1956.
294 S. gr. 8° = Suomalaisen teologisen kirjallisuusseuran julkaisuja
LXIII.

2) Andren, Carl-Gustaf: Konfirmationen i Sverige under me-
delrid och reformationstid. With a Summary in English, Lund 1957.
316 S. gr. 8° = Bibliotheca theologiae practicae I.