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Ausgabe:

1957 Nr. 2

Spalte:

139-141

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Trillhaas, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Das Apostolische Glaubensbekenntnis 1957

Rezensent:

Lahr, Horst

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139

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 2

140

Trillhaas, Wolfgang: Das Apostolische Glaubensbekenntnis. Geschichte
— Text — Auslegung. Witten/Ruhr: Luther-Verlag [1953].
107 S. 8° = Glaube u. Lehre 1. DM 3.50.

In F. Kattenbuschs großem Werk1 hatte die Untersuchung
der Historie des Symbols einen weitaus breiteren Raum als die
eigentliche Exegese der einzelnen Sätze, Satzteile und Begriffe
eingenommen, und auch diese Exegese selber stand unter eindeutig
historischem Vorzeichen. In neueren Darlegungen des Credo2
war dagegen die dogmatische Interpretation im Blick auf den
kirchlichen Gebrauch des Symbols und auf die Glaubensfragen des
heutigen Menschen bestimmend, ja, das Apostolikum wurde hier
als Grundlage für eine gegenwartsbezogene Darstellung der Inhalte
kirchlichen Verkündigens und Bekennens überhaupt behandelt
. Die Veröffentlichung von W. Trillhaas ist dadurch charakterisiert
, daß sie die Aufgabe einer historisch-kritischen Untersuchung
mit derjenigen einer dogmatischen Klärung verbindet.
In dieser Verbindung bemüht sie sich — ohne etwa auch ihrerseits
einen „Abriß der Dogmatik" bieten zu wollen — darum, dem modernen
Menschen mit seinen Anstößen gerade an diesem Traditionsgut
der Kirche einen Beitrag zur persönlichen Aneignung
des Bekenntnisses darzureichen (vgl. das Vorwort, S. 5 f.). Sie
entspricht damit der Zielsetzung, die sich der Verlag mit der
Schriftenreihe „Glaube und Lehre", in der das Buch erschienen
ist, besonders auch gegenüber „Laien" erwählt hat.

Am Anfang des I. Hauptteils, der — etwa ein Fünftel des Buches
umfassend — die „Geschichte" des Symbols behandelt, wird „das Rätsel
des Apostolikums" ins Auge gefaßt. Es beteht darin, daß dieses
Bekenntnis „den Anspruch" erhebt, „entscheidende Inhalte des christlichen
Glaubens namhaft zu machen", und doch einerseits wesentliche
Glaubensaussagen vermissen läßt und andererseits „eine Reihe schwerer
Anstöße für die Vernunft" (wie z. B. „das Dogma von der Jungfrauengeburt
Christi", „die Höllenfahrt", „die leibliche Auferstehung Christi"
und „die Auferstehung des Fleisches") enthält (S. 7). — Der folgende
Abschnitt (S. 8—14) gibt einen chronologischen Überblick über „die
Kritik am Apostolikum", wie sie sich (von Laurentius Valla an bis zu
den Apostolikum-Streiten um die letzte Jahrhundertwende) eben an
jenem Rätsel entzündet, schließlich aber auch gerade zu einer dem Symbol
wirklich gerecht werdenden wissenschaftlichen Erforschung (Caspari.
Kattenbusch, v. Harnack, Zahn, Lietzmann) geführt hat. Der Abschnitt
schließt mit der Thematisierung von drei Fragen: „Wo kommt es her?
Wie ist sein Verhältnis zur Heiligen Schrift vorzustellen? Was ist der
Sinn seiner einzelnen Aussagen?". — Die erste dieser Fragen führt
(3. = S. 14—17) zur Feststellung des „ältesten Textes", d.i. des
„Symbolum Romanum" (Entstehungszeit: „vermutungsweise um 120"),
bzw. zu einer Fixierung der späteren Zusätze im rezipierten Text und
einem Vergleich der symbolgeschichtlichen Entwicklung im Morgen- und
Abendland. — Die zweite Frage ist (4. = S. 18—22) identisch mit der
„nach der apostolischen Wurzel". Hier werden zunächst zwei „Vorurteile
" abgewiesen, nämlich der „Standpunkt des sog. .undogmatischen
Christentums' " und „alle Fahndungsaktionen nach einem .Katechismus
des Urchristentums' "3. Sodann wird „die Vorform des Bekenntnisses
der Kirche im Neuen Testament" („eingliedrige, zweigliedrige und dreigliedrige
Formeln" sowie „das Bekenntnis zu bestimmten Heilsgütern")
anhand zahlreicher Belegstellen' aufgezeigt. In den Ergebnissen leitet
dies zum letzten Abschnitt der geschichtlichen Erörterung über, der
(5. = S. 22—27) den „Aufbau des Glaubensbekenntnisses" untersucht.
In Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Thesen v. Harnacks,
Lietzmanns und Cullmanns wird damit die Einzelexegese, also die Beantwortung
der dritten Frage, unmittelbar vorbereitet. — Zwischen-

*) Das Apostolische Symbol, seine Entstehung, sein geschichtlicher
Sinn, seine ursprüngliche Stellung im Kultus und in der Theologie der
Kirche, Ein Beitrag zur Symbolik und Dogmengeschichte, I. Bd., Die
Grundgestalt des Taufsymbols, 1894, II. Bd., Verbreitung und Bedeutung
des Tauf Symbols, 1900.

s) Z. B. K. Barth, Dogmatik im Grundriß im Anschluß an das
apostolische Glaubensbekenntnis, 1947/8; W. Stählin, Zusage an die
Wahrheit, 1952, bzw. Das Bekenntnis der Kirche, 1954.

3) Gemeint ist offenkundig das so titulierte Buch von A. Seeberg,
1903. Woran aber denkt Vf. bei dem Wort „alle..."? Sind neben
der apostrophierten Veröffentlichung auch noch andere — vielleicht
R. Seeberg, Zur Geschichte der Entstehung des apostolischen Symbols,
ZKG, 1922, S. 1—41, oder P. Feine, Die Gestalt des Apostolischen
Glaubensbekenntnisses in der Zeit des Neuen Testaments, 1925 — visiert
?

*) und unter Verweis auf E. Stauffer, Die Theologie des Neuen
Testaments, 1941, S. 212-234 u. Beilage III, S. 322, sowie O. Cull-
mann, Die ersten christlichen Glaubensbekenntnisse, Theol. Studien.
Heft 15, 1943.

geschaltet ist nur noch (im II. Hauptteil = S. 28—31, „Text") eine lateinisch
-deutsche Synopse der Texte zum Romanum, Apostolikum und
Nicaeno-Constantinopolitanumr'. — Die „Auslegung" (III. Hauptteil m
S. 33—101) erfolgt in 13 Abschnitten, d.h. einem einleitenden zu den
Worten „Ich glaube" und 12 folgenden nach Maßgabe der sog. zwölf
Artikel des Romanum bzw. unter Einordnung der späteren Zusätze in
dieses Schema (vgl. S. 14 ff.).

Schon der Aufriß des Buches läßt den oben skizzierten mehrschichtigen
Ansatz erkennen. Besonders deutlich wird er bei dem
im III. Teil durchgängig zu beobachtenden Bemühen, die einzelnen
Artikel und Begriffe des Symbols aus dem Neuen Testament
heraus zu erklären bzw. ihre inhaltliche Übereinstimmung mit
diesem darzutun. Freilich melden sich hier — so überzeugend diese
Gesamtkonzeption wirken muß — auch zwei grundsätzliche Fragen
an. Die eine geht dahin, ob man die Symbolerklärung insgesamt
so stark, wie Verf. es tut, am Romanum fixieren darf,
wenn doch zumindest problematisch ist, ob nicht die Struktur des
Bekenntnisses durch die späteren Zusätze mehr oder weniger
verändert wurde". Die zweite Frage greift noch tiefer und besteht
auch dann, wenn die mit der ersten verbundenen Einwände widerlegt
werden können: hätte nicht neben der Symbolerklärung
aus dessen Gesamtbestand heraus sowie im Vergleich zum Neuen
Testament die Berücksichtigung des altkirchlich-zeitgenössischen
theologischen Schrifttums durchweg als weiteres Interpretationsprinzip
zur Geltung kommen müssen — um desto eindrucksvoller
den Konsens dieses Symbols mit der apostolischen Lehre
aufzuzeigen7?! Gewiß kann diesen Fragen entgegengehalten werden
, daß, hätte man so verfahren wollen, der große Vorzug des
Buches besonders für nicht-theologische Leser — sein Unbelastet-
Sein von gelehrtem Apparat — überhaupt nicht zustandegekommen
wäre. Doch ist hier m. E. der sozusagen katechetischen
Beschränkung etwas zuviel getan, zumal Verf. selber einleitend
sagt: „Auch der sog. ,Laie' hat Anspruch auf vollen Einblick in
die theologische Arbeit, und zwar nicht nur in ihre Ergebnisse,
sondern auch in ihre Methoden" (S. 5)8.

Vielleicht läßt sich in dieser Hinsicht bei einer Neuauflage
zu gegebener Zeit doch noch einiges ergänzen9. Schon jetzt aber

°) Wiedergabe nach E. v. Dobschütz, Das Apostolicum in biblisch-
theologischer Beleuchtung, 1932, bzw. nach: Die Bekenntnisschrifter»
der ev.-luth. Kirche, hrsg. v. Deutschen Ev. Kirchenausschuß, 1930.

6) Dies wäre besonders am III. Artikel (reformatorischer Zählung)
zu entscheiden. In der Einzelexegese arbeitet Vf. zwar deutlich heraus,
wie mit den Zusätzen „catholicam", „sanetorum communionem" und
„vitam aeternam" z. T. neue Sinngehalte in dem Symbol zum Ausdruck
kamen (S. 90, 91 ff., 98 f.). Die Untersuchung des Aufbaus des Glaubensbekenntnisses
(S. 22 ff.) aber basiert schlechthin auf dem Romanum,
und wenn die dort gewonnenen Ergebnisse dann auch für die später
rezipierte Form des Symbols gelten sollen, dann involviert das eben,
daß auch die Zusätze „sanetorum communionem" und „vitam aeternam
" nur als interpretierende bzw. ergänzende Zcilenfüllungen, nicht
aber als relativ selbständige Aussagen aufzufassen seien — was jedoch
keineswegs selbstverständlich ist. Im übrigen ist auch dieses nicht unbestritten
, daß es wirklich „keine Form des Glaubensbekenntnisses"
gebe, „die noch älter wäre als das sogenannte Symbolum Romanum"
(S. 27).

7) Vf. hat zwar gelegentlich durchaus auch diesem Prinzip Raum
gegeben (vgl. bes. die beiden letzten Abschnitte des III. Teils, S. 93 ff.
u. 96 ff.). Doch zeigt z. B. die Materialsammlung, die Harnack im Anhang
(S. 364 ff.) zu der „Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln
der Alten Kirche", hrsg. v. A.Hahn, 3. Aufl., 1897, v. L.Hahn, dargeboten
hat, welche Möglichkeiten hier insgesamt vorhanden gewesen
wären.

8) Zur Erfüllung dieses Programms würde auch ein genaueres Nachweisverfahren
gehören, z. B. bei den K. Barth-, P. Althaus- und F. Kat-
tenbusch-Zitaten auf S. 66, 67 u. 96, bes. aber bei der Auseinandersetzung
mit Harnack, Lietzmann und Cullmann betr. des Aufbaus des
Glaubensbekenntnisses auf S. 23.

9) Im übrigen wären bei dieser Gelegenheit (außer einer Reihe
einfacher Druckfehler) folgende Corrigenda zu berücksichtigen: S. 57,
Z. 14 — „gerichtet" statt „gerecht"; S. 84, Z. 19 — Joh. 14, 18; S. 90,
Z. 5 —„es" statt „ihn"; S. 96, Z. 3 ff. v. u. — wer ist das „sie"? die
„zentrale Bedeutung"? (denn die „Auferstehung" „fehlt" ja nidit völlig
„im Alten Testament"); S. 97, Z. 9 v. u. — Joh. 6, 63; S. 103,
Anm. 10 —der Leser begegnet dem Titel des v. Dobschütz'schen Buches
erst auf S. 28 des Haupttextesl; S. 104, Anm. 7 — RGGZ; Anm. 9 —
Ann.: S. 105, Anm. 10, Z. 2 — Trall. 9, 1; S. 106, Anm. 20 — in
Matth. 9, 2 ff. kommt die „Formel .Sünden-Vergebung' (aphesis hamar-