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Ausgabe:

1957 Nr. 2

Spalte:

131-132

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Strömberg, Bengt

Titel/Untertitel:

Den pontifikala liturgin i Lund och Roskilde under medeltiden 1957

Rezensent:

Fendt, Leonhard

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131

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 2

132

Strömberg, Bengt: Den pontifikala liturgin i Lund och Roskilde
undcr medeltiden. En liturgihistorisk Studie jämtc edition av ponti-
ficale lundense enligt handskriften C 441 i Uppsala universitets-
bibliotek odi pontificale roscildense enligt medeltidshandskrift nr 43
i Lunds universitetsbibliotek. Lund: Gleerup 1955. 327 S. m. Abb.
gr. 8° = Studia Theologica Lundensia 9. skr. 20.—.

Die Erzbischöfe von Lund und ihre Suffraganen, die Bischöfe
der Königsstadt Roskilde, haben uns ihre Kathedrale, den Dom
zu Lund, den Dom zu Roskilde, hinterlassen; dazu kommen zahlreiche
Akten ihrer Arbeit und der schriftliche Widerhall ihrer
Kämpfe und Bestrebungen. Nun fügt Strömberg (von welchem
wir schon die Studie „Magister Mathias och frank mendikanten-
predikan", Stockholm 1944, hier anzeigten) diesen Denkmälern
die Pontifikalien von Lund und Roskilde bei, ein kostbares Werk,
kostbar für die nordische Kirchen-, Dogmen-, Liturgiegeschichte,
wie für die Geschichte des Pontifikales (die Michel Andrien, Les
Ordines Romani du haut moyen äge, Löwen 1931—51, und Vincent
Leroquais, Les pontificaux manuscrits des Bibliotheques pu-
bliques de France, Paris 1937, grundgelegt haben). Strömberg
schickt seiner Edition eine gründliche Abhandlung voraus, die
dann der notwendige Kommentar zu den beiden Pontifikalien
wird. Diese Abhandlung geht von drei Größen aus: 1.) dem Pon-
tifikale C441 der Universitätsbibliothek Uppsala, 2.) dem Pon-
tifikale Mh 43 der Universitätsbibliothek Lund, (beide bisher ungedruckt
), 3.) der in einem Exemplar in der Kgl. Bibliothek zu
Stockholm vorhandenen Druckausgabe 1497 des 1485 erstmals
gedruckten Pontificale Romanum. Durch ebenso vorsichtige wie
schlüssige Beweisführung erreicht Strömberg das Resultat: 1.)
C 441 war im Spätmittelalter das Pontifikale von Lund, 2.) Mh 43
war im Spätmittelalter das Pontifikale von Roskilde, 3.) das Pontificale
Romanum 1497 wurde von Adser Pedersen für den Erz-
bischof von Lund „kindisch adjustiert", war also ebenfalls als
Pontifikale von Lund in Gebrauch. Strömberg hellt nun die frühere
Geschichte des „Usus pontificales Lundensis" dadurch auf,
daß er die ausländischen Einflüsse, die auf C441 und Mh 43 ergangen
sein könnten, Stück für Stück untersucht. Er konstatiert
für das lO./ll. Jhdt. den Einfluß von Hamburg, welcher das Pontifikale
von Mainz 950 nach Lund brachte; für das 12. Jhdt. angelsächsischen
Einfluß im Sinne des Pontifikale von Winchester
(11. Jhdt.) ed. Wilson, London 1903 („The benedictional of arch-
bishop Robert"). Am Ende des 12. Jhdt.s findet er französischen
Einfluß, für welchen er besonders Erzbischof Eskil von Lund
(f 1181), der ebenso in Sens, Paris, Clairvaux zuhause war wie
in Lund oder Roskilde, verantwortlich macht. Dieser französische
Einfluß auf das Pontifikale von Lund (und Roskilde) geschah im
Sinne des Reimser Pontifikale, wie es vor dem Amtsantritt des
Erzbischofs Wilhelm, der 1176 von Chartres nach Reims kam,
aussah. (Denn Lund und Roskilde haben den Einfluß von Chartres
nicht.) Dieser Reimser Typus wird vom Pontificale Remense
341 (11. Jhdt.) und 343 (um 1200) repräsentiert, er ist ein Mischtypus
aus der von Mainz 950 herkommenden Linie und der einheimischen
Linie; und zwar ist 343 der Schlußpunkt der Tradition
, welche 341 bietet (die Numerierung bei Leroquais 2). —
Die Reimser Tradition solcher Art kam nach Lund und wirkte
auf den dort herrschenden Typus des fränkisch-römischen Pontifikale
(von Mainz 950 her) ein, natürlich ohne ihn zu tilgen.
Und dieser Prozeß ging auch nach Roskilde. Da es sich in Lund
und Roskilde schon vorher um das fränkisch-römische Pontifikale
handelte, und da Reims 341/343 demselben Typus entstammte,
braucht Strömberg sorgfältige Einzeluntersuchungen, um an
C441 und Mh43 die Spuren von Reims herauszuarbeiten. Im
14./l 5. Jhdt. beobachtet Strömberg wieder deutschen Einfluß, und
zwar die Zufügung von neuen (Zeremonien, Formeln, Gesängen
zum damaligen Lunder und Roskilder Grundbestand. Er führt
diese Zufügung auf die deutschen und dänischen Weihbischöfe
zurück, die überallherum pontifizierten; Typus ist ihm das Pontifikale
Daniels von Wichterich, das dem 14. Jhdt. angehört und
im 15. Jhdt. von Egidius von Byedborch revidiert wurde. Auch
hier glänzt Strömberg mit Detailuntersuchungen. Den Abschluß
nun machte in Lund und Roskilde das Auftauchen jenes Pontificale
Romanum von 1485 in der Ausgabe von 1497; dieses Pontificale
Romanum kam freilich auch vom römisch-fränkischen
Pontifikale (Andrien: Romano-Germanicum) her, aber es ging
auf die Arbeit des Wilhelm Durandus (* 1296), des Patricius

Piccolomini (f 1496), des Johannes Burchard (* 1506) zurück und
sollte expresse das römisch-fränkische Pontifikale ersetzen! Der
Weg ging also gerade vor der Reformation auf einen „Usus Romanus
" zu, der auch nicht eindeutig römisch war. Und wie Adser
Pedersen wird mancher „Cantor" das Romanum einheimisch
„adjustiert" haben als ein neuer Alkuin. Aber das Romanum war
auf dem Weg — 1596 machte die Bulle „Ex quo in Ecclesia Dei"
den Gebrauch des Pontificale Romanum obligatorisch und verbot
die Orts-Pontifikalien (Strömberg S. 29, Anm. 64). Seit 1536/37
war aber Dänemark lutherisch.

So vorbereitet vermag nun der Leser das Lunder und das
Roskilder Pontifikale des Spätmittelalters, wie sie Strömberg nun
aus C441 und Mh 43 abdruckt, zu würdigen. Schade, daß aus
Ersparnisgründen die Singnoten der Gesangsstücke nicht mitgedruckt
sind! Aber auch ohne Noten ergeben die beiden Pontifikalien
die kongeniale Illustration zu den Domen von Lund und
Roskilde, zur Geschichte ihrer Erzbischöfe und Bischöfe, zur
Frömmigkeit de6 Nordens im Mittelalter. Und Strömbergs „Kommentar
" deutet diese Illustration sach- und zeitkundig.

Augsburg Leonhard Fendt t

LITERATURGESCHICHTE

Bachem, Rolf: Dichtung als verborgene Theologie. Ein dichtungstheoretischer
Topos vom Barock bis zur Goethezeit und seine Vorbilder
. Bonn: Bouvier 1956. VII, 158 S. 8° = Abhandl. zur Philosophie
, Psychologie und Pädagogik Bd. 5. DM 6—.

Die Arbeit befriedigt in keiner Hinsicht. Sie unternimmt es,
auf 84 Seiten eine Aufgabe zu bewältigen, von der man nicht
sagen kann, ob 500 zu ihrer Bewältigung ausgereicht hätten. Die
15 Seiten „Stellenauslese" und die 58 (f) Seiten Anmerkungen
und Literaturverzeichnis, die angefügt sind, bestätigen nur den
Eindruck, daß hier erst mit den Vorarbeiten begonnen wurde,
und der Verfasser bisher weder Standpunkt noch
methodische Klarheit gewann. Es wird nichts plastisch
, nichts greifbar.

Der Satz von Martin Opitz : „Die Poeterey ist anfanges
nichts anders gewesen als eine verborgene Theologie, und Unterricht
von Göttlichen Sachen", (Buch von Deutscher Poeterey), aus
dem sich der Titel Bachems herleitet, wird nicht geschichtlich verstanden
und gedeutet, sondern mit einer Reihe von Äußerungen
von Piaton bis Heidegger (über Paulus, Boccaccio, Luther, Hamann
, Hölderlin und viele andere) zusammengestellt. Es sind
Äußerungen, die von ihm eher abzuheben als mit ihm zusammenzuwerfen
sind, will man nicht wie Bachem mit unscharfen, verschwommenen
, allenfalls sich gelegentlich ähnelnden Begriffen
arbeiten und berücksichtigt, daß die Vorstellungen, aus denen
die zusammengetragenen Äußerungen erwuchsen, sich voneinander
unterscheiden. Der Verfasser übersieht diese Tatsache und will
unter Theologie verstehen: „Lesen und Deuten des Göttlichen"
(S. 14), ohne sich klar zu machen, daß gerade unter dem „Göttlichen
" sehr Verschiedenes verstanden wird, während wir über
den Gebrauch des Wortes Theologie im Sinne einer von christlichem
Standpunkt betriebenen Wissenschaft übereingekommen
sind.

Der Verfasser erklärt, er sehe davon ab, „Dichtungen auf
die in ihnen verborgene Theologie hin zu interpretieren", denn
er nimmt an, „dabei würden wir uns in unauflösliche Problematik
verstricken, sobald wir zu höheren, allgemeingültigen Begriffen
und Maßstäben fortschritten" (S. 14). Seine Befürchtung enthält
den besten Gedanken der Arbeit, denn in der Tat ließe sich nicht
die gesamte Dichtung seit Piatons Zeiten bis Kafka, der als einziger
ausgenommen wird, auf den einen Gehalt — auf die „verborgene
Theologie" im Sinne Bachems — hin interpretieren, auf
„allgemeingültige Begriffe und Maßstäbe" bringen; und die Dichtung
aus dem engeren Zeitraum vom Barock bis zur Goethezeit,
der im Titel einschränkend genannt wird, veranschaulicht gerade,
wie sich das Denken bezüglich der von Bachem angeschnittenen
Frage in zwei Jahrhunderten wandelte. Weil der Gegenstand, um
den es sich handelt, nämlich die Dichtung, die Frage, die Bachem
stellt, nicht aushält, wird versucht, durch vorhandene Theorien