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Ausgabe:

1957

Spalte:

110-115

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Blass, Friedrich

Titel/Untertitel:

Grammatik des neutestamentlichen Griechisch 1957

Rezensent:

Walters, Peter

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109 Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 2_110

(Bauten der Makkabäer), S. 373 (Ausgrabungen an der Stätte
des Herodianischen Jericho), S. 403 (Nachrichten über Simeon
ben-Koseba aus dem Wadi Murabba'ät). Das so dem gegenwärtigen
Stand der Forschung angepaßte bewährte Buch wird auch
weiterhin die Beachtung und Verbreitung finden, die ihm zukommt
.

Halle/Saale Otto Eißfeldt

NEUES TESTAMENT

Wikenhauser, Alfred, Prof. Dr.: Die Christusmystik des Apostels
Paulus. 2., umgearb. u. erweit. Aufl. Freiburg: Herder 1956. XI, 172 S-
8°. Lw. DM 8.80.

Die erste Auflage dieses Buches war die erste ausführliche
Darstellung der paulinischen Christusmystik auf katholischer
Seite. Da seitdem auf deutschem Sprachgebiet keine ähnliche Schrift
erschienen ist, legt der Verf. nunmehr eine stark erweiterte und
vermehrte Auflage vor.

Unter Christusmystik versteht W. die geheimnisvolle Verbindung
des Christen mit der Person des erhöhten Christus. Für
Paulus ist die Christusgemeinschaft dadurch charakterisiert, daß
der Mensch in Christus ist und Christus in dem Menschen. Von
dieser grundlegenden Feststellung aus untersucht W. in steter
Auseinandersetzung mit der einschlägigen Literatur zunächst
die Ausdrucksformen der paulinischen Christusmystik:
die Formel „in Christus", die Christusgenitive, die Aussage
„Christus in uns", um dann in einem 2. Kapitel das Wesen
der paulinischen Christusmystik zu beschreiben. Hier beantwortet
der Verf. die Frage, wie Paulus sich das Sein des Christen in
Christus denkt, mit der Erklärung, daß die Formel „in Christus"
die neue Seins- und Machtsphäre meint, in welcher der Christ
steht. Aber das ist noch nicht die endgültige Antwort, denn beim
Gebrauch der Formel „in Chrisus" steht dem Apostel „weniger
der Gedanke der empfangenen Kräfte als die Vorstellung einer
konkreten Persönlichkeit vor der Seele." Weiter führt nach W.
die Aussage „Christus in uns", denn sie besagt wirklich „eine
persönlich-lebendige Gegenwart des gestorbenen und auferstandenen
Christus in den Christusgläubigen". Das Ergebnis der Untersuchung
des 2. Kapitels lautet: allen Aussagen vom Sein des
Christen in Christus oder des Christus in den Christen „liegt die
Überzeugung des Apostels zugrunde, daß der Christ in innigster
Seins- und Lebensverbindung mit dem pneumatischen Christus
steht". Die Verbundenheit mit Christus ist für Paulus „eine
wirkliche Realität", ein „objektiver Zustand", der durch das
Christwerden hergestellt wird.

Im 3. Kapitel erörtert W. das Werden des mystischen
Verhältnisses zu Christus. Hier ist zunächst von der Gottestat in
der Taufe die Rede. Durch die sakramentale Handlung wird die
„objektive" Beziehung zu Christus hergestellt. Über den Glauben
sagt der Verf. in diesem Zusammenhang, daß der Glaube
nicht das mystische Verhältnis zu Christus schafft, daß er aber
die unerläßliche Voraussetzung und Vorbedingung für das Zustandekommen
dieses Verhältnisses ist. „Ohne Glauben keine
Christusgemeinschaft." Durch die Taufe als „das Mittel zur Herstellung
des objektiven mystischen Verhältnisses zu Christus"
wird der Mensch aus der Sphäre des Todes, bzw. des Fleisches
der Sunde und des Gesetzes in die Christussphäre hineinversetzt.
Er ist nunmehr als Mensch in Christus Glied am mystischen Leibe
Christi. Das Christenleben soll ein immer tieferes Hineinwachsen
in die mystische Christusgemeinschaft sein. Auf die Indikative
folgen sinngemäß die Imperative. Dabei legt der Apostel großen
Nachdrude auf das eigene sittlich-religiöse Tun des Christen. Zur
paulinischen Christusmystik gehört notwendig die Leidensmystik,
denn gerade sie läßt erkennen, „daß das Ziel der himmlischen
Berufung nur erreicht wird, wenn jene mystisch-sakramentale To
des- und Lebensgemeinschaft mit Christus auch zu einer religiös
ethischen im christlichen Leben ausgestaltet wird".

Im 4. Kapitel arbeitet W. die Eigenart der paulini
sehen Christusmystik heraus. Zu diesem Zweck entfaltet er die
Grundgedanken der orientalisch-hellenistischen Mystik, um dann
in einem sehr gründlichen Vergleich der beiden Formen der My

stik, der hellenistischen und der paulinischen, die entscheidende
Frage zu beantworten, ob die paulinische und die hellenistische
Mystik einander artverwandt oder artfremd sind. W. kommt zu
der Feststellung, daß sie einander artfremd sind, und zwar aus
folgenden Gründen: 1. Die „mystische Union" bedeutet bei Paulus
kein Einswerden des Christen mit Christus, sondern „eine
Verbindung von Person mit Person unter voller Wahrung der
beiderseitigen Personalität". 2. Zwischen der paulinischen Todes-
und Auferstehungsmystik und dem Mythus von den sterbenden
und auferstehenden Göttern bestehen trotz formaler Analogien
so tiefgehende Unterschiede, daß man es „für ganz ausgeschlossen
" halten muß, daß Paulus in seiner Tauflehre eine sachliche
Anleihe bei jenen Mysterienvorstellungen gemacht hat. 3. Das
mystische Verhältnis, in dem nach Paulus der Christ zu Christus
steht, „ist kein Definitivum, sondern nur ein Provisorium". Denn
das Sein in Christus gilt nur für die Zeit bis zur Parusie. Dann
wird es vom Sein bei Christus abgelöst. 4. Die hellenistische
Mystik kennt keine Eschatologie im spätjüdisch-urchristlichen
Sinn und keine individuelle UnstecblichkeitshofFnung. 5. Paulus
hat keine Gottesmystik. Ein Schauen Gottes gibt es für ihn erst
in der Zeit nach dem Tode. 6. Von ausschlaggebender Bedeutung
für die Frage nach der Eigenart der paulinischen Mystik ist endlich
ihre Stellung zur Ethik. Bei Paulus steht die Ethik in organischer
Verbindung mit der Mystik, und während das mystische
Verhältnis im Hellenismus ein rein naturhaftes ist, ist es bei Paulus
ein sakramentales und ethisches, das deshalb sittliche Pflichten
begründet. Gewiß gründet Paulus nicht alle sittlichen Forderungen
auf die „mystische Union" mit Christus, aber er leitet
doch an verschiedenen Stellen die Pflicht, sittlich zu leben, ausdrücklich
aus der mystischen Verbundenheit mit Christus ab.

Die Arbeit von W. ist in zweifacher Beziehung bedeutsam.
Sie erschließt auf der einen Seite ein tiefes Verständnis der paulinischen
Christusmystik, indem sie auf Grund sorgfältiger biblisch
-theologischer Exegese das eigentliche Geheimnis der Frömmigkeit
des Apostels herausstellt. Sie gibt auf der anderen Seite
eine sichere Führung durch die religionsgeschichtlichen Probleme,
die durch das Thema gestellt sind. Dabei sind die Urteile des
Verf.s so abgewogen, daß sie bei dem gegenwärtigen Stand der
Forschung weitgehendste Zustimmung finden werden. Eine Frage
bleibt natürlich. Das ist die viel erörterte Frage, über die es wohl
niemals zu einem consensus kommen wird: ob wir berechtigt
sind, die Aussagen des Paulus, die Gegenstand der Untersuchung
v°n W. sind, unter dem Begriff der Mystik zusammenzufassen.
Der Verf. ist sich dieser Schwierigkeit sehr wohl bewußt. Er sucht
sie dadurch zu überwinden, daß er, wie schon Ad. Deißmann vor
ihm, zwischen einem engeren und einem weiteren Begriff der
Mystik unterscheidet. Könnte man sich auf diese Unterscheidung
einigen, dann stünde der Verwendung des Begriffs der Mystik
für die Aussagen, die „das Herz der Frömmigkeit" des Apostels
bilden, nichts im Wege.

Wir haben dem Verf. dafür zu danken, daß er uns dieses
grundlegende, feinsinnige, von tiefstem Verständnis für das innere
Wesen der paulinischen Frömmigkeit zeugende Buch als reife
Frucht seiner biblisch-theologischen Arbeit geschenkt hat, und
daß es ihm vergönnt gewesen ist, die erste Auflage durch die
zweite erweiterte noch zu übertreffen.

Berlin Johanne» Schneider

B1 * s s, Friedrich: Grammatik des neutestamentlidien Griechisch. Be-

arb. v. Prof. Dr. Albert Debrunner. 9. Aufl. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1954. XVIII, 368 S. gr. 8°. Lw. DM 14.50.

Der (Blass-) Debrunner ist ein klassisches Buch geworden,
das den Umkreis, in dem man „bespricht" oder gar lobt, längst
hinter sich gelassen hat. Hier dankt man, indem man noch verbleibende
Wünsche äußert.

Vielleicht wären kleine Inkonsequenzen zu beseitigen, die
das allmähliche Heranwachsen aus tausenden von Einzelbeobachtungen
widerspiegeln.

Im orthographischen Teil der Lautlehre wird häufig mit Redit betont
, daß selbst korrekte HSS in Zweifelsfällen keine Richtschnur abgeben
können. Ganz natürlich: sind sie doch nichts als die jeweils letzten
in einer Jahrhunderte alten Ahnenreihe, und kann man doch keiner
Schreibung ansehen, ob sie übernommen oder vom letzten Abschreiber