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Ausgabe:

1957 Nr. 10

Spalte:

780-781

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Eggenberger, Oswald

Titel/Untertitel:

Evangelischer Glaube und Pfingstbewegung 1957

Rezensent:

Siedenschnur, Günther

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 10

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tischen und orthodoxen Kirchen umeinander sieht der Verf.
Triumphe der kommunistischen Weltpolitik einerseits und des
antirömischen Affektes andererseits, die sich gegenseitig förderten
. „Wir stehen an der Schwelle einer antirömischen Ökumene."
Der Rez. beschränkt sich hier darauf, sich mit einer Äußerung
von W. A. Visser't Hooft zur Sache zu identifizieren („Ökumenische
Rundschau" 1957 H. 2 S. 88 ff.), der Asmussen eine
„totale Verzerrung der heutigen ökumenischen Situation" vorwirft
und weiter bemerkt, man würde normalerweise auf solche
Angriffe nicht eingehen, wenn sie von einem beliebigen andern
kämen und nicht in akademischen Vorlesungen vorgetragen
wären!

Was ist durch die Vorträge erreicht? Außer der Bezeugung
guten Willens in der interkonfessionellen Begegnung und außer
einigen Gängen durchs Vorgelände sind vom katholischen Partner
apokryphe Dokumente genutzt und überholte Möglichkeiten
als möglich behauptet, vom evangelischen Partner gar verzerrte
Bilder dargeboten. Bei voller Bejahung der Begegnungen meinen
wir urteilen zu müssen, daß es so nicht geht.

I Rostode G. Holtz

Pol, W. H. van de: Das reformatorische Christentum in phänomenologischer
Betrachtung. Köln: Benziger [1956]. 450 S. 8°. Lw. DM 19.80.

P. ist Konvertit. Aber sein Buch kann mit der heute verbreiteten
theologisch dürftigen Konvertitenliteratur nicht auf
eine Stufe gestellt werden. Hier spricht endlich einmal ein Katholik
, der tief in das Wesen evangelischen Glaubens und Denkens
eingedrungen ist. Er wendet sich in erster Linie an katholische
Leser, denen er eine möglichst getreue Darstellung evangelischen
Christentums, vor allem evangelischer Theologie, geben
möchte, um vorhandene Vorurteile und Mißverständnisse zu
bekämpfen. (Ungewöhnlich ist es, daß er statt „evangelisch"
durchweg „reformatorisch" sagt.) Auf Darstellung, nicht auf Widerlegung
kommt es ihm an. Ganze Partien seines Buches hönn-
ten auch von einem evangelischen Theologen geschrieben sein
und sind ein wertvoller Beitrag zur neuesten Geschichte der evangelischen
Theologie. Im Blickfeld P.s liegt neben der in Deutschland
weniger bekannten holländischen und englischen besonders
die „schweizerische" Theologie (Barth und Brunner). Obwohl
P. aus der reformierten Tradition kommt, ist er bestrebt, auch
Luther und dem Luthertum Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Nach einem Überblick über den Protestantismus im allgemeinen
behandelt P. nacheinander: Offenbarung, Wahrheit,
Wirklichkeit, Sünde, Rechtfertigung. In diesem Aufbau kommt
neben dem Bestreben, Zentralthemen der evangelischen Theologie
(Offenbarung, Sünde, Rechtfertigung) herauszuarbeiten, zugleich
P.s katholische Fragestellung zum Ausdruck; denn in dem Verständnis
von Wahrheit und Wirklichkeit liegt nach P. der entscheidende
Unterschied zwischen Evangelischen und Katholiken.
Der ausschließlichen „Wortoffenbarung" nach evangelischem Verständnis
stellt er gegenüber die „Wirklichkeitsoffenbarung" nach
katholischem Verständnis. „Mit diesem Hauptunterschied hängen
alle andern Unterschiede dogmatischer, kirchlicher, liturgischer
und asketisch-mystischer Art zusammen" (259). Der Evangelische
kennt Gnade, Glaube, Liebe, Vergebung, Erwählung,
Versöhnung nur als Wirklichkeiten „im relativen Sinn" (im
Sinne einer Beziehung zu Gott), nicht wie der Katholik „im
seinshaften Sinn" (269). Er kennt Inkarnation nur in Jesus
Christus, nicht wie der Katholik auch „die aktuelle Frucht und
.Fortsetzung' des Mysteriums der Menschwerdung" in der ganzen
übernatürlichen Wirklichkeit, wie sie „überall hörbar, sichtbar
und greifbar in der heiligen Kirche zum Ausdruck kommt"
(266). Dadurch ist nach P. der Glaube an die Menschwerdung in
der Reformation „funktionslos" geworden (273). An dieser
Stelle ist bei ihm offenbar die Grenze des Verstehens erreicht.
Sonst hätte er sehen müssen, daß der reformatorische Kampf gegen
Rom gerade im Namen der Ehre Christi, des Menschgewordenen
, geführt wird; denn Rom mit seinem Anspruch, seligmachende
Kirche zu sein, will den Heiland Christus nicht „lassen
tun, was er getan hat" (Luther). Hier ist der Glaube an den
Menschgewordenen ganz zentral, allerdings nicht der an die
Menschwerdung als ein sich auf die Kirche erstreckendes Prinzip
. Auch sonst geht es natürlich nicht ganz ohne Schiefheiten ab,
die aber dem hohen wissenschaftlichen Niveau des Buches nicht
Eintrag tun. I

Halle/Saale V . E. Schott

Heimler, Heinrich, u. Spiegel-Schmidt, Friedrich: Deutsches
Luthertum in Ungarn. Düsseldorf: Verlag der Schles. Evang.
Zentralstelle 1955. 128 S. mit Abb. auf Taf. 8°.

In den letzten Jahren sind von Vertretern der früheren
deutschen evangelischen Kirchen im Osten, wie sie im Konvent
der zerstreuten evangelischen Ostkirchen bzw. im Ostkirchenausschuß
zusammengefaßt sind, eine Anzahl wertvoller Darstellungen
der Geschichte ihrer Heimatkirchen verfaßt worden. Dazu
gehört auch der vorliegende Band, der mit den Beiträgen:
„Ödenburg" (ein Mittelpunkt evangelischen Lebens), „Das
deutsche Luthertum in der Schwäbischen Türkei" (das Gebiet
zwischen Donau, Drau und Plattensee), „Das deutsche Luthertum
im 19. und 20. Jahrhundert", „Verzeichnis der bekannten
Erstsiedler in der Schwäbischen Türkei", „Deutschsprachige evangelische
Gemeinden in Ungarn vor 1945" und „Die Ungarndeutschen
in Deutschland" einen Überblick geben will über den
so wechselvollen Weg des deutschen Luthertums in Ungarn. In
erster Linie für die nicht mehr in ihrer alten Heimat lebenden
Ungarndeutschen bestimmt, um sie nicht geschichtslos werden
zu lassen, sondern sie weiter in der Kirche ihrer Väter zu verwurzeln
, ist das Buch doch auch von allgemeinem Interesse. Bei
der engen Verzahnung von Konfessionen und Volkstümern,
wie sie im Osten oft anzutreffen ist, gibt die Darstellung des
deutschen Luthertums zugleich ein Bild des nichtdeutschen
Luthertums sowie der politischen und kulturellen Geschichte
Ungarns überhaupt (allerdings auf das heute zu Ungarn gehörende
Gebiet beschränkt). Besonders wichtig scheint mir der
Aufsatz zu sein, der die Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert
behandelt. Man legt das Buch mit schmerzlicher Bewegung aus
der Hand. Der Weg des deutschen Luthertums in Ungarn hat ja
1945 mehr oder weniger sein Ende gefunden. Die Frage nach
dem Sinn der Geschichte läßt einen nicht los. Es ist gut, daß
das Buch um eine kritische Selbstbesinnung weiß. Gerade deshalb
wiegt der Satz viel: „Das deutsche Luthertum in Ungarn
war 4 Jahrhunderte lang eine der wichtigsten Brücken zwischen
beiden Völkern" (S. 3). — Das Buch ist gut ausgestattet und mit
vielen Bildern versehen. Die Beifügung einer Karte wäre erwünscht
.

Berliu Harald Kruska

rO »/

Eggenberge r, Oswald: Evangelischer Glaube und Pfingstbewegung

mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in der Schweiz.
Zollikon: Evang. Verlag [1956]. 61 S. 8° = Schriftenreihe zur Sektenkunde
, hrsg. vom Schweiz. Protestantischen Volksbund, H. 1.
DM 2.90.

O. Eggenberger, dem wir eine gründliche und zuverlässige
Abhandlung über die Neuapostolischen verdanken, eröffnet eine
neue „Schriftenreihe zur Sektenkunde" mit einer gemeinverständlichen
Schrift über eine der wichtigsten Sektenerscheinungen unserer
Zeit: die Pfingstbewegung. Dem Zweck der Schrift entsprechend
beschränkt sich E. mit Recht auf die Behandlung eines Sektors
der fast unübersehbaren, vielgestalten Bewegung, auf die
„gemäßigten Pfingstgruppen in der Schweiz". Gerade den gemäßigten
Gruppen gegenüber ist eine Aufzeigung klarer Grenzen
zwischen evangelischem Glauben und Pfingstbewegung besonders
nötig. Der Verf. versucht dies, indem er die entscheidenden
Differenzpunkte: Wirken des Hl. Geistes — Zungenrede — Krankenheilung
— Taufe — Eschatologie — Kirche jeweils unter dem
dreifachen Aspekt: Evangelische Ansicht — Pfingstlerische Einwände
— Unsere Antwort behandelt.

E. stellt deutlich die vom Evangelium abweichenden sektiererischen
Irrtümer und Einseitigkeiten der Pfingstbewegung
heraus: Forderung der auf einen bestimmten Augenblick festzulegenden
Geistestaufe des Gläubigen, falsches Bauen auf Erlebnisse.
Grenzverwischung zwischen Geistesempfang und religiösem Erlebnis
, Wundersucht, kritikloses Hinnehmen von offenbar psychisch
bedingten Massenheilungen als Wirkung des Hl. Geistes.