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Ausgabe:

1957 Nr. 10

Spalte:

773-776

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Luther, Martin

Titel/Untertitel:

Ausgewählte Werke 1957

Rezensent:

Reichert, Ernst-Otto

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 10

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gustanahandschriften. Von Kopien des Iat. Originals in Brüssel, angefertigt
i. A. des Leiters des Archivs, Viglius van Zwidiem (z. B. füi
den Bischof von Roermond, Wilhelm von der Lindt) wußte man wohl
schon lange; jedoch ist eine dieser verschiedenen Kopien erst 1923
wirklich greifbar geworden. Es ist die sorgfältige, jedoch unbeglaubigte
Kopie aus dem Besitz des Petrus Canisius, die im Oblaten-Kloster
Htafeld b. Fulda liegt (Hü). J. Fideer fand dann 1930 im Vatikanischen
Archiv eine weitere Kopie, die auch indirekt auf den Brüsseler Text
zurückgeht (V). Hü und V haben Bornkamm im Original bzw. in
Photokopie (aus J. Fickers Nachlaß) vorgelegen. Beide Abschriften
sind aufgrund ihrer sorgfältigen Herstellung bis heute die zuverlässigsten
(wenn hoffentlich auch nicht endgültig einzigen) Zeugen für den
lateinischen Text der C. A. Bornkamm vermag diese beiden Kopien in
m. E. überzeugender Weise zu den an sidi früheren, aber dodi minderwertigeren
Abschriften der C. A. in Beziehung zu setzen, d. h. zu den
Handschriften aus bischöflichem Besitz: Karlsruhe, Regensburg, Salzburg
, Würzburg (KRSW) und zu dem aus unbekannter Quelle stammenden
Text von Andreas Fabricius (wohl verarbeitet in seiner
Harmonia Confessionis Augustanae, 1573). Hü und V vermögen nachdrücklich
die Annahme zu erhärten, daß wir in ihnen den von
Melanchthon überarbeiteten Text mindestens für die gesamte Praefatio,
aber auch für weitere Artikclabschnitte, vor uns haben, während den
Schreibern der protestantischen Stände nur die von J. lonas gearbeitete
Praefatio ohne die späteren stilistischen und sachlichen Verbesserungen
Melanchthons vorlag. —

Bornkamm stellt nun anhand der genannten Handschriften
die wichtigen Unterschiede und die stilistischen Verbesserungen
Melanchthons an der C. A. in mühsamer Kleinarbeit zusammen
(S. 18—21). Bei den stilistischen Verbesserungen wird von B.
sogar die ursprüngliche Form mitgeteilt, so daß dem Leser ad
oculos demonstriert wird, mit welcher Akribie Melanchthon
nicht nur die lateinische Übersetzung der Praefatio durch Jonas,
sondern auch sein eigenes Werk (besonders natürlich die Artikel
des II. Teils und hier vor allem Artikel XXVIII) geprüft hat.
Dabei wird letzterer Artikel wahrscheinlich von Melanchthon
unmittelbar vor der Übergabe der C. A. noch neu geschrieben
worden sein. Bornkamms Abhandlung versucht mit Geschick und
Erfolg, die Überlegenheit des in Hü und V vorzüglich überlieferten
lateinischen Textes über den Textus reeeptus des Konkor-
dienbuches darzutun und darüber hinaus den Blick für die Feinheiten
der Arbeit Melanchthons zu öffnen. Auf die zum Schluß
der Arbeit im Bilde wiedergegebenen Partien aus Hü und V sei
hingewiesen und der Wunsch geäußert, daß bei einer kommenden
Neuauflage der Bek.-Schr. der Verf. die Gelegenheit finden
möchte, die von ihm gemachten Beobachtungen auch dort niederzulegen
und gf. weiter zu ergänzen.

Neuendettelsau F. W. Kantzenbach

MartinLuther: Ausgewählte Werke, Hrsg. von H. H. Borcherdt
und Georg Merz. 3. Auflage, München: Kaiser 1948—1957.

Die 1940 abgeschlossene sog. zweite ,,Münchener Ausgabe"
mit ihrer Auflagenhöhe von ca. 4000 Bänden ist längst vergriffen.
Lob und Anerkennung genug! Diese beliebte Auswahledition
der Schriften Martin Luthers fand nicht nur in der Wissenschaft
volle Anerkennung, auch der christlichen Gemeinde hat sie einen
wertvollen Dienst'geleistet. Ernst Wolfs Urteil (ThLZ 65 [1940]
Sp. 346) hat seine volle Bestätigung gefunden, „daß die Neubearbeitung
dem Ideal einer Auswahlausgabe unter allen sonstigen
Versuchen bei weitem am nächsten kommt und wohl auf
längere Zeit hinaus die Lutherausgabe sein wird, die sich der
größten Verbreitung erfreuen darf". Freilich, es sind in den letzten
Jahren auch noch andere Auswahlausgaben an den Tag getreten
— ich erinnere nur an „Luther Deutsch", herausgegeben
von Kurt Aland (allerdings ebenfalls noch nicht abgeschlossen) —
aber jede Auswahl bevorzugt ein eigenes theologisches Rezept.
Insofern ist die „Münchener Ausgabe" keineswegs überholr.
Sie erfreut sich — nicht zuletzt bei den Studenten — größter Beliebtheit
. Wir müssen den Herausgebern wie dem Verlag von Herzen
dankbar sein, daß sie sich zu einer neuen dritten Auflage
entschlossen haben. -,

Im Jahre 1948 konnte bereits der erste Band herausgehen.
Bis zum Augenblick sind im ganzen sieben Teile erhältlich, fünf
weitere werden in hoffentlich absehbarer Zeit erscheinen. Die
Ausgabe sieht folgende Einteilung vor (die bisher noch nicht erschienenen
Bände sind in eckige Klammern gesetzt):

Hauptreihe:

Bd. lt Aus der Frühzeit der Reformation. 5 52 S., l Titelb. 1951.

DM 21.50; Lw. DM 24.50.
Bd. 2: Schriften des Jahres 1520. 524 S., 1 Titelb. 1948. Kart DM

11.— ; Hlw. DM 13.50.
Bd. 3: Schriften zur Neuordnung der Gemeinde, des Gottesdienstei

und der Lehre. 536 S., 1 Titelb. 1950. Lw. DM 18.20.
Bd. 4: Der Kampf gegen Schwärm- und Rottengeister. 432 S., 1 Titelb

1957. DM 19.50; Lw. DM 22.50.
Bd. 5: Von der Obrigkeit in Familie, Volk und Staat. 455 S., l Titelb.

1952. DM 20.— ; Lw. DM 23.—.
[Bd. 6: Bibelübersetzung, Schriftauslegung, Predigt.]

Ergänzungsbände:

Bd. l: Daß der freie Wille nichts sei. Antwort D. Martin Luthers
an Erasmus von Rotterdam. 315 S. 1954. DM 14.— ; Lw.
DM 16.80.

[Bd. 2: Vorlesung über den Römerbrief 1515/1516.]
IBd. 3: Tischreden.]

[Bd. 4: Die Advents- und Weihnachtspredigten der Kirchenpostillc.]
[Bd. 5: Schriften zur Seelsorge und Kirchenleitung.]
Bd. 6: Wider den Löwener Theologen Latomus. 183 S. 1953. DM 7.30.
Lw. DM 9.80.

Im großen und ganzen ist der Aufbau der einzelnen Bände
weithin der gleiche geblieben. Das wird man in etwa auch schon
von dem noch nicht erschienenen 6. Bande der Hauptreihe sagen
können. Der bisherige 7. Band der 2. Auflage mit seinen Tisch-
.re°en w'rd als 3. Ergänzungsband gedruckt werden. Er wird möglicherweise
schon 1958 zur Auslieferung gelangen. Was die
Herausgeber wohl veranlaßt haben mag, die „Schriften wider
Juden und Türken" (Bd. 3 der 2. Aufl., Hilfsbuch zum Luther-
studium, hrsg. von Kurt Aland, Berlin 1957 [im folgenden zitiert
„Hilfsbuch"], Nrn. 351. 651. 352. 668. 151. 731. 732. 735. 283.
733) nicht wieder aufzulegen, ahne ich nicht. Ich muß es aber sehr
bedauern. Auch die Verlagsanzeige läßt einen erneuten Abdruck
dieser Schriften nicht vermuten. Wohl aber stellt sie das Erscheinen
„weiterer Schriften Luthers zur Auslegung der Heiligen
Schrift und .. . seiner Briefe und der Tischreden" in Aussich*.

Bedauerlich erscheint mir auch, daß man sich bei der 3. Auflage
wiederum mit einem Abdruck allein von Advents- und Weihnachtspredigten
der Kirchenpostille begnügt hat. Es wäre doch
m. E. von großem Wert gewesen, nun auch einmal die Wiedergabe
der Epiphanias- und Passionspredigten aus der Fastenpostille
des Jahres 1525 (d.h. die Predigten des Bandes 17 II der Wei-
marer Ausgabe) in Angriff zu nehmen. Ja, audi für den Rest des
Kirchenjahres sollte eine Edition wie die Münchener Ausgabe
mindestens je eine Lutherpredigt für die häusliche Lektüre, für
Kranke usw. bereithalten! Freilich wäre hier die richtige Auswahl
wesentlich schwieriger; denn die Bearbeitungen von St. Roth,
C Cruciger, G.Rörer und V. Dietrich sind eben nicht Luther
selbst. Aber beim Zurückgehen auf die Nachschriften der originalen
Lutherpredigten hätte sich auch hier ein Weg finden lassen.
(Einen Ausweg aus diesem Dilemma suchte K. Aland im 8. Bande
v°n „Luther Deutsch" Predigten, Berlin 1955, wenngleich mir
auch hier der Versuch nicht voll geglückt zu sein scheint.) Wenn
die Münchener Ausgabe aber „der nach Belehrung durch Luther
verlangenden christlichen Gemeinde (Sperrung vom Rez.)
einen wichtigen Dienst" erweisen will, warum bietet sie dann
nicht für jeden Sonntag des Kirchenjahres je eine Lutherpredigt?
— Zur Gestaltung des 5. Ergänzungsbandes läßt sich noch
nichts sagen. Der 6. Band aber ist bereits erschienen. In ihm gelangt
die von Robert Frick besorgte Übersetzung der „Rationis
Latomianae pro incendiariis Lovaniensis scholae sophistis reddi-
tae, Lutheriana confutatio" 1521 [Hilfsbuch Nr. 399] erstmals
in moderner Form zum Abdruck.

Die neue dritte Auflage ist nicht etwa gekürzt worden; im
Gegenteil, es sind weitere Schriften Luthers hinzugekommen,
sinnvolle Umstellungen haben stattgefunden u. ä. im großen
ganzen hat man sich offenbar auch an die editionstechnischen
Grundsätze gehalten, nach denen die zweite Auflage aufgebaut
war und die sich bewährt haben. Natürlich sind in der Auswahl
der Texte leichte Veränderungen vorgenommen worden. Alle
Bände sind neu durchgesehen, so daß die Textdarbietung in vielen
Fällen wesentlich verbessert werden konnte. Bei der Über-