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Ausgabe:

1957 Nr. 10

Spalte:

755-759

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Pax, Wolfgang Elpidius

Titel/Untertitel:

Epiphaneia 1957

Rezensent:

Michaelis, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 10

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BIBELWISSENSCHAFT

Pax, Elpidius, O.F.M.: EIU&ANEIA.Hin religionsgeschichtlicher Beitrag
zur biblisdien Theologie. München: Zink 195 5. XXIV, 280 S.
gr. 8° = Münchener Theologische Studien. I. Hist. Abt. 10. Bd.
DM 24.-.

Der Verf. ist von Haus aus Philologe bzw. Indogermanist.
Er hat 1937 in Breslau als Schüler vor allem von Wilhelm Hävers
zum Dr. phil. promoviert. Bevor er Ordensmann wurde,
hat er unter seinem Vornamen Wolfgang publiziert. Mit der
vorliegenden Arbeit hat er 1953 an der Theol. Fakultät München
den theologischen Doktorgrad erworben. Er ist jetzt „Lektor
für nt. Exegese im Franziskanerorden" (das Vorwort ist aus
Hildesheim datiert).

Es ist nach dem Lebensgang des Verf. vollauf verständlich,
daß ihn gerade der „Übergang von der Antike zum Christentum
" als wichtiges „Grenzgebiet zwischen Philologie und Theologie
" (S. VII) ganz besonders angezogen und er sich vorgenommen
hat, diesem Übergang am Beispiel des Epiphanie-Begriffes
monographisch nachzugehen. An dieser speziellen Problemstellung
ist Verf. so stark interessiert, daß er (z. B. S. 221) gewisse
Teilfragen ausscheiden kann, weil sie nur die innerchristliche
Entwicklung beträfen, aber „für die prinzipielle Auseinandersetzung
zwischen Antike und Christentum ohne Belang" seien.
Andererseits führt er seine Untersuchung nur bis an das Ende
der nt. Zeit und setzt sie somit nicht bis in die folgenden Jahrhunderte
fort, in denen doch das Problem „Antike und Christentum
" nicht weniger dringlich gewesen ist. Als einleuchtenden
Grund für diese Beschränkung der Aufgabe gibt er an, daß
die Berücksichtigung der Folgezeit „bei der Fülle des Stoffes den
Abschluß für lange Zeit unmöglich gemacht" haben würde
(S. VII). So verbleibt die Arbeit denn im antiken und im biblischen
Bereich, wobei freilich das Verhältnis zwischen Antike
und Christentum von Anfang an und durch die ganze Untersuchung
hin im Blick bleibt und alle Beobachtungen sozusagen
unter dem Gesichtswinkel bewertet werden, ob und wieweit sich
in ihnen Vorstufen und Vorbereitungen der erst sehr viel später
eintretenden Auseinandersetzungen abzeichnen.

Bei aller Verwandtschaft, die die vorliegende Arbeit mit der Art
aufweist, wie die Artikel im ThW angelegt sind, zeigt sich an diesem
Punkt doch ein wesentlicher Unterschied: im ThW kann und sollte
das Nachneutestamentliche zwar als Ausblick noch einbezogen werden,
aber es bildet nicht wie hier bei Pax das eigentliche Ziel, für das das
Biblische mehr nur Vorstadium ist. Dem eben Gesagten wäre freilich
beizufügen, daß im übrigen der normative Charakter des Biblischen
in systematisch-dogmatischer Hinsicht dem Verf. selbstverständlich
unerschütterlich feststeht.

Der Haupttitel ist — sicher nicht zur Freude derer, die das
Buch in von sonstigen Graeca freien Manuskripten zitieren
wollen — griechisch gehalten, insofern mit einem gewissen
Recht, als der Vokabel Inicpävua bzw. der ganzen Wortgruppe
, zu der sie als Subst. gehört, der Teil A „Sprachliche
Untersuchungen" (S. 6—19) in seinem ganzen Umfang gewidmet
ist und auch späterhin sehr viel Sprachliches geboten wird.
Im Teil B „Religionsgeschichtliche Untersuchungen" (S. 20—268)
steht jedoch die Epiphanie-Vorstellung, die an die Verwendung
der Wortgruppe nicht gebundene Frage nach der Bedeutung
der Epiphanie, durchaus im Vordergrund. Es hängt dies damit
zusammen, daß dem Verf. eine „harmonische Verbindung von
Wort- und Sachforschung" (S. 2) auch auf diesem Arbeitsgebiet
unerläßlich erscheint.

Der Verf. macht darauf aufmerksam, daß sein Thema in der
zeitlichen Begrenzung, wie er sie ihm gegeben hat (für die spätere
Zeit kann er auf Arbeiten von Chr. Mohrmann und M.
Steinheimer verweisen), bisher noch nicht bearbeitet worden ist,
ja, daß die hier vorliegende Problematik bisher nur in der protestantischen
Forschung erkannt worden ist (S. 1). Mit dieser
zeigt er sich sehr gut vertraut, wie er überhaupt über eine ausgebreitete
Literaturkenntnis verfügt (um so mehr fällt es auf,
wenn er bei Einzelheiten sich gelegentlich nur auf ältere Literatur
beruft bzw. neuere nicht erwähnt, z.B. S. 89 Anm. 16—18;
S. 184 Anm. 44; S. 248 Anm. 210 f.).

In der Anordnung des Stoffes und im Umfang der einzelnen
Teile wird erkennbar, daß das Hauptinteresse des Verf.s, was
ja auch der Untertitel des Buches zum Ausdruck bringt und P.
sogleich auf S. 2 betont, „die Aufhellung des biblischen Begriffes
InirpavEia ", und zwar besonders in seiner nt. Verwendung ist.
Der T e i 1 A ist, wie erwähnt, verhältnismäßig kurz. Er behandelt
das Etymologische der Wortgruppe nach Verbum, Subst.
und Adj. und sodann die innergriechische Entwicklung (das
Subst. tritt erstmals bei den Vorsokratikern entgegen; Verbum
und Adj. sind früher belegt). Es wird eine sakrale und eine profane
Bedeutungsschicht unterschieden (S. 7) und jeweils gesondert
untersucht (S. 8 ff. 15 ff.). Die Stellung von Adj. und
Subst. in der Hof- und Beamtensprache und im Kaiserkult
(S. 14. 16) hätte m. E. noch präzisiert werden können. Wertvoll
sind die sprachgeographischen Beobachtungen (S. 18). Obwohl
der sakrale Gebrauch beim Subst. erst in hellenistischer Zeit
hervortritt (S. 7. 15), liegt für den Verf. die Vermutung nahe,
daß enupdveia schon früh ein kultisches Wort gewesen ist. Dies
nötigt ihn zu einer Durchmusterung der Religionsgeschichte, die
anschließend in Teil B vorgenommen wird. Der vorneutesta-
mentliche Stoff soll dabei, wie auf S. 19 angekündigt wird, in
4 Kreise eingeteilt werden, „den antiken, iranischen, ägyptischen
und israelitischen". Teil B zeigt alsbald, daß diese Einteilung
noch Differenzierungen einschließt.

Nach einem kurzen Abschnitt I „Begriffliches" (S. 20 f.) folgen
die ebenfalls kurzen Abschnitte II und III „Indogermanisches" (S. 21 f.)
und „Die vorgriechische Mittelmeerkultur" (S. 22 f.). Erst Abschnitt IV
„Die Antike" (S. 24—84) greift dann weiter aus. Es werden nacheinander
Homer und Hesiod, die nachhomerische und klassische Zeit, die
hellenistische und römische Zeit sowie die Spätantike (mit Anhang
über die Hermetik) behandelt. Das-Verhältnis von Kultfeier und Kultlegende
, der Verlauf der Epiphanie, die Wortepiphanie werden untersucht
. Besonders wichtig erscheinen mir die Ausführungen über Motivwandel
bzw. Niveauverschiebung, nämlich Niveauhebung oder Niveausenkung
innerhalb religionsgeschichtlicher Entwicklungen (S. 36 ff.).
Die Niveausenkung, die sich in hellenistischer Zeit erstmals bemerkbar
macht, wird eingehend auf ihre Voraussetzungen, Ursachen und
Äußerungen hin untersucht (S. 41—62: Rationalisierung, Mechanisierung
, Parodie usw.). Alle diese Darlegungen sind sehr interessant und
meist überzeugend und können die verschiedenen Wandlungen, die die
Epiphanie-Vorstellung in der Antike (bis hierher reicht die Behandlung
des ersten der 4 Stoffkreise, der S. 19 genannt war) anschaulich dartun.

In Abschnitt V wird „Der indo-iranische Kulturkreis" behandelt
(S. 8 5—89). Auf S. 89 kommen der iranischen Einflüsse wegen kurz
auch die Mandäer zur Sprache. In Abschnitt VI steht „Der Orient"
(S. 90—99) zur Erörterung, nämlich Ägypten (S. 90—94) und Baby-
lonien und Assyrien (S. 95—99; mit deutlicher Wendung S. 96 gegen
die Uppsala-Schule; vgl. auch S. 117. 181). Auf S. 100 wird mit Abschnitt
VII „Das AT" erreicht (S. 100—145). Hier werden gleich zu
Anfang historische und eschatologische Epiphanie unterschieden (S. 101).
„Wesensmerkmale der Epiphanie" nach at. Zeugnis herausgearbeitet:
Auf sehr instruktive Weise werden in kurzen Unterabschnitten die
Eigenständigkeit gegenüber dem Alten Orient, Überraschung6- und
Zwangscharakter, Geschichts-, Verkündigungs-, Persönlichkeits-, Heils-.
Ambivalenzcharakter usw. In einem Exkurs werden „ungeschichtliche
Epiphanien" (S. 112—128) behandelt: die märchenhafte und die legendarische
Epiphanie; auch die kultische Epiphanie rechnet Verf. hierher,
indem er nach Prüfung (S. 116—127) entgegen A. Weiser eine solche
als „bisher nicht bewiesen" ansieht. Nach dem AT untersucht Verf. -
als Ausläufer des AT und Überleitung zum NT — in Abschnitt VIII
„Das spätere Judentum (Die Rabbinen)", ungeachtet der hier festzustellenden
Niveausenkung etwas reichlich kurz (S. 146 f.), sodann in
Abschnitt IX „Die Apokalyptik" (S. 148—150) und in Abschnitt X
„Das hellenistische Judentum" (S. 151—170). Hier steht dem Verf.
nun wieder etwas mehr Material zur Verfügung: es kommen der
Aristeasbrief und Josephus (S. 151 f.), Philo (S. 152—159) und vor
allem die LXX (S. 159—170) zu Worte. Bei ihr vermag Verf. in übersichtlicher
Form sowohl ihre ausgesprochene Vorliebe für Epiphanien
als auch ihre gelegentliche Abneigung gegen Epiphanie-Schilderungen
bei aller Kürze sehr eindrucksvoll zu belegen.

Nach allen diesen Vorarbeiten steht der Verf. nunmehr bei
seinem letzten und umfangreichsten Abschnitt, dem Abschnitt XI
„Das NT" (S. 171—266). Er zerfällt in zwei Teile: „1. Die
historische Epiphanie" (S. 171—208) und „2. Die eschatologische
Epiphanie" (S. 208—266). Bei der historischen Gruppe werden,
da Theophanien im NT zurücktreten, Angelophanien, Christo-
phanien und Pneumatophanien (die Zungen Apg. 2!) unterschieden
(S. 172 f.). Bei den Christophanien denkt Verf. besonders