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Ausgabe:

1957 Nr. 1

Spalte:

48-49

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Der junge Luther 1957

Rezensent:

Lau, Franz

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 1

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lung Deutsche Bibel gefördert werden. Zunächst wurde der in der
bis 9/1 1939 gediehenen Reihe noch ausstehende Bd. 8 abgeschlossen
. Sein Vorwort legt ausführlich die Pläne der neuen „Kommission
zur Herausgabe der Werke M. Luthers" dar und erlaubt
gewisse Prognosen auf den Abschluß des ganzen Unternehmens.
Es folgen die Nachrufe auf E. Seeberg (f 26. 2. 1945), O. Clemen
(f 9. 5.46) und G. Buchwald (f 18. 2. 47). Die Ausgabe bietet
die fünf Bücher Mose im Parallelabdruck der ersten Sonderübersetzung
von 1523 aus der Officin Melchior Lotthers und des Textes
von 1545 aus der bei Hans Lufft gedruckten Gesamtbibel, dazu
den Lesartenapparat zum Bibeltext, mit den sachlich und
sprachlich wichtigen Varianten der Zwischenausgaben, wobei die
besondere Zäsur von 1534 zwischen Sonderausgaben und Vollbibel
zusammen mit dem Wechsel der Druckwerkstatt immer wieder
deutlich wird. Hinzu kommt der Apparat zu Luthers Randglossen
und der Nachweis der in diesen angeführten Bibelzitate.
Dagegen wird programmgemäß das in Bd. 9/1 gewählte Verfahren
nicht fortgesetzt, die dort von A. Schleiff besorgten theologisch-
exegetischen Erklärungen anzufügen. Sie sind samt einem philologischen
Kommentar dem Abschluß der Abteilung vorbehalten.
Luthers Vorrede von 1522 und — etwas verkürzt, sowie leicht
verändert — diejenige von 1545, vorher noch die Warnung an die
Drucker (seit der Ausgabe von 1541) nach Luthers Niederschrift
und dem Druck von 1545 gehen voran und folgen auf das zu Beginn
abgedruckte Druckprivileg Johann Friedrichs von 15 34 samt
Varianten bis 1571.

Linter den Einleitungsuntersuchungen des Herausgebers ist
die Klärung des Abhängigkeitsverhältnisses der einzelnen Drucke
untereinander recht aufschlußreich. Sie zeigt, daß man nicht immer
die jeweils vorhergegangene Ausgabe zur Druckvorlage für die
nächstfolgende genommen hat, und daß seit 1541 Luthers Handexemplar
von 1538/39 die Funktion eines besonderen Kontrolltextes
gewann. Eine weitere Untersuchung gilt dem kursächsischen
Bibeldruckprivileg vom 6. 8. 15 34, und ein Anhang bringt die
recht instruktiven Postfationen des Korrektors der Lufftschen
Druckerei, G. Rörer, zu den Wittenberger Lutherbibeln von
1541-1551.

Band 9/II setzt den letzten, vor 1945 erschienenen Band der
Abteilung fort, der den Bibeltext für Josua bis 1. Könige brachte.
Dem Vorwort folgt der nachgeholte Nachruf auf Joh. Haußleiter
(f 1929) und derjenige auf Joh. Luther (f 1. 5. 54). Die auch
diesem Band vorangestellte Untersuchung der Abhängigkeitsverhältnisse
der einzelnen Drucke bestätigt die Rolle des „Handexemplars
" von 1538/39, deckt aber auch charakteristische Abweichungen
gegenüber der Druckgeschichte des „Ersten Teils" des
AT auf; die Einzeldrucke stammen beim „Andern Teil", wie Volz
überzeugend nachweist, aus der Werkstatt Lukas Cranachs d. Ä.
und Chr. Dörings. Die Einrichtung der Edition entspricht derjenigen
in Bd. 8, nur daß, wie im Apparat von 9/1, das größtenteils
erhaltene Übersetzungs- und Druckmanuskript Luthers berücksichtigt
werden konnte. Zu Bd. 9/1 werden zahlreiche Berichtigungen
und Nachträge (XXXIX—XLIX) geboten.

Die auf überaus sorgfältiger und mühsamer Kleinarbeit ruhende
kritische Edition dürfte allen Ansprüchen der Theologen,
Historiker und vor allem der Germanisten gerecht geworden sein,
wenn man — für die Theologen besonders — den in Aussicht gestellten
Kommentar bereits hinzurechnet. Auf jeden Fall hat sich
der Bearbeiter den Dank und die Bewunderung des Benützers redlich
verdient. — Bd. 10, der die poetischen Bücher des AT enthält
, ist bereits im Satz1. Für die prophetischen Bücher und die
Apokryphen sind zwei weitere Bände vorgesehen und zum Abschluß
ein oder zwei Bände mit den erwähnten Kommentaren und
dem Register über die ganze Abteilung.

Die einleitenden Untersuchungen des Herausgebers zur Druckgeschichte
werden durch eine Anzahl von Studien ergänzt, die
über das in WA Vorlegbare hinausführen und daher hier kurz
genannt werden sollen: H.Volz, Hundert Jahre Wittenberger
Bibeldruck (= Arbeiten aus der Staats- und Universitätsbibliothek
Göttingen, Hainbergschriften NF Bd. 1). Göttingen: Häntz-
schel. 1954. 167 S. DM 10.—. Aus dem Vorwort des Herausgebers
dieser Reihe, Bibliotheksdirektor Prof. Dr. Dr. K. J. Hartmann
, erfährt man, daß die Göttinger Bibliothek wohl z. Zt. über

') Band 10, 1 ist bereits erschienen.

den reichsten Bestand an Lutherdrucken in Westdeutschland verfügt
, vermehrt durch die Stiftung der Sammlung von Oskar Mu-
lert. Das verpflichtet zu Vorarbeiten für eine selbständige Lutherbibliographie
. Einen Teil davon liefert bereits die vorliegende
Studie, sofern sie neben der Geschichte der Frühzeit des Wittenberger
Bibeldrucks (1522—1533), des Bibeldrucks seit 1534 bis zu
Luthers Tod und des Bibeldrucks nach Luthers Tod bis 1626 in
Anhang IV eine sehr nützliche Bibliographie der Wittenberger
Lutherbibeln 1534-1626 auf Grund älterer Vorarbeiten in WA
und neuer Bibliotheksumfragen zusammenstellt. Die Darstellung
der Geschichte des Bibeldrucks ist ein wertvoller Beitrag zur
Kenntnis des Drucker- und Verlegerwesens im 16. Jhdt. — Im
Gutenberg-Jahrbuch hat H. Volz S. 133-139 die Wittenberger
Bibelprivilegien des 16. und beginnenden 17. Jhdts. zusammengestellt
, die einem Verlegerkonsortium (M. Goltze, Chr. Schramm
u. B. Vogel), später Samuel Seifisch und Joh. Rühel erteilt wurden
. Im Gutenberg-Jahrbuch 1956 behandelt er S. 99—110 „Konrad
Kachelofen und Melchior Lotter d. Ä. als Drucker liturgischer
Werke."

Oöttingen E. Wolf

Luthers Werke in Auswahl. V.: Der junge Luther, hrsg.
von Eridi V o g e 1 s a n g f. 2., durchges. Auflage. — VI.: Luthers
Briefe, hrsg. von Hanns R ü c k e r t. 2., verb. Aufl. Berlin: de Gruy-
ter 1955. XI, 435 S. u. XV, 451 S. 8°. Lw. DM 8.- u. DM 9.80.

Als die bekannte Lutherauswahl, die man als die Bonner
oder als die Clemensche Lutherausgabe zu bezeichnen pflegt und
die die einzige ist, die nach wissenschaftlichen Editionsgrundsätzen
gearbeitet ist, 1925 erstmalig erschien, wurden in die vorgesehenen
4 Bände nur vollständige Lutherschriften aus der Zeit
von 1518 ab aufgenommen. Es stellte sich bald heraus, daß diese
Luthertexte für den akademischen Unterricht nicht ausreichten
und daß einerseits der junge Luther noch zu Worte kommen
mußte, andererseits Luther mit seinen Briefen, Predigten und
Tischreden. So sind dann die weiteren Bände V—VIII entstanden,
die jeweils eine Auswahl oder Auszüge aus der Materie boten.

Jetzt ist es notwendig geworden, ziemlich gleichzeitig die
Bände V und VI in neuer Auflage herauszubringen. Daß der Vo-
gelsangsche Band „Der junge Luther" in der Neufassung als
„durchgesehene" Auflage und der Rückertsche Band „Luthers
Briefe" als „verbesserte" Auflage bezeichnet ist, ist alles andere
als belanglos. Für die Neubearbeitung beider Bände lagen völlig
verschiedene Voraussetzungen vor. Erich Vogelsang, dessen Verlust
als Kriegsopfer für die Lutherforschung ganz besonders
schmerzlich ist, konnte selbst nicht wieder an die Arbeit gehen.
Für den Briefband stand der alte Herausgeber zur Verfügung.

Aber auch sachlich liegen die Dinge für die beiden Vorhaben
ganz verschieden. Seit der 1. Auflage von Vogelsangs Jungem
Luther sind drei der vier großen Frühvorlesungen in die WA
aufgenommen worden, sie aber mit den zuverlässigen Texten, die
aus der Hand von Joh. Ficker, von Schubert und Hirsch-Rückert
bereits da waren und die Vogelsang s. Zt. schon hatte benutzen
können. Noch nicht liegt aber vor eine Neuedition der Dictata
super Psalterium (WA 3 und 4), die dringend fällig ist, von Vogelsang
s. Zt. bereits übernommen worden war und nun hoffentlich
in absehbarer Zeit erscheinen wird. Unter diesen Umständen
wäre es zwecklos gewesen, eine weitgehende Umgestaltung vorzunehmen
, auch wenn, wie Kurt Aland verrät, der Verleger nicht
seine Wünsche gehabt hätte. Erst in einer 3. Auflage werden stärkere
Eingriffe in der Gestalt des Buches möglich und sinnvoll
und vielleicht tunlich sein.

Rüdkert hingegen stand vor der Tatsache, daß die Briefreihe
der Weimarana, die beim Erscheinen der Erstauflage seiner Sammlung
noch in den Anfängen steckte, inzwischen von Clemen fertiggestellt
werden konnte. Das zwang den Herausgeber der Auswahlausgabe
zu Eingriffen in seinen Text. Von den nicht einfachen
Problemen, die ihm damit gestellt waren, berichtet er etwas
in seinem Vorwort. Die neue Situation gab ihm die Freiheit,
auch abgesehen von dem, was sich von den neuen Weimaranabänden
her nahelegte, zu ändern und zu bessern. So ist also der
Band Briefe in viel stärkerem Maße umgestaltet als der Band über
den jungen Luther, so wenig radikal Rückert, was die Stoffauswahl
betrifft, vorgegangen ist. Die Änderungen beziehen sich auf
Textgestalt und Anmerkungen.