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1957

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

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Neuerscheinungen

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Speculum im Gegensatz etwa zu Benedikt und Bernhard nie Stufen
der Demut, der Liebe usw. unterscheidet. Auch eine Abstufung
der Menschen nach dem Geburtsadel anerkennt es nicht.

M. Bernards gibt uns zuerst eine Übersicht und eine Würdigung
des Speculum virginum (1—39), erörtert die Verfasserfrage
und sucht das Büchlein in die damalige geistliche Literatur einzuordnen
. In einem großen ersten Teil (40—137) schildert er uns,
wie der Jungfrauenspiegel sich die Bildung zur Persönlichkeit
denkt; dabei steht, der Mentalität der Zeit des Investiturstreites
ensprechend, der Begriff der Freiheit im Vordergrund. Das
Ziel der Persönlichkeitsbildung liegt vor allem im Streben nach
Innerlichkeit; ohne ein solches gibt es keinen geistigen Fortschritt;
charakteristisch ist dabei für den Jungfrauenspiegel, daß er überall
zur Maßhaltung mahnt. Ein zweiter Teil (138—177) schildert
uns das Leben in der Gemeinschaft; dieses ist getragen von dem
Gedanken der Gottesliebe und der Christusnachfolge (Teil 3,
179—209). Beherrschend ist dabei der Gedanke, daß die Jungfrau
Braut Christi ist, dem sie in bräutlicher Liebe anhängt. Auch
hier bewahrt der Jungfrauenspiegel — im Gegensatz zu manchen
Formen der spätmittelalterlichen Frauenmystik — eine große Zurückhaltung
im Gebrauch der Vergleiche mit dem natürlichen
bräutlichen Verhältnis, um jegliches Abgleiten in zu menschliche
Vorstellungen zu vermeiden. Er kennt und verschweigt auch nicht
die nüchterne Wirklichkeit, die Sünde und den Fall, ohne aber
von seinen hohen Forderungen abzugehen. Auf Grund mancherlei
böser Erfahrung befürwortet er eine strenge Klausur, die ursprünglich
, so in den angelsächsischen Klöstern, nicht üblich war.
Ein abschließender Teil (210—220) zeichnet das Frauenbild des
Jungfrauenspiegels, seine Größe, aber auch seine doch recht beträchtlichen
Grenzen. Es ist durchaus kein erschöpfendes Bild, das
er von dem Leben der Klosterfrauen des Hochmittelalters zeichnet
, geschweige daß er uns ein Bild von der Frau im nichtklösterlichen
Lebensbereich vermittelte. In einem Anhang (221/222)
gibt Bernards zwei kurze Textproben aus dem Speculum, von denen
besonders die erste De nobilitatis differentia interessiert. Es
folgt ein ausführliches Register über Stellen der Heiligen Schrift,
über Handschriften und schließlich über Personen und Sachen.

Das Buch zeichnet sich wie alle Veröffentlichungen von
M. Bernards durch eine umfassende Quellen- und Literaturkenntnis
und durch eine unbedingte Zuverlässigkeit aus. Die Register
sind ein Muster von Akribie, und auch sonst wird man im Buche
kaum einen Druckfehler oder ein Versehen finden.

Auf S. 18 Anm. 100a zitiert er entgegen seiner eigenen Gewohnheit
Anselm von Canterbury nur nach Migne; hinzuzufügen wäre:
Med. 1,2, 3, Opera 3 (1946) 76—91 Franc. Sal. Schmitt. Auf S. 209
müßte es wohl vollständig heißen: Med. 2, Opera 3 (1946) 80, 2—83,
116 Franc. Sal. Schmitt = med. 3 PL 1 58, 725B—729C.

Wer von dem Buche eine umfassende Darlegung (oder gar
einen modischen Rapport) über Geistigkeit und Seelenleben der
Frau im Mittelalter erwartet, wird enttäuscht sein; das Buch bietet
sie nicht, und zwar weil die hier ausgeschöpfte Quelle, das
Speculum virginum, nicht die nötige Grundlage dazu bietet. Aber
für die Forschung ist das Buch ein großer Gewinn, weil es in
strenger Begrenzung auf das vorhandene Quellenmaterial uns für
einen Teilausschnitt, nämlich für die religiöse Geistigkeit der
hochmittelalterlchen Klosterfrauen, ein zuverlässiges Bild zeichnet.
Dabei werden die einzelnen Auffassungen des Speculum mit der
ganzen Tradition des geistlichen Schrifttums verglichen, und darin
liegt der unschätzbare Wert dieses Buches. Nur ein Fachmann
mit so ausgezeichneter Sachkenntnis wie Bernards konnte sich an
einen so umfangreichen Vergleich wagen. Wünschenswert wäre
es, wenn das Speculum selbst noch ausführlicher zitiert würde;
hoffentlich wird es einmal möglich sein, es ganz; zu edieren. Das
beigebrachte Vergleichsmaterial aus der geistlichen Literatur des
Altertums und des Mittelalters ist fast schon überreich, so daß
man Sorge hat, daß die positive Herausstellung des im Speculum
gezeichneten Frauenbildes zu kurz kommen könnte. Das Buch
ist eine Musterleistung an Sorgfalt und mühevoller Kleinarbeit
und führt nach langer Zeit, wenn auch nur für ein begrenztes
Gebiet, endlich wieder eine solide begründete Forschung über das
religiöse und geistige Leben der Frau im hohen Mittelalter
weiter.

Erfurt Erich Kleineidam

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KIRCHEN GESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

[Luther:] D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Die
Deutsche Bibel 1 522—1546. 8. Bd.: Die Übersetzung des 1. Teils des
Alten Testaments (Die fünf Bücher Mose). 9. Bd., 2. Hälfte: Die
Übersetzung des andern Teils des Alten Testaments (2. Buch der Könige
—Esther). Weimar: Böhlau 1954/55. LXXXIV, 680 S. u. XLIX,
394 S. 4°. DM 72.— ; und DM 45.—.

Über die Planung der Fortführung der WA nach 194 5 ist im
Zusammenhang mit der Anzeige des 11. Bds. des Briefwechsels in
ThLZ 1954, 560 f. berichtet worden. In erfreulich rascher Folge
konnte dank der intensiven Arbeit von Hans V o 1 z die Abtei-