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1957 Nr. 8

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 8

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den Christen gegenwärtig zugesichert (75). Dieser ist das escha-
tologische continuum, das das Werk des Christus in der Kirche
fortsetzt (76 f.). Im personhaften Verständnis des Geistes und in
der Christologie sind Ansätze für eine trinitarische Lehre gegeben
(77 f.). — Mit eigentlicher Mystik hat das J nichts zu tun
(71—73); was es in halb mystischen Termini beschreibt, ist einfach
der christliche Heilsstand (73). — In der Wiedergeburt aus
Wasser und Geist fügt die Taufe in die Kirche ein; die Bildrede
vom Weinstock hat eucharistischen Hintergrund und betont die
Einheit der Kirche (81 f.). Die Kirche löst Israel ab (78). Sie ersteht
aus Kreuz und Verherrlichung Jesu und ist eine Gemeinschaft
von begnadigten Sündern (79). Sie ist präfiguriert durch
die Apostel und ruht auf ihrem Wort, das ihnen als geschichtlichen
Zeugen des irdischen Jesus einmalige Bedeutung gibt (80. 118 f.).

Denn das J ist Antwort auf die zweifache Krise des christlichen
Denkens um 100 n. Chr., die durch die Verzögerung der
Parusie (115 f.) und durch die Rivalität der Gnosis gegeben ist.
Dieser und der Apokalyptik gegenüber verficht der Verf. des J
,den Primat der Geschichte' (die problematische Unterscheidung
zwischen Geschichte und Historie gibt das Englische bekanntlich
nicht her), indem er Jesus, den Sohn Gottes, als den .Brennpunkt
aller Geschichte' schildert (117). Nicht zufällig behält er dazu
die Form der Erzählung für sein Buch bei, in dem er Geschichte
(history) und Interpretation vereint (117 f.).

Auch in diesem notwendig kurzen Referat über das Verständnis
des J durch B. wird vielleicht sichtbar, daß B. in verschiedenem
Maße mit den Spannungen zurecht kommt, die das
J in so besonderer Weise kennzeichnen. Das hängt natürlich nicht
zuletzt trotz B.s gründlichem und scharfsinnigem Erwägen aller
Gesichtspunkte zum literarischen Problem mit dessen von B. zugestandener
praktischer Unlösbarkeit zusammen (Abfassung
durch einen Apostelschüler, späte Veröffentlichung [unbegründete
Spätdatierung des Papyrus Rylands!]; Frage des geliebten
Jüngers usw.). Am geschlossensten erscheint mir das Verständnis
des J durch B. dort, wo er dessen theologischen Gehalt erhebt.
Dafür sind ihm auch in der Einzelexegese immer wieder Altes
Testament und Judentum besonders wichtig. Gerade das rabbi-
nische Material wird häufig angezogen, nicht nur in Verweisen
auf Strack-Billerbeck (oder Schlatter), sondern auf Grund eigener
Lektüre (viii). Aber auch das übrige religionsgeschichtliche Material
wird im Umfang des sachlich Gewichtigen wirklich für die
Auslegung ausgewertet, nicht nur in Anmerkungen aufgeführt;
auf diese verzichtet der Kommentar überhaupt und damit auf die
Möglichkeit der Trennung zwischen philologisch-historischer und
theologischer Interpretation. Nicht zuletzt ist es bedeutsam, daß
die Exegese nicht durch Quellen- und Umstellungshypothesen belastet
ist; durch die Verfasserhypothese B.s scheint sie mir auch
weniger vorbestimmt zu sein als etwa die Bernards (im ICC, 1928)
durch dessen Annahme einer Verfasserschaft des Zebedaiden
(Schlatter ist in der Einzeldeutung freier als Bernard). Vor allem
scheint mir das ernsthafte Bemühen B.s ertragreich, die Aussagen
im einzelnen in ihrem jetzigen Zusammenhang zu verstehen
und überhaupt das J aus dem J als ganzem zu interpretieren.

Die 44 Abschnitte des Kommentars (auf die Versuche, ein
Siebener- o. ä. Schema im J zu finden, geht B. nicht ein) stellen
der Einzelexegese ein z. T. bereits deutendes Summarium des Inhalts
voran sowie eine Erörterung der das Textstück als ganzes
angehenden Fragen literarischer, traditionskritischer, religionsgeschichtlicher
Art, nicht zuletzt der Frage nach einheitlichen
theologischen Motiven (auch damit verlaufen jedoch formale
Einzeldeutung und theologische Gesamtinterpretation nicht etwa
auf getrennten Geleisen).

Die Einzelexegese bietet ebenfalls beides, Auslegung und
Material, das wichtigere religionsgeschichtliche z. B. möglichst im
Wortlaut (Übersetzung oder Urtext). Dadurch wird dem Benutzer
die eigene Urteilsbildung wesentlich erleichtert. Nicht selten ist
die Auslegung der Kirdienväter ins Gespräch gezogen. Auch für
Einzeilige wird nach ihrer sachlichen Bedeutung (ohne die voreilige
Abwehr: „danach darf man nicht fragen") und ihrem historischen
Ort gefragt, so unbefangen, daß gegebenenfalls auch
ihre Möglichkeit im Leben Jesu festgestellt wird (und ohne diese
Tatsache sogleich für belanglos zu erklären). Wenn die mit einer

durchaus kritischen Haltung verbundene Bereitschaft B.s, zunächst
einmal auch im einzelnen unbefangen auf den Text zu hören,
gelegentlich zu dem Eindruck einer geringeren Geschlossenheit
der Interpretation führen könnte, so ist darauf hinzuweisen, daß
die theologische Einheit des J selbst offenbar nicht o. w. auf einer
Linie liegt, die uns mit einiger Selbstverständlichkeit zugänglich
wäre.

Für die Sorgfalt der Arbeitsweise B.s ist es kennzeichnend, daß die
Zeugen zur Textkritik, so weit irgend erreichbar, an Faksimiles und
Ausgaben der Handschriften selbst nachgeprüft sind (120). — 8 Stellen-
indices, ein Register der modernen Literatur und ein (z. T. griechisches)
Sachregister erschließen das Ganze umfassenderer Benutzung (497—531).

Vielleicht ist beim ersten Lesen der Ankündigung eines
neuen Kommentars zu J die Frage aufgetaucht, ob seine Veröffentlichung
so bald nach dem Erscheinen des Bultmannschen mit
seinen scharfsinnigen literarischen Analysen, seiner immensen
Fülle von Hinweisen auf religionsgeschichtliche Stoffe, seiner
konsequenten theologischen Interpretation überhaupt sinnvoll
sei. Barretts Werk selbst, sowohl nach seiner methodischen wie
nach seiner sachlichen Seite beurteilt, beantwortet diese Frage
m. E. mit einem runden Ja. Wodurch, ist in dieser Besprechung
bereits mehrfach angedeutet; es braucht nicht wiederholt zu werden
. B., der dem Benutzer seines Buches soviel Handwerkliches
abnimmt, überläßt ihm gewiß einen wesentlichen Teil der Mühe
um den Text selbst - aber damit läßt er ihm m. E. allein die
Möglichkeit eines echten Zuganges zu ihm.

Halle (Saale) Gerhard Delling

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