Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1957 Nr. 8

Spalte:

578-579

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Questions and answers on Genesis 1957

Rezensent:

Delling, Gerhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

577

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 8

578

Corswant, W.: Dictionnaire d'Ardteologie Bibliquc. Revu et illustre
par E. Urech. Preface par A. Parrot. Neuchätel-Paris: Delachaux Sc
Niestie [1956]. 324 S. mit Abb. gr. 8°. sfr. 21.—.

Dieses Werk des 1954 verstorbenen Professors der Religionsgeschichte
und Biblischen Archäologie an der Theologischen
Fakultät Neuchätel, das von dessen Schüler E. Urech nicht nur
überarbeitet und illustriert, sondern auch ergänzt wurde, beschränkt
sich nicht, wie der Titel nach der heutigen Terminologie
erwarten läßt, auf eine Übersicht über den Ertrag der Ausgrabungen
in Palästina; es ist vielmehr im Sinne der früheren „Altertumskunde
" ein Lexikon der biblischen „Realien", das in beinahe
looo Artikeln —von „Abeille" bis „Zodiaque" — und zahlreichen
kleinen Zeichnungen alles erfaßt und kurz, aber sachgemäß beschreibt
, was wir über biblisches Leben wissen. Am Ende jedes Artikels
findet man eine nahezu erschöpfende Aufführung der biblischen
Belegstellen. Dagegen fehlen — bis auf einige Ausnahmen
— Literaturbelege völlig; man wird dies noch mehr bedauern
als den Verzicht auf Diskussion umstrittener Fragen. Freilich ist
zu bedenken, was der Verf. im Vorwort ausdrücklich festgestellt
hat: das Werk ist „vor allem bestimmt für diejenigen, die auf
die eine oder andere Art das aufzufrischen wünschen, was sie einst
im Religionsunterricht gelernt haben; es soll ihnen eine zutreffende
Kenntnis der israelitischen Zivilisation vermitteln" (S. 8).
Ich wüßte kein deutschsprachiges Werk mit dieser speziellen Bestimmung
, das dem Buche von C. ebenbürtig an die Seite zu stellen
wäre.

A. Kuschke

Miiyiz

JA

Bernhart, Joseph: Bibel und Mythus. Ein Vortrag. München: Kö-
sel-Verlag [1954]. 69 S. 8° = Hochland-Bücherei. DM 3.60.

Ein Beitrag zur Entmythologisierungsdebatte, dem ein anderes
Verständnis der Bibel und des Mythus als der landläufigen
protestantischen Diskussion zugrunde liegt, muß ganz besonderes
Interesse erregen. Für den katholischen Autor dieses Büchleins
wird durch das Offenbarungsgeschehen (auch in den von der Religionswissenschaft
und Kritik als „mythisch" verstandenen Teilen
der Bibel) „die Tiefe der Geschichte" enthüllt, „während der
Mythus nicht über die Grenze trug, wo die natürliche Schaukraft
des Menschen für das Weltgeheimnis aufhört" (S. 29). Also ein
gestufter Übergang! Aber: „Man kann die beiden Größen grundsätzlich
nicht scharf genug voneinander scheiden." Mythus sei dem
Naturgeschehen zugewendet, die (biblische) Offenbarung der Geschichte
(S. 30). Das ist eine neue Variante in der Begrifflichkeit
des Mythischen. Allerdings ist diese Scheidung religionshistorisch
kaum durchführbar. Denn für die religionswissenschaftliche Betrachtung
ist eine viel größere Breite des Mythischen gegeben,
und auch der „Mythus" im engeren Sinne enthält durchaus Elemente
, die zumindest den Anspruch des Geschichtlichen vorbringen
. Immerhin ist Bernharts These ein Arbeitsprinzip. Trotzdem
schließt nach dem Verf. die Offenbarung den Mythus nicht aus,
weil „auch er . .. ein Mittel und ein Weg der göttlichen Führung
ist" (S. 32). Damit stehen wir vor dem Versuch, das Mythische
und Nichtmythische oder gleichsam Übermythische in seiner
Simultaneität innerhalb der Bibel aufzuzeigen. Bemerkenswert ist
die Exemplifizierung, die B. an Hand der Jonas-Geschichte des
ATs vornimmt. Zuletzt will der Verf. noch einmal die Frage präzise
beantworten, ob die Bibel Mythus sei. Dabei bedient er sich
in der Scheidung eines „Mythus von oben" und eines „Mythus
von unten", einer heute theologisch besonders im Protestantismus
beliebt gewordenen, aber nicht ganz unproblematischen
Differenzierung. Beherzigenswert sind zweifellos die Warnung
vor dem „professoralen Unterfangen", die Bibel vom Mythus zu
reinigen (S. 63), und der Hinweis auf den Zwiespalt des die Bibel
entmythologisierenden reformatorischen Christentums, den sich
der Verf. begreiflicherweise nicht versagen kann, weil gerade der
letztere Sachverhalt dem katholischen Betrachter besonders widersprüchlich
erscheinen muß.

Marburg/Lahn Kurt Goldammer

Marcus, Ralph, Prof. Ph. D.: Philo Supplement. I.: Questions and
Answers on Genesis. II.: Questions and Answers on Exodus. Transl.
from the ancient Armenian Version of the Original Greek. London:
Heinemann/Cambridge, Mass.: Harvard University Press 1953. XX,
5 51 S. u. VIII, 307 S. kl. 8° = The Loeb Classical Library. Bd. 38o!
401. Je 15 s.

Philons Quaest. sind uns vollständig überhaupt nicht, in
größerem Umfang lediglich in einer im 5. Jhdt.1 bzw. kurz nach
5702 angefertigten armenischen Übersetzung erhalten; diese ist
noch immer nur in der Ausgabe von Joh. Bapt. Aucher, Philonis
Judaei Paralipomena Armena (Venedig 1826), zugänglich. Hanß
Lewy hatte bereits vor 1932 auf einer Forschungsreise in Italien,
Armenien und im Nahen Osten eine Reihe von Hss. des armenischen
Philon ausfindig gemacht3 und 22 Hss. bearbeitet und
z.T. photographiert*. Lewy wurde aus Deutschland vertrieben und
starb 1945 in Jerusalem. Dort liegen, wenn ich recht unterrichtet
wurde, seine Vorarbeiten zu einer Ausgabe des armenisch erhaltenen
Philon nach modernen Grundsätzen (ebenso vermutlich ein
armenisch-griechisches Lexikon zu Philon mit etwa 9000 Wörtern
"); vorerst ist offenbar an eine Weiterführung der Ausgabe
nicht zu denken (nicht einmal der durch Lewy bereits fertiggestellte
Übersetzungsband zu de Jona ist erschienen, der u. a. weitgehende
Aufschlüsse über das Verhältnis zum griechischen Text
geben soll, die auch für die gleiche Frage in Quaest. wichtig
wären).

Audier legte seiner Ausgabe die von ihm hochgeschätzte Hs. Venedig
San Lazzaro cod. 1040 zugrunde, deren Text er nach Istanbul
cod. 69 (nach Lewy jener verwandt, de Jona S. 8) ergänzte bzw. nach
dieser und zwei weiteren Hss. (deren eine A. indessen meist für minderwertig
hält, während die andere, spät geschrieben, nur Qu. Gen. IV
bietet) verbesserte (Aucher, Paralip. S. 1 f. u. 622). Die beiden Haupt-
ndsdiriften A.s wertet Lewy durchaus nicht gering; aber sie enthalten
nach ihm doch z. T. sinnverwirrende Mißverständnisse (de Jona
2)- Unter den von ihm ausgewerteten Hss. bieten mehrere die
Ouaest.9, und von diesen sind nach L. einige bedeutsam für die Wiederherstellung
des ältesten erreichbaren Textes (de Jona S. 7 f.).

Gleichwohl ist es ein, wenn auch notgedrungen teilweise
nur interimistisches, so doch nützliches Unternehmen, daß R.
Marcus eine neue Übersetzung der Quaest. wagte, zumal er durch
eine vor Jahrzehnten begonnene Beschäftigung mit ihnen darauf
wohlgerüstet ist. Denn die Übersetzung Auchers hat auch abgesehen
von dem durch ihn benutzten Text ihre sachlichen Grenzen
. Wo A. mit dem armenischen Text nicht zurecht kam, gab
er nach Lewy eine Umschreibung, die sich nicht nur vom armenischen
, sondern auch vom vermutbaren griechischen Text entfernte
, für dessen Rekonstruktion A. weder ausreichende Kenntnisse
der griechischen Sprache noch der hellenistisch-jüdischen
Literatur mitbrachte7.

Dieser Aufgabe unterzieht sich nun gerade M. im Apparat
seiner Übersetzung, wenn er auch nur für einzelne Wörter und
Satzteile griechische Äquivalente anführt (als Hilfsmittel stand
'J™ nach I S. Vf. ein 1836 in Venedig erschienenes armenisches
Wörterbuch zur Verfügung; es handelt sich um Gabriel
Avetikian, Khatshatouv Siurmelian, J. B. Aucher, Norbargirk
naykazean lezoui, 2 Bde., Venedig 1836/37"). M. übt dabei eine

') So nach Aucher: Fred. C. Conybeare, Philo about the Contcmp-
lative Life (Oxford 1895) S. 155; ders., The age of the old Armenian
Version of Irenaeus, Huschardzan, Festschr. lOOjähr. Best. d. Mechitha-
ristenkongr. Wien (1911) S. 193; H. Lewy, Neue Philontexte in der
Überarbeitung des Ambrosius, SAB phil.-hist. (1932) S. 23, und noch
Marcus I S. V.

2) So H. Lewy, The Pseudo-Philonic de Jona I, Studies and Documenta
7 (London 1937) S. 9—16.
*) SAB (1932) S. 23.

*) de Jona S. 4 Anm. 11. M. geht auf diese Dinge nicht ein.
r') de Jona S. 17.

") Vgl. Erwin R. Goodenough, The Politics of Philo Judaeus
(1938), Bibliogr. (mit Howard L. Goodhart) Nr. 338 ff.

7) Lewy, de Jona S. 2 f., vgl. Marcus, The Armenian translation
of Philo's Quaestiones in Genesim et Exodum, Journ. Bibl. Lit. 49
(1930) S. 62 f. Danach ist der armenische Text dem griechischen näher
als A s lateinischer dem armenischen.

8) M. selbst veröffentlichte An Armenian-Greek Index to Philo's
Quaestiones and de Vita Contemplativa, Journ. Am. Or. Soc. 53 (1933)
S. 251—282.