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Ausgabe:

1957 Nr. 8

Spalte:

572-573

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Atti dell'VIII Congresso Internazionale di Storia delle Religioni 1957

Rezensent:

Lanczkowski, Günter

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 8

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zweite darlegt, daß „Wahrheit" in den Qumrän-Texten kein einheitlicher
Begriff ist und daß ihr schillernder Charakter die Aufzeigung
von Verbindungslinien zur Gnosis hin zwar möglich und
leicht macht, daß aber die Annahme ihrer Bestimmtheit durch
das Alte Testament doch näher liege als die ihrer Verwandtschaft
mit der Gnosis. Von den beiden anderen Qumrän zugewandten
Studien hat es die eine, Georg M o 1 i n, Die Hymnen von Chir-
bet Qumrän (l QT) (S. 74—82), mit den „Hodayot", die andere,
Kurt Schubert, Die ersten beiden Kolumnen der Kriegsrolle
von Chirbet Qumrän (S. 93—99), mit der Schrift von dem Kriege
der Kinder des Lichts gegen die Kinder der Finsternis zu tun.
Jene will die „Hodayot" nicht eigentlich als Hymnen, sondern
vielmehr als hymnisch gehaltene Meditationen betrachtet und sie
von einem Einzelnen, etwa dem „Wahren Lehrer" der Sektengemeinschaft
, hergeleitet wissen, während diese eine mit zahlreichen
Anmerkungen ausgestattete Übersetzung von Kolumne
I—II der Kriegsrolle gibt und 6ie in der zweiten Hälfte des
1. Jahrhunderts v. Chr. entstanden sein läßt. In wie hohem Maße
der vor ewa 10 Jahren an der Stätte des alten oberägyptischen
Klosters Chenoboskion gemachte Fund von 48 gnostischen Schriften
in koptischer Sprache dem Verständnis der Gnosis überhaupt
und der ägyptischen Gnostikergemeinschaften insbesondere zu
gute kommen wird, zeigt Robert Haardt, Die neue Gnosis-
forschung im Lichte der koptischen Handschriften von Chenoboskion
(S. 37—45), indem er diese Schriften kurz beschreibt. Um
angemessene Würdigung einer der wichtigsten Reisebeschreibungen
des Morgenlandes aber, nämlich der von Ludwig von Rauter,
geb. 13. Nov. 1542 im ostpreußischen Fischhausen, gest. 15. Okt.
1614 in Wolfsdorf, Opr., verfaßten Erinnerungen an seine Reise
ins Morgenland von 1567—1571, ist Franz B a b i n g e r, Ludwig
von Rauter und sein verschollenes Reisebuch (1567/71) (S. 4-11),
bemüht.

Manche der soeben kurz gewürdigten Studien sprechen das,
was bei den anderen zwischen den Zeilen zu lesen ist, ausdrücklich
aus, daß nämlich ihre Verfasser von dem Jubilar mancherlei
Anregungen für ihre wissenschaftlichen Arbeiten empfangen haben
. So stellt die vorliegende Festschrift ein schönes, wohl verdientes
Echo der Wirksamkeit ihres Empfängers dar.

Von den wenigen kleinen Versehen, die stehen geblieben sind,
könnten nur zwei zu Mißverständnissen führen, und darum mögen sie
hier genannt sein. S. 3 3 wird die Tatsache, daß in einem sonst die
Leistung österreichischer Gelehrter würdigenden Beitrag auch des Tschechen
Hrozny gedacht wird, damit begründet, daß „er zu jener Zeit als
Professor an der Wiener Universität lehrte und dort auch in seinen
Forderungen unterstützt wurde". Hier ist „Forderungen" dodi wohl in
„Forsdiungen" zu korrigieren. S. 69 aber, wo in Anm. 1 W. W. Bau-
dissin als Verfasser des Aufsatzes „Die alttestamentliche Hoffnung auf
Auferstehung und ewiges Leben (Neue Kirchliche Zeitschrift 30, 1919)"
und in Anm. 2 E.Sellin als der des Buches ,,Adonis und Esmun, 1911"
genannt werden, sind die beiden Verfasser-Namen zu vertauschen:
Sellin hat jenen Aufsatz, Baudissin dieses Buch geschrieben.

Halle/Saale OttoEiflfeldt

[Ccnzmcr- Festschrift:] Edda, Skalden, Saga. Fcslsdirift zum 70. Geburtstag
von Felix G e n z m e r. Hrsg. v. Hermann Schneider.
Heidelberg: Winter 1952. V, 335 S. gr. 8°, Lw, DM 35.—.

Der Jubilar, dem diese reiche Festschrift gewidmet ist, ist
auch uns Theologen rühmlichst bekannt und wird von uns hochverehrt
als der große Meister der Übersetzungskunst, der uns
erst den vollen Genuß altgermanischer Dichtung ermöglicht hat.
In dieser Festschrift tritt er uns freilich mit einer Seite seiner Arbeit
entgegen, die viele Theologen weniger beachten, nämlich
einer minutiösen Literarkritik. Sie wird aber zu Unrecht von uns
übersehen. Wie wir es für unverantwortlich halten, bei der Auslegung
der biblischen Schriften an dem kritischen Bemühen, das
ihrer literarischen Form und ihrer historischen Einordnung gewidmet
war, vorbeizugehen, so ist es auch unverantwortlich, daß
wir selbst an dem über 100 Jahre alten reichen Mühen um die
Literatur des germanischen Altertums vorbeigehen und so tun,
als ob wir die Ersten seien, die diese Werke läsen — noch dazu,
wenn wirs nur in der Form der Übersetzung tun. So gesehen,
sind alle Darbietungen dieser Festschrift für uns von Bedeutung.
Hingewiesen sei im einzelnen aber nur auf Beiträge, die religionsgeschichtliche
Probleme im engeren Sinne behandeln.

Otto H ö f 1 e r beginnt gleich mit einer schwerwiegenden
Untersuchung über „Das Opfer im Semnonenhain und die Edda"
(S. 1—71). Es geht ihm um die Erhellung des Sinnzusammenhangs
zwischen Menschenopfern und Stammesgemeinschaft, zwischen
Ursprungsglauben und Gottanwesenheit, Dinge, von denen Ta-
citus, der über den Semnonenhain bekanntlich berichtet, selbst
nichts sagt. Mit Hilfe der Helgitradition der Edda, die schon Bugge
und Much mit dem Semnonenhain verknüpft hatten, sucht er die
Frage zu lösen. Das Ergebnis: Helgi war, wie schon sein Name
besagt, ursprünglich ein Geweihter, Auserwählter. Und zwar
wird er durch eine übermenschliche, mit göttlichen Kräften begabte
Frau „erwählt". Wahrscheinlich ist Helgi sogar ursprünglich
nur ein Typus; nach der Opferung des einen wird sofort ein
neuer erkoren. Und zwar erfolgt die Tötung mit dem Gott-Speer,
dem Odins-Speer. Und vielleicht ist sogar in dem Opferer Wodan
, der als der Stammvater galt, selbst in kultischer Vergegenwärtigung
anwesend geglaubt, der sich also selbst sein Opfer
holt, das dann bei ihm zu hohen Ehren kommt. Oder aber das
Opfer galt als Repräsentant der Gottheit, die hier so das im
germanischen Raum ja oft erwähnte Selbstopfer brachte. Von der
Fülle des Materials, das Höfler heranzieht, um diese Deutung zu
erarbeiten, kann nicht einmal eine Ahnung erweckt werden.

Waltraud H unke behandelt neu die geheimnisvollen
Strophen der Havamäl, die von Odins Geburt aus dem Baume
sprechen, und gewinnt von da aus einen Zusammenhang mit der
Götterbezeichnung äss, das auch „Pfosten" heißt. Siegfried
Gutenbrunner geht versteckten Eddagedichten nach und
erläutert dabei z.B. Völuspa 12—16 und die „Sprichwortreihe"
Havamäl 73—75. Friedrich van der Leyen steuerte „Kleine
Anmerkungen zu den Göttergeschichten der Edda" bei, insbesondere
zu Loki, den er als Logathore, Feuerbringer — auch auf
der Nordendorfer Spange genannt — sieht, dem nordischen Löd-
hurr entsprechend. Gutenbrunner faßt Lödhurr freilich anders auf.
In Ludwig Wolffs „Eddisch-skaldischer Blütenlese" sind seine
Ausführungen über den Synkretismus des Wölundliedes für uns
besonders bemerkenswert. Aber seine Darstellung des Stimmungsgehaltes
der Skaldendichtung ist überhaupt beachtlich, da nach
W. Baetke die skaldische Poesie in besonderem Sinne als Quelle
für die Religion des Nordens gelten muß.

Die Gottanekdote behandelt Hermann Schneider in
seiner Abhandlung über „Die Geschichte vom Riesen Hrungnir".
deren Grundtendenz er als ausgesprochen jung beurteilt. Kurt
W a i s bringt die germanischen Berichte von Ullikummi, Hrungnir
, Armilus und Verwandten in Beziehung zu Göttergeschichten
aus den Texten von Ras Schamra, kann rätselhafte Züge von daher
deuten, aber auch den Weg wahrscheinlich machen, auf dem
diese orientalischen Göttersagen zu den Germanen gekommen
6ind, ein sehr beachtliches Beispiel für die Wanderung solcher
Sagen und für den religionsgeschichtlichen Austausch, der statt
hatte. In Thors Kampf mit dem Riesen Hrungnir wird das auch
direkt für die nordische Göttervorstellung fruchtbar.

Daß ein Verzeichnis der germanischen Schriften Felix Genz-
mers beigegeben ist, ist dankenswert; schade, daß es nur bis 194S
reicht.

(Die leider verspätete Anzeige geht nicht zu Lasten des
Berichterstatters.)

Hamburg Kurt Dietrich Schm i d t

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Atti dell' VIII Congresso Internazionale di Storia dellc Rcligioni (Roma
17—23 Aprile 1955). Pubbl. col concorso della Giunta Centrale per
gli Studi Storici e dell' Unesco. Firenze: Sansoni [1956]. VIII, 499 S.
gr. 8°.

Über den VIII. Internationalen Kongreß für Religionsgeschichte
, der vom 17. bis 23. April 1955 von Fachgelehrten aus
der ganzen Welt besucht wurde und allen Teilnehmern eine bleibende
Erinnerung sein wird, hat Friedrich Heiler in ThLZ 1955,
Nr. 11 ausführlich berichtet. Im Hinblick darauf ist eine nur kurze
Anzeige der jetzt erschienenen Kongreßakten angebracht. Sie soll
vor allem den Dank aussprechen gegenüber dem Präsidenten des
Kongresses, Raffaele Pettazzoni (Rom), dessen Mühewaltung wir