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Ausgabe:

1957

Spalte:

549-550

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Arnold, Franz Xaver

Titel/Untertitel:

Seelsorge aus der Mitte der Heilsgeschichte 1957

Rezensent:

Trillhaas, Wolfgang

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549

550

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Arnold, Franz Xaver, Prof. Dr. theol.: Scelsorge aus der Mitte der
Heilsgcschichte. Pastoraltheologische Durchblicke. Freiburg: Herder
1956. 235 S. gr. 8°. Kart. DM 12.50; Lw. DM 14.80.

Der bekannte und rührige Vertreter der katholischen Pastoraltheologie
in Tübingen vereinigt in diesem Band 5 Aufsätze
, die bereits an verschiedenen anderen Stellen erschienen
sind. Das Wort „Seelsorge" in der Überschrift bezeichnet dabei
einen allgemein pastoralthcologischen Aspekt, der sowohl die
Verkündigung als auch Pastoralwissenschaft im engeren Sinne,
in den letzten Aufsätzen dann vorzüglich die Katechetik im Auge
hat. Es geht dabei um die Wechselwirkung von Theologie und
kirchlicher Frömmigkeit. Wiederum meint das Wort „Fleils-
geschichte" im Titel des Buches nicht die aus der Theologiegeschichte
bekannte spezifische Geschichtskonzeption des Bibli-
zismus, sondern das unmittelbar zu unserem Heil geschehene Handeln
Gottes in Vergangenheit und Gegenwart, stellenweise einfach
den biblischen Kern christlichen Glaubens und Lebens.

Die ersten drei Aufsätze greifen unter diesen Gesichtspunkten
tief in die Kirchengeschichte hinein. Der 1. Teil behandelt
..Das gottmenschliche Prinzip der Seelsorge, seine Verankerung
im Konzil von Chalkedon und seine Bedeutung für die Gestaltung
der christlichen Frömmigkeit" (S. 15—63). Hier wird der
Ertrag des Konzils für die Christologie in seiner geschichtlichen
Wirkung untersucht, wobei sich die Liturgie als die getreueste
Spiegelung und Fortsetzung des chalkedonensischen Anliegens
erweist, während in den Äußerungen des Frömmigkeitslebens der
Kirche unter dem Einfluß des Zeitgeistes erhebliche Varianten,
Entleerungen und Abweichungen von der Mitte des gottmenschlichen
Prinzips zu beobachten sind. Noch immer erscheint darum
das Konzil von Chalkedon als wegweisende Norm, auch Seelsorge
und Frömmigkeit durch das unverkürzte Christusbild formen
zu lassen, wie das in der römischen Liturgie der Fall ist.
Der 2. Beitrag gilt dem Thema: „Vorgeschichte und Einfluß des
Tridcntiner Meßopferdekrets auf die Behandlung des eucharisti-
schen Geheimnisses in der Glaubensverkündigung der Neuzeit"
(S. 64—Iii). Ein kontroverstheologisch recht interessantes Kapitel
! Es geht, immer im Blick auf die Reformationsgeschichte,
von der Spaltung der eucharistischen Frömmigkeit und der offiziellen
Meßtheologie der mittelalterlichen Kirche aus, zeigt, wie
diese Spaltung im Tridentinum überwunden wurde, das aber doch
gleichzeitig seine neuen Formeln stark im Banne der Abwehr re-
formatorischen Denkens bildete, was in der Folgezeit, vor allem
wieder in katechetischer und pastoraler Praxis, zu verhängnisvollen
Vereinseitigungen und mißverständlichen Vergröberungen
führte. Die Korrektur dieser Entwicklung ist in der Enzyklika
„Mediator Dei" von 1947 angebahnt. Besonders reizvoll ist der
ausführlichste Abschnitt des Buches „Der geschichtliche Weg
theozentrischer Pastoralwissenschaft" (S. 112—194). Hier befindet
sich der Verfasser auf seinem eigensten Gebiet in doppeltem
Sinne, nämlich bei der Entstehung des von ihm vertretenen Faches
in den Anfängen der Tübinger Schule. Mit besonderer Liebe und
innerer Beteiligung zeichnet er die Überwindung der Aufklärung
in der süddeutschen katholischen Theologie durch J. M. Sailer,
J. S. Drey und durch J. B. Hirscher, Möhler u. a. Der Anteil der
Romantik, der weit über die konfessionellen Grenzen hinüber-
schlagenden Erweckungsbewegung, des protestantischen Biblizis-
mus und Pietismus kommt zu eindrucksvoller Darstellung, auch
die Abgrenzung von den protestantischen Parallelen und manche
stillen Widerstände im eigenen Hause werden sichtbar. Wie hier
Schleiermacher und AI. Schweizer in den katholischen Raum hineinragen
und selbst — in Form einer katholisch modifizierten
Durchführung ihrer Grundidee — ihre eigene Überwindung noch
zu überdauern vermögen, das steigert sich stellenweise zu erjagender
Lektüre. Die pastoraltheologische Beziehung muß hier
nicht erst hergestellt werden, sie liegt bei diesem Herzstück des
ganzen Bandes in der Natur des Themas selbst beschlossen.

Die beiden letzten Aufsätze sind kürzer und beide dem Thema
der Katechese gewidmet, auch sie unter Vorwalten des historischen
Gesichtspunktes. Sie behandeln die Themen „Von der

anthropozentrischen zur heilsgeschichtlichen Katechese" (S. 195
—216) und „Der Gestaltwandel des katechetischen Problems seit
der Mitte des 19. Jahrhunderts" (S. 217—223). Besonders der
letztere ist eine Studie, die auch für die Entwicklung der Katechese
auf dem Boden des Protestantismus ihre volle Bestätigung
findet: „Nicht die Methode hat den Inhalt, sondern der Inhalt
hat die Methode zu bestimmen."

Das Buch, das durch Namen- und Sachregister in seiner
Brauchbarkeit erhöht wird, vermag zwar eine gewisse Uneinheit-
lichkeit nicht ganz zu verleugnen, und eine gewisse spekulative
Grundstimmung bändigt das Verschwimmen frömmigkeitsgeschichtlicher
, katechetischer, liturgiegeschichtlicher und allgemein
pastoraltheologischer Gesichtspunkte nicht hinlänglich. Doch bietet
der Sammelband gerade dem evangelischen Leser reiches
Material zur Beobachtung einer nicht immer so deutlich wie hier
sich abzeichnenden kirchlich-theologischen Schicksalsgemeinschaft
und überdies viel historische Belehrung.

Bezüglich des Geburtsjahres von Ph. J. Spener begegnet S. 167 und
202 beidemale dasselbe Erratum: „1653" statt 1635.

Göttingen W. Trillhaas

Schwenke 1, Hans, Prof. Dr.: Der Friedhof auf dem Lande. Ein Ratgeber
für Friedhofverwaltungen, Friedhofgärtner, Landschaftsgestalter
und Bildhauer sowie für die Hinterbliebenen. Stuttgart: Kohlhammer
[1955]. 220 S., 148 Abb. gr. 8° = Schriften des Schwäbischen
Heimatbundes Nr. 2. Lw. DM 14.—.

Das Thema ist erfreulicherweise in letzter Zeit verschiedentlich
behandelt worden (R. Pfister, Die Friedhofsfibel, 1952, vergl.
ThLZ 1953 Sp. 533; W. Lindner, Der Dorffriedhof, 195 3, vergl.
ThLZ 1954 Sp. 510). Das neue Werk wird zwiefach zu charakterisieren
sein. Einmal ist die dominierende praktische Zielsetzung
hervorzuheben. Ob es sich um die Vorfragen bei Neuanlagen,
um Planbearbeitung, gärtnerische Gestaltung, Errichtung von
Friedhofsgebäuden, Friedhofsordnungen, Unterhaltung und Pflege
, Gesetzliches und Wirtschaftliches, Inschriften u. a. handelt,
immer werden wir sachverständige Führung finden, die von vorzüglichem
Bildmaterial unterstützt wird. In der Hand kommunaler
und kirchlicher Friedhofsbeauftragter, der Handwerker und
Landschaftsgestalter wird das Buch schöne Dienste tun können.
Andererseits ist zur Charakterisierung hervorzuheben, daß die
theologischen, speziell liturgischen und kultischen Gesichtspunkte
m beklagenswerter Weise vernachlässigt sind, — hier wird der
bedauerliche Mangel des Buches sichtbar. Die Mehrzahl der ländlichen
Friedhöfe sind K i r c hhöfe und werden von den Kirchengemeinden
verwaltet. Zum Tod und ewigen Leben, zur Bettung
und Bergung um das Gotteshaus oder ein Hochkreuz als Mittel-
Punkt hat christliche Verkündigung das entscheidende Wort zu sagen
; wir verweisen auf Johannes Schweizer, Kirchhof und Friedhof,
1956 (vgl. ThLZ 1957, Sp. 471). Der Mangel unseres Buches wird
dadurch noch unterstrichen, daß gern auf vor- und frühgeschichtliche
Bestattungsgebräuche, auf Stimmungswerte und Dichterworte
, die als Grabsprüche geeignet wären, verwiesen wird. „Der
Friedhof als landschaftsgebundenes Abbild der Volksgemeinschaft
" sagt über den Säkularismus hier mehr als weitere Worte
(S. 14). Wir empfinden es als unzeitgemäß, daß Autor und Verlag
sich nicht energisch um die notwendige theologische Fundierung
bemüht haben, die ja bei einiger Mühe zu erreichen gewesen
wäre. Kritisch zu fragen bleibt uns noch, ob die auffallende
Bevorzugung der Berufssymbolik auf den Grabmälern zu begrüßen
ist. Außer vielen Abbildungen wird eine — instruktive —
Tafel mit Berufszeichen beigesteuert (Apotheker, Händler, Musiker
, Postbeamter, Brauer, Bürstenbinder usw.); wir nahmen sie
interessiert zur Kenntnis, können aber die Frage nicht zurückhalten
, ob hier nicht die Verbürgerlichung des Christentums über
die Grenzen des Erwünschten hinaus gefördert wird. Die aufdringliche
Herrschaft der Wappen in älterer Zeit sollte zur Vorsicht
mahnen. Eine neue Auflage des Buches bekäme noch reiche
Aufgaben!

Rostode G. Hol tz

Aland, Kurt: Der Christ und die Zukunft. Lehren aus der Vergangenheit
für die Gegenwart.

Die Zeichen der Zeit 11, 1957 S. 204—213,