Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1957 Nr. 7

Spalte:

542-543

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Althaus, Paul

Titel/Untertitel:

Die Todesstrafe als Problem der christlichen Ethik 1957

Rezensent:

Wendland, Heinz-Dietrich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

541 Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 7 542

Schweitzer, Wolfgang: Schrift und Dogma in der Ökumene.

Einige Typen des heutigen dogmatischen Schriftgebrauchs dargestellt
als Beitrag zur Diskussion über das Problem der biblischen Hermeneutik
. Gütersloh: Bertelsmann [1953]. 320 S. 8°. Lw. DM 28.—.

Die Arbeit ist aus der Tätigkeit des Verf.s als Sekretär des
Ökumenischen Studienausschusses in Genf erwachsen. Darin liegt
zugleich ihre Stärke und ihre Schwäche: Ihre Stärke ist der auf
diese Weise gewonnene weite Überblick über die Diskussionslage
im ökumenischen Bereich. Die Schwäche empfindet der Rezensent
, der selbst an dieser Diskussion beteiligt ist, darin, daß
die Stellungnahme des Verf.s sich darauf beschränkt, „festzustellen
, welche Tendenz jeweils vorherrschend war und wo im einzelnen
Fall der Ausgleich gesucht wurde" (S. 18).

Verf. setzt ein mit einem kurzen Überblick über die Frage
nach dem Verhältnis von Schrift und Dogmatik in der deutschsprachigen
Theologie von Flacius bis zur Gegenwart, in spezieller
Zuspitzung auf die Frage nach der Einheit und Mannigfaltigkeit
der Schrift, um dann die gleichen Fragen „auch an unsere Brüder
in aller Welt zu richten" (S. 22). Im I. Teil: „Der Gegensatz
zwischen der traditionsgebundenen und der liberalen Schriftauslegung
" kommen römisch-katholische, orthodoxe und anglikanische
Theologen zu Wort, reformierte und lutherische Fundamentalisten
und Vertreter der alten liberalen Schule. Der II. Teil
bringt „Ansätze einer neuen Offenbarungstheologie unter gleichzeitiger
Überwindung des Gegensatzes zwischen .liberal' und
.orthodox' " bei C. H. Dodd, Reinhold Niebuhr, Karl Barth,
G. Aulen und A. Nygren, Emil Brunner und F. Leenhardt. Im
Schlußteil: „Die Einheit und Mannigfaltigkeit der Schrift und
der Dogmatik" wird zunächst ein zusammenfassender Überblick
über die gegenwärtige ökumenische Gesprächslage gegeben. Als
..Haupttendenzen" haben sich ergeben: „Rückkehr zur Bibel".
..Wiederentdeckung der Kirche", und „als Frucht beider Tendenzen
... ein neues Ernstnehmen der dogmatischen Aufgabe'
<233 f.). „Dabei dringt mehr und mehr die Absicht durch, an
Stelle einer Repristinationstheologie den Ausweg nach vorne zu
suchen" (234). Diese Gemeinsamkeit wird aber belastet: „Erstens
durch ein verschiedenes Verständnis der Kirche und der ihrer
Verkündigung dienenden Dogmatik, und zweitens durch eine
verschiedene Einstellung zur profanen Wissenschaft" (234).
Auch sind durch die „Annäherung von systematischer und
exegetischer Theologie", die Verf. feststellen zu können
meint, „die Probleme keineswegs einfacher, sondern sie sind
noch viel dringlicher geworden: sie sind ja uns näher auf
den Leib gerückt: Wir haben uns zu entscheiden, unser Leben
und unsere Seligkeit, sowie Leben und Seligkeit derer,
die der von uns auszurichtenden Verkündigung gehorchen
müssen, stehen auf dem Spiel. Man spürt überall in der
Ökumene, daß der Ernst dieser Fragen deutlich gesehen wird".
Es handelt sich dabei um die Fragen nach der „Einheit des neu-
testamentlichen Kerygmas", um das „eschatologische Problem"
und um „Offenbarung und Geschichte" als das dahinter stehende
..eigentliche Problem" (236). Dazu kommt, „daß auch durch das
Ernstnehmen des Problems des Verstehens die Frage nach der
Einheit der Schrift eine neue Verschärfung erfahren hat" (237).

Nach diesem Überblick entfaltet Verf. zum Schluß „Grundlinien
einer heilsgeschichtlich-eschatologischen Schriftauslegung
und Dogmatik". Konnte man es schließlich noch verstehen, daß
er bei seiner Darstellung der ökumenischen Situation es ablehnte,
..nachzuweisen, ob die einzelnen Theologen . .. methodisch .richtig
' oder .falsch' vorgegangen sind" (S. 18), so hätte man jetzt
eigentlich eine Stellungnahme von ihm erwartet, die über das
bloße Registrieren und Weichenstellen hinausginge, zumal er vorher
selbst sagte, daß es bei diesen Problemen um „Leben und
Seligkeit" ginge. Leider bleibt er aber auch jetzt bei der Selbstbeschränkung
, die er sich auferlegt hat, und sagt: „Es würde dem
im Laufe unserer Untersuchung angewandten Grundsatz widersprechen
, wenn wir nun am Schluß den Versuch machen würden,
.die' richtige Methode der Schriftauslegung und der Bestimmung
des Verhältnisses von Schrift und Dogmatik zu entwickeln. Auf
der anderen Seite kann — so heilsam das sein mag — nicht nur
ein Fragezeichen am Ende dieser Studie stehen. Wir müssen den
Weg zumindest andeuten, der nach unserer Meinung beschritten
werden sollte, um möglichst vielen der Gefahren zu entgehen, die

uns bisher beschäftigt haben" (237). Diese Gefahren sind uns
allmählich bekannt, und wir sind es müde, sie immer wieder zu
diskutieren. Jetzt heißt es endlich: Hic Rhodus, hic salta!

Tübingen Hermann Diem

ETHIK

Kirche und Kriegsdienstverweigerung. Ratschlag zur gesetzlichen Regelung
des Schutzes der Kriegsdienstverweigerer, erstattet durch den
vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland eingesetzten Ausschuß
und vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland angenommen
. München: Kaiser 1956. 63 S. 8°. DM 1.85.

Das Büchlein enthält umfangreicheres Material, als der Untertitel
erwarten läßt. Der Ratschlag zur gesetzlichen Regelung
des Schutzes der Kriegsdienstverweigerer hat bleibende
dokumentarische Bedeutung, weil er 1956 sowohl den staatlichen
Stellen der Bundesrepublik wie der Deutschen Demokratischen
Republik als offizielle Stellungnahme der Evangelischen Kirche
in Deutschland übermittelt worden ist. Dem Ratschlag ist eine
sehr ausführliche theologische Begründung beigegeben, die
die Stellung des Christen zum Krieg, das Problem der allgemeinen
Wehrpflicht, die Frage nach dem Gewissen und dem Staat, sowie
die verfassungsrechtliche Frage im Bereich der Bundesrepublik
darlegt.

Es folgt ein Anhang, der dankenswerterweise die wichtigsten
kirchlichen Äußerungen der letzten Jahre zur Frage der
Kriegsdienstverweigerung enthält, und zwar ökumenische Erklärungen
(Amsterdam 1948; Evanston 1954) wie auch Kundgebungen
der Evangelischen Kirche in Deutschland (Weißensee
1950; Elbingerode 1952). Schließlich ist eine große Fülle beachtlicher
kirchlicher Stimmen zum Problem der Kriegsdienstverweigerung
beigefügt, die die große Mannigfaltigkeit der konkreten
Stellungnahme verantwortlicher Christen in Deutschland zur
Frage des Krieges und der Kriegsdienstverweigerung anschaulich
macht. Die den deutschen Protestantismus aufwühlende, oft notvolle
Debatte um die Fragen des Kriegsdienstes hat hier einen
Niederschlag von bleibender dokumentarischer Bedeutung gefunden
.

Trotz dieser Blütenlese sehr verschiedenartiger Stimmen im
letzten Teil des Büchleins ist die Tatsache unbestreitbar, daß sich
•n den letzten 30 Jahren, unbeschadet aller Unterschiede im ethischen
Einzelurteil, eine große und bedeutsame, gemeinsame
Wandlung in der Stellung der christlichen Kirche in Deutschland
zur Frage des Krieges vollzogen hat. Dafür ist die amtliche
Stellungnahme des Rates der EKD von richtunggebender Bedeu-
*ung. Theologisch besonders aktuell sind in der Begründung des
Ratschlages die Darlegungen unter der Überschrift „Das Gewissen
und der Staat". Für einen evangelischen Christen wird die Stimme
des Gewissens im konkreten Entscheidungsfall vernehmbar; der
Staat dagegen — das macht das verfassungsrechtliche Problem so
schwierig — kann und will 6ich nur an feste, allgemeinverbindliche
Prinzipien halten. Diese Frage ist daher bis heute zwischen
der evangelischen Kirche und dem westdeutschen Staat offen geblieben
.

Die Dokumente des vorliegenden Heftes werden aber über
die aktuelle verfassungsrechtliche Diskussion hinaus bleibendes
theologisch-ethisches Gewicht behalten.

Greifswald FrieHridi-Wilhelm K rummacher

A 11 h a u s, Paul: Die Todesstrafe als Problem der christlichen Ethik.

München: Verlag d. Bayer. Akademie der Wissensch.; in Komm. Beck,
München 1955. 35 S. 8° = Sitzungsberichte d. Bayer. Akad. d.
Wiss., Philos.-hist. Kl. Jg. 1955, 2.

Das Schwergewicht dieser Abhandlung liegt auf der Darstellung
der Argumente für und gegen die Todesstrafe in der ev.-
theologischen Ethik von Luther bis zu K. Barth; nur eine kurze
Einleitung befaßt sich mit der Alten Kirche und mit Thomas von
Aquino, doch wird auch die neuere kathol. Moraltheologie berücksichtigt
. Im 19. Jahrhundert treten besonders die gegensätzlichen
Positionen von Schleiermacher und R. Rothe als bemerkenswert
hervor. Aufs Ganze gesehen zeigt sich, daß die ev. Ethik
der letzten Jahrzehnte wie der Gegenwart sidft überwiegend für