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Ausgabe:

1957 Nr. 7

Spalte:

518

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Götze, Alfred

Titel/Untertitel:

Frühneuhochdeutsches Glossar 1957

Rezensent:

Volz, Hans

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517

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 7

518

schließlich die Liebe zu Gott und Gottes Liebe zu uns darzustellen
. Interessant ist der Hinweis, daß Augustin in De ver. rel. 8 8
die Liebe zu einem Menschen verurteilt, die nicht aus dessen Beziehung
zu Gott fließt, sondern aus seiner Beziehung zu mir,
während er Retr. 1, 13, 38 diese Ansicht zurücknimmt und lediglich
festhält, daß die Liebe zu mir nahestehenden Menschen kein
Hindernis für die Gottesliebe sein darf (S. 128—129).

Burnaby übt eingehende Kritik an der Auffassung des
augustinischen Liebesbegriffs, die A. Nygren in seinem großen
und einflußreichen Werk „Eros und Agape" vorgetragen hat. Er
bestreitet Nygrens Entgegensetzung des antiken Eros, des menschlichen
, egozentrischen Verlangens nach Gott, und der biblischen
Agape, der von Gott zum Menschen kommenden Liebe. In der
Tat leidet Nygrens Entgegensetzung des biblischen und des griechischen
Liebesmotivs daran, daß er den Begriff der rpiMa, wie ihn
etwa Aristoteles im 8. und 9. Buch der Nikomachischen Ethik
entwickelt, zwar berührt, jedoch nicht zum Tragen kommen läßt.
Zum Problem der qodta sei auf Franz Dirlmeier, (ßüog und cpiUa
im vorhellenistischen Griechentum, Diss. München 1931, verwiesen
. Burnaby wendet gegen Nygren ein, daß die augustinische
Caritas nicht bloß das Verlangen nach Ruhe in Gott ist, sondern
auch die erlangte Ruhe, die dem menschlichen Handeln Tätigkeitsimpulse
verleiht. Von da aus ist der egozentrische Charakter
der augustinischen Caritas zu leugnen (S. 92—94, 127). Nygren
hat darauf im Vorwort zur 2. Auflage seines Buches (Berlin 1955)
geantwortet, daß diese Kritik aus der Bindung an außerbiblische,
philosophische Voraussetzungen hervorgegangen 6ei. Rezensent
ist der Ansicht, daß dies noch nicht das letzte Wort zur Sache
sein kann.

Als Kehrseite der Liebeslehre Augustins trägt Burnaby sodann
Augustins Ansichten über die Sünde, das Böse und das
Leiden unter zum Teil heftiger Kritik vor. Seine Bemerkung,
daß eine echt christliche Auffassung des Leidens auf einem tieferen
Verstehen des Kreuzes Christi beruhen müsse, als Augustin
es erreicht hat, hätte ihn auf Luthers Theologie des Kreuzes und
der Anfechtung führen können. Doch steht er Luther, wie das
Kapitel über die Nachgeschichte der augustinischen Liebeslehre
2eigt (s. Seite 275—277), zwar respektvoll, doch innerlich fremd
gegenüber.

Die Beleuchtung des Liebesmotivs von der augustinischen
Gnadenlehre her, vor allem die Abschnitte über Gnade und Freiheit
(S. 226—234), Gnade und Verdienst (S. 23 5—241) gehören
mit zum Besten, was über diese Materie zu Augustin geschrieben
worden ist.

Burnabys Buch ist für die Beschäftigung mit Augustin unentbehrlich
.

Naumburg/Saale Rudolf Lo re n z

Fischef, Joseph A.: Die Apostolischen Väter griechisch und deutsch.
Eingeleitet, hrsg., übertragen und erläutert. München: Kösel [1956].
XV. 281 S. gr. 8°. Lw. DM 25.80.

J. A. Fischer läßt seine „Apostolischen Väter" als ersten Teil
der „Schriften des Urchristentums" bei der Wissenschaftlichen
Buchgesellschaft Darmstadt erscheinen. Damit ist auf einen weiteren
Leser- und Benutzerkreis abgezielt, als ihn die bisherigen
Ausgaben der Apostolischen Väter im Auge hatten. Dieser Abzielung
entspricht sowohl die großzügige Ausstattung des Buches
wie auch die Übersichtlichkeit seiner inneren Anordnung, die mit
Text und Übersetzung, Apparat und Anmerkungen, allgemeiner
und spezieller Einleitung, Namen- und Sachregister dem Benutzer
in jeder Weise entgegenkommt. Die umstrittene, aber kaum mehr
abzurogierende Bezeichnung „Apostolische Väter" erfährt durch
F. eine wohlbegründete Einschränkung; er faßt darunter lediglich
den Klemens-Brief, die sieben Ignatius-Briefe, die beiden Polykarp
-Briefe (zum ersten Mal wird damit auch in einer deutschen
Ausgabe der Polykarp-Brief als zwei gezählt) und das Quadratus-
Fragment. Die Textgestalt lehnt sich zumeist an bewährte Vorbilder
an. Es entspricht dem Zuge der Zeit, neben den profanen
Quellen der Antike auch die frühchristlichen Schriften in dieser
Form breiteren Kreisen zugänglich zu machen. Weiterführende
Literaturangaben ermöglichen es dem durch eine solche dankenswerte
Ausgabe einmal Interessierten, sich noch besser mit den
Zeugnissen frühchristlichen Glaubens und Lebens vertraut zu
machen.

Bonn Eduard Stom mel

Adam, Alfred: Erwägungen zur Herkunft der Didache.

Zeitschrift für Kirchengeschichte LXV1II, 1957 S. 1—47.
B a r t e 1 i n k, G. J. M.: L'empereur Julien et le vocabulaire chretien.

Vigiliae Christianae XI, 1957 S. 37—48,
Bauer, Johannes Bapt.: Oracula Sibyllina I 323ab.

Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 47, 1956 S. 284

bis 28 5.

B ö h 1 i g, Alexander: Synaxis = Homilia?

Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität. Gesell-
schafts- und sprachwissenschaftliche Reihe VI, 1957 S. 485—486.

Camelot, P. Th.: Bulletin d'histoire des doctrines chretiennes. An-
tiquit6.

Revue des Sciences philosophiques et theologiques XLI, 1957 S. 274
bis 300.

C h a d w i c k, H.: St. Peter and St. Paul in Rome: the Problem of the

Memoria Apostolorum ad Catacumbas.

The Journal of Theological Studies VIII, 1957 S. 31—52.
D o r e s s e, J.: Hermes et la gnose ä propos de l'Asclepius copte.

Novum Testamentum I, 1956 S. 54—69.
E m e r t o n, J. A.: The Purpose of the Second Column of the Hexapla.

The Journal of Theological Studies VII, 19 56 S. 79—87.
G r a n t, R. M.: Aristotle and the Conversion of Justin.

The Journal of Theological Studies VII, 1956 S. 246—248,
G ü n t h e r, Ernst: Zeuge und Märtyrer.

Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 47, 1956 S. 145

bis 161.

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

Götze, Alfred: Frühneuhochdeutsches Glossar. 5. Aufl. Berlin: de
Gruyter 19 56. XII, 240 S. 8° = Kleine Texte für Vorlesungen und
Übungen, begr. v. H. Lietzmann, hrsg. v. K.Aland. 101. DM 9.80.

Nachdem Alfred G ö t z e s (im Jahre 1912 erstmalig erschienenes
) „Frühneuhochdeutsches Glossar" bereits seit längerer Zeit
vergriffen war, bringt nunmehr der Verlag einen als 5. Auflage
bezeichneten photomechanischen Neudruck heraus, der jedoch
■völlig der „zweiten, stark vermehrten Auflage" von 1920 gleicht.
Wenn auch die Arbeit des im Jahre 1946 verstorbenen Verfassers
keineswegs in allen Punkten dem Ideal eines frühneuhochdeutschen
Wörterbuches entspricht — neben zahlreichen Lücken
im Wortschatz (vgl. dazu besonders W. Zimmermanns Liste medizinischer
Ausdrücke des 16. Jahrhunderts in der Zeitschrift für
deutsche Philologie Bd. 58 [1933], S. 49-61) sind vor allem
die viel zu seltenen Hinweise auf mundartliche Verbreitung bestimmter
Wörter zu beanstanden —, so stellt dieses Buch, das
für Theologen ein unentbehrliches und bequem zugängliches
Hilfsmittel zum Verständnis der Sprache Luthers und der Reformationszeit
bildet, doch im Augenblick das einzig Brauchbare auf
diesem Gebiete dar. Daher ist der Neudruck zu begrüßen.

Bovenden Uber Göttingen Hans V o I z

Steck, Karl Gerhard: Luther und die Schwärmer. Zollikon-Zürich:
Evang. Verlag 1955. 64 S. 8° = Theologische Studien, hrsg. v. Karl
Barth, H. 44. sfr. 4—.

Verf. dieser aus einem Vortrag herausgewachsenen Abhandlung
knüpft an die von H. Fausel gebrauchte Bezeichnung „Aus-
merzung des Schwärmertums" an und stellt die kritische Frage,
ob hinter einer derartigen Ausmerzung nicht fragwürdige theologische
Motive stehen könnten. Es wäre möglich, daß gerade
durch die „Ausmerzung" des Schwärmertums in den Jahren von
1521—1526 und den sich erst daran anschließenden Neubau der
Kirche als evangelisch-reformatorischer Gemeinde „tatsächlich
die Mangelerscheinungen des Protestantismus entstanden sind,
vor deren Auswirkungen wir von jeher, gestern, heute und gewiß
auch noch morgen so ratlos stehen" (S. 10). Es wird damit deutlich
, daß Steck keine historische Untersuchung im eigentlichen
Sinne schreiben wollte, sondern Problemen nachspürte, die einer
I systematischen Fragestellung entspringen. -