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Ausgabe:

1957 Nr. 7

Spalte:

502

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Hermann, Rudolf

Titel/Untertitel:

Eine Untersuchung zu theologischen Grundfragen der Hermeneutik 1957

Rezensent:

Schott, Erdmann

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Seite 1

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501 Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 7 502

in der Preußischen Akademie der Wissenschaften darüber gesagt
hat, es mit lebendigem Leben erfüllend.

Weiter nach Saloniki = Thessalonich und zur Halbinsel
Chalkidike! „In der Ferne 6teigt, ein Wunder der Schöpfung, der
Athos auf." „Wenn die Sonne aufgegangen ist, 6chwebt der alte
heilige Berg wie eine in purpurnes Licht getauchte Pyramide über
dem glitzernden Glast, der auf dem Meere liegt. Seit einem Aeon
findet Morgen für Morgen dieses erhabene Schauspiel in einer
ungeheuren Verschwendung von Schönheit statt. Etwas von der
Schöpfung schimmert durch diese Pracht hindurch aus einer Sphäre
, die unser Auge nicht erblicken kann, der Geist aber zu ahnen
vermeint."

Der achtzigjährige Abt auf dem Berge Athos stellte die liebenswürdige
Frage, wie es unserm Lande ergehe. Wir konnten
ihm berichten: Auch bei uns gibt es zwischen Export und Import
immer noch Christen.

Ein Satz aus dem „Byzantinischen Mosaik": Älter als Athen,
heiliger als Rom, lebendiger als Konstantinopel ist Jerusalem.
Der Kirche der Heiligen Weisheit ist ein ganzes Kapitel gewidmet
. Ist es möglich, mit Worten einen Besuch zu ersetzen: Hier
ist es geschehen. Ebenso ist es in dem erstaunlichen Kapitel „Ana-
tolische Impressionen" mit Nicäa, der Stadt des Konzils mit 238
Türmen auf Innen- und Außenmauer, ebenso mit Ephesos: „Groß
ist die Diana der Epheserl" Am fremdartigsten ist uns Panaja
Kapoulü, hoch über Ephesos eine Kapelle, ursprünglich das Haus,
in dem angeblich die Mutter Jesu gewohnt hat.

Die Weltstadt Tarsos, die Heimat des Apostels Paulus, ersteht
mit ihrer reichen Vergangenheit; 6ie liegt heute unter sieben
Metern Schwemmland. Die Ausgrabung wird einmal eine
Sensation sein. Weiter geht es nach Antiochia und Aleppo, lebendige
Eindrücke der Gegenwart verbinden sich mit der Fracht
geschichtlicher Tatsachen, vor allem mit dem Andenken des
Paulus.

Der zweite Abschnitt des Buches beginnt mit den „Syrischen
Horizonten", Syrien wie im Altertum verstanden als das Gebiet
zwischen Taurus und Sinai, das ungeheuerlichste Schlachtfeld der
Geschichte, „der moralische Lehrer der ganzen Menschheit". Die
größte mittelalterliche Burg ist der Krak des Chevaliers im Norden
des Libanon; in dem ihm gewidmeten Kapitel werden die
Kreuzzüge vorgeführt mit allen ihren Folgen auf politischem,
wirtschaftlichem, künstlerischem, literarischem Gebiet. Über das
dem Journalismus zugestandene Maß hinaus geht der Satz, schon
von jeher habe der Prophet Jonas im Bauche des Fisches den Zoologen
mehr Schluckbeschwerden gemacht als dem Fisch.

Im Libanon besucht der Verfasser das einzige Dorf, in dem
noch heute die Sprache Jesu gesprochen wird, das Aramäische,
seine Abhänge sind gekrönt mit einem Kloster der heiligen Thekla
. Alle geschichtlichen Überlieferungen von fünftausend Jahren
in Damaskus überragt die eine: es ist die Stadt, in der Paulus
Christ wurde. In Ur in Sumer sieht der Verfasser die Spuren der
Sintflut und wandert auf der Gasse, in der Abraham als Kind gespielt
hat. Im Kapitel „An den Wassern von Babylon" entwickelt
der Verfasser seine Ansicht vom Vorrang der biblischen Gottesidee
: nicht der Mensch ist, irgendwie biologisch, auf der Welt
und kommt auf rationalem Wege allmählich hinter das Geheimnis
seines Daseins. Gott hat den Menschen erschaffen und läßt es
ihn wissen.

„Der Tag, der unvergleichliche Tag, an dem ich Jerusalem
sehen soll, ist gekommen." Es geht über Amman, die Hauptstadt
Jordaniens, durch die Kriegsfront gegen den neuen Staat Israel.
Im ganzen alten Jerusalem gibt es zur Zeit keinen einzigen Juden
. In dem Kampf zwischen Arabern und Israelis geht es nicht
um den politischen Besitz irgendeines Platzes. Immer noch ist es
die heilige Stadt, um die gekämpft wird. An den „heiligen Stätten
" Bethlehem und Golgatha steigt dem Besucher kaum ein kritischer
Gedanke auf. Galiläa ist ihm verschlossen, sonst hätte er
wohl etwas von den Wegen Jesu erzählt. So muß er sich mit dem
Teiche Bethesda begnügen.

Aus dem Schlußkapitel vom Sinai, dem Berg der Gesetzgebung
: „Ich habe vieles gesehen auf Erden. Ich kenne nichts, was
6° einsam, so erhaben, so großartig ist wie der Blick vom Gipfel

des Berges Horeb auf die Welt hinab .. . Keine Stätte könnte ein
würdigerer Schauplatz des Ereignisses gewesen sein, das sich auf
dieser Felsplatte zwischen Himmel und Erde vor dreitausend Jahren
abgespielt hat."

Leipzig Friedrich Ostarhild

Hermann, Rudolf, Prof. D.: Gotteswort und Menschenwort in der
Bibel. Eine Untersuchung zu theologischen Grundfragen der Hermeneutik
. Leonhard Rost zum 60. Geburtstag. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
[1956]. 70 S. 8°. DM 2.—.

H. bietet keine ausführliche Hermeneutik, sondern nur einen
Anfang, auf den eine Fortsetzung in weiteren Untersuchungen
folgen soll. Er geht davon aus, daß jeder Exeget die Meinung
des Textes, nicht seine eigene, zur Geltung bringen muß. Nun hat
es der Bibelexeget mit einem Text zu tun, der göttliche Wahrheit
, durch Menschen vermittelt, kundtun will. Der Gewaltstreich
der Verbalinspirationsthese, die menschliche Vermittlung zu
ignorieren, widerstreitet der Wahrheit. Es bleibt die Aufgabe,
Gotteswort und Menschenwort in der Schrift zu unterscheiden.
Kongeniale Exegese betrifft nur die „Herausarbeitung des Biblisch-
Menschlichen" (56) und hat darin ihr Recht und ihre Grenze.
Sie zeigt uns die Kulturbedeutung der Bibel, aber nicht ihre
Offenbarungsbedeutung (58). Nun steht zwar alle Kultur unter
dem Kulturauftrag des Schöpfers. „Aber dieser Kulturauftrag
des Schöpfers ist nicht ohne das Forum von Gottes Gericht und
ohne das Evangelium seiner Vergebung zu denken. Aus einem
bloßen Kultur- und Geschichtsdenken heraus erfaßt und versteht
sich das Menschentum nicht in seiner Wirklichkeit." Da gibt nun
die Bibel „dem Menschen Kunde über seine wirkliche Geschichte
mit Gott und zeigt . . . alles Menschentum als von ihr mitumfaßt
" (64). Diese Kunde zu vernehmen und vom Bloß-Menschlichen
zu unterscheiden, ist Sache des Glaubens, der damit in der
Bibelexegese 6einen legitimen Platz hat. Solche Glaubens- oder
-dogmatische" Exegese unterscheidet H. sorgfältig von „Praktischer
Exegese", „Biblischer Dogmatik", Allegoreße, Typologese
und dogmatischer Vergewaltigung des Textes. H.s Untersuchung
mit ihren eindringenden Analysen verdient in der gegenwärtigen
hermeneutischen Diskussion unser aufmerksames Gehör.

Halle/Saale E. Schott

ALTES TESTAMENT

Vncent, L-Hugues, und Steve, A.-M.: Jerusalem de l'Ancien
Testament. Recherches d'Archeologie et d'Histoire. IL: Archeologie
du Temple. III.: Evolution historique de Ia ville. Paris: Gabalda
1956. S. XIII—XVII, S. 373-809 mit Textabb. 111-214 u. Taf.
101—149. 4°. ffr. 11.500.-.

Nachdem der 1954 erschienene und ThLZ 79, 1954, Sp. 671
—674 gewürdigte I. Teil von Vincent's Monumentalwerk „Jerusalem
de l'Ancien Testament" in 13 Kapiteln auf 372 Seiten die
Archäologie der Stadt Jerusalem mit Ausnahme des Tempels und
des Salomonischen Palastes behandelt hat, haben seine jetzt
herausgekommenen Teile II und III die Archäologie des Tempels
einschließlich des Salomonischen Palastes (Teil II) und die geschichtliche
Entwicklung der Stadt von ihren Anfängen bis 135
n. Chr. (Teil III) zum Gegenstand. Was da im einzelnen geboten
wird, machen die Überschriften der - durch das ganze Werk fortlaufend
gezählten - Kapitel von Teil II und Teil III ohne weiteres
klar. Teil II enthält diese Kapitel: „Der Tempel Salomos"
(XIV), „Der Tempel des Herodes" (XV), „Der Tempel Hese-
kiels" (XVI), „Der Herodianische Tempel nach der Mischna"
(XVII), „Der Ha'ram es-Serif Stätte des alten Tempels" (XVIII),
„Anpassung des Tempels an den Haram und Übersicht über seine
Entwicklung" (XIX), und Teil III, der die „Historische und monumentale
Entwicklung der Stadt" beschreibt, ist in die folgenden
sieben Kapitel gegliedert: „Der Name und die Anfänge der
Stadt bis zur Davidischen Eroberung" (XX), „Von David bis
zum Exil" (XXI), »Das Exil und die Restauration" (XXII),
„Von der nachexilischen Restauration bis zu Herodes" (XXIII),
„Jerusalem zur Herodianischen Zeit und bis zum ersten Aufstand
" (XXIV), „Die Belagerung des Jahres 70" (XXV), „Von