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Ausgabe:

1957 Nr. 7

Spalte:

496-499

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

The Westminster historical atlas to the bible 1957

Rezensent:

Elliger, Karl

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 7

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seiner Anhänger die Kraft in sich hat, die Zone der Oppositionstheologie
zu übersteigen und die eines echten christlichen Universalismus
zu gewinnen" (S. 240). K. G. S t e c k hat seine Studie
,,Über das ekklesiologische Gespräch zwischen Karl Barth und
Erich Przywara 1927/29" geschrieben.

Drei Aufsätze nehmen die bekannte Streitfrage „Gesetz und
Evangelium" oder „Evangelium und Gesetz" auf. Zu Helmut
Gollwitzers Beitrag „Zur Einheit vom Gesetz und Evangelium
" könnte man vielleicht sagen, daß er das Kunststück versucht
, Luther als einen Barthianer hinzustellen. Der Ausgangspunkt
, der eine solche Lutherdeutung ermöglicht, ist Luthers
Lehre vom ersten Gebot. Eine derartige Interpretation stößt
natürlich sofort auf Schwierigkeiten, sobald man genötigt ist,
auch Luthers Lehre von der Buße heranzuziehen. Gollwitzer
macht indessen geltend, daß Luther „auf dem Wege" war zu entwickeln
, daß es das Evangelium und nicht die Drohung des Gesetzes
sei, welches zur Buße führe. Vielleicht war es Melan-
chthons Einfluß und das „Interesse der Abwehr des Antinomis-
mus", das ihn einen anderen Weg gehen ließ, der dann „im Luthertum
systematisiert wurde": so weit Gollwitzer (S. 307).
Hier spricht aber doch wohl mehr der von Barth beeinflußte
Freund als der Lutherforscher. Ein kurzer, aber hochinteressanter
Beitrag ist Edmund S c h 1 i n k s „Gesetz und Paraklese", der
schon von Anfang an feststellt, daß Barth in seiner Lehre vom
„Evangelium und Gesetz" „offensichtlich nicht nur über Luther,
sondern auch über Calvin, und zwar auch über das beiden Gemeinsame
hinausgeht" (S. 323). Schlink ist indessen bereit zuzugeben
, „daß hier ein ganz bestimmter fundamentaler neutesta-
mentlicher Sachverhalt . . . neu zum Leuchten gebracht worden
ist" (S. 324). Schlink zeichnet die Konturen verschiedener Schichten
der neutestamentlichen Verkündigung und summiert: „Fragen
wir nach dem Ort der Barthschen Lehre von .Evangelium
und Gesetz' innerhalb der mannigfachen Unterscheidungen der
paulinischen Theologie, so dürfte . . . deutlich sein, daß dieser Ort
die in dem Evangelium gründende Paraklese ist" (S. 331). Schlink
konstatiert indessen auch, daß Barth diese an und für sich so klare
und bedeutungsvolle Schicht des Neuen Testamentes zu einer
übergreifenden Perspektive für die gesamte Ethik gemacht hat.
In diesem Zusammenhang deutet er eine Reihe kritischer Fragestellungen
an. Diese werden doch nicht näher ausgeformt: „Der
festliche Anlaß dieses Beitrages erlaubt es, bei der bloßen Andeutung
der hier bestehenden Schwierigkeiten stehen zu bleiben"
(S. 3 3 5). Karl Barths theologische Verdienste sind indessen so
unbestreitbar, daß sie auch kritische Reflexionen ertragen. So hat
offenbar der Verfasser des einzigen skandinavischen Beitrages in
der Festschrift, Gustaf W i n g r e n, die Sache sehen wollen. Unter
offener Anerkennung der Bedeutung Barths sucht er nämlich
in seinem Aufsatz „Gesetz und Evangelium" den wunden Punkt
in der Theologie Barths aufzuspüren. Er wiederholt seine in anderen
Zusammenhängen vorgelegte These, daß die eigentliche
Grundfrage bei Barth „die Frage nach dem Wissen des Menschen
" sei und kommentiert diese folgendermaßen: „Bei einer
Debatte zwischen Karl Barth und der lutherischen Theologie
zeigt sich schon bald, daß die eigentliche Hauptschwierigkeit gerade
an diesem Punkte liegt. Wo soll man beginnen, um diese
Frage aufzulösen . . . und damit die Möglichkeit eines andersgearteten
Ansatzes als Alternative sichtbar zu machen?" (S. 315).
Wingren macht geltend, daß der kritische Punkt Barths Offenbarungsbegriff
sei. Das ist schon früher — u. a. von Gogarten —
gesagt worden. Wingren hebt es aber mit besonderer Schärfe
hervor.

„Opvscula varii argvmenti" hat einen ungemein gemischten
Inhalt, und einige der Beiträge können überhaupt nicht oder doch
nur in einer recht gesuchten Weise unter das Hauptthema „Antwort
" eingereiht werden. Einen der interessantesten Beiträge
meint der Rez. in einem der wenigen nicht-deutschsprachigen
Beiträge der Festschrift gefunden zu haben. Der Amerikaner
Arthur C. Cochrane kommentiert „A declaration of faith
concerning church and nation by the Presbyterian Church in Ca-
nada" und erklärt, daß Barths Einfluß in Kanada auffallend groß
sei. Unter den freistehenderen Themen zieht der Aufsatz von
G. Harbsmeier mit dem Thema „Die .nichtreligiöse Interpretation
biblischer Begriffe' bei Bonhoeffer und die Entmytho-
logisierung" Aufmerksamkeit auf sich.

„In vitam et actionem" enthält nach der Meinung des Rez.
einen der allerwertvollsten Beiträge der Festschrift. Eduard
Thurneysen, Barths vielleicht engster Freund seit den Jugendjahren
, druckt „aus einem Dossier von gegen 300 Briefblättern
und Karten", die aus den Jahren vor 1922 stammen, eine
Reihe von Briefen Barths ab. Für die Barthforschung sind diese
Briefe natürlich von unschätzbarem Wert. Eine Reihe kleinerer
Beiträge über Barth als Dozent und theologischer Lehrer sind
dagegen von geringerem Interesse.

Im ganzen gesehen ist diese Barth-Festschrift, die dem Umfang
nach einen an die Teilbände der „Kirchlichen Dogmatik" erinnert
, von bedeutendem Wert. Sollten aber nun zum Schlüsse
doch noch einige kritische Gedanken geäußert werden, so wären
es folgende: In ihrer Verehrung Barths haben die Herausgeber
sich nicht davon abhalten lassen, Beiträge mit in die Festschrift
hereinzunehmen, die einen Beigeschmack von Barth-Verherrlichung
haben. Dazu kommen einige recht gekünstelte Themen.
Unter die Abteilung der Kuriositäten würde ich z. B. den Aufsatz
von Heinrich Vogel „Der lachende Barth. Ein Essay über
den Humor als Stilelement im theologischen Denken Karl Barths",
sowie die Beiträge von G. Howe „Parallelen zwischen der Theologie
Karl Barths und der heutigen Physik" und von G.
H o s h i n o „Das Verhältnis buddhistischen Denkens zu Karl
Barth" einordnen. Auch wenn Karl Barth einer unserer großen
gegenwärtigen Denker ist, bleibt es fragwürdig, ob seine Arbeiten
derartige Untersuchungen und Vergleiche ertragen, ohne
sich damit einem Anschein von Lächerlichkeit auszusetzen. Recht
merkwürdig finde ich es auch, daß die Herausgeber nur darum,
weil Barth Mozart liebt, einen Aufsatz über „Mozarts Bedeutung
für die Klaviermusik" abzudrucken sich genötigt fanden. Ich bin
nicht zuständig, den Inhalt des Aufsatzes zu beurteilen, aber auch
wenn — wie ich vermute — dieser von höchster Qualität sein
sollte, wage ich zu behaupten, daß er seinen Platz besser in einem
anderen Zusammenhang hätte haben sollen. Die Barth-Festschrift
wiederum hätte meiner Meinung nach ihren Charakter als einer
Lobrede und Gedächtnisschrift nur gefestigt, wenn auch einige
seiner theologischen Gegner und Kritiker daran teilgenommen
hätten, dem Jubilar ihre Verehrung zu überbringen. Denn auch
Kritik kann die größte Anerkennung und Würdigung zum Ausdruck
bringen. Nicht alle Theologen, denen man Festschriften
widmet, ertragen eine genauere Untersuchung, ohne daß der
Glanz ihrer Verdienste verschwindet oder doch erheblich verringert
wird. Mit Karl Barth verhält es sich nicht so. Da man
nun aus Anlaß seines 70. Geburtstages auf sein Lebenswerk zurückblickt
, das er mit noch ungebrochenen Kräften fortsetzt,
tritt seine einzigartige Bedeutung so deutlich hervor, daß es mehr
als genug den Versuch ertragen würde, in kritischer Beleuchtung
auch die Grenzen seines Denkens zu fixieren.

Land/Schweden Gunnar Hillcrdal

Härder, G.: Martin Albertz (f).

Evangelische Theologie 17, 1957 S. 140—141.
H a u t e r, Charles: Hommage de la Faculte de Theologie de Strasbourg

au Professeur Jean Hering.

Revue d'Histoire et de Philosophie Religieuses 37, 1957 S. 1—4.
Strathmann, Hermann: Der Patriarch bei den Beduinen. Eine Erinnerung
an Albrecht Alt, gest. am 24. April 1956.
Deutsches Pfarrerblatt 57, 1957 S. 177—178.

. BIBELWISSENSCHAFT

Wright, George Ernest, Prof., and F i 1 s o n, Floyd Vivian, Prof..
The Westminster Historical Atlas to the Biblc. Revised Edition. Witli
an Introductory Article by W. F. Albright. Philadelphia: The
Westminster Press [1956]. 130 S., 8 8 Abb., 18Taf. 2° = Westminster
Aids to the Study of the Scriptures. $ 7.50.

Die 1945 erschienene 1. Auflage hat in dieser Zeitschrift
durch P. Thomsen eine eingehende Würdigung erfahren (vgl.
ThLZ 73 [1948], Sp. 601—603). Da in der vorliegenden revidierten
Ausgabe in der Organisation des Werkes keine Veränderun-