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Ausgabe:

1957 Nr. 6

Spalte:

469-471

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Obendiek, Harmannus

Titel/Untertitel:

Deine Zeugnisse sind meine Rede 1957

Rezensent:

Fischer, Martin

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469

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 6

470

stufe. Teil 4: Der junge Mensch im dritten und vierten Lebensabschnitt
. Teil 5: Die Jahre aufsteigender Leistungskraft. Teil 6:
Wirken und Altern.

Die Altersstufenlehre wird im letzten Abschnitt des Buches
kurz wie folgt zusammengefaßt:

„Der Christ erkennt im Glauben seine Existenz als ihm von Gott
gesetzt . . . Wenn der Christ im Glauben den Schöpferwillen Gottes erkennt
, weiß er sich zur Erfüllung der ihm von Gott gesetzten Existenz
verantwortlich gerufen. Das ihn treffende Wort Gottes meint ihn immer
in seiner ganzen Existenz und fordert immer die Erfüllung seiner Existenz
von ihm ... In solcher Bejahung des Schöpferwillens im Glauben
soll der Christ auch in seiner jeweiligen Altersstufe stehen, d. h. daß
der Christ nie aufhören darf, von einer Altersstufe zur anderen ein
Werdender zu bleiben ... In den ersten Altersstufen wächst der Mensch
an Kraft, an Wissen und Können, er wächst weiter an Erkenntnis und
an Erfahrung, an Verantwortung und der Fähigkeit zum Wirken, es
wachsen sein Lebensumkreis und seine Lebensbeziehungen — wenn sein
Leben sich abwärts neigt, ist es ihm vergönnt, zu wachsen an Weisheit,
an gütigem Verstehen, an Liebe."

Das Buch schließt mit dem Satz: „In Bezug auf die Altersstufen
ist der Glaube die stärkste Kraft zur Erfüllung der menschlichen
Existenz."

Gotha _ Oskar Ziegner

Klaus, Bernhard: Quellenbenutzung im Kirchengeschichtsunterricht
der höheren Schule.

Monatschrift für Pastoraltheologie 45, 1956 S. 231—239.
Otto, Gert: Kirchengeschichte im Religionsunterridit. Zugleich ein
Beitrag zum exemplarischen Lernen.

Die Sammlung. Zeitschrift für Kultur und Erziehung 12, 1957 S. 32
bis 43.

Rensch, Adelheid: Zum Gespräch zwischen Psychotherapie und Seelsorge
. III. Zur Methode der Seelsorge.
Monatschrift für Pastoraltheologie 45, 1956 S. 427_432.

S a 1 m a n, D. H.: Bulletin de Psychologie.

Revue des Sciences Philosophiques et Theologiques XL 1956 S. 472
bis 524.

Schmid, Werner: Schüler, Lehrer, Eltern und was ein Vollcsschulleh-
rer darüber zu berichten weiß. Zürich: Rascher 19 56 72 S kl 8°.
DM 3.50.

Schmidt, Ernst Walter: Tiefenpsychologie, Theologie und Kunst.

Monatsdirift für Pastoraltheologie 45, 1956 S. 170—174.
Steffen, Uwe: Psydiologie, Selbsterziehung und Religion. Zum Tode

von Fritz Künzel.

Monatschrift für Pastoraltheologie 45, 1956 S. 423—427.

PRAKTISCHE THEOLOGIE

Obendiek. Harmannus: Deine Zeugnisse sind meine Rede. Zwanzig
Predigten. Neukirchen/Moers: Verlag d. Buchhandl. d. Erziehungsvereins
[1955]. 159S. gr. 8°. Lw. DM 5—.

St«in er, Robert: Harmannus Obendiek. Neukirchen/Moers: Verlag
der Buchhandl. d. Erziehungsvereins [1955], 166 S., 3 Taf. kl. 8° =
Zeugen und Zeugnisse, hrsg. v. W. Braselmann. Bd. 2. Kart. DM 4.50.

Die beiden genannten Bücher erinnern an den Prediger in
Wuppertal und an den Professor der Praktischen Theologie an
der Kirchlichen Hochschule daselbst: eine wehmütige Erinnerung
an einen Mann, der (geb. 1894) im Jahre 1954 mitten aus reicher
Arbeit durch einen Autounfall im Anschluß an die ökumenische
Versammlung in Evanston plötzlich abgerufen wurde.

Wer Obendieks Schrift „Unser Dienst in Predigt und Seelsorge
" (Emil-Müller-Verlag, Wuppertal, 1946) kennt und liebt,
kommt mit der gespannten Frage an den Predigtband, den man
aus Obendieks Nachlaß zusammengestellt hat, heran, wie von
Seiner theologischen Fassung des Auftrages von Predigt und Seelsorge
her durch ihn selbst gepredigt worden ist. Er hat ja „zu der
Einheit unseres Dienstes in Predigt und Seelsorge gerufen"
(a- a. O. S. 6). Die vorgelegten Predigten bestätigen voll die Erwartung
, die die vorauslaufende Schrift erweckt. Wir sehen einen
Verantwortlichen Theologen am Werk mit der ständigen Bereitschaft
zur theologisch-kritischen Prüfung von Glauben, Handeln
und Reden der Kirche. Gleichzeitig haben wir einen wachen Zeitgenossen
vor uns, der mit der Ausrichtung der Botschaft an die
Menschen seiner Zeit Seelsorge übt und nicht bereit ist, das eine
vom anderen zu trennen. Die Predigten geben ein Bild der Zeit,

nicht weil es um dieses Bild geht, sondern weil ein Prediger mit
den wirklichen Zeitgenossen zu tun bekommt, wenn er das Wort
Gottes auslegt und ausrichtet. Man wird Predigten dieser Art
nur hörbereiten und wohlerzogenen Gemeinden halten können:
die Fülle des Gebotenen ist groß. Sie sind mehr erwägend als
erweckend, sie sind vielseitig durchdacht, aber 6ie packen unvermerkt
zu, weil sie nicht nur lehren, sondern das Gewissen angehen
wollen. Treffsichere Polemik dient der Einladung, so wenn
er etwa S. 81 ff. von den Barrikaden um das Abendmahl spricht
und sie zu sprengen sucht und dann doch die Entscheidung vorbereitet
in der lockenden Verkündigung des Evangeliums. So
wenn er in einer Himmelfahrtspredigt S. 121 ff. es ablehnt, einen
„Festtag für die Phantasie" zu halten und sich „mit veralteten
und neuen Weltbildern" aufzuhalten; es geht ihm darum zu zeigen
, wie die Kunde von der Erhöhung Jesu Christi zum Glauben
und zur verantwortlichen Bewältigung der Aufgaben in der Welt
führt (z.B. die Zeitung von Himmelfahrt her zu lesen, S. 123).
Es geht ihm in Osterpredigten um die Proklamation des Sieges
Gottes. Er sieht an Ostern die Frauen in der Ostergeschichte
durch das Friedhofstor der Pietät und Hoffnungslosigkeit hindurchschreiten
, führt die Gemeinde durch dasselbe Tor, um sie
erfahren zu lassen, was den Frauen als Botschaft widerfährt.
Eine Fülle aus der Heiligen Schrift gewonnener Erkenntnisse und
eine Fülle von Anschauungsmaterial aus Zeit und Literatur stehen
ihm zur Verfügung. Die Predigten bleiben lesbar und machen
Lust zu predigen. Sie sind sorgfältig durchformuliert, und in
der gebotenen Erkenntnis ist Sprengkraft genug, um zu neuem
Ansatz zu reizen. Die Ausstattung des Bandes ist gut.

Sehr viel einfacher in der Ausstattung, in vieler Beziehung
erinnernd an den von Obendiek selbst besorgten Gedenkband
über den unvergeßlichen und von ihm geliebten D. Paul Humburg
(Emil-Müller-Verlag, Wuppertal, 1947) berichtet der Sammelband
aus der Reihe „Zeugen und Zeugnisse" (Bd. 2) von
Harmannus Obendiek. W. Braselmann und Robert Steiner berichten
von seinem Werden und von dem Dienst in der Gemeinde
und über die Gemeinde hinaus. Otto Schmitz stellt die
Tätigkeit des Hochschullehrers dar. Es folgen einzelne charakteristische
Schriften Obendieks, die ein gutes Bild von seiner Art
zu lehren und zu schreiben bieten. Und schließlich bietet sein
Sohn die Bibliographie des Vaters. Der Inhalt kann nur stichwortartig
bezeichnet werden: Die frühverwitwete fromme Mutter
leitet den ihr einzig gebliebenen Sohn zum Hören des Evangeliums
an. Nach dem Studium in Tübingen (und 1. Weltkrieg)
geht der Weg durch Dorfpfarrämter nach Wuppertal. Neben die
yarrarbeit treten theologische Arbeiten, mit deren hervorragender
Frucht „Der Teufel bei Martin Luther" er 1931 in Münster
promoviert.

Bei erheblicher Lutherkenntnis stand er in der reformierten
Iradition seiner Heimat. Das schloß für ihn ein: Bereitschaft zum
verbindlichen Hören und Handeln in Glaubensgemeinschaft mit
lutherischen Theologen und Gemeinden. Im Pfarramt findet er
früh Widerstände und sagt nicht wehleidig, sondern triumphierend
: „der schlafende Teufel auf dem Kirchendach ist aufgewacht
". Predigt ist ihm nicht Vortrag, sondern Einbruch in das
Reich der Finsternis. Das Einrücken in den Kirchenkampf in
enger Kampfgemeinschaft mit Karl Immer und Paul Humburg fügt
also nicht einen neuen Zug in sein Pfarrerleben. Es geht um die
Wahrung des Auftrages an die Gemeinde und um Einhalten der
Ordination. Es liegt also in seiner Tätigkeit in hohem Maße
sachlicher Gehorsam, gegründet auf biblische und theologische
Erkenntnisse. Obendiek ist nicht genial, sondern, wenn man darunter
nicht simpel verstehen will, hausbacken, gewissenhaft und
charaktervoll. Was er sucht, ist „gesunde Lehre". Wir erhalten
Einblick in die christliche Erkenntnis, die sich an dem wachen
Herzen und dem kritischen Verstand eines verantwortlichen Predigers
erwiesen hat. Humburg wiesen seine Gaben in die erweck-
liche Predigt und Seelsorge, Obendiek in das verantwortliche
theologische Bedenken des Weges der Kirche und ins Lehramt.
Er Ia6 Praktische Theologie an der Kirchlichen Hochschule
Wuppertal und erfüllte damit als vielfältig gebildeter Theologe
einen theologischen Auftrag. Wie er das Predigtamt als verantwortlichen
Dienst eines Theologen verstand, beweisen Aufsätze,
Meditationen und kleine Schriften (zumeist in den Zeitschriften