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Ausgabe:

1957 Nr. 6

Spalte:

458-461

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Heidegger, Martin

Titel/Untertitel:

Vorträge und Aufsätze 1957

Rezensent:

Eisenhuth, Heinz Erich

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457

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 6

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Beispielen illustriert, für die Altargestaltung beim Wiederaufbau oder
leim Neubau katholischer Kirchen, wobei als Richtschnur offenbar die
Anordnungen des hl. Offiziums von 1952 gedient haben. Darin steht
so manches Beherzigenswerte, nur wenn S. 101 eine Lautsprecheranlage
zur Behebung akustischer Schwierigkeiten bei der Versetzung der Kanzel
in den Altarraum empfohlen wird, kann man sich eines leichten
Schauders nicht ganz erwehren. Freilich, wenn der apostolische Segen
durch Fernsehfunk erteilt wird, warum dann nicht auch Lautsprecher in
der Kirche? Den Siegeszug der Technik werden Empfindungen nicht aufhalten
, zumal diese offenbar in den Kreisen, aus denen und für die das
vorliegende Büchlein geschrieben wurde, nicht geteilt werden.

Ein kurzer Schlußabschnitt bringt noch die wesentlichste Literatur,
ohne Vollständigkeit anzustreben.

Die voraufgegangenen Zeilen haben manches Wort der Kritik
nicht vermeiden können. Damit sollte keineswegs der Eindruck
erweckt werden, das Büchlein sei schlecht. Die meisten Fehler
sind Kleinigkeiten, die bei einer Neuauflage (die vorliegende
ist nicht die erste) verbessert werden könnten. Nur den 6. Abschnitt
sähe man sehr gerne weiter ausgebaut. Ansonsten ist das
Büchlein gut und für seine Abzweckung nützlich und geeignet.
Man möchte es auch den Studenten als erste Einführung sehr
empfehlen, denn an das Riesenopus von Braun wird sich der nicht
speziell Interessierte kaum so leicht heranwagen. Im großen und
ganzen ist das hier gebotene Bild der Entwicklung des christlichen
Altares im Räume der katholischen Kirche richtig und gut gezeichnet
. Dem Autor gebührt unser Dank dafür.

Der Abbildungsteil ist infolge der übertriebenen Kleinheit
der Bilder (warum sind eigentlich auf den Tafeln die Bilder so
sehr viel kleiner als der sie umgebende gelbliche freie Raum?)
nicht sehr ansprechend. Die Auswahl ist gut, die Wiedergabe zu
klein und überdies keineswegs auf der Höhe der heutigen Möglichkeiten
.

Berlin _ Klaus Wessel

S c h ä d e 1, Hans: Dreifaltigkeitskirche in Gemünden / Main.
Baukunst und Werkform VIII, 1955 S. 120—121.

S c h a 11 e r, Fritz: Katholische Pfarrkirche in Köln-Rath.
Baukunst und Werkform VIII, 1955 S. 112—115.

Schneider-Esleben, Paul: Wiederaufbau der St. Rochus-Kirche
in Düsseldorf.

Baukunst und Werkform VIII, 1955 S. 128—130.
Schulz, W.: Der Hirsch mit dem goldenen Halsbande in der mitteldeutschen
Überlieferung und das Hirschbild von Magdeburg.
Jahresschrift für Mitteldeutsche Vorgeschichte 40, 1956 S. 251—260.

— Eine Nachlese zu den Bildsteinen von Hornhausen.
Jahresschrift für Mitteldeutsche Vorgeschichte 40, 1956 S. 211—229.

Schwarz, Rudolf: Dominikus Böhm — Kirchenbauten aus vier Jahrzehnten
.

Baukunst und Werkform VIII, 1955 S. 72-86.

— Liturgie und Kirchenbau. Eine Gastvorlesung an der Technischen
Hochschule Aachen.

Baukunst und Werkform VIII, 1955 S. 87—93.

— Pfarrkirche St. Albert in Andernach.

Baukunst und Werkform VIII, 1955 S. 96-102.

— Pfarrkirche St. Michael in Frankfurt/M.
Baukunst und Werkform VIII, 1955 S. 103—107.

Simone 11 i, M.: Nuovi studi agiografici. 1. Su S.Romano d'An-
tiochia. — 2. Su S. Quirino di Siscia. — 3. Su S. Pietro Balsamo.
Rivista di Archeologia Cristiana XXXI, 1955 S. 223-252.

Steffen, Uwe: Malerei im 20. Jahrhundert. Über das gleichnamige
Werk von Werner Haftmann.

Monatschrift für Pastoraltheologie 46, 1957 S. 48—51.

— Wirklichkeitszerfall in der modernen Kunst? Eine Entgegnung auf
E. W. Schmidt.

Monatschrift für Pastoraltheologie 46, 1957 S. 107—114.
Stroh, Franz: Die Flechtwerksteine aus der Linzer Martinskirche.

Erlangen: Dt. Inst. f. merowingisch-karolingische Kunstforschg. 1956.

32 S., 3 Abb. auf 2 Taf. 8° = Nachrichten d. Dt. Inst. f. merowing.-

karoling. Kunstforschg. H. 11. DM 1.—.
Vorbrodt, Günter W.: Der Kruzifixus von Klöden.

Wissenschaftliche Zeitschrift der Fricdrich-Schiller-Universität Jena.

Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 5, 1955/56 S. 747

bis 751.

Wimmenauer, Karl: Wort und Antwort. Zu Emil Steffanns Beitrag
„Können wir noch Kirchen bauen?" in Heft 5/54.
Baukunst und Werkform VIII, 1955 S. 132 (-134).

PHILOSOPHIE UND HEUGI0NSPH1L0S0PHIE

H ei d e g g e r, Martin: Vorträge und Aufsätze. Pfullingen: Neske
[1954]. 286 S. 8°. DM 16.80.

Bei diesen elf Vorträgen und Abhandlungen geht es um die
Radikalisierung der ontologischen Fragestellung. Immer wieder
kommt Heidegger hier auf die Wahrheits- und Seinsfrage zu sprechen
. Daß hier unsere gegenwärtige Zeit vor einer Not steht,
die in sehr verschiedener Weise überwunden werden soll, ist klar
ersichtlich. Wir erinnern z. B. an einen Gegner von Heidegger, an
Lukacs, der in der Entthronung der Vernunft die Hauptschuld der
philosophischen Vergangenheit sieht, die sich bis ins Politische
als verheerend ausgewirkt habe. Die Seinsverlorenheit der Vergangenheit
wird auch von diesem zugegeben, aber von einer sozialen
Gesellschaftswissenschaft her mit Hilfe der Vernunft
überwunden.

Heidegger will dagegen im Sein die Grundlage auch für die
Vernunft erhellen. Die ontologische Wahrheit wird bei ihm in
einer inhaltlichen und umfassenden Bestimmtheit ab seinsmächtig
vorausgesetzt, ohne jedoch einen Bezug zur biblischen Offenbarung
zuzugeben. Wir wollen diese „verborgene Theologie des
Philosophen" an vier Aufsätzen darzustellen versuchen.

I. Die Frage nach der Technik

Die Technik wird instrumental als ein Mittel für Zwecke und anthropologisch
als ein Tun des Menschen verstanden. Da aber die Technik
immer mehr der Herrschaft des Menschen entgleitet, sucht man sie
zu meistern. Die Richtigkeit der genannten Bestimmungen bezieht sich
aber nur auf das Sichtbare, enthüllt aber nidit das Wesen der Technik.
Das Richtige ist noch nicht das Wahre.

Wieder führt das Fragen, das Heidegger als „die Frömmigkeit des
Denkens" bezeichnet (44), in die letzte Tiefe der Wahrheit des Seins.
Mittel und Zwecke stehen im Zusammenhang mit dem Denken der Kausalität
. Es gibt vier Arten der Kausalität: Die causa materialis, die causa
rormalis, die causa finalis, die causa efficiens (15). Causa heißt griechisch
atxtov, hat also zunächst gar nichts mit Wirkung und Leistung zu tun,
sondern mit Verschulden. Wenn z. B. ein Silberschmied eine Schale
schafft, dann überlegt er, das heißt, er versammelt die drei genannten
Weisen des Verschuldens. Diese Weisen bringen etwas ins Erscheinen.
Das Produzieren ist im Grunde ein Her-vor-bringen. „Das Her-vor-
bringen bringt aus der Verborgenheit her in die Unverborgenheit vor"
(19). Es ist also darauf angewiesen, daß sich das Sein selbst entbirgt.
Dieses Entbergen ist nach dem griechischen Wort (V.rj&eia. Die Technik
hängt also mit izotr/oi; und sniaii)jiri zusammen. Die Technik ist daher
nicht ein Produzieren, sondern ein Entbergen.

Dies gilt auch für die moderne Technik, die in ihrem Entbergen
herausfordert. Der Bauer fordert ursprünglich den Ackerboden nicht heraus
. Er gibt ihm das Saatkorn anheim. Aber auch die Feldbestellung ist
heute durch die Technik zu einem Stellen der Natur geworden. Ackerbau
lst jetzt motorisierte Ernährungsindustrie (22). In dem Rheinstrom wird
ein Kraftwerk eingebaut. Auch der Rhein ist dadurch zu einem Bestellten
geworden.

Die Technik ist herausforderndes Entbergen, ein Stellen. Aber über
das Unverborgene verfügt der Mensch nicht. Er kann also nur herausfordern
, sofern er dazu herausgefordert ist. Daher ist die Technik nicht
nur ein menschliches Tun, auch nicht nur ein Mittel zu einem Zweck,
sondern ein Gefordertes. Den herausfordernden Anspruch, das sich Entbergende
zu bestellen, nennt Heidegger „Ge-stell". Er weist selber darauf
hin, daß damit dieser Begriff ungewöhnlich gebraucht wird. Aber
die Philosophen sind mit der Sprache immer absonderlich umgegangen.

Indem sich das Wesen der Technik im Ge-stell ereignet, bekommt
der Mensch seine Freiheit als ein Hörender wieder zurück. Er braucht in
der Technik weder ein Verhängnis zu sehen noch ein Teufelswerk. Das
Technische ist als Gestell selber nicht etwas Technisches, sondern hängt
mit der sich entbergenden Wahrheit zusammen. „Immer geht die Unverborgenheit
dessen, was ist, auf einem Weg des Entbergens. Immer
durchwaltet den Menschen das Geschick der Entbergung. Aber es ist nie
das Verhängnis eines Zwanges. Denn der Mensch wird gerade eret frei,
insofern er in den Bereich des Geschickes gehört und so ein Hörender
wird, nicht aber ein Höriger" (32).

Heidegger weiß auch um die Gefahr der Technik. Aber auf dem
Grund der Wahrheit sieht er die Rettung erstehen. Indem die Wahrheit
sich entbirgt und dazu den Menschen gebraucht, wird der Mensch trotz
der Gefahr des Verbergens teilhaftig am Entbergen. „Menschliche Besinnung
kann bedenken, daß alles Rettende höheren, aber zugleich verwandten
Wesens sein muß wie das Gefährdete" (42).