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Ausgabe:

1957 Nr. 6

Spalte:

422-423

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Westermann, Claus

Titel/Untertitel:

Der Aufbau des Buches Hiob 1957

Rezensent:

Weiser, Artur

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 6

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wäre wohl doch, um dem des Tibetischen nicht kundigen Leser Schwierigkeiten
und Verwechslungsmöglichkeiten bei der Aussprache zu ersparen
, die ältere Transkriptionsweise unter Verwendung eines Spiritus
vorzuziehen.

Unter der Zahl verschiedenster Fachdisziplinen, die sich,
außer der Tibetologie selbst, durch dieses Buch angesprochen
fühlen, sei hier besonders auf seine Bedeutung für die vergleichende
Religionswissenschaft und die Theologie verwiesen, die
der Diskussion westlichen Einflusses auf Tibet Beachtung schenken
müssen. Zwar untersucht Hoffmann hier nicht noch einmal, wie
in ZDMG 92 (193 8), S. 345 ff., die wohl als überholt anzusehende
These Grünwedels (Die Legenden des Nä-ro-pa, Leipzig
1933), der in dem tibetischen Worte „blon-po", „Minister,
Würdenträger", eine Bezeichnung für „Manichäer" gesehen hatte.
Aber auf irgendwie geartete Einflüsse seitens des östlichen Ma-
nichäismus, wie sie sich vornehmlich in Lichtspekulationen und
dogmatischen Fünferreihen äußern, weist Hoffmann doch hin und
zugleich auf die Tatsache, daß in einer konkreten Erarbeitung
dieser Einflüsse noch zukünftige Aufgaben der Forschung liegen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß das vorliegende
Werk mit Sicherheit eine der wertvollsten und förderlichsten
Arbeiten zur Religionsgeschichte bietet.

Wabern, Bez. Kassel Oünter Lanczkowski

Glasenapp, Helmuth von: Die Religionen Indiens. 2. Aufl. Stuttgart
: Kröner [1955]. XI, 394 S„ 1 Kte. kl. 8° = Kröners Taschenausgabe
Bd. 190. Lw. DM 11.—.

Dieses Buch erschien in der Reihe der Krönerschen Taschenausgaben
erstmals 1943. Jetzt liegt eine neue Auflage dieser
kurzgefaßten Einführung in die Religionswelt Indiens vor, die
sich von der früheren Ausgabe durch die Berücksichtigung der
neueren Literatur und durch einen neuen Abschnitt über die durch
die inzwischen gewonnene Selbständigkeit von Bhärat und Pakistan
in Vorderindien eingetretenen politischen Veränderungen
unterscheidet.

Bonn O. Mensching

ALTES TESTAMENT

D r i v e r, G. R., Prof. F. B. A.: Canaanite Myths and Legends. Edinburgh
: T & T. Clark 1956. XIV, 169 S. gr. 8° = Old Testament
Studies Nr. 3. s. 25.—.

Aufgrund lOjähriger Vorlesungstätigkeit über die Mythen
und Legenden, die auf den in Ras esch-schamra (= Ugarit) gefundenen
Tontafeln aufgezeichnet sind, gibt Driver in der vorliegenden
Publikation eine überaus wichtige und hervorragende
Ausgabe der Texte.

Einer kurzen Liste der in der Ausgabe verwendeten Abkürzungen
folgt eine umfassende, teils nach inhaltlichen, teils nach
chronologischen Gesichtspunkten, gegliederte Bibliographie, die
den Endpunkt 195 3 nur in 2 Fällen überschreitet. Der Benutzer
wird sie bis zur Gegenwart ergänzen müssen und darf dabei vor
allem John Gray: The KRT Text in the Literature of Ras Samra.
A social myth of ancient Canaan. Leiden 1955 und Karl-Heinz
Bernhardt: Bemerkungen zur Interpretation des Textes von Ras
Schamra-Ugarit (= Wiss. Zeitschr. d. Ernst Moritz Arndt-Universität
Greifswald, Gesellsch. u. sprachwiss. Reihe Jg. V
(1955/6), S. 101-121 nicht übersehen. Eine Einleitung bietet kurz
die Entdeckungsgeschichte und gibt dann jeweils eine knappe
Beschreibung der einzelnen Tafeln, allerdings ohne Angabe der
Maße, und eine Inhaltsangabe, die angesichts der Schwierigkeiten,
die der Erschließung des spröden Materials entgegenstehen,
weithin eine Interpretation ist, deren stellenweise Ungesichertheit
der Herausgeber stark unterstreicht. Darauf folgt eine Transliteration
der Texte in lateinischen Buchstaben mit einer parallel
gedruckten Übersetzung, für die das eben über die Interpretation
Gesagte selbstverständlich gilt. Beobachtungen an Wortschatz und
Grammatik, ein sorgfältiges Glossar, ein Register der angezogenen
Bibelstellen und eine halbe Seite Addenda et Corrigenda
bilden den Schluß. Driver hat in knapper Form das ganze Material
ausgebreitet, durch die Übersetzung und durch die Inhaltsangaben
sein Verständnis der Texte dargelegt und durch die

grammatischen Bemerkungen und das Glossar Wege zur Weiterarbeit
an der Erschließung der Texte geebnet. Alles Notwendige
zur Beschäftigung mit den Texten hat er auf engem Raum zusammengeführt
und das weitverstreute Material so zu erschwinglichem
Preise dem Forscher zugänglich gemacht. Daß er dabei das
Subjektive 6einer Auffassung und das Fragwürdige mancher Rekonstruktion
immer wieder betont, ist besonders dankenswert,
da gerade diese Hinweise aufmuntern zur Beschäftigung mit diesen
religionsgeschichtlich und kulturgeschichtlich wichtigen Texten
mit ihrer großen Bedeutung auch für das später in den Südteil
des von Ugarit aus beeinflußten Raumes eindringende Israel.
Erlangen Leonhard Rost

Westermann, Claus: Der Aufbau des Buches Hiob. Tübingen:
Mohr 1956. VIII, 115 S. gr. 8° = Beiträge zur historischen Theologie,
hrsg. v. G. Ebeling, 23. DM 12.—.

Das Buch ist ein Versuch, von den literarischen Gattungen
und Redeformen her den Aufbau de6 Hiobbuches zu bestimmen.
Der 1. Abschnitt über die literarische Gattung des Buches Hiob
befaßt sich mit den verschiedenen Formelementen und deren Beziehung
zur Gesamtstruktur des Buches. In Anlehnung an eine
Vermutung von Bentzen sucht der Verf. das Buch Hiob als „dramatisierte
Klage" zu verstehen. Diese umrahmt in Kap. 3 und
29—31 den Dialog, der nach Köhler als „Streitgespräch" gedeutet
wird, das aus dem „Trostgespräch" sich entwickle. In der
Klage und deren traditionellen Elementen findet der Verf das
beherrschende Schema, nach dem die einzelnen Teile des Hiobbuches
komponiert seien. So ergibt sich ihm z.B. aus den 3 Strukturelementen
der Klage die Aufteilung des Dialogs des klagenden
Hiob mit den 3 Freunden; und auch die Anklage und Herausforderung
des Hiob gegenüber Gott als dem geheimen Gesprächspartner
, sowie die Antwort Gottes in Kap. 3 8 ff. ist ihm nichts
anderes als die Entfaltung der in der Klage vorgegebenen Tradition
. Die vom Dichter übernommene Rahmenerzählung wird als
Hinweis darauf verstanden, daß es sich im Hiobbuch nicht um
einen konstruierten Fall, sondern um ein Geschehen handle, „das
an einem wirklichen Menschen geschah".

Seine spezielle Aufgabe, der die folgenden Abschnitte gewidmet
sind, erblickt der Verf. darin, die Art und den Ort der
einzelnen Redeformen durch das ganze Hiobbuch hindurch zusammenzustellen
und von da aus, wie er glaubt, die Struktur des
Buches neu zu bestimmen. In diesem Sinn wird das Streitgespräch
in den Freundesreden und den Reden Hiobs, die Klage Hiobs in
Kap. 3; 29-31 und innerhalb der Streitreden als „Feindklage",
..Ichklage" und „Anklage Gottes" in Auseinandersetzung mit
Baumgärtel unter Heranziehung von Parallelen aus den Psalmen
und ebenso die „Wünsche und Bitten" in den Hiobreden untergeht
. In der gleichen Weise wird das „Gotteslob" in den Reden
Hiobs und der Freunde behandelt und u. a. aus dem Fehlen des
Gotteslobs in den Bildadreden der Schluß gezogen, daß 25, 2 f.
und 26, 5—14 in der ersten Bildadrede unterzubringen seien. Die
Argumente der Freunde über das Schicksal der Gottlosen werden
nicht aus der „Weisheit", sondern aus einer „früheren Stufe" der
Klagepsalmen, die über das Glück der Frommen aus der Segenszusage
im Gottesdienst hergeleitet. Auf die Klagepsalmen gehen
auch die Unschuldsbeteuerungen des Hiob zurück, während die
Gottesreden in Analogie zum priesterlichen „HeilsorakeP als
Entfaltung des Gotteslobs" verstanden werden. Kap. 28, das
der Verf. zur ursprünglichen Konzeption des Hiobbuches rechnet,
erscheint ihm als „Erweiterung eines Weisheitsspruchs", dem
innerhalb des Ganzen die Rolle einer die Freundesreden abschließenden
„Fermate" zukomme.

Die Elihureden, die der Verf. aufgrund seiner gattungsgeschichtlichen
Voraussetzungen in 3 Streitgespräche von gleicher
Struktur mit Kap. 34 als abschließendem Lirteil durch verschiedene
Umstellungen zu rekonstruieren versucht, gelten ihm als
Vortrag eines Weisheitslehrers, der im Kreis von Weisen den Fall
Hiob entwickelt, und der, da er jenseits des dramatischen Geschehens
der Hiobdichtung stehe, nicht zur ursprünglichen Fassung
des Buches gehöre.

Der Verf. glaubt gegenüber allen bisherigen Versuchen, den
Sinn und Aufbau des Hiobbuches zu erkennen, in der formge-