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Ausgabe:

1957 Nr. 5

Spalte:

390-391

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Müller-Bardorff, Johannes

Titel/Untertitel:

Wesen und Werden des christlichen Gottesdienstes im apostolischen Zeitalter 1957

Rezensent:

Müller-Bardorff, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 5

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scheinungsformen in Thüringen") zunächst einen Abriß der allgemeinen
Ordensgesdiichte gibt, soweit sie für Thüringen wichtig ist. Der zweite
Teil („Die thüringischen Klöster") bringt die „Lebensläufe" der einzelnen
Klöster, nach Orden gegliedert (Benediktinerklöster, Benediktiner-
Nonnenklöster, Zisterzienserklöster, Zisterzienser-Nonnenklöster, Kartäuserklöster
, (Augustiner-) Chorherrenstifte, (Augustiner-) Chorfrauenstifte
, Prämonstratenser-Chorherrenstifte, Främonstratenser-Chorfrauen-
stifte, Franziskanerklöster, Dominikanerklöster, Dominikaner-Nonnenklöster
, Karmelitenklöster, Augustiner-Eremiten-Klöster, Augustiner-
Nonnenkloster, Wilhelmitenklöster, Servitenklöster, Magdalenenklöster,
Ursulinenkloster) und innerhalb der Orden nach ihrer Gründungszeit
bzw. nach ihrer ersten urkundlichen Erwähnung aufgeführt. Die Geschichte
jedes Klosters wurde bis zu seiner Auflösung verfolgt. Wo Ver-

j anlassung vorlag, ist auch noch das oder jenes über seine späteren
j Schicksale angedeutet. Der dritte Teil („Die allgemeine Bedeutung der
J thüringischen Klöster") ist bewußt ganz knapp gefaßt. Hier sollen nur
die Grundlinien aufgezeigt werden, die bei einer Darstellung der kulturellen
, wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung der thüringischen Klöster
zu berücksichtigen wären. Eine erschöpfende Darstellung könnte bei
dem reichlich vorhandenen Material ja doch nur im Rahmen einer selbständigen
Arbeit gegeben werden. Manches ist zu diesem Thema übrigens
auch im zweiten Teil gesagt. Zwei Anhänge fassen die Ergebnisse
der Diss. zusammen: ein alphabetisches Verzeichnis der thüringischen
Klöster mit ihren Gründungszahlen und eine Aufgliederung der Klöster
nach Orden. Eine Karte orientiert über die Lage der Klöster.

Beintker, Horst: Die Christenheit und das Recht bei Adolf Schlatter
unter besonderer Berücksichtigung des Kirchenrechts. Habil. Schrift
Greifswald 1955, 281 S.1.

Als ganze genommen will die Schrift ein neues Bild der Theologie
des Greifswalder und später Tübinger Theologen A. Schlatter (1852
bis 1938) bieten, dessen eigengeprägte Theologie zu Unrecht in Vergessenheit
geraten würde. Von der Methode der „Wahrnehmung" aus
durchbricht Schlatter die Grenzen zwischen den sonst scharf voneinander
abgeschiedenen Bereichen des natürlichen und des geistlichen Lehens
. Seine Theologie beschränkt das Wirken Gottes nicht auf die Religion
und die christliche Kirche. Der „entscheidende, alles bestimmende
Grund des Glaubens" ist Jesus für ihn; das hindert nicht, „im inwendigen
Leben" des Menschen göttliches Wirken und in der Natur Gottes
Werk zu sehen. Schlatters Methode regt die Theologie an, nach der
Erkenntnis Gottes auch im Felde von Natur und Geschichte zu fragen.
Wie etwa Bonhoeffers Gedanken über eine „mündig" gewordene Welt,
die „gottloser und darum vielleicht gerade Gott näher als die unmündige
Welt" ist (Bonhoeffer), als fruchtbar für die Verkündigung empfunden
werden, so hat gerade auch Schlatter Bedeutung, der Gott mitten
im Leben wirkend sieht und die Theologie zu diesem Erkennen des
Wirkens Gottes führen will.

An einem Sonderproblem, der Frage nach dem Verhältnis der
Christenheit zum Recht, ist versucht worden, Schlatters Theologie und
besonders seine Ethik darzustellen. Zum großen Teil trägt die Arbeit
darum den Charakter einer theologiegeschichtlichen Studie. Das Gespräch
mit der Gegenwart wird dabei an vielen Stellen geführt, vor
allem bei der Darlegung von Schlatters theologischem Ansatz (Einleitung
) und beim Eingehen auf die „Gegenwartsbedeutung des Themas
Christenheit und Recht" (6. Kap.).

Schlatters Äußerungen zum Thema sind aus dem weit zerstreuten
Schrifttum zusammengetragen worden. Das erste Kapitel beleuchtet
seine Anschauungen über die natürlichen und religiösen Gemeinschaften
als Ausgangspunkt für Studien zu seiner Theologie, zu seinen Gedanken
über Gottes Recht und menschliches Recht und zu seinen Ausführungen
über Fragen des kirchlichen Rechts. Das zweite und dritte Kapitel
behandeln die Entstehung und die Entstellungen des Rechts in der
Christenheit, das vierte und fünfte Kapitel die grundsätzlichen und
die speziellen Fragen zum kirchlichen Recht.

Ausgehend vom unaufgebbaren Zusammenhang von natürlicher
und religiöser Gemeinschaft — bei gleichzeitigem Wissen um ihre Scheidung
und Selbständigkeit —, entfaltet Schlatter eine eigene Sicht vom
..Recht" Gottes gegenüber natürlichen wie religiösen Gemeinschaften.
Grundsätzlich unterscheidet er auch kirchliches Recht als menschliches
Recht vom „Recht" Gottes. Bei der Untersuchung der Entstehung des
Kirchenrechts unterstreicht Schlatter den Zusammenhang der Kirche
auch in ihrer Rechtsgestalt mit Jesus selbst; gleichwohl gibt es nach
Schlatter kein direkt von Jesus stammendes Kirchenrecht. Zu Fehlentwicklungen
ist es durch den Nomismus und durch römische Rechtsanschauungen
, gegen die Schlatter sich wendet, gekommen. Die allgemeinen
Grundsätze theologischen Gepräges für die Gestaltung eines christlichen
Kirchenrechts gehen aus der engen Verbundenheit Schlatters mit
den neutestamentlichen Quellen hervor. Die der Christenheit von Jesus
mit seiner Botschaft gegebenen Eigenschaften der Einheit in ihm und
der Aufgeschlossenheit für alle (Universalität) werden als Aufgaben gesehen
und betont. Die Christenheit soll auch mit ihren Ordnungen danach
streben, sich als ein Ganzes zu verstehen und sich allen Menschen
°ffe" z" halten. Die von Schlatter im Neuen Testament wie auch in
der Reformation vorgefundene und von ihm herausgestellte den Gegensatz
von Recht und Gnade in der Kirche aufhebende „Einigung" von
Gesetz und Evangelium, die Normen Gerechtigkeit und Liebe, Wahrst
und Freiheit und damit zusammenhängend die Forderung nach Beweglichkeit
des Rechts werden als allgemeine Prinzipien für die Ord-
nung der Kirche geltend gemacht. Mit der Erhärtung dieser Grundsätze

''..^r' ^emnädls; a,udl als der Reihe „Theologische Arbeiten
. Berlin: Evang. Verlagsanstalt. 236 S. HIw. DM 8.80.

an Einzelfragen, u. a. Amt und Gemeinde, Lehre und Bekenntnis, Kirchenzucht
, Verfassung und Verwaltung, konfessionelle Spaltung und
Einheit der Christenheit, schließt die eigentliche Schiatterstudie ab.

Mit dem sechsten Kapitel folgt ein Schlußteil, der auf die Probleme
und Rechtsideen der Gegenwart eingeht und Schlatters Positionen mit
ihnen in Zusammenhang bringt. Eine seit Jahren anhaltende wissenschaftliche
Besinnung über das Wesen des Rechts läßt sich in der ganzen
Welt bemerken. Auf Stimmen von Rechtswissenschaftlern, Soziologen
und Theologen in der neueren Literatur eingehend, wird die Besinnung
auf die Grundlagen des Rechts in den verschiedenen Rechtstheorien
, auch in den sowjetischen, aufgezeigt und als solche positiv
Sewürdigt. An dieser Gegenwartslage gemessen, kommt Schlatter*
rechtssystematischen Gedanken auch Bedeutung zu. Über die Einzel-
aU3>"hningen während der Untersuchung hinaus ergibt sich daraus eine
abschließende Würdigung und Kritik der Anschauungen Schlatters über
aas Redit. Zuletzt wird schließlich der eigene Standpunkt zur gegenwartigen
Problemlage, sowie zur Rechtsfrage überhaupt, zum Anliegen
£er Theologie bei der Bildung des Rechts und zum Verhältnis von
K-irche und Recht dargelegt. Die Schrift setzt sich auseinander mit Tendenzen
, die die Hoheit des Staates über das Recht in Frage ziehen, sowie
mit der These vom göttlichen Recht in der Kirche und fordert zur
Besinnung auf eine evangelische Kirchenrechtstheorie gegenüber der
romisch-katholischen Kirchenrechtsanschauung auf.

Müller-Bardorff, Johannes: Wesen und Werden des christlichen
Gottesdienstes im apostolischen Zeitalter. Habil. Schrift Leipzig 1953.

Angesichts der zahlreichen und gründlichen neueren Untersuchun-
?en zum Problem des Gottesdienstes in frühchristlicher Zeit ist die hier
anzuzeigende Arbeit ein Wagnis. Es mußte aber unternommen werden,
a die Ergebnisse der Vorarbeiten sich zum Teil grundsätzlich widersprechen
und damit dringend nach einer erneuten Untersuchung der
Quellen und Durchdenkung der Probleme rufen. Verf. geht dabei so
V°A er zuna<hst Wesen und Werden von Taufe und Abendmahl
nachgeht. Das Verhältnis der Christustaufe zur Johannestaufe, so wird
ausgeführt, und das Verhältnis des Abendmahls zu dem sogenannten
jesuanischen Mahl der Zöllner und Sünder ist ein dialektisches. Ein sakramentales
Verständnis von Taufe und Abendmahl läßt sich über die
, en istliche Gemeinde hinaus bis in das Judenchristentum der frü-
W-Stjn ^e'1 zurückverfolgen. Zur Aufnahme der Tauftätigkeit und
Wiederholung des Abendmahls in der Christenheit scheint es durch Erscheinungen
des Auferstandenen gekommen zu sein. Lietzmanns These
einer grundsätzlichen Verschiedenheit des paulinischen Herrenmahles
von der Feier des Brotbrechens in der Urgemeinde wird abgelehnt. Auch
Cullmanns Beschreibung eines eschatologischen Freudenmahles, so Richtiges
und Wichtiges sie sieht, reicht zur Wesenserfassung der Abendmahlsfeier
schon in der Urgemeinde nicht aus. Zur Frage nach der gottes-
dienstlichen Gestaltwerdung von Taufe und Abendmahl wird im Hinblick
auf die Taufe Leipoldts These bestätigt. Die Taufe wurde ursprünglich
fast formlos vollzogen. Erst allmählich, vor allem auf heidenchristlichem
Boden, findet eine liturgische Anreicherung statt, die
unter mannigfachen Einflüssen steht. Für die Gestaltwerdung der kirchlichen
Abendmahlsfeier wird eine Zweigliederung als von vornherein
gebräuchlich wahrscheinlich gemacht. Diese Zweigegliedertheit entspricht
einer Zweigliederung des jüdischen Gastmahls, wobei an die Stelle des
Trinkgelages der Abendmahlsvollzug tritt. Sie begünstigt die Zweigliederung
der späteren kirchlichen Messe, ist aber nicht mit ihr identisch
. Vielmehr sind bei der Entstehung der Katechumenenmesse noch
andere Faktoren am Werk. Bei der Frage nach der Stellung des Abendmahls
im gottesdienstlichen Leben der Gemeinde wird Cullmanns These
der Alleinigkeit der Abendmahlsfeier abgewiesen. Der 1. Kor. 14 sich
spiegelnde zweite Gottesdienst ist wahrscheinlich ein Gebetsgottesdienst
, strukturverwandt mit den täglichen urchristlichen Versammlungen
zu den jüdischen Gebetszeiten, evtl. auch historisch aus diesen
entwickelt. In liturgisch erstarrter Form begegnet er uns auch im Pli-
niusbrief. Dellings These, daß für diesen Gottesdienst keine Schrift-