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Ausgabe:

1957 Nr. 4

Spalte:

303

Kategorie:

Psychologie, Religionspsychologie

Autor/Hrsg.:

Wellek, Albert

Titel/Untertitel:

Ganzheitspsychologie und Strukturtheorie 1957

Rezensent:

Holtz, Gottfried

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303

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 4

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tempos, der „Requalifizierung" der Arbeit an sich in einer neuen Gesinnung
eines dienenden Miteinander und in der Erkenntnis, daß die
Arbeit Auftrag und Ruf Gottes ist. Der Herausgeber G. Schreiber
steuert einen Beitrag bei: „Der Berufsgedanke im Bergwerk. Zur Formungsgeschichte
der Bergknappen im Lichte spanischer Motive." Darin
geht er kenntnisreich den Bezeichnungen der Bergwerke nach, die oft
den Einfluß der Liturgie zeigen und damit die Bergknappen zu einem
im Glauben verwurzelten Leben erziehen wollen. H. Peters verweist
als Beispiel für die ,,Fortgeltung rechtsstaatwidrigen Reichsrechts aus
der nationalsozialistischen Ära" auf das „Reichssammlungsgesetz" vom
5. November 1934, das, obgleich ein typisch nationalsozialistisches Gesetz
und im Widerspruch zu den grundlegenden Bestimmungen des
Bonner Grundgesetzes, in der Gesetzgebung der Länder nach wie vor
das Sammlungswesen bestimmt.

Eine Bibliographie der Veröffentlichung des Jubilars beschließt
diese Ehrengabe, die einen interessanten Einblick in die
moderne katholische Auffassung von Philosophie, Sozialpädagogik
und Politik vermittelt.

Hofgeismar Alfred Niebergall

W e 11 e k. Albert: Ganzheitspsychologie und Strukturtheorie. Zehn
Abhandlungen zur Psychologie und philosophischen Anthropologie.
Bern: Francke [l955j. 259 S., 13 Abb. 8°. sfr. 18.— ; geb. 21.50.

Der Verfasser ist durch die Werke „Das Problem des seelischen
Seins", 1941, und „Die Polarität im Aufbau des Charakters
", 1950, auch in Theologenkreisen wohlbekannt. Die 10 hier
vereinigten Abhandlungen, inhaltlich gleichmäßig hochqualifiziert
, unterscheiden sich in der Form. Diejenigen über „Gestalt-
und Ganzheitspsychologie" und „Charakterologie und Typologie
" sind aus 4 Lexikonbeiträgen erwachsen („Lexikon für Pädagogik
", Bern 1950), entfalten also in knappster Form, aber in
lückenloser Reihe die Problematik nach dem Stand der gegenwärtigen
Erkenntnis. Besonders auch die Zusammenstellung der
Literatur hier wird Vielen willkommen sein. Da eine kürzere und
präzisere Einführung in die Teilfragen kaum denkbar ist, sollte
hier von den Fragenden eine erste Orientierung gesucht werden.
Verwandt, weil auch der Orientierung dienend, sind die Beiträge
über „Typus und Struktur" und über den „Stand der psychologischen
Diagnostik" (letzterer zuerst in „Studium generale",
1954, erschienen). Hier werden u. a. die Methoden der verschiedenen
Tests vorgeführt, über die in Theologenkreisen manche
Unklarheit herrscht. Ein großer Beitrag untersucht die Fragen des
„Experimentes in der Psychologie" („Studium generale", 1947);
kritische Ausführungen, die auch der experimentell arbeitende
Religionspsychologe zur Kenntnis nehmen sollte. Verwandt ist
der Aufsatz zum „Problem der Exaktheit in der charakterologi-
schen Diagnostik" („Studium generale", 1952), wo die Fragen
der Tests neu erscheinen. „Struktur, ChaiakteT, Existenz" („Philosophische
Jahrbücher", 1949) führt ins Grenzland der Philosophie
, als Auseinandersetzung zwischen Existenzphilosophie und
Psychologie. Geistvoll und sprühend die Beiträge „Gedächtnis
und Erinnerung" („Jahrbuch für Psychologie und Psychotherapie".
1954) und „Zur Theorie und Phänomenologie des Witzes" („Studium
generale", 1949). Erstmals veröffentlicht wird die Arbeit
„Das Bewußtsein und die phänomenologische Methode in der
Psychologie". — Bei Wellek besticht nicht nur der Scharfsinn in
der Erfassung von Strukturen und die Gabe der klaren Definition,
sondern auch der EinfallsTeichtum und der Witz seiner Darstellungsweise
, so daß man mit gefesselter Aufmerksamkeit die Arbeiten
liest.

Roitock O. Holtz

All wohn, Adolf: C. G. Jungs Psychologie der Typen und der Symbole
.

Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte VIII, 1956 S. 361
bis 364.

B u y t e n d i j k, F. J. J.: Le Sens de la Douleur.

Revue d'Histoire et de Philosophie Religieuses 36, 1956 S. 282—297.

C o n g a r, Yves: The three ages of the Spiritual life.
Theology Digest IV, 1956 S. 48—51.

Giordano, Alberto: La religion pendant la crise de l'adolescence.
Etudes Theologiques et Religieuses 31, 1956 S. 31—43.

Harbsmeier, Götz: Wort und Bild im Fernsehen unter pädagogischem
Aspekt.

Evangelische Theologie 17, 1957 S. 22—33.

H o u t a r t, Francis: Religious sociology.

Theology Digest IV, 1956 S. 116—119.
Joseph, Lucien-Marie de S.: Dimensions de la direction spirituelle.

Nouvelle Revue Theologique 88, 1956 S. 819—833.

PRAKTISCHE THEOLOGIE

K a s u a I i e n. Reden für alle Fälle in der Praxis des Pfarrers. Hrsg.
von Erwin Brandes. Stuttgart: Ehrenfried Klotz Verlag.
I. Brandes, Erwin: Taufreden. Taufgebete und Tauf texte.

176 S. kl. 8°. 1953. DM 4.80; Lw. 6.80.
IL -: Traureden. 270 S. kl. 8°. 1954. DM7.-; Lw. 8.80.

III. — : Grabreden. 311 S. kl. 8°. 1954. DM9.80; Lw. 10.80.

IV. — : Beicht- und Abendmahlsreden. 204 S. kl. 8°. 1954. DM 6.10p
Lw. 8.—.

V. G r ü n i n g e r, Willy: Ansprachen vor der Jugend. 348 S. kl. 8°..

1954. DM 10.— ; Lw. 11.80.

VI. Pres sei, Wilhelm: Ansprachen für Kranke. 319 S. kl. 8°.
1953. DM 9.80; Lw. 10.80.

VII. Brandes, Erwin: Gelegenheitsreden. 528 S. kl. 8°. 1955-
DM 15.20; Lw. 17.20.

VIII. Pres sei, Wilhelm: Verkündigung durch den Rundfunk. 268 S.
kl. 8°. 1955. DM 8.50; Lw. 9.80.

IX. Brandes, Erwin: Advent und Weihnachten. 260S. kl. 8°.

1955. DM 8.20; Lw. 9.40.

X. — : Passion und Ostern. 282 S. kl. 8°. 1956. DM 9.80;
Lw. 10.80.

Gegenüber dem Interesse, das die Theologie, und zwar mit
Recht, der Gemeindepredigt zuwendet — man denke an die umfangreiche
Meditationenliteratur! — muß man die Kasualrede als-
ihr Stiefkind bezeichnen. Dem besonderen Fall muß der Pfarrer
schon selbst gerecht werden! Dabei bleibt übersehen, daß über das-
rein Individuelle des besonderen Kasus hinaus die Kasualrede in
einer Spannung von „Wort" und „Leben" steht, die gerade in>
unserer Gegenwart höchste Aufmerksamkeit fordert, wenn sie
nicht zur gefährlichen Einbruchsstelle verfälschender Kompromisse
werden soll. Hier haben wir es nicht nur mit der sonntäglichen
Kerngemeinde zu tun, sondern mit den Massen der „kirchlichen
Randsiedler", die mit ganz bestimmten voreingenommenen
Erwartungen zu uns kommen, und die erschüttert oder auch
nicht erschüttert in einem Leben stehen, das vom modernen Säkularismus
her sein Gepräge hat. Ihnen soll das Wort der unter
ganz anderen Voraussetzungen stehenden Schrift als die sie in
ihrer Lage betreffende Wahrheit so verkündigt werden, daß es.
zu einer echten Übertragung kommt, daß nicht vorbeigeredet,
nicht verletzt und nicht verfälscht wird.

Den theologischen Wert der vorliegenden zehn Bände Ka-
sualien sehe ich nicht darin, daß dem vielbeschäftigten Pfarrer
ein billig zu übernehmendes Material für seine kasuellen Gelegenheiten
und Verlegenheiten geboten wird, sondern, daß hier,,
nicht in abstrakten Forderungen, sondern in der konkreten Allgemeinheit
einer Fülle von Modellen durchgeführter Reden mit
der eben bezeichneten Not gerungen wird und dabei sehr beachtenswerte
Beispiele ihrer gelungenen Überwindung ans Licht
treten. Dabei springt die veränderte theologische und kirchliche
Predigtsituation unserer Zeit deutlich heraus, wenn man die
vorliegende Sammlung etwa mit der um die Jahrhundertwende
erschienenen „Kasualreden-Bibliothek" von Pniel-Ohly vergleicht
. Die kirchliche Securitas jener Jahre ist dahin und mit ihr
auch zum Glück eine uns längst unerträglich gewordene Erbaulichkeit
floskelhafter Diktion. Triviale und sentimentale Allgemeinplätze
gelten als suspekt. Der vielgescholtenen Mottopredigt
gegenüber ist nun die Bindung an den Text wieder in
den Mittelpunkt gerückt. Und unverkennbar ist das Bemühen,
der seelsorgerlichen und missionarischen Aufgabe im Rahmen
des Kasuellen gerecht zu werden.

Der bzw. die Herausgeber haben sich einen großen Kreis
von Mitarbeitern, hauptsächlich aus der kirchlichen Praxis, herangezogen
. Unter ihnen eine Reihe bekannter Namen! Und sie
haben, ohne ihre theologische Grundlinie und homiletische
Grundform (Text und Thema!) darüber zu verleugnen, eine große
Freiheit zur Behandlung eingeräumt. Damit ist eine Variationsbreite
in der Durchführung gewährleistet, die dazu helfen kann,