Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1957 Nr. 4

Spalte:

299-301

Kategorie:

Psychologie, Religionspsychologie

Autor/Hrsg.:

Burgardsmeier, Alfred

Titel/Untertitel:

Religiöse Erziehung in psychologischer Sicht 1957

Rezensent:

Jahn, Ernst

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

299

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 4

300

Heranziehung der paulinischen Anthropologie — sich um ein
Verstehen bemüht, wäre auch er vielleicht zu der Einsicht gekommen
, die innerhalb seiner Kirche zuerst Augustin gewonnen hat,
daß eine theologische Anthropologie, die sich wirklich auf der
Schrift gründet, von so eigener Prägnanz ist, daß eine Verbindung
von Aristoteles und christlicher Heilslehre, wie sie Thomas
vorschwebte, heute nicht mehr möglich ist.

Kiel Werner Schultz

Afanassieff, N.: Le sacrement de l'assemblee.

Internationale Kirchliche Zeitschrift 46, 1956 S. 200—213.
Ära na, Andres Ibänez: Inspiration and the fuller sense of Scripture.

Theology Digest IV, 1956 S. 59—64.
A u d e t, J.-P.: Le sacre et le profane: leur Situation en christianisme.

Nouvelle Revue Theologique 89, 1957 S. 33—61.
Barth, Gerhard: Credo ecclesiam — Fragen an die Denkschrift der

Evangelischen Michaelsbruderschaft.

Evangelische Theologie 16, 1956 S. 541—556.
B i e h 1, Peter: Welchen Sinn hat es, von „theologischer Ontologie"

zu reden? Antwort an H. Ott.

Zeitschrift für Theologie und Kirche 53, 1956 S. 349—372.
Boulogne, Charles D.: Baptism, consecration of personality.

Theology Digest IV, 1956 S. 19—23.
B o u 11 i e r, M.: Les fondements theologiques d'une Strategie re-

formee.

fitudes Theologiques et Religieuses 31, 1956 S. 3—13.
Bromiley, G. W.: The Doctrine of Reconciliation: A Survey of

Barth's Kirchliche Dogmatik 1V/2.

Scottish Journal of Theology 10, 1957 S. 76—85.
C a i r n s, David: Thomas Chalmers' Astronomical Discourses: A Study

in Natural Theology?

Scottish Journal of Theology 9, 1956 S. 410—421.
Carpentier, R.: Mission ecclesiale de l'etat „canonique" de per-
fection.

Nouvelle Revue Theologique 88, 1956 S. 915—936.
Chenu. M.-D.: Foi et Theologie d'apres le P. A. Gardeil.

Revue des Sciences philosophiques et theologiques. XL, 1956 S. 645
bis 651.

Co 11 ins, James: Faith and Reflection in Kierkegaard.
The Journal of Religion XXXVII, 1957 S. 10-19.

PSYCH0L0GIEUNDBEL1G10NSPSYCH0L0G1E

Burgardsmeier. Alfred. Prof. D. Dr.: Religiöse Erziehung in
psychologischer Sicht. 2. Aufl. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1955].
352 S. gr. 8°. Lw. DM 17.50.

Die Ausführungen des Verf.s sind grundsätzlich durch den
Gottesbegriff des Meister Eckehart bestimmt. Eckehart ist der
„Lehrmeister heute" (S. 74). So wendet sich das Buch gegen die
pantheistische Alleins-Lehre wie gegen die Auffassung von der
Immanenz Gottes (S. 71—72). Hiergegen wird der christliche Sinn
der Vergottung herausgearbeitet. Das Geschaffen- oder Unge-
sdhaffensein des Seelenfünkleins gehöre zu den ungelösten Deutungsschwierigkeiten
der Eckehart-Forschung. Das Kind denkt
und handelt magisch (S. 77). Die Religiosität des Schulkindes ist
realistisch — hier klingen Sprangers Formulierungen an. Selbstgestaltung
und Selbsteinsicht anstelle der autoritätsgläubigen
Hinnahme bestimmen die Glaubenssituation in der Reifezeit.
Der männliche Typus zeichnet sich durch Nüchternheit und Ratio
aus, der weibliche Typus durch mystische Ergriffenheit. Ob diese
Kennzeichnung generell zutreffend ist, möge dahingestellt bleiben
. Die Prozentberechnung der rein religiösen Typen bei der
männlichen wie bei der weiblichen Jugend (5 % und 20 %) dürfte,
wie alle testmäßigen Beurteilungen der Seelentiefen, fraglich
bleiben (S. 8 3). Das Gleiche gilt für die herkömmliche Formulierung
, der Mann sei Verstandesmensch, die Frau Gefühlsmensch
(S. 87). Die Ausführungen über die Stufe der Klärung und der
Ergänzung wie über die Stufe der biblischen Angleichungen sind
einleuchtend. Hier wird der Aufbau einer religionspädagogischen
Stufenplanung sichtbar — besonders bei der Entsinnlichung und
der Versittlichung (S. 91-93). Die Einführung der Kinder in die
eschatologischen Fragestellungen — Himmel, Hölle, Fegefeuer —
6ind für die katholische Pädagogik charakteristisch, vor allem die
Scheidung zwischen Hölle und Fegefeuer (S. 98). Die Läuterungspein
der Armen Seelen ist schmerzlicher, aber auch tröstlicher
als die Pein durch Erdenfeuer (S. 99).

Die Soziologie der verschiedenen Jugendtypen ist außerordentlich
anschaulich. Die seelische Struktur des Landarbeiters,
des Jungbauern, des Handwerkers, des Lehrlings, des Gesellen
wird plastisch. Die Oberschüler haben auf Grund der Erziehung
zum Geiste einen unschätzbaren Gewinn (S. 88). Die modernen
Systeme der Typologie und der Charakterologie werden kurz,
aber treffend gekennzeichnet und in die Ausführung eingearbeitet
- Spranger, Klages, Kretschmer, C. G. Jung, E. R. Jaensch,
Pfahler. Man kann dem Verf. nicht beipflichten, wenn er in
Sprangers Strukturpsychologie den ethischen Typus zu vermissen
vermeint (S. 115). Der ethische Typus ist in die religiöse
Struktur eingeschlossen. Dann aber ist zu bemerken, daß in
Sprangers Werk „Lebensformen" im Anschluß an die Strukturtheorie
die ethische Problematik entwickelt wird. Gerhard
Pfahler wird bei der Behandlung von Vererbung und Erwerbung
der Vorrang gegeben. Wenn die Krise der Reifenden als „Wettersturz
der Stimmungen" (S. 136) bezeichnet wird, so ist diese
Formulierung sehr geglückt. Berechtigt und notwendig ist die
Unterscheidung der Psychosen von den Neurosen und den psychopathischen
Typen, eine Unterscheidung, die in der gegenwärtigen
seelsorgekundlichen Kontroverse nur zu oft vergessen
wird (S. 137). Die Charakteristik des hysterischen Charakters ist
zu unbestimmt gehalten. Ebenso ist die Hypothese fraglich, daß
der Jugendliche die Hysterie bis zum 25. Lebensjahr überwunden
haben müsse (S. 140). Der Verf. dürfte im Recht sein, wenn er
dem 25. Lebensjahr eine besondere Bedeutung zuerkennt. Auch
nach den Beobachtungen des Rez. bildet das 25. Lebensjahr
häufig Entwicklungsabschluß wie auch in mancher Hinsicht eine
Verschließung. Nur in Bezug auf hysterische Jugendliche dürfte
diese Feststellung keine besondere Bedeutung haben. Ausgezeichnet
ist die kurze Charakteristik des skrupulösen Charakters,
der auf eine Psychose der Furcht zurückgeführt wird, die wiederum
Zwangsvorstellungen und Zwangsimpulse entfalten könne
(S. 140). Die Untersuchung über den CharakteT Christi läßt die
Frage offen, ob man das Wesen des Erlösers mit Begriffen wie
„Schizothymie" oder „Introversion" zu begreifen vermöchte
(S. 143).

Nach der Auffassung des Verf. soll die christliche Erziehung
in der Nachfolge Jesu stehen, und alle religiöse Bildung sei Nachbildung
ChTisti. Wenn man sich das gegenwärtige Gespräch über
Bildungsziele und Bildungsideale vergegenwärtigt, so dürfte der
Verf. hier eine durchaus zutreffende Überzeugung geäußert haben.
Die Kontroverse über Bildungsziel und Bildungsideal in der
evangelischen Katechetik darf an dieser Auffassung nicht vorübergehen
. Der Christ müsse dem Bilde Christi gleichförmig
werden und sich nach seinen Zügen gestalten (S. 148). Hier 6pürt
man Anklänge an die „Imitatio Christi" des Thomas von Kempen
. Die Psychologie und Pädagogik der Nachfolge wird mit lebendiger
Eindringlichkeit entwickelt, im Hinblick auf die Konzentration
wie auf die Liturgie (S. 145 und 147). Zur Praxis wird
ein wertvoller Hinweis gegeben: Die „Doppelung", wie der Verf.
sagt, zwischen geistlichem und weltlichem Pädagogen sei eine erzieherische
Gefahr und widerstreite dem pädagogischen Einheitsgesetz
(S. 155). Hier muß der Rezensent dem Verf. auf Grund
eingehender pädagogischer Erfahrung unbedingt zustimmen. Die
gegenwärtige Diskrepanz zwischen dem rein kirchlichen Katechetenstand
und dem rein säkularen Lehrerstand ist nicht immer
als günstige Entwicklung anzusprechen.

Der Verf. scheint nicht anzunehmen, daß es eine ausgeprägte
areligiöse oder antireligiöse Struktur gebe. Man wäre dankbar,
wenn das Buch auf jenen großen Fragenkomplex einginge, der
durch das religiöse Apriori und die religiöse Anlage bestimmt ist.
Diese Untersuchung findet nicht statt. Religiöse Gesinnung könne
anerzogen werden in der lebendigen Begegnung mit Christus
(S. 176). Zur katechetisch-religionspädagogischen Praxis vertritt
der Verf. die Forderung einer Schulbibel. Er verweist auf die
„Biblischen Historien" des evangelischen Theologen Justus Ge-
senius (S. 179), ebenso auf die „Biblische Geschichte des Alten
und Neuen Testamentes" des katholischen Theologen Christoph
von Schmid. Der Expert wird der Auffassung des Verf.s beitreten
müssen, daß die Gesamtbibel noch nicht in die Hände der 13—