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Ausgabe:

1957 Nr. 4

Spalte:

267

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Nötscher, Friedrich

Titel/Untertitel:

Zur theologischen Terminologie der Qumran-Texte 1957

Rezensent:

Rost, Leonhard

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267

Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 4

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dem Verf. dafür dankbar sein, daß er auf S. 90—103 die im Zusammenhang
mit den Qumrän-Texten sehr oft genannten, aber
ihrem Wortlaut nach meistens unbekannten Abschnitte aus Pli-
nius, Philo und Josephus, die von den Essenern handeln, in englischer
Übersetzung abdruckt.

Halte/Saale Otto Ei ß fei dt

Nötscher, Friedrich, DDr.: Zur theologischen Terminologie der
Qumrän-Texte. Bonn: Hanstein 1956. 201 S. gr. 8° = Bonner Biblische
Beiträge, hrsg. v. F. Nötscher u. K. Th. Schäfer, 10. DM 22.50.

Friedrich Nötscher legt eine Untersuchung theologischer
Termini in den Qumräntexten vor, die sich ebensosehr durch
Gründlichkeit wie durch Behutsamkeit auszeichnet. Er berücksichtigt
dabei natürlich nur das nichtbiblische Schrifttum, soweit es
bis jetzt veröffentlicht ist, also einschließlich der von Barthelemy
und Milik herausgegebenen Fragmente der Höhle I und fügt zu
ihnen mit Recht die Damaskusschrift hinzu. Da alle diese Schriften
zur Bücherei der Gruppe von Hirbet Qumrän gehört haben,
faßt er sie als Ausdruck der Anschauungen dieser Gruppe zu einer
Einheit zusammen, ohne Zweifel mit einem relativen Recht; denn
einmal kann die Bücherei trotz der Exklusivität der Gruppe und
ihrer Ordensdisziplin Schriften enthalten haben, die nicht zu
allen Zeiten des Bestehens der Gruppe von allen als kanonisch
verpflichtend angesehen worden sind; zum anderen aber kommen
die Schriften, wie vor allem Damaskus B beweist und die testi-
monia interna etwa des „Buches der Kriege" bestätigen, aus sehr
verschiedenen Zeiten und anscheinend auch von mindestens 2
verschiedenen Gruppen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit aufeinanderfolgten
. Aber nicht nur diesen Tatbeständen ist es zu
danken, daß die theologische Begriffswelt, wie Nötscher mit Recht
feststellt, nicht ganz klar herausgearbeitet werden kann. Der
Musivstil etwa der Damaskusschrift, die gelegentlichen wörtlichen
Zitate und viel häufigeren Anspielungen auf das Alte Testament,
tragen auch einiges dazu bei, ganz abgesehen von der emotionalen
Bewegtheit einiger dieser Schriften. So war die Aufgabe nicht
leicht, die sich Nötscher gestellt hat, in geduldiger, systematischer
Untersuchung die Gültigkeit der Begriffe durch Konfrontierung
mit AT, Apokryphen, Pseudepigraphen und Neuem Testament
zu erheben und sie gegen das hermetische Denken abzugrenzen.
Man kann ihm für diese sorgfältige und nüchterne Arbeit nicht
dankbar genug sein, selbst wenn man da und dort die Akzente
etwas anders verteilen möchte. Vor allem die Klarheit, mit der
der Unterschied gegenüber hermetischer Gnosis und der johanne-
ischen Begriffswelt aufgezeigt wird, kann nicht stark genug hervorgehoben
werden. Hier liegen wesentliche Verdienste des Verfassers
, dessen Ergebnissen ich gerade hier freudig zustimme.

Erlangen Leonhard Rost

Rudolph, Wilhelm: Chronikbücher. Tübingen: Mohr 1955. XXVI,
338 S. gr. 8° = Handbuch zum Alten Testament, hrsg. v. O. Eißfeldt,
1. Reihe 21. DM 24.40; Hlw. DM 27.40.

Im Jahre 1949 legte W. Rudolph im Handbuch zum AT
einen Kommentar zu Esra und Nehemia vor. Da diese beiden
„Bücher" — jedenfalls in der Endphase gilt dies auch für die Autobiographie
Nehemias — zu dem Gesamtopus de6 „chronistischen
Geschichtswerkes" gehören, ergab es sich fast zwangsläufig, daß
der Verfasser dem vorgenannten Kommentar nun auch einen über
die beiden Bücher der Chronik folgen ließ (1955). Der Rez., der
in der Reihe „Das Alte Testament Deutsch" die Bücher der Chronik
, Esra und Nehemia mit der dort gebotenen Kürze kommentierte
(1954), kann es aus den eigenen Studien nur bestätigen,
daß man den Problemen der jeweiligen „Teile" des vierbändigen
Opus (vierbändig erst in der jüngsten Zählung!) nur dann gerecht
wird, wenn man immer auf das Ganze blickt, anders ausgedrückt,
wenn die Interpretation für Chronik, Esra und Nehemia in einer
Hand liegt. Man könnte vergleichsweise daran erinnern, daß das
Werk des Lukas, dem für das Evangelium einerseits und die
Apostelgeschichte andererseits verschiedene „Quellen" zur Verfügung
stehen (wie für den Chron. in 1.—2. Chronik und in Esra
und Nehemia), in seinem geistigen Ort nur dann erkennbar wird,
wenn man beide „Teile" vor Augen hat.

Der stets wohlgegründeten Einzelauslegung der 55 Kapitel
(auf 333 Seiten) kann hier im einzelnen nicht nachgegangen werden
; daß die Meinungen der Forscher zumal bei den besonders
undurchsichtigen Eingangskapiteln divergieren, braucht nicht besonders
hervorgehoben zu werden. W. Rudolph hält mit besonderem
Nachdruck gegenüber Rothstein-Hänel daran fest, daß wir
es mit einem — um 400/380 v. Chr. (s. u.) verfaßten — chronistischen
Werk zu tun haben, das durch zahlreiche zum Teil
recht erhebliche Zutaten erweitert sei (Liste S. 1—5). Von diesen
Zutaten urteilt er, sie seien zu mannigfaltig und widerspruchsvoll,
als daß sie einem Mann zugeschrieben werden könnten. Ich würde
das für 1. Chron. 1—9 zugeben, habe aber in anderen Partien eher
den Eindruck, daß ein „zweiter Chronist" dem Werk — gleichsam
in zweiter vermehrter und verbesserter Auflage — die Endfassung
gegeben hat. Dies Urteil hängt z.T. auch mit der Sicht der „Quellen
" zusammen. Was den Text angeht, so sind letzthin aus
Qumrän Stücke aus Sam. bekannt gemacht worden, die offensichtlich
die Vorlage des Chronisten wie auch der LXX darstellen,
wodurch die Seite V der Einleitung angestellten Erwägungen über
das Verhältnis von LXX und von Chron. zur (hebräischen) Vorlage
in ein neues Licht treten. Mit Recht greift Rudolph den von
Torrey und Noth herausgestellten Satz, daß die Chronik nur auf
dem Hintergrunde des vollzogenen Schismas gegenüber den Sa-
maritanern verstanden werden könne, auf. Ja, man könnte u. E.
geradezu sagen, daß alle Retouchierungen der Vorlagen (in der
vita Davids und Salomos) und alle neuen Akzentsetzungen (David
der Tempelgründerl) darin ihren Grund haben, daß das chronistische
Werk über die Leitgedanken des Deuteronomisten hinaus
eine (orthodoxe) „Heilsgeschichte der mit Esras Werk statuierten
Kirche" vorlegt. Ein ganz wesentlicher Gesiditspunkt wird,
wenn ich recht 6ehe, erstmals von R. zur Geltung gebracht: da die
Theokratie verwirklicht ist, bedarf es keiner eschatologischen
Hoffnung mehr. In keinem Falle darf man die wenigen, auch letztlich
undeutlichen (messianischen) Enderwartungen als die Opposition
gegen die Samaritaner tragend ansehen. Ein höchst komplexes
Problem ist das der im chronistischen Werk benutzten
„Quellen". Mit Recht sagt Rudolph, daß für die Zeit Davids
und Salomos nur das deuteronomistisdie Geschichtswerk in
Sam./Reg. als Vorlage existierte (Rez. würde auch in 1. Chron. 12
mit den „unerfindlichen" Zahlen der zu David in Hebron Stoßenden
keine Ausnahme sehen). Für 2. Chron. 10—36 meint Rudolph
die verschiedenen „historischen" und „prophetischen"
Zeugen auf einen Midrasch (vgl. 2. Chron. 24, 27) zurückführen
zu können, d. h. eine gegenüber den König6büchern selbständige
durchlaufende schriftliche Überlieferung, die der Chronist
neben den kanonischen Königsbüchern benutzt. Rez. rechnet
zwar auch mit Sonderüberlieferungen (speziell der Zeit Jo-
sias), aber nicht mit einem Gesamtopus; auch möchte er daneben
die freigestaltende Ausmalung (oft durch Wiederaufnahme eines
Stichworrsatzes erkennbar) gelten lassen.

Die Datierung des chronistischen Gesamtwerkes hängt an
der Datierung Esras und der „Vertauschung" der Perserkönige in
Esra 4, 6 ff. Rudolph denkt an die ersten Jahrzehnte des 4. Jahrhunderts
. Vielleicht ist das noch zu hoch gegriffen. Daß die
Makkabäerzeit nicht in Frage kommt, ist sicher richtig. Wie hätte
der (erste oder zweite) Chronist von dem Israel zugewandten
Herz des Königs von Syrien (6, 22) sprechen können, wenn es in
seinen Tagen in der Person Antiochus' IV. den Verderber Israels
gegeben hatte?

Die zukünftige Arbeit an dem chronistischen Gesamtwerk
wird an den beiden gründlichen Kommentaren W. Rudolphs nicht
vorübergehen können, wie diese auch den Rez. zu erneuter Nachprüfung
seiner teilweise anderen Positionen angeregt hat.

Oöttingen Kurt Galling

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