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1957 Nr. 3

Kategorie:

Praktische Theologie

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 1957 Nr. 3

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'ordinatio' (für den es kein hebräisches und kein griechisches
Äquivalent gibt) entstammt der römischen Amtssprache und ist
von Tertullian in die Kirchensprache übernommen worden: er
setzt ordo gleich clerus. Römische Theologen wie Eisenhofer und
Lechner lehren noch heute: „Durch die Ordination wird der gottgewollte
Unterschied zwischen Klerus und Laien begründet."
Ordination ist zuerst und vor allem Priesterweihe; sie verleiht
die potestas ordinis, d. h. die Weihegewalt, vor allem die Vollmacht
, das Meßopfer darzubringen. Es wäre dementsprechend sehr
ratsam und für die theologische Klärung des Problems weitaus
das Beste, wenn weder im Blick auf das Spätjudentum, noch im
Blick auf die Urgemeinde von 'Ordination' gesprochen würde.
Es ist mir schon sehr fraglich, ob E. Lohse (in seinem im übrigen
trefflichen Buche „Die Ordination im Spätjudentum und im NT")
gut daran getan hat, die semikhah 'Ordination' zu nennen, wenn
er doch betonen muß, daß diese „Ordination dem Gelehrten erteilt
wird und in keiner Weise mit einer sakramentalen Priesterweihe
verglichen werden kann" (65). Im Spätjudentum haben
wir eine 'Promotion', keine 'Ordination' vor uns! Und so gewiß
es ist, daß Jesus Jünger berufen und bevollmächtigte Apostel ausgesandt
hat, so gewiß ist es, daß er nicht ordiniert, d. h. keine
Priesterweihe vollzogen hat. Die im NT bei Beauftragung mit
einem Amt oder Dienst bezeugte „Handauflegung" macht eine
solche Amtseinsetzung nicht zur Ordination; denn bei so gut
wie allen Benediktionen ist die Handauflegung üblich, sie ist also
nicht das Charakteristikum der Ordination.

Luther setzte bekanntlich Taufe und Priesterweihe gleich.
Die C. A. (XII) redet mit gutem Grund nicht von den „rite ordi-
nati", sondern sachgemäß von den „rite vocati", denen allein es
gestattet sein soll, „öffentlich zu lehren oder die Sakramente zu
verwalten". Viel Verirrung und Verwirrung wäre vermieden worden
, wenn man in der evangelischen Kirche bei diesem eindeutig
klaren Sprachgebrauch geblieben wäre und die geordnete Übertragung
des evangelischen Predigtamts 'vocatio' statt 'ordinatio'
genannt hätte. Denn die Reformatoren, die das sacramentum or-
dinationis ebenso entschieden als unbiblisch ablehnen müssen
wie das sacramentum confirmationis, können das Wort „ordinatio
" nur retten, wenn sie ihm einen ganz neuen Sinn geben:
„Ordinirn soll (von nun an!) heißen und sein beruffen und be-
felhen das Pfarrampt" (WA 38, 238). Durch die evangelische 'Ordination
' wird die Berufung in ein evangelisches Predigtamt
(ministerium ecclesiasticum) sachgemäß „geordnet". Die evangelische
'Ordination' kann deshalb gar kein kirchlicher Akt sein,
der sich in einer Stunde vollziehen läßt; sie muß sich, wie die
evangelische 'Konfirmation', über Jahre hinziehen: Zum kirchlichen
Dienst geeignete Glieder der Gemeinde werden ausgewählt
, ausgebildet, geprüft, in ein Pfarramt berufen durch Wahl
der Gemeinde und Bestätigung der Kirchenleitung; durch eine
solche evangelische 'Ordination' werden Gemeindeglieder in den
Stand gesetzt, ein Pfarramt selbständig und verantwortlich zu
verwalten. Es ist selbstverständlich, daß die Vorbereitung auf
das Predigtamt mit einem festlichen Gottesdienst abschließt, in
dem solenne apprcbatio, commendatio und seria precatio ihren
Platz haben und in dem der Ordinand vor Gott und der Gemeinde
sein verbindliches 'Ja' zu dem übertragenen Dienst spricht.
Die nüchterne Auffassung, die G. Rietschel und mit ihm und
nach ihm viele lutherische Theologen vertreten haben, beruft sich
mit Recht auf Luther, widerspricht nicht den Aussagen der
Hl. Schrift, steht mit den Bekenntnisschriften im Einklang und
dient deshalb der theologischen Klärung des Ordinationsproblems

mehr als die theologia ordinationis, die H. in seiner Arbeit
vorlegt.

Jena Erich H ertzsch

C V J M. Weltkonferenz Paris. Deutscher Bildband von der Jahrhundertfeier
des Weltbundes der CVJM 1955. Kassel: Eichenkreuz-Verlag
[1955]. 72 S., zahlr. Abb. 20:20 cm.
I Jentsch, Werner, Dr. theol.: Aufstand junger Christen. Weg und
Wesen des Weltbundes der CVJM. Ebda 1955. 64 S. 8°. DM 1.—.
Pioniere der Ökumene. Deutsche Beiträge zur Hundertjahrfeier
des Weltbundes der CVJM Paris 1955. Ebda [1955]. 167 S. 8°.
Bei allen drei Werken handelt es sich um die Hundertjahrfeier
des Weltbundes der christlichen Vereine Junger Männer
(CVJM).

Das Heft „Aufstand junger Christen" hat Werner Jentsch
zur Vorbereitung auf die Weltkonferenz geschrieben. Es ist ein
geschichtlicher Überblick über die Entstehung und den Fortgang
dieser Bewegung, die als einer der wichtigsten Vorläufer des ökumenischen
Zusammenschlusses der Kirchen angesehen werden muß.
Der amerikanische Professor C. Shedd hat in jahrelanger Forschungsarbeit
eine umfassende Geschichte der Bewegung geschrieben
. Das Heft von Werner Jentsch ist dafür bestimmt, einem weiteren
Leserkreis die wichtigsten Brennpunkte der 100jährigen
Geschichte aufzuzeigen.

Der Bildband, den der Reichsverband Evangelischer Jungmännerbünde
Deutschlands herausgegeben hat, bringt von der
Pariser Tagung Kurzberichte in Wort und Bild.

Das Buch „Pioniere der Ökumene" ist ein Sammelband, der
von dem, was auf der Weltbundtagung im August 1955 besprochen
und beschlossen wurde, Rechenschaft ablegt. Wichtig ist,
daß die sogenannte Pariser Basis, die 1855 beschlossen wurde,
nach 100 Jahren im vollen Wortlaut wieder aufgenommen wurde.
Außer dem Bericht des derzeitigen Generalsekretärs Paul Limbert
über den Fortgang der Arbeit seit der Weltbundkonferenz 1937
in Mysore und einem sehr interessanten Beitrag des Inders De-
vanandan über die Wirkung der interkonfessionellen CVJM-
Arbeit, die entscheidend die Bildung der Kirche in Süd-Indien
mitherbeigeführt hat, sind es deutsche Artikel, die in dem Bande
vereinigt sind. Aus ihnen hebt sich der Vortrag von Lilje heraus,
I der in seiner zentralen Christusverkündigung der Konferenz
[ offenbar die entscheidende Richtung gewiesen hat. Das Problem,
| mit dem die CVJM-Arbeit immer zu ringen hatte und auch weiter
zu ringen haben wird, ist die Frage nach der ökumenischen
[ Weite in ihrem Verhältnis zu der konfessionellen Treue des Ein-
! zelnen zu seiner Kirche. Mit diesem Problem setzt sich Werner
| Jentsch auseinander. Der CVJM versagt weder einem orthodoxen
noch einem römisch-katholischen Christen die volle Mitgliedschaft
. Die Pariser Konferenz hat deutlich werden lassen, daß die
Wiederentdeckung der Kirche, die uns die letzten Jahrzehnte gebracht
haben, auch die Weltbundbewegung der CVJM nicht unbeeinflußt
gelassen hat. Es geht nun um die Verwirklichung der
Treue zur eigenen Kirche auf der einen Seite und der Bruderschaft
I zwischen Menschen verschiedener Konfessionen auf der anderen
j Seite. Das geht nicht ohne eschatologische Perspektiven ab. Dennoch
bleiben hier manche Fragen offen, ob eine solche Jugendarbeit
ihre missionarische Aufgabe durch eine interkonfessionelle
Gruppe ganz erfüllen kann.

Berlin _ Erich Andler

Wingren, Gustaf: Die Predigt. Lizenzausgabe der Evangelischen
Verlagsanstalt, Berlin. 286 S. gr. 8° = Theologie der Oekumene
Band 1. Lw. DM 15.80.
j (Vgl. Besprechung in ThLZ 19 56, Sp. 59.)

Referate über theologische Dissertationen in Maschinenschrift

Bey erlin, Walter: Die Kulttraditionen Israels in der Verkündigung
des Propheten Micha. Diss. Tübingen 1956, 164 S.

Bis ins 20. Jhdt. hinein ist die alttestamentliche Wissenschaft weithin
noch von Wellhausens Auffassung bestimmt gewesen, daß
die prophetische Offenbarung ausschließlich im individuellen Erleben
des Propheten beschlossen sei. Eine „ordnungsmäßige Vermittlung"
kommt nicht in Betracht. Es sind die Priester, die sich auf die Tradition
stützen, nicht aber die Propheten. J h r e Bedeutung beruht auf dem

Individuum. — Seitdem die form- und traditionsgeschichtliche Forschung
die alten Überlieferungen Israels aus der alttestamentlichen Literatur
herausgearbeitet und ins Blickfeld gerückt hat, ist es möglich und nötig
geworden, Wellhausens Auffassung neu auf ihre Richtigkeit hin
zu überprüfen.

Die vorliegende Untersuchung will bei dieser Überprüfung mithelfen
, indem sie es sich zur Aufgabe macht, die Verkündigung des Propheten
Micha von Morechet auf etwaige traditionelle Voraussetzungen